Liebe wohl gesonnene Leserin, lieber geneigter Leser,
es geht weiter! Aber bevor sich die verrückte Familie Granger-Snape in den finsteren Kerkern von Hogwarts erneut in 8 Kapiteln plus Epilog in eines ihrer hochseltsamen Abenteuer stürzt, wünsche ich an dieser Stelle allen ein gesegnetes und frohes neus Jahr!
Ich freue mich, wie immer, über Eure Rückmeldungen und hoffe, dass die kleine Geschichte vielleicht Eure Zustimmung findet. Ich mag sie jedenfalls sehr.
Viel Vergnügen!
Eure Efraimstochter
1. Eine folgenschwere Begegnung
Manche Tage zogen sich hin wie Muggelkaugummi und manche Jahre vergingen wie im Fluge. Ein verwunderliches Phänomen! In der Tat! Wo doch ein jeglicher Tag 24 Stunden und ein Jahr wie das andere exakt 365 oder maximal 366 Tage aufwies.
Aber es war nun mal definitiv so, dass die folgenden Jahre im Leben der Familie Granger-Snape nur so dahin flogen. Sie waren anstrengend, aufregend, nie vorhersehbar, aber im Grunde genommen herrlich unspektakulär, jedenfalls so gut wie…
Die Kinder wuchsen und gediehen, machten ihren Eltern deutlich mehr Freude als Sorgen und ihre Beziehung hatte eine wunderbare Tiefe erreicht, die sie beide über viele kleine oder größere Klippen trug und von Herzen froh und glücklich machte.
Hermine hatte sich in Edinburgh endgültig etabliert. Sie und Ambros Carter bildeten ein ausgezeichnetes Team und sie veröffentlichte seit ihrer Berufung drei Fachbücher, die National, wie International ein breites und anerkennendes Echo fanden, ihr zahlreiche Preise und viele lästige Anfragen für Vorträge und Symposien einbrachten.
Zusammen mit ihr erforschte er eine ganze Reihe sehr interessanter Tränke, was ihn mit großer innerer Zufriedenheit erfüllte. Er arbeitet eben so unglaublich gerne mit ihr zusammen.
Neben ihrem Job an der Uni hatte Kingsley Shacklebolt Hermine bereits vor Jahren in einen dreiköpfigen Beraterstab berufen, der ihm regelmäßig bei schwierigen Gesprächen und Problemen zur Seite stand. Der Zaubereiminister achtete ihre Meinung sehr und fällte nie eine wichtige Entscheidung, ohne vorher ihre Einschätzung dazu gehört zu haben.
Alles verlief also in nie erahnten ruhigen Bahnen und wenn man ihn gefragt hätte, dann hätte es ruhig bis zu ihrem Lebensende so bleiben können. Aber ihn fragte ja mal wieder keiner, Hermine nicht, die Mädchen nicht und schon gar nicht Minerva McGonagall.
Hogwarts Schulleiterin z.B. musste nämlich unbedingt zum großen Clantreffen der McGonagalls gehen, dass alle zehn Jahre statt fand und so nahm das unbarmherzige Schicksal des düsteren Tränkemeisters seinen unvermeidlichen Lauf.
Nun ja, wegen ihm konnte Minerva ja tun und lassen was sie wollte, aber es war schon eine faustdicke Überraschung, als Minerva an einem Sonntagabend im April 2016 gegen zehn Uhr plötzlich und unangemeldet vor ihrer Kerkertüre stand und mit seltsamem Unterton fragte, ob Hermine und er schon die Kinder im Bett hätten, sie müsste da etwas mit ihnen besprechen.
„Ja, alle friedlich in ihren Betten. Komm doch rein", rief Hermine froh, die Minervas Stimme vom Sofa aus erkannt hatte, dort hatte sie sich erst vor wenigen Minuten gemütlich in ihre Lieblingsdecke eingekuschelt und zu einem Buch gegriffen.
„Danke, Hermine", die Direktorin drückte sich an ihrem Tränkemeister vorbei, „Dein Ehemann hätte mich wahrscheinlich wieder einmal auf dem Flur stehen lassen!" Severus schnaubte verächtlich. Natürlich hätte er das nicht – jedenfalls nicht sehr lange. Immerhin war sie seine Chefin!
Mit gekonnt verkanntem Gesichtsausdruck folgte er ihr und nahm hoheitsvoll in seinem Sessel Platz, während Minerva sich neben Hermine auf die Couch setzte.
Er zog seine Augenbrauen erstaunt zusammen. Bei näherem Hinsehen sah die Direktorin nämlich etwas derangiert aus, wie ihm schien. Ungewöhnlich! Aus ihrem sonst so streng zu einem Knoten zusammenfassten Haar hatten sich einige freche Strähnen gelöst, ihre Wangen waren leicht gerötet und sie hatte sogar einen Knopf an ihrer Robe offen. All das gab ihr einen fast verwegenen und kecken Anschein. Dass sie ihre Hände etwas verkrampft in ihrem Schoß knetete, allerdings eher nicht. Hm, was mochte sie wohl haben?
Hermine schien dies auch zu bemerken, denn sie musterte Minerva aufmerksam, klappte dann das Buch zu und fragte fürsorglich: „Und wie war Dein Wochenende?"
„Also, mein Wochenende war… nun ja…", sie starrte mit zusammengezogenen Augenbrauen ihre Hände an.
„Ja?", hakte Hermine vorsichtig nach.
„Äh, ganz gut", vollendete Minerva etwas unglaubwürdig.
„Aha!" machte Hermine und erkündigte sich dann, „Möchtest Du vielleicht einen Tee oder doch lieber Wein?"
„Wie? Nein, danke Dir!", Minervas Blick war starr auf ihre sich immer stärker verschränkenden Hände gerichtet und man sah ihr an, dass sie mit etwas kämpfte.
„Können wir sonst etwas für Dich tun?", half Severus eine Weile später ungewohnt freundlich weiter, nachdem er Hermines auffordernden Blick bemerkt hatte.
„Nein, vielen Dank!"
So! Also, wenn man ihn fragte, dann würde er meinen, dass hier doch eindeutig etwas nicht stimmte, aber ihn fragte ja wieder einmal keiner! Hoffentlich war es nichts ernstes, Minerva hatte sich am Freitag schon früher wegen eines wichtigen Termins entschuldigt. Seine Augenbrauen rückten noch etwas enger zusammen.
„Hattest Du einen schönen Tag?", nahm derweil Hermine einen neuen Anlauf mit der Schulleiterin ins Gespräch zu kommen.
„Hm…ja", murmelte Minerva abwesend, jetzt knetete sie ihre Hände zwar nicht mehr, dafür zerrte sie aber an ihrem Kragen, denn sie schien irgendwie nicht genug Luft zu bekommen, sie öffnete sogar noch einen weiteren Knopf. Skandalös!
Hermine zuckte hilflos mit den Schultern. Dann würden sie eben warten, bis Minerva selbst mit der Sprache heraus rückte.
„Wir sind eben erst zurückgekommen", begann sie, als die Stille langsam unangenehm wurde, „wir waren…" weiter kam sie aber nicht, denn Minerva schaute sie plötzlich etwas verwirrt an: „Ich muss Euch was sagen", platzte es aus ihr heraus.
Severus wollte ihr gerade genervt „Dann tu es doch endlich!", entgegnen, als ihn Hermines warnender Blick im allerletzten Augenblick bremste.
„Es ist zwar albern, ich weiß, aber ich möchte Euch sagen, dass ich jemanden kennen gelernt habe!", sprudelte es aus der Direktorin heraus.
„Na und, das tue ich dauernd." Da war Hermine leider nicht schnell genug gewesen, um ihren Ehemann zurückzuhalten. Der verstand auch nicht, warum diese Äußerung aus Sicht seiner Frau unpassend gewesen sein sollte, bis er in das Gesicht seiner Chefin schaute. Minerva McGonagall saß mit hochrotem Kopf da und der beschämte Blick mit dem sie wieder ihre Hände anstarrte, hätte einer 15 Jährigen alle Ehre gemacht.
Ach, du großer Merlin! Das war doch jetzt nicht wahr!
„Wirklich?", Hermine hatte die Brisanz ihrer Aussage augenscheinlich deutlich schneller erkannt und fragte ganz aufgeregt, „Das ist doch klasse! Wer ist es, wo hast Du ihn getroffen, wie heißt er?"
Severus musste erschüttert mit den Augen rollen, seine Frau, sonst ohne Weiteres zu kühlem, wissenschaftlich-rationellem Denken und Handeln in der Lage, verwandelte sich gerade ebenfalls schlagartig in ein quiekendes Girlie. Unglaublich!
„Ach, es ist mir wirklich unangenehm. Aber er heißt Marcus", murmelte Minerva verlegen auf dem Sofa herumrutschend, dabei wurde sie doch tatsächlich noch etwas röter, „ihr müsst wissen, er ist ein verwitweter Cousin zweiten Grades meines verstorbenen Mannes und hat eine bedeutende Feuerwhiskeydestille hoch oben in den Highlands. Na ja, und er saß neben meinem Schwager Edmund, beim Familientreffen vor einem Monat und hat mich während des Essens die ganze Zeit ohne ein Wort zu sagen angestarrt."
„Daraufhin hast Du ihn erst höflich an seine fehlenden Manieren erinnert oder ihn effektiverweise sogleich einen fiesen Fluch zukommen lassen", freute sich Severus.
„Das mit den Manieren stimmt, aber das mit dem Verfluchen natürlich nicht, ich bin ja nicht Du!", schnaubte seine Chefin, dann glitt aber ein winziges Lächeln über ihr Gesicht, „Ich habe ihn nach dem Dessert sehr energisch zur Rede gestellt!"
„Gut, und er hat sich daraufhin entschuldigt!", spekulierte Hermine gespannt, denn wenn Minerva McGonagall jemanden zusammenfaltete, war es klüger nachzugeben. Generationen von Schülerinnen und Schülern würden das sofort bestätigen.
„Nein, bei Merlin!", in Minervas Augen blitzte es gefährlich, „Dieser unverschämte Kerl hat schallend gelacht und mir frech erklärt, dass er gerne Dinge betrachtet die ihm gefallen und ihm hätte schon sehr lange niemand und nichts mehr so gut gefallen, wie ich es täte."
„Hmpf!", konnte Severus ein gequältes Würgen nur beinahe unterdrücken, „Spätestens jetzt wäre die Zeit reif für einen schmerzhaften Fluch!", befand er oder für einen Sehschärfungstrank, immerhin war Minerva schon länger nicht mehr die Jüngste!
„Ich hatte es wirklich fest vor!", Minervas Augen funkelten, allerdings weniger aus Ärger, wie ihm schien, „aber ich hatte keine Gelegenheit dazu, weil er mich einfach ohne zu fragen zur Tanzfläche gezerrt hat und da sind wir geblieben, bis sie uns die Musik abgedreht haben, das war so gegen fünf Uhr morgens."
„Grundgütiger, er kann wohl sehr gut tanzen!", Hermine war schwer beeindruckt und schenkte Severus einen vernichtenden Blick.
„Ausgesprochen gut!", bestätigte Minerva und wurde schon wieder rot.
„Ach, das war also Deine Unpässlichkeit, wegen der ich an dem Montag nach Eurem Clantreffen Deinen Unterricht übernehmen musste! Deine Füße brauchten wohl immer noch Erholung", erinnerte sich Severus und blickte seine Schulleiterin empört an.
„Das war sehr großzügig von Dir! Wirklich!", Minerva sah zerknirscht zu Boden, „aber es war nicht wegen meiner Füße – ich hatte bereits einen Abschwellzauber gesprochen und Poppy um eine kühlende Salbe gebeten." Jetzt zerrte sie nicht mehr an ihrem Kragen, sondern strich ihre Robe fahrig glatt. „Es war nur so, dass Marcus am Sonntagmorgen bereits um neun Uhr vor meiner Bürotüre stand und mir einen Antrag gemacht hat!", flüsterte sie.
„WAS?", Hermine fiel das Buch aus der Hand und auch ihm klappte der Unterkiefer herunter. Der Kerl ließ aber wirklich nichts anbrennen!
„Na ja, er hat mich nicht direkt gefragt, ob ich ihn heiraten möchte", murmelte Minerva und begann wieder auf dem Sofa hin und her zu rutschen, „es war eher so, dass er mir mitgeteilt hat, dass er beabsichtige mich so schnell wie möglich zu ehelichen, ich solle mir schon mal Gedanken über einen geeigneten Termin machen."
„Unglaublich!", stöhnte Severus, „Hat er Sorge, dass Du den Abend nicht mehr erlebst oder warum hat er es so eilig?"
„Severus!", schalt ihn seine Frau entsetzt.
„Was denn?", entgegnete er und wandte sich wieder seiner Chefin zu, „Hast Du ihn denn jetzt verflucht oder wenigsten hochkant die Treppe hinuntergestoßen?", die war immerhin ziemlich lang, das hätte unbedingt Wirkung gezeigt.
„Nun, ich war vielleicht etwas zu überrascht, immerhin bekomme ich nicht jeden Tag einen Heiratsantrag, und da ich ja auch schon älter bin, wie Du gerade richtig angemerkt hast, habe ich ihn nicht die Treppe hinuntergestoßen, sondern zum Frühstück eingeladen", antwortete Minerva und in ihrer Stimme war mehr als eine Spur Koketterie. Unglaublich und das in ihrem Alter!
„Und dann?", wollte Hermine allerdings wissen, denn Minervas weiteres Gezerre an ihrem Kragen ließ erahnen, dass das noch längst nicht alles war.
„Dann ist er… äh… geblieben", schloss die Schulleiterin und die Hitze die ihr Gesicht ausstrahlte, stellte das munter vor sich hin brennende Kaminfeuer glatt in den Schatten.
„Oh", entfuhr es Hermine und wurde ebenfalls eine Spur rot, als sie die ganze Dimension von Minervas Aussage erfasste.
Severus hingegen wollte diese Dimension ihrer Aussage lieber nicht verstehen, sonst würde ihm bestimmt übel werden. Allerdings lagen für ihn jetzt ganz andere Dinge klar auf dem Tisch. Er sprang auf „Bei Merlin! Das sind also Deine ganzen wichtigen Termine, die Du plötzlich dringend wahrnehmen musst. Ich befürchtete schon eine ernsthafte Krise in der Zaubererwelt und Du hast lediglich eine… Affäre!", polterte er. Unglaublich! In der Tat!
„Es tut mir wirklich leid, Severus!", versicherte ihm Minerva zerknirscht, „ich hätte es Dir wahrscheinlich früher sagen sollen, aber es war mir so peinlich."
Als Severus schon tief Luft geholt hatte, um seiner Chefin klar zu machen, dass es auf alle Fälle überaus peinlich wäre, sich in ihrem Alter noch in solche Eskapaden zu stürzen und dass Ausflüchte und Lügen auch nicht gerade unpeinlich wären, unterbrach ihn Hermine und lächelte ihn warm an, „das können wir gut verstehen Minerva, Severus und ich haben Dir unsere Beziehung ja auch ziemlich lange verschwiegen."
Verdammt, das stimmte allerdings, fast ein halbes Jahr waren sie ein Paar gewesen, bevor sie es Minerva und den anderen erzählt hatten. Sein Mund klappte wieder zu.
„Und genau, wie Du Dich damals für uns gefreut hast, so freuen wir uns jetzt für Dich!" verkündete Hermine froh, lehnte sich zu Minerva hinüber und schloss sie fest in die Arme.
Severus allerdings streckte kämpferisch das Kinn heraus und ließ seine Frau und seine Chefin wissen: „Hier kann sich freuen wer will! Bevor ich mir diesen Kerl nicht sehr genau angesehen habe, seine Absichten und Hintergründe geprüft und alles sorgsam abgewogen habe, werde ich sicherlich nicht in albernes Liebesgesäusel einstimmen! Dass bei dieser Begutachtung auch Veritasserum oder Legelimentik eine Rolle spielen könnten, ist übrigens durchaus im Bereich des Möglichen!"
„Severus!" entrüstete sich Hermine und schaute ihn vorwurfsvoll an.
„Was heißt denn hier ‚Severus!'?" rief nun ihr Ehemann ebenso erzürnt, „ich lasse es doch nicht einfach zu, dass irgendein aus dem Nichts erschienener Schotten-Pirat unsere Schulleiterin entert und wir nichts, aber auch gar nichts über ihn oder seine Gründe und Absichten wissen! Vielleicht ist er ein Verbrecher, ein Terrorist, ein Spion oder sonst ein Verrückter! Vielleicht will er Deine Galleonen, Dein Wissen oder Sonstiges!" Severus raufte sich angesichts solcher Möglichkeiten die Haare, „Was sagt eigentlich Albus dazu?"
„Der ist ganz begeistert und freut sich!", frohlockte Minerva glücklich.
„Ach, wie konnte ich nur fragen, der sieht doch in allem und jedem nur das Gute!" Severus war ehrlich böse.
„Macht er sich gerade Sorgen um mich", wollte Minerva angesichts des grollenden Tränkemeisters erstaunt von Hermine wissen.
„Unsinn", blaffte ihr Stellvertreter, „Du bist alt genug, um selbst auf Dich aufzupassen! Aber ich trage Verantwortung! Darum mache ich mir Sorgen um die Schule und Sorgen um den Orden und so weiter. Du bist doch nicht irgendwer, Du sitzt in den höchsten Ämtern und bist wichtig, verdammt!"
„Dann ist es ja gut", Minerva hatte sich anscheinend wieder gefangen, denn sie stand auf und rückte ihre Brille gerade, „ich hatte schon Befürchtungen, dass Du eifersüchtig wärst", dabei zwinkerte sie Hermine zu. „Aber es ist gut, dass Du ihn treffen willst, er möchte Euch auch kennenlernen und ich würde mich freuen, wenn Ihr morgen Abend unsere Gäste seid. So gegen Sieben in der großen Halle?"
„Oh, wir kommen gerne", auch Hermine hatte sich lächelnd erhoben und brachte ihre ehemalige Hauslehrerin zur Tür, „es ist ihm also immer noch ernst damit, Dich zu heiraten?"
„Verdammt ernst!" bestätigte Minerva nickend.
„Und Dir?", wollte Hermine leise wissen.
„Ich bin ganz und gar nicht abgeneigt!", seufzte die Direktorin ebenso leise, „er kann nicht nur verflixt gut tanzen, musst Du wissen!" Mit einem mehr als albernen Kichern verabschiedeten sich die beiden Frauen voneinander.
Zurück blieben eine unerträglich entzückte Hermine und ein unglaublich missgelaunter und aufgebrachter Tränkemeister.
