Anmerkung: Inspiriert wurde ich von der brillianten Geschichte von Dasque "Here without you". Die Einleitung meiner Geschichte ist auch ähnlich zu der Einleitung ihrer Geschichte. Möchte mich auf diesem Wege nochmals bei Dasque bedanken, dass ich trotz der Ähnlichkeit meine Geschichte veröffentlichen darf.

Ich hoffe, Euch gefällt meine Geschichte. Freue mich über Reviews und Anregungen!


Einleitung

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König zu sein machte es schwer zu schlafen.

Er war erschöpft, konnte aber keinen Schlaf finden, wenn er sich abends in seine Gemächer zurückzog. Die Nacht war zu seinem Feind geworden. Noch vor einem Jahr hatte er die Nächte geliebt, aber das hatte sich seit zwei Wochen geändert. So viel hatte sich seitdem geändert... Die Erkenntnis traf ihn wie ein Schlag in den Magen und legte sich wie ein dunkler Schatten auf seine Seele. So wie jeden Morgen... Und der Schatten würde ihn begleiten, bis er am Abend wieder in einen unruhigen Schlaf fiel.

Es herrschte eine düstere Atmosphäre in seiner Kammer, die selbst der graue, bewölkte Himmel vor den Fenstern nicht bannen konnte. „Es passte", dachte er müde, als er aus dem Bett kroch und in ein Hemd schlüpfte, dass er am vergangenen Abend achtlos beiseite geworfen hatte. Die strahlende Sonne und die weißen, bauschigen Wolken, die sich zu seiner Krönung präsentiert hatten, waren blanker Hohn gewesen – dieses Wetter passte weit besser zu seiner Gemütslage.

Gähnend ging er auf den Balkon hinaus und schaute auf die riesige Stadt hinab, über die er herrschen sollte. Er wollte nicht an die Länder denken, die vor den Stadttoren lagen – nein, das würde ihn nur an den Rande einer Hysterie treiben und offen gesagt, war er dazu zu müde.

Die Luft war kühl und feucht und roch nach Regen. Er lehnt sich vor und stützte sich mit den Armen auf dem Geländer ab und sog die saubere, klare Luft ein. Es beruhigte ihn etwas, erlaubte ihm für einige Sekunden seine Ängste und seine größer werdende Verbitterung zu vergessen und rief sich in Erinnerung, dass sie das getan hatten, was getan werden musste. Die Verderbnis wurde beendet und die Nation wurde unter ihm als einzigen Herrscher vereint. Er hatte gute Gründe, mit dem Ausgang zufrieden zu sein. Ein scheinbar glückliches Ende, dass durch ihr Blut, Schweiß und ihre Tränen bezahlt wurde.

Vielleicht konnte er es eines Tages sein – zufrieden.

Er öffnete langsam seine Augen und eine einzelne Person im Hofe zog seine Aufmerksamkeit auf sich. Sein Herz machte einen Sprung, als er die blonden, gewellten Haare erkannte, die ihr bis zur Taille reichten. Sie trug nicht mehr die schwere Lederrüstung, die sie während der Verderbnis und während der Feierlichkeiten danach getragen hatte, sondern hatte nun zu passenderer Kleidung gewechselt – eine leichte Hose und ein Baumwollhemd, welches um einiges zu groß für sie war. Er lächelte, als er sie beobachtete, ihre anmutigen Bewegungen, als sie ihr Pferd aus dem Stall führte, ihr Hund Sam treu an ihrer Seite.

Mit wachsender Furcht erkannte er, dass sie es ernst meinte.

Sie ging fort.

Sie beabsichtigte nicht, sich von ihm zu verabschieden. Der Schmerz, der seit einigen Tagen schon in ihm lauerte, kroch nun hervor und traf ihn mit aller Macht und für einen Moment musste er sich am Geländer des Balkons festhalten, um nicht nach unten zu laufen, sie festzuhalten und nicht gehen zu lassen. Es spielte keine Rolle, was Eamon davon hielt oder sonst jemand in Ferelden. Es spielte alles keine Rolle, solange Leah nur bei ihm war.

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Alistair, nun werde endlich vernünftigt. Leah wäre die beste Wahl, wenn sie kein Grauer Wächter wäre. Du sagtest mir doch selbst, dass es bereits für einen Grauen Wächter schwierig wäre, ein Kind zu bekommen, aber bei zwei Grauen Wächtern..."

Er drehte sich voller Zorn zu Eamon um, der von seinem Stuhl hinter seinem Schreibtisch aufgestanden war.

... muss es nicht unmöglich sein, Eamon." Alistair schüttelte verzweifelt seinen Kopf und fuhr sich nervös durch seine Haare. Er fühlte sich wie ein kleines Kind, dass nicht verstehen konnte, warum es den süßen kleinen Hund nicht behalten durfte.

Eamon blickte ihn einen Moment verständnisvoll an. Er hatte ähnliches durchgemacht, als er damals, kurz nach dem Krieg mit Orlais Isolde geheiratet hat. Allerdings war er nicht der König von Ferelden und diese Tatsache machte es um einiges leichter für sie. Er ging um seinen Schreibtisch herum und legte Alistair väterlich die Hand auf die Schulter.

Die Adeligen in Ferelden werden auf einen Erben bestehen. Die Theirin Blutlinie darf mit Dir nicht enden. Wenn Du Leah wirklich heiratest und sie Dir keinen Erben schenkt, wird es wahrscheinlich nicht lange dauern, bis die ersten Adligen darauf pochen werden, dass Du sie verlässt und eine andere zur Frau nimmst."

Alistair konnte das alles nicht begreifen und wurde zornig. „Aber ich bin der König. Niemand kann mir vorschreiben, wen ich zur Frau nehme, oder doch?"

Eamon ging gedankenverloren zu seinem Stuhl hinter seinem Schreibtisch zurück. „Es tut mir leid, aber so einfach wird es nicht sein. Im schlimmsten Fall könnte das Landthing Dich dazu zwingen, wenn Leah Dir keinen Erben..."

Mit einer scharfen Handbewegung unterbrach Alistair seinen Onkel. Er hatte genug gehört. Er wollte darüber nicht länger diskutieren.

Es reicht, Eamon. Ich möchte nicht mehr darüber reden. Entschuldige mich, ich gehe zu Bett."

Er warf die schwere Holztür von Eamons Arbeitszimmer mit mehr Kraft als nötig hinter sich zu. Alistair wusste in seinem tiefsten Innern, dass er Recht hatte. Auch Leah hatte dies bereits vor dem Landthing zu ihm gesagt. Aber er wollte es nicht hören. Er wollte nur bei ihr sein, sie niemals loslassen.

So weit wird es nicht kommen, Leah. Wir werden immer zusammen sein. Das verspreche ich Dir", hatte er ihr gesagt. Sie hatte ihn daraufhin nur mit einem sonderbaren Blick aus ihren wunderschönen blauen Augen angesehen und ihn angelächelt. Er dachte, sie hätte seinem Versprechen geglaubt. Jetzt wusste er, dass dem nicht so war...

Er musste mit ihr darüber reden und sie mussten eine Lösung finden.

oOo

Sie hatte die Entscheidung selbst getroffen. Sie hatte ihm noch nicht einmal eine Wahl gelassen. Sie war die Tochter Adeliger, erzogen um die Intrigen und Aufopferungen zu verstehen, die in ihrer Position notwendig waren. Als der Plan, Alistair zum König von Ferelden zu machen, konkret wurde, wusste sie bereits, dass es für sie keine Zukunft geben würde. Sie war immer stark geblieben, aber er wusste, dass dies nur eine Fassade war, dass sie tief in ihrem Innern verletzlich war. Doch diese Seite kannten nicht viele an ihr.

oOo

Eine Woche nach dem Landthing, kurz vor ihrem Aufbruch nach Redcliff, traf Alistair nachts im Garten des Arls auf Leah. Er konnte wieder nicht schlafen und hatte deshalb gehofft, in der kühlen Nachtluft seine Gedanken ordnen zu können. Er erschrak, als er Leah sah. Sie stand vor dem kleinen Brunnen, der von roten Rosen umsäumt war, ihre blonden langen Haare tanzten im leichten Wind und strahlten im Mondlicht, das auf sie herabfiel. Sie trug ein dunkelblaues Kleid, das ihre Silhouette sanft umspielte. Sie war einfach wunderschön.

Leah schien ihn nicht zu bemerken und Alistair stand nur da und beobachtete sie. Er konnte sie stundenlang beobachten. Er fragte sich dann selbst, womit er es verdient hatte, dass eine so wunderschöne und intelligente Frau ihn liebte. Ihn, der manchmal nicht wusste, welcher Stiefel an welchen Fuß gehörte. Ihn, der nie die richtigen Worte für sie fand. Ihn, den königlichen Bastard.

Kannst Du auch nicht schlafen?"

Er zuckte zusammen, als sie ihn ansprach. Er hatte nicht bemerkt, dass sie sich zu ihm umgedreht hatte. Alistair hätte wissen müssen, dass er seine Anwesenheit nicht lange vor ihr verbergen konnte. Sie konnte ihn spüren, sie trug die gleiche Verderbtheit in sich wie er.

Verlegen strich er sich durch die Haare.

Nein. Ich wälze mich nur von einer Seite zur anderen. Ich hatte gehofft, dass mir die frische Luft etwas helfen würde, meine Gedanken zu ordnen."

Dunkelblaue Augen trafen honigfarbene Augen.

Irgendetwas stimmte nicht. Es lag in der Luft, aber Alistair konnte es nicht fassen. Er wusste nicht, was es war. Und es machte ihn nervös...

Die Rosen erinnern mich an Highever", sagte sie während sie sich umdrehte und mit ihren zarten Fingern durch die Rosenblätter strich. Zarte, sanfte Hände, die ihn liebevoll liebkosen und ihm Trost spenden konnten, die aber auch entschlossen den Schaft ihrer Dolche umschließen konnte. „Meine Mutter hat ihre Rosen immer geliebt."

Er konnte ihr Gesicht nicht sehen, aber er wusste, dass sie Tränen in ihren Augen hatte. Jede Erinnerung an Highever tat ihr in der Seele weh, das wusste er.

Meine Mutter wusste genau, wie sie ihre Rosen zuschneiden mussten, damit sie wieder neu erblühen." Sie lachte leise. „Sie hätte nie erlaubt, dass ein Bediensteter ihre Rosen pflegt. Ich konnte, als ich ein kleines Mädchen war, nicht verstehen, warum sie die schönen Rosen zerschnitt. Sie sagte mir dann, dass dies notwendig wäre, damit sie im nächsten Sommer in neuem Glanz erstrahlen können. Und sie hatte recht, im folgenden Jahr waren die Rosen noch schöner als zuvor."

Sie drehte sich zu ihm um, ihre Wangen waren nass von den Tränen, die aus ihren Augen rannen.

Alistair, ich verstehe nun genau, was meine Mutter damit meinte. Man muss sich von manchen Dingen trennen, auch wenn sie wunderschön sind, wenn man wachsen will."

Er wusste genau auf was sie hinaus wollte. Seine Brust schien von einem Panzer umgeben zu sein, er hatte das Gefühl nicht mehr atmen zu können. Er stand einfach nur vor ihr, unfähig etwas zu sagen, gelähmt aus Angst vor dem, was nun kam.

Dein Onkel hat Recht mit dem was er sagt. Man würde uns vor dem Landthing nicht akzeptieren, wenn wir keinen Erben vorbringen können. Wir würden damit alles gefährden, wofür wir so hart gekämpft haben."

Leah, ich …"

Sie kam auf ihn zu und legte ihm liebevoll ihre Hand auf die Wange. Ihre Berührung brannte wie Feuer und schien ihn zu verbrennen. Unfähig, auch nur ein Wort zu sagen, stand er vor ihr und sah auf sie herab. Eine Träne rann über ihre Hand.

Alistair, wir müssen der Tatsache ins Auge sehen. Es wird für uns keine Zukunft geben." Er konnte sie kaum hören.

Sie sah ihn an und er wusste, wieviel Kraft es sie kostete. Sie wirkte ruhig und gefasst, aber ihre Augen verieten sie. In ihrem Innern schien sie zu schreien, er konnte es fühlen.

Leah, nein..."

Du weißt, dass es das Beste ist. Lass es uns hier und jetzt beenden, bevor wir uns beide und noch viel mehr verlieren. Wenn man jemanden liebt, muss man ihn loslassen können. Auch wenn es schwer ist."

Der Panzer um seine Brust schien noch enger zu werden. Er konnte nicht mehr atmen, schien zu ersticken. Sterne tanzten vor seinen Augen, sein Blick war verschleiert von den Tränen, die er nun nicht mehr zurückhalten konnte. Er konnte nicht glauben, was gerade geschah. Er musste träumen. Ja, genau das war es. Das hier ist ein Traum, er muss sich nur anstrengen und dann wird er aufwachen...

Ich werde Dich immer lieben, Alistair". Sie stellte sich auf die Zehenspitzen, wie sie es immer getan hat, wenn sie ihn küssen wollte. Sie küsste ihn sanft auf die Wange und verharrte einen Moment länger als nötig. Er stand nur da wie ein Idiot, unfähig zu irgendeiner Reaktion. Halt sie fest, lass sie nicht gehen, schrie es in ihm. Aber er stand einfach nur da. Er hatte keine Kontrolle mehr über sich. Er fühlte sich, als hätte man sein Herz aus seiner Brust gerissen...

Ohne ihn noch einmal anzusehen, drehte sich Leah um und ging zurück ins Anwesen des Arls.

Alistair stand noch immer da, unfähig sich zu bewegen. Seine Welt war zusammengebrochen.

oOo

Er versuchte den Gedanken, an diese Nacht zu verdrängen. Wieder drohte sich der Panzer um seine Brust zu legen und ihm seinen Atem zu rauben und er musste mit aller Macht dagegen ankämpfen. Er sog die kühle Luft ein und sie half ihm, sich zu beruhigen.

Leah ging ungeduldig im Hof auf und ab, augenscheinlich begierig darauf alles hier zu verlassen. Sie schaute immer wieder in Richtung der Ställe und Alistair wunderte sich, was sie noch zurückhielt, als plötzlich ein Reiter erschien, blond und in einen grünen Umhang gehüllt.

Alistairs Finger verkrampften sich und er krallte sich so sehr am Geländer fest, dass seine Knöchel weiß wurden. Das konnte nicht ihr Ernst sein! Sie konnte ihn nicht für … für ... ihn verlassen.

Er seufzte und lockerte seinen Griff. Er hatte alle Rechte aufgegeben, auf Zevran eifersüchtig sein zu dürfen, sagte er sich selbst. Aber beim Anblick des Meuchelmörders verkrampften sich seine Muskeln und ein Eisblock fuhr durch seine Brust und legte sich in seinen Magen.

Hatte sie vor ihn so schnell zu ersetzen?

Leah sah nun zum Schloss empor und Alistair erstarrte. Sicher würde sie sehen, dass er sie beobachtete. Für einen Moment hielt sie inne und er konnte sich vorstellen, wie diese dunkelblauen Augen sich vor Überraschung weiteten als sie ihn erblickte. Für einen langen Moment starrten sie sich gegenseitig an, jeder von ihnen erkannte, das dies, mehr als alles andere, das Ende ihrer gemeinsamen Zeit bedeutete. Alistair schluckte einen Kloß in seinem Hals herunter. Er ließ sie gehen und er wusste, dass er sie vermissen würde. Auch wenn sie nicht mehr zusammen waren, brauchte er dennoch ihre Nähe um einen klaren Gedanken fassen zu können. Er brauchte ihren Rat, denn sie wusste, wie die Adeligen dachten und was zu tun war.

Auch wenn sie ihn nicht genau sehen konnte, hob er zaghaft eine Hand zum Gruß.

Nach einem Moment erwiderte sie die Geste. Es war zögerlich und fast kaum erkennbar, ihre Hand hob sich kaum, bevor sie sie langsam zu einer Faust ballte um dann wieder an ihrer Seite fallen ließ. Aber er konnte es erkennen.

Zevran blickte über seine Schulter um zu sehen, was ihrer Aufmerksamkeit galt. Er beugte sich in ihre Richtung um ihr etwas zuzuflüstern. Mit einem entschlossenen Nicken, kehrte sie Alistair den Rücken, stieg auf ihr Pferd und pfiff nach ihrem Hund.

Sie drehte sich nicht zu ihm um.

Er sah zu, als die beiden Reiter aus Denerim galoppierten, der aufgehenden Sonne entgegen. Zitternd atmete er die kalte Luft aus. Langsam drehte er sich um und ging zurück in seine schummrigen Gemächer. Er fragte sich, ob sein Herz jemals aufhören würde, sich wie ein riesiger Klumpen Blei anzufühlen.