Der Dunkle Lord
Selena betrat in der kühlen Augustnacht langsam und suchenden Blickes den alten Friedhof. Namen über Namen entzifferte sie mit Hilfe ihres leuchtenden Zauberstabes auf den uralten, verwitterten Grabsteinen. So arbeitete sie sich Reihe um Reihe, Grab um Grab immer tiefer in den Friedhof hinein. Eine hohe schlanke Gestalt, mit langen wehenden schwarzen Haaren in einen weiten schwarzen Umhang gehüllt, der ihre schöne Figur, weitgehend verbarg. Im schwachen Licht sah man an der Hand, die den Zauberstab hielt, am Ringfinger einen silbernen Ring glitzern, geformt wie eine Schlange, mit Smaragden besetzt. Ihre Recherchen hatten die junge Frau hierher geführt, doch es sah hoffnungslos aus. Hier lagen nur ganz gewöhnliche, zahl- und namenlose Muggel begraben. Sollte sie sich doch geirrt haben? Nein- Da war er: Der Name den sie so verzweifelt suchte: Tom Riddle. Sollte er doch ein Muggel gewesen sein?
Doch bevor Selena auch nur einen weiteren Gedanken fassen konnte, raschelte es plötzlich hinter ihr im Gras. Mit gezücktem Zauberstab drehte sie sich blitzschnell herum und sprach: »Wer ist da?« doch es kam keine Antwort... Stattdessen sah sie die riesige Schlange auf sich zukommen, das Maul weit offen, bereit zum Angriff.
»Du bist aber ein schönes Tier, meine Kleine. Doch gewiss keine einheimische Schlange, oder? Solch große Exemplare gibt es in Großbritannien meines Wissens nicht.«
Selenas Worte schienen Nagini zu verdutzen, sonst sprach doch nur ihr Herr mit ihr. Die Schlange hielt aufgerichtet inne und sah die junge Frau vor sich mit stechendem Blick an.
»Nein, das ist wahr, mein Meister hat mich von seinen Reisen hierher geführt damit ich ihm treu dienen kann.«
»Dein Meister? Er lässt dich ganz allein des Nachts auf Friedhöfen junge Mädchen erschrecken?«
»Ja, denn schließlich muss eine Schlange auch ab und zu etwas fressen. Eigentlich hatte ich Euch dazu ausgesucht... bis Ihr anfinget mit mir zu sprechen. Wer seid Ihr überhaupt, dass ihr Parsel sprecht?«
Selena machte eine leichte Verbeugung und sprach:
»Selena Morgaine d'Esmerald, eine der ältesten Reinblutfamilien der Welt, zu Diensten«
»Die Fähigkeit mit Schlangen zu sprechen ist sehr selten... können das alle Mitglieder Eurer Familie, Miss d'Esmerald?«
»Soweit ich weiß nicht, ich bin die Erste seit meiner Urgroßmutter, die es kann. Abgesehen mal davon ist meine ganze Familie tot. Wie ist eigentlich Dein Name und... ähm… wer ist Dein Meister?«, schloss Selena vorsichtig.
»Mein Name ist Nagini und mein Meister ist der größte schwarze Magier aller Zeiten, der Erbe Slytherins, der Dunkle Lord, Er dessen Name nicht genannt werden darf.«
Selena stockte der Atem. Sollte Glück, pures Glück sie nach 3 langen Jahren erfolgloser Suche endlich in die Nähe des Zauberers gebracht haben, den sie unbedingt kennen lernen, unbedingt dienen und so viel Wichtiges sagen wollte? Sollte sich die Prophezeiung doch noch erfüllen? Doch Nagini sprach schon weiter:
»Habt ihr schon mal von ihm gehört? Schließlich steht ihr vor dem Grab seines Vaters und vorhin schient Ihr erleichtert es endlich gefunden zu haben.«
»Ja, ich habe tatsächlich nach diesem Grab gesucht, auch wenn ich mich gerade frage, wie ich dann weitergemacht hätte, wäret Ihr mir nicht begegnet. Denn Euer Meister ist es, den ich noch viel begieriger suche, edle Schlange Nagini. Könnt ihr mich zu ihm bringen?«
»Wenn es Euch nichts ausmacht dem Tode entgegenzutreten, mein Meister schätzt Fremde nicht. Obwohl eine kleine Chance besteht, wenn Ihr seid, was Ihr behauptet. Mein Meister schätzt es genauso wenig magisches Blut zu vergießen, am allerwenigsten Reines.«
»Das Risiko gehe ich gern ein. Wisst Ihr, edle Nagini, ich suche bereits seit 3 Jahren nach dem Dunklen Lord. Ich möchte gern mit ihm reden, es gibt etwas, dass uns verbindet und er wissen sollte.«
Selena steckte ihren Zauberstab in eine Innentasche ihres Umhangs und folgte der riesigen Schlange zum Ausgang des Friedhofs, eine gewundene Strasse entlang zu einem großen Herrenhaus mit überwuchertem Garten, der aussah als ob sich schon lange niemand mehr richtig um das Unkraut darin gekümmert hätte. Nagini richtete sich vor der großen Eingangstür des Herrenhauses auf, bis sie auf Kopfhöhe mit der Hexe neben ihr war und schloss für einen Moment die großen Augen. Selena meinte, jetzt würde sie nach ihrem Meister rufen, doch sie hörte nichts außer dem Wispern des Windes. Das fand sie merkwürdig, da sie die Schlange hätte verstehen müssen, zumal sich einen Moment später die Tür öffnete und einen kleinen plumpen Mann mit schütterem grauen Haar und spitzer Nase freigab. Dieser sah Selena einen Moment sprachlos an, bis er mit einer knappen Verbeugung zurücktrat und auf Englisch sagte:
»Folgt mir Miss d'Esmerald.«
Nagini glitt als Erste über die Schwelle und verschwand im Haus, Selena folgte dem kleinen Mann, den sie sofort als einen geringen Diener erkannte. Sie wusste, dass sie auf das niedere Gesindel oft autoritär und einschüchternd wirkte -und genoss diese Macht in vollen Zügen. Sie sprach als die Tür ins Schloss fiel:
»Und dein Name lautet?, da du den Meinen scheinbar schon kennst.«
»Eigentlich Peter Pettigrew, man nennt mich aber immer nur Wurmschwanz«
Währenddessen stiegen sie eine schmale Treppe hinauf, gingen einen kurzen Flur entlang bis sie vor einer schweren Eichentür anhielten, die, leicht geöffnet, den flackernden Schein eines Feuers nach außen ließ. Über das Knistern hinweg kaum vernehmbar sprach eine hohe, kalte Stimme, die Selena einen Schauer über den Rücken jagte, der ihr nicht unangenehm war, im Gegenteil, sie meinte die Erfüllung ihrer Träume gefunden zu haben.
»Führe Miss d'Esmerald herein, Wurmschwanz und verschwinde dann. Ich möchte allein mit ihr sein.«
Wurmschwanz öffnete die Tür weiter, wies Selena mit einer knappen Verbeugung hinein und schloss sie hinter ihr.
Selenas Augen gewöhnten sich schnell an das Dämmerlicht im Zimmer, denn das Feuer im Kamin war die einzige Lichtquelle im Raum. Auf dem Kaminsims sah sie eine Ansammlung von alten Zeitungen, davor ein kleiner runder Tisch mit einer Karaffe Rotwein zwischen zwei hohen Lehnsesseln. Da sie nur den Rücken des einen sah, war das erste was Selena von Lord Voldemort erblickte eine bleiche Hand mit langen Fingern, die locker einen Zauberstab hielt. ‚Gut' dachte Selena, ‚Er wird dich nicht sofort angreifen'. Sie war zwar eine äußerst bemerkenswerte starke Hexe, die nicht zögerte zu töten und sich wehren konnte, aber ob ihre Fähigkeiten vor Lord Voldemort Bestand hatten, war mehr als fraglich.
»Normalerweise meiden Menschen meine Gegenwart. Was führt dich also zu mir, Selena Morgaine d'Esmerald?«, sprach die hohe kalte Stimme auf Englisch.
Selena antwortete jedoch in Parsel, da sie Gesindel nicht traute und auf gar keinen Fall belauscht werden wollte.
»Weil ich Euch kennen lernen möchte, Mylord, Euch dienen und aufgrund einer Prophezeiung, die kurz vor meiner Geburt gemacht wurde. Sie betrifft den Erben und die Erbin Slytherins. Der Erbe seid meines Wissens Ihr, Mylord. Und die Erbin, nun ja, die bin ich.«
»Setz Dich und erzähle mir, wie du darauf kommst, die Erbin Slytherins zu sein.«
Selena nahm auf dem zweiten Lehnsessel platz und sah ihm ins schlangengleiche Antlitz. Er war für sie schrecklich schön anzusehen, er wirkte genauso einschüchternd und machtvoll, wie sie sich vorgestellt hatte, doch gleichermaßen wunderschön. Für Sie, die Erbin Slytherins, die Schlangen über alles liebte, die ihr Wappentier waren, sah er aus wie die Verkörperung all ihrer Wünsche. Sie wollte gerade beginnen zu berichten, als der Dunkle Lord die Hand hob und ihr Einhalt gebot. Er rief Wurmschwanz und sein promptes Eintreten ließ Selenas Vermutung bestätigen, dass er gelauscht hatte.
»Bringe unserem Gast ein Glas. Ich möchte mit ihr von dem hervorragendem Wein trinken, den Lucius mir geschickt hat.«
Dabei sah er Selena die ganze Zeit aus seinen scharlachrot glühenden Augen ins fein geschnittene Gesicht, mit dem vollen Mund, der schmalen Nase und den großen grünen Augen, die umrahmt waren von langen schwarzen Wimpern, doch sie blickte unerschrocken zurück und versuchte ihn ihrerseits zu taxieren.
Ein dünnlippiges Lächeln umspielte seinen Mund als der zitternde Wurmschwanz beide Gläser füllte und sich rasch entfernte, woraufhin auch Selena begann zu lächeln. Scheinbar hatte dieser kriecherische Wurmschwanz auch Angst und Respekt vor ihr, er konnte ihr zumindest nicht ins Gesicht schauen ohne zu erzittern. Selena genoss ihre Macht, immer.
»Auf Salazar Slytherin«, prostete ihr der Dunkle Lord zu und riss sie damit aus ihren Gedanken.
»Auf Salazar Slytherin und seine Kinder Salomo und Selena«, gab sie immer noch lächelnd zurück und trank. Der Wein war wirklich köstlich, als sie den ersten Schluck getrunken hatte sprach er, der sie die ganze Zeit beobachtet hatte erneut:
»Du scheinst keinerlei Angst vor mir zu haben, das beeindruckt Lord Voldemort.«
»Ich vertraue auf mein Schicksal«, antwortete sie schlicht. Er nickte kaum merklich ob dieser Worte und sagte, diesmal auf Parsel:
»Nun denn, beginne mit Deiner Geschichte!«
Der Sprachwechsel entging Selena nicht und sie dachte belustigt ‚Auch er vertraut seinem Diener nicht'
»Wie Ihr sicherlich wisst, Mylord, hatte Salazar Slytherin 2 Kinder: Salomo und seine jüngere Schwester Selena, meine Namensvetterin übrigens. Meine Ahnentafel lässt sich bis zu ebendieser Selena Slytherin zurückverfolgen. Als ich jedoch ihren älteren Bruder entdeckte, fand ich es spannend herauszufinden, ob heute noch Nachkommen von ihm leben. Vor allem, da ich ja von der Prophezeiung wusste, aber dazu später. Jedenfalls stieß ich auf eine Merope Gaunt, die meinen Angaben zufolge einen Sohn mit Tom Riddle, über den ich allerdings nichts herausfinden konnte, hatte, der Tom Marvolo Riddle heißt. Den allerletzten lebenden Nachkommen Slytherins, neben mir.«
Diese Worte schienen Lord Voldemort zu erstaunen, wenn nicht gar zu erschrecken. Doch Selena fuhr unbeeindruckt fort, obgleich ihr das nicht entging.
»Ich weiß nicht ob es nur ein Gerücht ist oder wirklich stimmt, jedenfalls heißt es, der Erbe Slytherins seid Ihr, Mylord. Und deshalb glaube ich zu wissen, Mylord, ihr seid Tom Marvolo Riddle!«
Schweigen war die Antwort auf ihre Worte. Selena wusste, dies war ein gefährlicher Moment, sie spürte die Spannung im Raum, sah dass ihr Gegenüber seinen Zauberstab fester umschloss. Sie hielt unbewusst den Atem an und entspannte sich erst, als Lord Voldemort seinen Griff lockerte, seinen Kelch in die Hand nahm und sprach:
»Was hat es mit der Prophezeiung die Ihr erwähntet auf sich?«
»Nun denn, sie besagt Folgendes: ‚Der Eine mit der Macht die Welten zu verbinden, wird geboren werden, wenn sich der dunkle Erbe und die dunkle Erbin, die den Tod besiegen suchten, vereinen. Alt mit Jung, Arm mit Reich.' Nun ja, der dunkle Erbe könnt nur Ihr sein, denn ich wüsste nicht auf wen dieser Titel besser passte, ihr seid auch um Einiges älter als ich, zumindest ist Tom Marvolo Riddle 1926 geboren, wohingegen ich erst 1973. Auch wenn ich nicht genau weiß, ob Ihr in Armut aufgewachsen seid, ich stamme aus einer sehr reichen Familie, die jedoch tot ist, bin reinblütig und die Prophezeiung wurde meiner Mutter im letzten Drittel ihrer Schwangerschaft von einer namhaften Wahrsagerin gemacht, die wissen wollte, was aus ihrer jüngsten Tochter wird. Meine Mutter hat das für alle ihre Kinder getan, doch, so sagte sie mir, war die Wahrsagerin bei diesen Worten anders. Sonst erfuhr man von ihr nur nebulöses Zeug, wie hohes Alter und glückliches Leben, aber diesmal, so meine Mutter, war es eine echte Trance. Als ich volljährig wurde, bin ich auf unser Ministerium gegangen, um herauszufinden, ob es wirklich eine Prophezeiung um mich gibt und tatsächlich: sie existiert.«
Sie hielt inne um ihre Worte wirken zu lassen und trank einen Schluck Wein, desgleichen der dunkle Lord. Er schien nachdenklich geworden zu sein. Er sah Selena tief in die Augen, als ob er sie durchbohren wollte. Sie wusste was er vorhatte, hatte es beinahe erwartet und ließ ihn deshalb gewähren. Er sollte auf keinen Fall an ihrer Aufrichtigkeit zweifeln.
»Ihr lügt nicht Miss d'Esmerald, das ist gut. Lord Voldemort zu belügen wäre töricht. Er weiß, er weiß immer... Ihr sagt, Ihr seid eine Waise?«
»Ja, meine Familie entschied sich zu kämpfen, anstelle sich zu ergeben als ihre Machenschaften aufflogen und sie von Auroren umstellt waren. Ich war 8 Jahre alt, spielte gerade in meinem Zimmer, dann hörte ich nur diese furchtbare Explosion. Es war im Garten, ich sah den Krater und die Leichen meines Bruders, gerade volljährig, meiner Schwester, erst 16, meiner Eltern und meiner Großeltern durchs Fenster. Kurz danach führten mich fremde Männer und Frauen aus dem Haus und überlegten was mit mir anzufangen sei, da ich keine lebenden Verwandten mehr hatte. Meine Mutter war Einzelkind, ihre Eltern lange tot. Mein Onkel väterlicherseits lebenslang in Nurmengard und der Rest lag natürlich tot im Garten. Da meine Familie bekannt dafür war schwarze Magie und die alten Rituale zu praktizieren und man meinte mich umerziehen zu müssen, gab man mich zur Pflege in eine Muggelfamilie. Ich hab sie immer gehasst, die Auroren, wie die Muggel. Na ja, nun sind sie alle tot, ich bin ganz gut wenn es ums Morden geht.«, schloss sie mit einem breiten Lächeln.
»Gerade 22 und alle Feinde tot? Ich bin beeindruckt. War Euch jetzt langweilig genug nach mir zu suchen?«
»Kann man so sagen. Ich habe mit der Suche nach Euch vor ca. 3 Jahren begonnen, also mit 19 begann ich den Stammbaum zu enträtseln, erst letztes Jahr fand ich die entscheidende Linie der Gaunts. Dann suchte ich direkt nach Euch, Mylord, obwohl es relativ schwierig für mich war. Ich meine, selbst Euren Todessern habt Ihr Euch nicht gezeigt. Wie sollte es da mir, als Außenstehender, gelingen Euch zu finden? Wäre Nagini vorhin nicht aufgetaucht hätte ich zwar Tom Riddle Seniors Grab gefunden, doch was dann?«
»Ja, was dann? Ihr habt großes Glück heute Nacht, Miss d'Esmerald. Normalerweise wollte Lord Voldemort heute Nacht ins Haus eines treuen Dieners ziehen. Dieses Gemäuer widert mich an. Habt Ihr ein Quartier für die Nacht?«
»Ja, ich hab ein Zimmer im Dorfgasthof hier in Little Hangleton. Eigentlich gehe ich nicht in solche Muggelkaschemmen, doch ich dachte mir, wenn meine Informationen richtig sind, könnte ich hier mehr Zeit verbringen, als mir lieb ist.«
»Wenn Ihr der Schmach entgehen wollt, dort gesehen zu werden und die Gesellschaft dieses wertlosen Abschaums zu ertragen, lasse ich ein Zimmer für Euch herrichten.«
»Wenn es keine zu großen Umstände macht...«
»Wurmschwanz!«, rief der dunkle Lord und der kleine verängstigte Mann kam sofort ins Zimmer gestürzt.
»Richte für unseren Gast ein Schlafgemach her und geh dann in den Dorfgasthof und lass dir ihr Gepäck aushändigen.«
»Nein, nicht nötig«, sprach Selena »Nur das Zimmer. Um das Gepäck kümmere ich mich selbst. Lola!«, rief sie nun ihrerseits und eine kleine Hauselfe erschien zu ihren Füßen.
»Bringe mein Gepäck aus meinem Zimmer im Dorfgasthof hierher, lass dir von Wurmschwanz mein neues Quartier zeigen und warte dort auf mich!«
»Sehr wohl, Herrin«, quiekte die Elfe mit einer tiefen Verbeugung und verschwand. Dies muss auch für Wurmschwanz das Zeichen gewesen sein zu verschwinden, denn er drehte der Hexe und dem Zauberer den Rücken zu und verließ das Zimmer.
Selena und Lord Voldemort sahen sich im Schein des Feuers tief in die Augen und tranken langsam ihren Wein. Keiner sprach ein Wort. Beide schienen Gedanken nachzuhängen und Selena begann sich zu fragen, ob es klug war, die Einladung des Dunklen Lords anzunehmen und er sie nur in der Nähe haben wollte um sie im Schlaf zu töten. Doch das war eigentlich nicht sein Stil. Wenn er beschloss jemanden zu töten, so ließ er seinem Opfer wenigstens die kleine Chance sich zu wehren. Jemanden im Schlaf zu überraschen war längst nicht so befriedigend, wie ein Kampf auf Leben und Tod. Dies wusste Selena aus Erfahrung. Dennoch hatte sie die Angewohnheit mit dem Zauberstab in der Hand zu schlafen... Man weiß ja nie...
»Hauselfen sind nützliche Diener, nicht wahr, Selena?«
»Ohja, zum Anwesen meiner Familie gehören zwei. Lola nehme ich mit auf Reisen, Bruno bleibt zurück und kümmert sich um mein Haus und den Garten. Wenn Ihr wollt, Mylord, lade ich Euch dorthin ein. Es ist ein sehr altes Haus, erbaut 1629, immer in Familienbesitz, mit wunderbaren schwarzmagischen Artefakten und einer Krypta unter der Kapelle im Garten, die nur für die Alten Rituale angelegt wurde. Selbst den Krater sieht man noch, ich habe ihn nie zuschütten lassen, als Erinnerung, warum ich kämpfe!«
»Warum Ihr kämpft, Selena? Ich dachte Eure Feinde wären alle längst tot?«
»Meine Feinde ja, aber unser aller Feinde, die Schlammblüter und Muggel nicht.«
Kaum merklich nickte der Dunkle Lord auf diese Worte, ob Beifall oder nur zur Bestätigung wusste Selena nicht zu sagen. Er war ein geheimnisvoller Mann und dennoch auf eine Weise anziehend, die wohl niemanden außer ihr aufgefallen wäre. Nach einer Weile sprach er erneut, doch sein Ton hatte sich verändert. Im Raum war plötzlich eine Eiseskälte zu spüren, eiskalt wie seine Stimme.
»Warum seid Ihr wirklich zu mir gekommen? Selena Morgaine d'Esmerald? Seid Ihr auf der Flucht vor dem Gesetz in Eurem Land? Ihr redet übers Morden als sei es nichts. Wie viele Menschen habt Ihr in Eurem kurzen Leben schon getötet? Und vor allem, wie kommt es, dass Ihr noch auf freiem Fuß seid? Ich kann töten und mein Zeichen hinterlassen ohne befürchten zu müssen jemals zur Verantwortung gezogen zu werden. Mein Name allein lässt das ganze Land, die ganze Welt erzittern, aber Ihr... Soweit seid Ihr noch nicht! Sucht Ihr Schutz und Furcht treibt Euch in meine Arme und lässt Euch so unerschrocken wirken? Denn eine von Auroren verfolgte Hexe kann ich in meiner Nähe nicht gebrauchen.«
Selena lächelte ihn breit an, sie wusste ihr konnte nichts passieren, stattdessen griff sie in ihren Umhang und zog ihre zwei Zauberstäbe heraus. Dass sich die Finger des Dunklen Lords bei ihrer Bewegung fester um den seinen schlossen ignorierte sie. Sie überreichte ihm einen der Stäbe und sprach:
»Dies ist der Zauberstab, den ich vor Jahren bei Gregorowitsch kaufte und dieser«, damit überreichte sie ihm den Zweiten »dieser Stab ist mein persönlicher Todesstab. Ich kenne die Gesetze sehr wohl, Mylord. Ich beschloss schon am Todestag meiner Familie, mich zu rächen, doch mit meinem 16ten Geburtstag rückten meine Pläne endlich in greifbare Nähe. Doch wie sollte ich dem Gesetz entgehen? Nun, die Lösung ist so einfach wie genial: Ein zweiter Stab musste her, Einer, von dem niemand etwas wusste. Ich ging durch viele Wälder, immer Holzläuse dabei, bis ich einen geeigneten Baum, gefunden hatte: deutsche Eiche, älter als ich es je gesehen habe, bewohnt mit Hunderten von Bowtruckles. Ich schnitzte fast 2 Monate an der geeigneten Form, die Form einer Schlange, wie Ihr seht.«
»Ja, das sehe ich, eine wunderbare Arbeit, vor allem in Anbetracht Eurer Abstammung. Doch was ist der Kern dieses Stabs? Er wird doch wohl funktionieren, wenn Ihr so stolz davon berichtet. «
Auf diese Worte schwang er den Zauberstab und brachte so die Karaffe Wein auf dem Tisch dazu ihre Kelche erneut zu füllen. Er nahm den Seinen und prostete Selena zu, die ebenfalls zugriff.
»Auf Euch, Selena d'Esmerald! Lord Voldemort ist wirklich beeindruckt.«
»Auf Euch, Mylord!« und nach einem Schluck Wein sprach sie weiter »Der Kern ist das Haar einer Banshee, einer Todesfee. Es sollte auch mich zur Todesfee machen, da ich den Stab nur zu solchen Zwecken benutzen wollte. Ich kannte eine Grotte, in der Nähe von Durmstrang, meiner Schule, in der sie lebte. Bis ich sie aufsuchte zumindest. Ich durchstöberte die Bibliothek und las jedes Wort über Zauberstabkunde, bis ich wusste, wie man den Kern einsetzte. Es gelang mir und der Stab funktioniert bis heute tadellos. Ihr seht also, Mylord, selbst wenn ich verdächtigt und mein Zauberstab geprüft wurde konnte mir nie etwas nachgewiesen werden. Ich beherrsche seit meinem 13ten Lebensjahr die Kunst der Okklumentik und trage immer ein Fläschchen Gegengift zum Veritaserum bei mir. Ich werde also nicht verfolgt. Ich kam aus freien Stücken, aus Sympathie zu Euren Zielen und der Aussicht die Prophezeiung zu enträtseln und vielleicht sogar zu erfüllen...«
