Ich erschrak, als jemand an die Tür meines kleinen Büros klopfte. Wer konnte denn etwas von mir wollen? Es war eher selten, dass jemand an meine Tür klopfte. Wenn Tonks etwas von mir wollte, etwa mit mir Mittagessen, oder ihr langweilig war, kam sie einfach herein. Klopfen empfand sie als lästiges Muggel-Ritual, ganz davon zu schweigen, dass sie die Geduld einer Dreijährigen hatte. Und wenn Scrimgeour etwas wollte, ließ er es mich durch einen Brief wissen. Außerdem war ich sowieso eher selten in meinem fensterlosen, stickigen Büro. Der Außendienst war es, der mich an meinem Job so fesselte, nicht das lästige Schreiben von Berichten.
Also sagte ich „Herein!" und sah von der Akte auf, die ich gerade gelesen hatte.
Mit diesem Besucher hatte ich nicht gerechnet. Wie lange war es her, dass ich ihn zum letzten Mal gesehen hatte? Dreizehn Jahre? Vierzehn?
„Professor Dumbledore!", rief ich aus, „Welch eine Überraschung!"
Der Schulleiter von Hogwarts war älter geworden, das sah ich nun. Sein Haar war vollständig ergraut, während es dies zu meiner Schulzeit noch nicht gewesen war. Doch sonst war er noch der gleiche. Das schelmische Funkeln in seinen Augen und die Hakennase waren unverkennbar.
„Miss Sinclair, ich freue mich, Sie wiederzusehen.", sagte er lächelnd und wir gaben uns die Hand.
„Bei Merlins Barte, das muss ja schon Ewigkeiten her sein, seit wir uns das letzte Mal sahen.", sagte ich.
„Ja, da gab ich Ihnen Ihr Zeugnis und Sie freuten sich, die notwendigen Noten für die Auroren-Ausbildung bekommen zu haben, obwohl daran nie ein Zweifel bestand."
Ich wurde rot. „Naja, ich habe mich sehr dafür angestrengt, meinen Traum zu verwirklichen."
„Nun, Sie fragen sich sicher, warum ich hier bin."
„Allerdings.", antwortete ich lächelnd.
„Ich habe ein Problem.", erklärte der Schulleiter von Hogwarts, „Nachdem unser bisheriger Lehrer für Verteidigung gegen die dunklen Künste aufgrund eines tragischen Unfalls verstarb, suche ich nun einen Ersatz. Und meine erste Wahl fällt auf Sie."
„Auf mich?!", fragte ich entgeistert. Ich? Lehrerin? Wie bei Merlins schlabbrigen Unterhosen kam er denn auf die Idee?
„Ja. Ich denke, Sie wären bestens dazu geeignet, die Schüler in diesem Fach zu unterweisen und … nun ja … etwas frischen Wind in die Schule zu bringen."
Ich lachte. „Ja, ich glaube das würde ich."
„Sind Sie einverstanden?"
„Professor, ich habe noch nie überhaupt irgendjemanden unterrichtet, geschweige denn Kinder. Ich habe keine Erfahrung im Umgang mit ihnen und ehrlich gesagt mag ich sie noch nicht einmal besonders. Die fachliche Qalifikation ist vermutlich nicht das Problem, aber die ist auch nicht das einzige, was im Lehrberuf wichtig ist.", gab ich zu bedenken.
„Liebe Miss Sinclair,", sagte Dumbledore sanft und legte seine Hand väterlich auf meine, „ich habe schon einige Lehrkräfte erlebt, die im Umgang mit den Schülern ihre Schwierigkeiten hatten und glauben Sie mir, wenn ich Sie für geeignet für den Lehrberuf halte, können Sie meinem Urteil vertrauen."
Ich seufzte. Ich war glücklich als Aurorin und, ehrlich gesagt, ziemlich erfolgreich. Warum sollte ich jetzt aufhören und Kinder unterrichten? Konnte das nicht warten, bis ich, sagen wir, hundert war und den Job nicht mehr machen konnte?
„Ich habe es bereits mit Rufus Scrimgeour besprochen, er ist einverstanden. Sie können bleiben, solange Sie wollen, Miss Sinclair. Sollte es Ihnen nicht gefallen, können Sie jederzeit in den Aurorendienst zurückkehren.", erklärte er eindringlich. Dumbledore schien mich wirklich unbedingt in seinen Lehrkörper aufnehmen zu wollen.
„Ich werde es für ein Jahr ausprobieren, kann Ihnen aber nicht versprechen, dass ich danach weitermachen werde. Und ich denke, Sie können mich Enya nennen, jetzt, wo ich bei Ihnen angestellt bin."
Dumbledore nickte nur, als hätte er keine andere Antwort erwartet.
