Das ist meine allererste Story. Also seid bitte nicht so streng mit mir ;-)

Rückmeldungen mit konstruktiver Kritik erhalte ich gern.

Viel Spaß!

Chapter One

Sharon Raydor starrte auf die wei ßen und schwarzen Tasten vor ihr. Eine lange Zeit hatte sie sich nicht mehr an ihren Flügel gesetzt. Zu viele Erinnerungen, nicht nur gute. Aber heute Abend hatte sie das Gefühl, dass sie spielen musste. Vielleicht würde das die Tränen zurückhalten.

Captain Sharon Raydor weinte niemals vor anderen Leuten, niemals. Den ganzen Tag hatte sie ihre Emotionen herunter geschluckt. Sie hatte schon früh lernen müssen, dass man keine Schwäche zeigen durfte. Sonst wurde man verletzt. Und gerade in ihrer Position durfte sie ihren Kollegen gegenüber sowieso keine Schwäche zeigen, sonst wurde sie zerfleischt. Noch mehr als ohnehin schon.

Sobald Sharon aber an diesem Abend ihre Wohnungstür hinter sich schloss, konnte sie es nicht länger zurückhalten. Sie sank in sich zusammen und weinte eine gefühlte Ewigkeit lang.

Auch als sie langsam aufstand, hatten die Tränen nicht aufgehört. Sie hatte ihre Pumps abgestreift und ihre Handtasche auf die Kommode neben ihrer Haustür gelegt. Dann hatte sie ihre Waffe herausgenommen und sie in den Safe in ihrem Schlafzimmer gelegt. Sie hatte kurz überlegt, sich etwas zu essen zu machen, doch kurzerhand entschied sie, dass sie nach den Ereignissen des heutigen Tages keinen Hunger hatte. Im nächsten Moment war ihr Blick auf den schwarzen Flügel in ihrem Wohnzimmer gefallen.

Vorsichtig und zögernd legte Sharon ihre Finger auf die Tasten und übte einen leichten Druck aus, nur um das Instrument nochmal zu hören. Die Saiten waren leicht verstimmt, aber das war ihr egal. Sie hatte zwar keine Noten mehr, aber für ein Stück, das wusste Sharon, brauchte sie keine, auch nach fast dreißig Jahren nicht.

Langsam fing Sharon an zu spielen. Comptine d'un autre été. Ihre Finger glitten über die Tasten, als hätte sie erst gestern noch gespielt. Obwohl die Verwahrlosung des Instruments in einigen Tönen zu hören war, füllte eine schöne Melodie Sharons Wohnung und auch ihre Gedanken. Ihre Tränen hörten auf zu fließen und ihre Wangen trockneten. Das Spielen hatte ihr immer geholfen. Sie verlor sich total darin.

Es war Zufall, dass sie die Klingel an ihrer Wohnungstür hörte. Leicht erschrocken hörte Sharon auf zu spielen und erstarrte. Erst ein erneutes Klingeln brachte sie dazu, zu ihrer Tür zu gehen. Sie musste fürchterlich aussehen. Die Kleidung geknittert durch das lange Sitzen auf dem Boden und ihr Gesicht; eine einzige Katastrophe. Aber sie kümmerte sich nicht darum. Sie schaute nicht mal vorher nach, wer geklingelt hatte. Sei riss einfach die Tür auf.

Sie war so geschockt, in ein bekanntes Paar braune Augen zu schauen, sie erstarrte erneut. Sie sagte nichts und rührte sich nicht, sondern starrte einfach nur in die Augen ihres Gegenübers, die mit demselben Schock in ihre Grünen schaute.

Captain Sharon Raydor war es gewohnt, ignoriert und angeschwiegen zu werden. Sie war es gewohnt, dass man hinter ihrem Rücken schlecht über sie redete und ihr Spitznamen voller Hass und Verachtung gab. Der heutige Tag war keine Ausnahme.

Sie betrat die Headquarters früh an diesem Morgen und grüßte den Rezeptionisten (übrigens der Einzige, der sie auch zurück grüßte, ausgenommen ihres eigenen Teams), während sie auf den Aufzug wartete.

Mit einem leichten „Ding" erreichte der Fahrstuhl das Erdgeschoss und Sharon trat ein. Überrascht sah sie kurz Lieutenant Andy Flynn an, der bereits im Aufzug stand. Normalerweise hätte sie ihn vielleicht gefragt, was er so früh schon im Büro machte. Aber sie war nicht in der Stimmung für Anfeindungen. Wahrscheinlich hatte Major Crimes einen neuen Fall und er war in der Pathologie. Es interessierte Sharon nicht wirklich.

Als sie ohne ein Wort den Fahrstuhl verließ, hatte sie schon das Gefühl, dass es ein schlechter Tag würde. Sie ahnte nur nicht, wie schlecht.

Nach einigen Minuten, die beiden wie Stunden vorkamen, brach der Mann, der Sharon doch so hasste, die Stille.

„Ähm… Captain." Er löste seinen Blick von ihrem verweinten Gesicht und schaute betreten zu Boden. Mit einer Hand kratzte er sich am Hinterkopf, die andere wanderte zu seiner Hüfte. Wieder war es einige Minuten still.

Doch dann fand auch Sharon ihre Stimme wieder, auch wenn sie sich belegt und etwas heiser anhörte.

„Lieutenant Flynn." Er hob seinen Kopf und schaute sie an. Sharon fühlte sich in dem Moment so verletzlich, als könne er direkt in ihre Seele schauen. Sie mochte dieses Gefühl nicht, sie musste irgendetwas tun.

Sharon seufzte und brachte ihre Hand an ihre Stirn. Ein lahmer Versuch, die Spuren, die die Tränen auf ihrem Gesicht hinterlassen hatten, zu bedecken.

„Ähm… Was machen Sie hier?", fragte sie schließlich.

Er öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch es kam nichts heraus und er schloss ihn wieder. Erneut sah er sie nur an.

Sharon hatte genug. Sie sah ihn noch ein letztes Mal auffordernd an, als er aber auch dann nur schwieg, schüttelte sie nur den Kopf und wandte ihren Blick von ihm ab.

„Okay vergessen Sie es." Sie wollte die Tür schließen und das brachte Flynn aus seiner Starre.

„Nein, bitte!" Er versuchte seine Schulter zwischen die Tür und den Rahmen zu quetschen. „Bitte warten Sie, Captain." Sharon sah ihn verwirrt und leicht genervt an, öffnete die Tür jedoch wieder einen Spalt breit.

„Darf ich rein kommen?" Er sah sie mit einer Mischung aus Hoffnung und Verzweiflung an.

Sharons Gesichtsausdruck war undeutbar. Sie war unsicher und begann einen inneren Kampf. Sollte sie wirklich den Mann herein lassen, dem sie den größten Teil ihrer Tränen heute Nacht zu verdanken hatte?