„Es tut mir Leid, so kann es einfach nicht mehr weiter gehen. Schon seit
Tagen streiten wir uns, Ray. Bitte, gönn uns beiden eine Auszeit. Danach
können wir ja weitersehen...", mit Tränen in den Augen sprach Kai zu seinem
Freund Ray. „Kai! Heißt das etwa..."„Ich denke schon, Ray. Es tut mir Leid."
Ray konnte es nicht fassen. Der Kai, den er über alles liebte, mit dem er
schon über ein halbes Jahr zusammen war, genau dieser Kai hatte gerade mit
ihm Schluss gemacht.
„Du solltest jetzt besser gehen", Kai sprach mit leiser, gepresster Stimme,
doch im Gegensatz zu Ray gelang es ihm, seine Tränen zu unterdrücken.
Wie in Trance bewegte sich Ray langsam in Richtung Tür. Das leichte
Stechen, das er vorhin schon in seinem Bauch gefühlt hatte, als er Kai in
die Augen blickte, breitete sich noch mehr aus. Er fühlte sich, als hätte
er 40 Grad Fieber. Anfangs dachte er, es wäre alles nur erdacht. Er dachte,
er wäre am Anfang einer Schizophrenie, und nur Kai konnte ihm helfen. Doch
er war nicht schizophren, und Kai war weg. Plötzlich fühlte sich Ray, als
würde er jeden Moment zusammenbrechen. Als er bei der Tür angekommen war,
blickte er noch einmal in Kais Augen. Er wollte noch etwas sagen, ihm
sagen, wie sehr er ihn geliebt hatte, und noch immer liebt. Doch er brachte
kein Wort hinaus. Stattdessen rannen immer mehr Tränen seine blassen Wangen
hinunter. So sehr er auch wollte, er konnte sich einfach nicht von der
Stelle bewegen. Auch Kai konnte seine Tränen nicht mehr länger im Griff
halten. „Geh jetzt", zischte er so kalt er konnte. Ray wollte, doch er
konnte nicht. Kai schloss die Augen, damit man nicht sehen konnte, dass er
weinte.
Ray machte noch immer keine Anstalten zu gehen. Langsam riss Kai der
Geduldfaden. Er ging einen Schritt auf Ray zu, schaute ihm dann ernst in
die Augen. Grob packte er ihn schließlich an den Schultern, stieß ihn
brutal nach draußen. Als Ray endlich draußen war, schlug er die Tür fest
zu.
Fassungslos starrte Ray die Tür an, die von Kai eben zugeschlagen wurde.
Kai währenddessen sank auf den Boden, lehnte sich mit dem Rücken an die
Tür. Jetzt war Ray weg, für immer weg. Was hatte er da getan? Er liebte Ray
doch. Doch es hatte keinen Sinn mehr. Kai konnte Ray die Wahrheit nicht
sagen.
Ray kam langsam wieder auf die Beine. Langsam setzte er sich in Bewegung.
Er wollte jetzt noch nicht nach Hause. Er wollte auch seine Freunde nicht
sehen. Sie würden fragen was er denn hätte, doch er musste erst alles
verarbeiten.
Er spazierte in den nahe liegenden Wald, wo ihn alles irgendwie an Kai
erinnerte.
Erst in der Nacht ging er nach Hause. Die anderen schliefen schon. Kai
hatte früher auch hier gewohnt, bis er in das Haus gezogen war, das seine
Tante ihm in ihrem Testament vermacht hatte. Alles in seinem Zimmer
erinnerte ihn an Kai. Ray zog sich gleich aus und kroch unter seine Decke.
Er weinte bitterlich und schluchzte in sein Kissen hinein.
Am nächsten Morgen ging er nicht in die Küche. Er wollte nichts essen.
Damals hatte Kai ihn immer aufgeweckt, hatte ihm liebevolle Worte ins Ohr
geflüstert, nun war das nicht mehr so. Wahrscheinlich würde es auch nie
wieder so werden.
Tyson, Max und Kenny wunderten sich natürlich, warum der sonst so
pünktliche Ray nicht erschien. „Vielleicht ist er krank? Wäre ja kein
Wunder, immerhin geht er jeden Abend bis weiß Gott wann in der Nacht
spazieren", meinte Tyson und spuckte Max bei jedem Wort ein paar Brösel ins
Gesicht, da er immer mit vollem Mund sprach. „Nein das glaube ich weniger.
Ray ist immerhin gut geeicht. Ich denke eher, dass es ihm sehr zu schaffen
macht, dass Kai nicht mehr hier wohnt", meinte Max, nachdem er sich die
Brösel aus dem Gesicht gewischt hatte. „Die beiden hatten ja in der letzten
Zeit kein so gutes Verhältnis", nuschelte Kenny apathisch. Er war zurzeit
mehr mit einem neuen Programm für seinen Laptop beschäftigt, als ernsthaft
an den Gesprächen der anderen teilzunehmen. „Du sagst es Kenny. Na ja, wir
sollten Ray jetzt allein lassen, das wäre ihm sicher lieber", fügte Tyson
noch hinzu, erhielt jedoch einen strengen Blick von Max, da er schon wieder
mit vollem Mund sprach, und Max alles im Gesicht kleben hatte.
Die drei Bladebreakers blieben dabei, Ray alleine zu lassen, und
trainierten alleine. Kai erschien diesmal auch nicht, daher kämpften nur
Max und Tyson gegeneinander.
Ray hatte sich den ganzen Tag über nur einmal außerhalb seines Zimmers
blicken lassen. Und das war, als er sich das Telefon vom Wohnzimmer geholt
hatte.
Eine Zeit lang hatte Ray schon mit dem Gedanken gespielt, Kai anzurufen.
Immer wieder hatte er seine Nummer gewählt, doch er brachte es nicht
fertig, Kai wirklich anzurufen.
Auch Kai hatte sich in seinem Zimmer verkrochen und machte keinen Schritt
vor die Tür. Immer wieder betrachtete er das Bild von ihm und Ray, das er
in den Händen hielt.
Nun würde nichts mehr werden wie es damals war. Doch es war besser so, Kai
wollte Ray nicht in Gefahr bringen, Ray sollte nicht seinetwegen sterben.