Disclaimer: Alle Figuren gehören Joanne K. Rowling und ich verdiene kein Geld mit diesen Geschichten.

Amortentia

Für Severus Snape gab es nichts Schöneres als einen Trank zu brauen. Das knisternde Feuer unter dem Kessel, die Präzision beim Schneiden, das perfekte Timing für das Einwerfen der nächsten Zutat oder Umrühren des Tranks, das Blubbern der Flüssigkeit im Kessel, das Wechseln ihrer Farbe und Konsistenz im Laufe des Prozesses, die Gerüche, die dabei aufstiegen – all diese Dinge waren es, die Severus an der Tränkebrauerei schätzte. Es war eine entspannende Konzentrationsaufgabe, der er sich auch gerne in seiner Freizeit hingab. Da es aber Verschwendung wäre, einfach nur zum Vergnügen Tränke zu brauen, nahm er gerne Aufträge von Krankenhäusern, Apotheken oder einfachen Händlern an.

An diesem Abend stand ein relativ schwieriger Trank auf der To-Do-Liste, doch für einen Meister der Zaubertränke kein Problem, wenn auch immer noch gefährlich: Amortentia, der mächtigste Liebestrank der Welt. Schon sein Geruch konnte einem das Gehirn vernebeln, doch Severus war dagegen gewappnet, denn er wusste schon, wonach der Trank für ihn riechen würde: Nach alten Büchern, Lilien und Meeresluft. Und eben weil er diesbezüglich gewappnet war und selbst mit dem Duft einer wunderschönen Lilie zurechtkommen würde, brauchte er sich keine Sorgen zu machen.

Der Trank köchelte munter vor sich hin, noch zwei Umdrehungen, dann war er fertig. Severus nahm den Rührstab, drehte ihn zweimal im Kessel und wartete. Als er die salzige Meeresluft riechen konnte, als würde er direkt am Wasser stehen und sogar das Gefühl hatte, er könne ein paar Möwen kreischen hören, wusste er, dass der Trank nicht nur fertig, sondern auch perfekt war. Schon im nächsten Augenblick roch er den modrig, staubigen Geruch von edlen, alten Büchern. Dann wartete er auf die Lilien – doch sie kamen nicht. Stattdessen stieg ihm ein anderer, neuer Duft in die Nase und berauschte ihm sofort die Sinne. Dieser Geruch ließ sein Herz auf der Stelle schneller schlagen und in ihm breitete sich ein wohlig warmes Gefühl aus. Unwillkürlich lächelte er verträumt vor sich hin. Dann schaltete sich sein Gehirn ein und er überlegte, was das für ein Geruch sein konnte, der ihn so sehr betörte. Doch da er der Meister der Zaubertränke war und eine unglaublich feine Nase besaß, wusste er schon nach wenigen Sekunden die erschreckende Antwort: Dieser Duft gehörte Hermine Granger – einer besserwisserischen, nervtötenden, aber auch wunderschönen, intelligenten Schülerin des sechsten Jahrgangs…

Er hielt sich am Tisch fest, da seine Beine plötzlich dabei waren nachzugeben. Das konnte doch alles nicht wahr sein! Hatte er denn wirklich niemals Glück im Leben? Erst Lily, die sich mit seinem schlimmsten Feind verbrüdert hat, und nun Miss Granger, die nicht nur zwanzig Jahre jünger war als er, sondern verdammt nochmal seine Schülerin! Das war einfach nicht fair!

Wütend starrte er auf die rosafarbene Flüssigkeit des Liebestrankes und sein Blick verdunkelte sich. Es staute sich immer mehr Zorn und Wut und Ärger und Verbitterung in seinem Innern an wegen dieser Ungerechtigkeit, bis er dem Druck nicht mehr standhalten konnte und explodierte: Der Kessel mit dem Amortentia flog laut krachend gegen die nächste Wand, wo sich sein Inhalt wie Blut verteilte und langsam über den Steinboden auf seine Füße zukroch…

ENDE.