– Kapitel 1 –
Ein harter ArbeitstagObwohl es keinen Grund gab, der dagegen sprach, ging Familie Scheußli im Heckengewächsweg Nr. 444 ihrer normalen Beschäftigung nach.
Roselia Scheußli, eine dickliche Frau (eigentlich war sie ziemlich fett, aber jeder, der das in ihrer Gegenwart sagte, musste entweder ziemlich dumm oder ziemlich schnell sein), war dabei, ihren Sohn Scherbert gründlich zu verdreschen, weil dieser seinen Alete-Baby-Fraß für die nächsten zwei Wochen innerhalb von drei Minuten und siebenundzwanzig Sekunden verschlungen hatte.
Wärnon Scheußli, ein ungefähr zwei Meter zehn großen und siebzig Kilogramm schwerer Mann, bereitete sich auf seine Arbeit vor, eine Arbeit die ihn zweimal täglich zweiundzwanzig Minuten beschäftigt. Er war nämlich der offizielle Laternenanzünder der Nachbarschaft. Also drehte er morgens und abends seine Runde, um die Laternen entweder an- oder auszumachen. „Das hängt ganz von der Uhrzeit ab", pflegte er zu sagen, wenn er anderen seinen Beruf beschrieb. Nun war es also wieder soweit. Er verließ das Haus für seine morgendliche Runde, noch nicht ahnend, was ihn heute erwarten sollte …
Das erste, was ihm auffiel war der Vogelmist auf seinem Auto. Er wischte ihn ab, als völlig unauffällig eine Art Karnevalsumzug von der Lautstärke eines Düsenjägers am Haus Nr. 444 vorbeizog. Hätte er die laut schreiende Menge bemerkt, wäre ihm aufgefallen, dass jeder einzelne dieser Personen einen seltsamen Umhang trug und einige Dinge riefen wie: „Endlich wieder laut sein!", „Ich freu mich schon aufs Schreien" oder „Lasst uns ein bisschen Krach machen." Nachdem dieser beschauliche Umzug vorbeigegangen war, schritt Wärnon auf die Straße und löschte das Licht der ersten Laterne, bevor er seinen Weg fortsetzte.
Als er bei der dritten Laterne und ankam, bemerkte er den Riss im Glas der Laterne und übersah daher völlig verständlicherweise die Schildkröte auf der Gartenmauer daneben, die eine rosa Brille trug und eine Karte las.
Als er weiterging, kam ihm ein kleiner Mann entgegen, der einen Umhang trug, auf dem ein Schlagzeug abgebildet war. „Herrlicher Tag heute, oder? Sollen wir zusammen ein bisschen laut sein? Ich finde, auch Gummel sollten heute etwas schreien, nicht wahr?" Nachdem die beiden ein bisschen Krawall veranstaltet hatten, ging Wärnon weiter, um ein paar Kinder zu vertreiben, die gegen eine Laterne traten.
Zweiundzwanzig Minuten später kam Mr Scheußli völlig erschöpft von der schweren Arbeit heim. Als er die Tür öffnete, flog sein Sohn Scherbert nur knapp an seinem linken Ohr vorbei und landete im Gartenteich, wo er sofort von den Riesenwelsen angefallen wurde, die Roselia dort illegal züchtete. Sie stand mit puterrotem Kopf im Flur. „Was hat er den jetzt wieder verbrochen?", fragte Wärnon seine Frau. „Er hat schon wieder den Fernseher versteckt, dieser kleine Idiot. Hilfst du mir nachher suchen?" „Natürlich Schatz." Nachdem Roselia sich wieder beruhigt hatte, fragte sie ihren Mann, wie die Arbeit heute gewesen war.
„Du glaubst nicht, was ich erlebt habe", antwortete Wärnon. „Auf dem Auto war Vogelmist, eine der Laternen hatte einen Riss und ein paar Kinder haben gegen eine Laterne getreten." „Unglaublich", murmelte Roselia , und mit einem „Nicht wahr?" von Mr Scheußli machten siech die beidem auf die Suche nach dem Fernseher, während ihr Sohn mit den Monsterwelsen ums Überleben kämpfte.
