Disclaimer: Digimon gehört nicht mir, sondern u.a. TOEI Animations, FoxKids, Saban und Bandai; daher keinerlei Grund mich zu verklagen, bei mir ist ohnehin nichts zu holen.
Rating: G
Pairing: Rukato (Duh)
Beschreibung: Ja, was soll ich hierzu
sagen, eine One-Shot-Rukato eben...
Größtenteils in den Nachtstunden verfasst und von koffeingenährtem Fluff
durchtränkt, sollte dieses Machwerk nur von eingefleischten Rukato-Fans gelesen
werden (obwohl ich alle anderen auch nicht wegscheuchen werde ^^)
However, ich hoffe das G-Rating ist korrekt angesetzt, und Reviews sind mir
immer herzlich willkommen...
Aber nun zur Fic:
Confessions
"Pass doch auf!"
"Huh?" Verwirrt blickte Takato auf, und sah in das ärgerliche,
hochrote Gesicht einer stämmigen Frau. Wobei stämmig es nicht genau traf. Eher
massiv. Oder genauer gesagt, unglaublich fett.
"Da ist man ja seines Lebens nicht mehr sicher, wenn man nicht mal mehr in
den Supermarkt gehen kann ohne von den Jungen angerempelt und niedergeschlagen
zu werden. Schämen solltest du dich..."
Sie zeterte noch weiter, aber das bekam der Junge bereits gar nicht mehr mit,
sondern zog den Kopf ein und machte sich eiligst aus dem Staub, seine
Einkaufstüte fest umklammernd.
‚Wenn ich wirklich mit DER zusammengestoßen wäre hätte ich jetzt ein
Schleudertrauma,' dachte Takato bei sich. ‚Ich kann sie allerhöchstens
gestreift haben...'
In Wahrheit- was er natürlich nicht wusste- war es nicht einmal das gewesen,
aber das anhaltend schlechte Wetter das Tokio nun schon seit Wochen mit mehr
als genug Niederschlag für zehn Jahre eindeckte schien der gesamten Bevölkerung
aufs Gemüt zu schlagen. Auch Takato hatte viel von seiner ansonsten so
sprühenden Lebensfreude eingebüßt, und ähnelte vom Wesen her nun schon fast
Ruki (wenn diese einen ihrer guten Tage hatte, versteht sich, was selten genug
vorkam).
Der Supermarkt war nur wenige Querstraßen von der kleinen Bäckerei seiner
Eltern entfernt, und obwohl der Himmel bewölkt gewesen war als er aufgebrochen
war, war Takato davon ausgegangen dass er seine Einkäufe erledigen würde können
bevor der nächste Schauer kam.
Dennoch war er nicht im Mindesten überrascht dass es bereits heftig regnete als
er durch die automatische Schiebetür des Kaufhauses trat. Er seufzte. ‚Augen zu
und durch...'
Natürlich hielt er die Augen sehr wohl offen, denn bei Aquaplaning war die
Innenstadt nicht immer ein sonderlich sicherer Ort, auch wenn heute sehr wenig
Verkehr herrschte. Nur hin und wieder brauste ein Wagen in mehr oder weniger
vorschriftsmäßigem Tempo durch die großen Pfützen die sich auf der Straße
gebildet hatten. Als Takato endlich zu Hause ankam war er völlig durchnässt,
und die Einkaufstüte sah nicht besser aus. Tröpfchenweise einen kleinen See auf
dem Flur hinter sich zurücklassend, stellte er die Einkaufstüte in der Küche
ab, wo seine Mutter emsig in ihrem Kaffee herumrührte, obwohl sie ihn im
Allgemeinen schwarz trank.
"Vielen Dank Takato," begrüßte sie ihn ohne von ihrer Zeitschrift
aufzusehen. "Aber ich kann mich erinnern dich gebeten zu haben einen
Regenschirm mitzunehmen, und ebenso kann ich mich erinnern dass ein gewisser
Jemand mal wieder nicht hören wollte."
Takato verzog das Gesicht. Er hasste es wenn seine Mutter wie mit einem kleinen
Kind mit ihm sprach.
"Ich lebe ja noch."
"Aber du wirst dir eine Erkältung einfangen die sich gewaschen hat wenn du
noch länger hier in den nassen Sachen rumstehst."
Takato hatte verstanden und trollte sich hinauf in sein Zimmer, wo er erst
einmal seine völlig durchweichten Klamotten loswurde. Stattdessen schlüpfte er
in einen warmen, schwarzen Sweater und eine gleichfarbige Hose. Er hatte diese
Kleidung seit Ewigkeiten nicht mehr getragen, aber beides passte ihm noch- nur
sein Bild das er nun in seinem Spiegel beobachtete war nicht so wirklich
vertraut. Aber zumindest waren die Sachen trocken.
Es klopfte.
"Ja?"
Die Tür öffnete sich, und Takatos Mutter trat ein. "Ich habe dir Tee
gemacht, damit dir wieder warm wird..." Sie stellte ein Tablett mit einer
dampfenden Tasse und einem Tellerchen mit Keksen neben das Bett ihres Sohnes.
"Danke Mama," ließ sich dieser vernehmen und angelte auch gleich nach
einem Nusskrokant. Nachdenklich musterte seine Mutter ihn, dann lächelte sie.
"Du siehst gut aus, so ganz in Schwarz... Die Mädchen laufen dir damit
sicher scharenweise nach."
Takato verdrehte genervt die Augen. "Mama, lass das!"
Doch seine Mutter hatte bereits den strategischen Rückzug angetreten,
schließlich musste sie, auch wenn heute weniger als nichts los war, wieder zu
ihrem Mann um ihm in der Bäckerei zu helfen. Takato seufzte und langte nach der
Teetasse, die aber noch viel zu heiß war. Mit einem leisen Schrei zuckte seine
Hand wieder zurück, und er sah missmutig auf seine leicht geröteten Finger.
‚Großartig,' dachte der braunhaarige Junge. ‚Der Tag ist ja noch nicht versaut
genug...'
"Ruki, Essen ist fertig!" Genervt warf das Mädchen mit den
orangefarbenen Haaren der offenen Zimmertür durch die die Stimme ihrer
Großmutter gedrungen war einen vernichtenden Blick zu. Sie war nicht im
Geringsten hungrig, entschloss sich nun aber doch, das Herausfinden der
perfekten Kartenkombination auf später zu verschieben, und wenigstens mal am
Esstisch aufzutauchen. Sie konnte sich ja nach zehn Minuten wieder
verziehen wenn es ihr zuviel wurde.
"Schmeckt es dir, Schatz?" Rukis Großmutter lächelte ihre Enkelin
sanft an.
"Ja," antwortete diese einsilbig. Tatsächlich hatte die ältliche Frau
sich heute kulinarisch selbst übertroffen, aber Ruki strotze immer noch nicht
gerade vor Appetit, und war außerdem mit den Gedanken sowieso noch bei ihren
Digimonkarten. Wie erwartet stand sie also nach einer knappen Viertelstunde
wieder vom Tisch auf und begab sich erneut in ihr Zimmer, dessen Tür sie
diesmal schloss. Der Mond schien durch das Fenster, doch schon schoben sich
wieder dicke Wolken vor den Erdtrabanten und verhüllten ihn bald komplett. Es
wunderte das Mädchen nicht im Geringsten dass es kurz darauf auch gleich wieder
wie aus Eimern zu schütten begann, und sie hatte auch nicht wirklich etwas
dagegen.
Schließlich hatte sie seit letzter Woche Ferien, musste also nicht bei diesem
Sauwetter in die Schule. Und auch wenn sie es niemals, nicht einmal vor Renamon
(Renamon! Die Erinnerung versetzte ihr einen Stich) zugeben würde, liebte sie
es aus dem Fenster zu starren und die Regentropfen zu beobachten. Besonders
Gewitter hatten es ihr angetan, sie empfand sie sogar auf eine gewisse Weise
als romantisch- auch wenn sie das selbst nicht wirklich wusste, oder sie
leugnete es sich selbst gegenüber.
Auch jetzt betrachtete sie die schweren Regentropfen die gegen die
Fensterscheibe prasselten. Ihre Karten hatte sie ganz vergessen; es war als
würde sie irgendetwas in der wirbelnden Schwärze dort draußen suchen, etwas das
sie verloren hatte, vor langer Zeit schon, etwas das schwer wieder zu erlangen
war, und vielleicht gab es auf der ganzen Welt überhaupt nur einen Menschen der
es ihr zurückgeben konnte...
"Takato!"
"Mh? Was ist Mama?"
"Telefon für dich!"
Seufzend wälzte sich der Junge vom Bett und ging nach unten, wo er seiner
Mutter den Hörer aus der Hand nahm.
"Es ist Juri," flüsterte sie, machte allerdings keinerlei Anstalten
sich zu entfernen, bis Takato ihr mit einem sehr eindeutigen Handzeichen und
einem vernichtenden Blick zu verstehen gab dass sie gefälligst verschwinden
möge. Nachdem seine Mutter den Raum verlassen hatte (wenn auch nicht ohne
ärgerlich die Stirn zu runzeln) begann Takato zu sprechen.
"Hallo?"
"Hi, Takato," klang Juris wie immer fröhliche Stimme vom anderen Ende
der Leitung zu ihm. "Wie geht es dir?"
"Ganz gut," log Takato. Eigentlich war ihm sterbenslangweilig, und er
vermisste Guilmon wieder so schrecklich. Aber das würde er Juri nicht sagen...
"Das freut mich. Hm, sag mal..." Das Mädchen druckste herum,
"..weißt du, ich habe zufällig zwei Kinokarten in die Hände bekommen, und
ich wollte dich fragen ob du vielleicht mit mir hingehen willst... Wenn's nicht
regnet," fügte sie hastig hinzu. Takato musste unwillkürlich grinsen:
"Sehr gerne, Juri..." Er hörte wie das Mädchen am anderen Ende tief ausatmete,
als wäre sie sehr erleichtert.
"Gut, dann treffen wir uns vor dem Kino, sagen wir... um sechs?"
"Klar," antwortete Takato. "Meinetwegen kann's auch gerne
regnen." Er lächelte, dann legte er auf. Er freute sich endlich mal aus
dem Haus heraus zu kommen, besonders natürlich wenn er sich dabei mit seiner
besten Freundin traf. Doch plötzlich kam ihm ein Gedanke.
"Also Juri," sagte er betont laut, während er auf Zehenspitzen zur
Tür schlich, "Ich habe da noch eine kleine Überraschung für dich..."
Er riss mit einem Ruck die Tür auf. Wie er erwartet hatte kauerte seine Mutter
davor und hatte die Augen geschlossen um mehr verstehen zu können. Verdattert
sah sie hoch: "Takato... Ich... ich suche nur... meine
Kontaktlinsen."
"Mit geschlossenen Augen?" Takato grinste überlegen.
"Ich... ich habe sie nur zugekniffen weil du mich so erschreckt
hast..."
"Ach so." Takato nickte verständnisvoll und begab sich wieder nach
oben in sein Zimmer, aber kurz bevor seine Tür ins Schloss fiel erklang
nochmals seine Stimme von oben: "Nur schade dass du gar keine
Kontaktlinsen trägst..."
"Ruki?" Wie meistens ohne anzuklopfen betrat ihre Mutter das Zimmer.
Das Mädchen wirbelte herum und warf der jungen Frau die in der Tür stand einen
feindseligen Blick zu.
"Was willst du?"
"Nicht in diesem Ton, wenn ich bitten darf." Rukis Mutter bemühte
sich vergeblich ihrer Stimme die nötige Schärfe zu verleihen; ihre Tochter
verzog die Lippen nur zu einem verächtlichen Grinsen.
"Verzeiht vielmals, durchlauchtigste Prinzessin. Was ist Euer
Begehr?"
Ihre Mutter ignorierte den Spott ihrer Tochter und antwortete: "Es ist so,
ich werde heute nacht wohl nicht hier sein weil ich noch ein spezielles
Fotoshooting habe... Jack meinte dass nur bei Mondschein die idealen
Lichtverhältnisse herrschen würden, und heute, wo es doch ausnahmsweise einmal
nicht regnet, haben wir uns gedacht..."
"Wie heißt er?" fragte Ruki trocken. "Oder ist es einer den ich
schon kenne? Wieso verheimlichst du es dann- äußerst kläglich, nebenbei
bemerkt?"
Ihrer Mutter bleib der Mund offen stehen. Sie war nicht fähig etwas zu
erwidern. Das Unglaublichste an dieser wahnwitzigen Anschuldigung ihrer Tochter
war, dass sie der Realität entsprach...
Ruki stand mit einem Ruck auf und rauschte aus dem Zimmer, rief ihrer
Großmutter die mit dem Abwasch beschäftigt war ein wütendes "Ich geh noch
mal raus, wird spät" zu und knallte die Wohnungstür hinter sich zu...
Sie wusste nicht wohin sie eigentlich ging. Sie wollte einfach nur weg, weg aus
dieser Hölle die sich ihr Zuhause schimpfte. Es war jetzt halb sechs, und sie
steuerte Richtung Innenstadt. Lärmende Menschenmassen drängten sich durch die
Straßen und Gassen, Autos und Fahrräder fuhren eilig durch die Pfützen die der
vorangegangene Regen auf dem Asphalt hinterlassen hatte, und Takato stand vor
dem Kino und blickte nervös auf seine Uhr...
Moment. Takato? Ruki blieb automatisch stehen und taxierte den braunhaarigen
Jungen aufmerksam. Im ersten Moment hätte sie ihn fast gar nicht erkannt, denn
er war heute ganz anders gekleidet als sonst; ganz in Schwarz, und ohne seine
Fliegerbrille. Wieder wanderte sein Blick auf das Ziffernblatt seiner Uhr, und
Ruki kam zu dem Schluss das er ganz offensichtlich auf jemanden wartete um mit
diesem Jemand ins Kino gehen zu können.
"Juri," murmelte Ruki vor sich hin. Es hätte genauso gut einer der
anderen Tamer sein können, aber Juri Katou fiel Ruki sofort als Erste ein.
Eigentlich verstanden sie sich recht gut...
‚Was tue ich überhaupt noch hier,' fragte sich Ruki in Gedanken. ‚Er wird mich
noch entdecken wenn ich hier länger blöd rumstehe, und ich habe keinerlei Lust
auf...'
"Ruki! Wie schön dich zu sehen!" Lächelnd kam Takato auf das Mädchen
zu und blieb dann leicht verlegen grinsend vor ihm stehen.
‚... auf DAS', beendete Ruki den angefangenen Gedanken. Sie seufzte innerlich,
verzog nach außen hin aber keine Miene und zwang sich sogar zu etwas das einem
Lächeln halbwegs ähnlich sah, wenn man über ein bisschen Fantasie verfügte. Das
war bei Takato definitiv der Fall, also lächelte er fröhlich zurück und fragte:
"Was machst du denn hier, ich meine in der Stadt?"
"Nichts Besonderes," antwortete Ruki. Mehr fiel ihr dazu beim besten
Willen nicht ein, denn was tatsächlich geschehen war konnte sie Takato doch
unter gar keinen Umständen erzählen... oder?
"Wenn du noch nichts vor hast könntest du doch vielleicht mit Juri und mir
ins Kino gehen... Ich meine, nur wenn du Lust hast..."
Also wirklich Juri. Wie erwartet. Ruki dachte nach. Sie hatte tatsächlich
nichts Besseres zu tun, und alles war besser als wieder nach Hause zu gehen.
Warum also nicht ins Kino? Und Takato und Juri waren schließlich immer noch
ihre Freunde...
Sie seufzte. "Also gut..."
Takato lächelte. "Großartig..."
Ruki warf ihm einen misstrauischen Blick zu, und Takato errötete leicht; er zog
es vor einen Punkt irgendwo hinter Ruki anzustarren anstatt ihr direkt in die
Augen zu sehen."Ähm... ist das nicht Juri da hinten?" Ruki drehte
sich um, und tatsächlich kam da Juri auf sie beide zu. Takato wischte sich
symbolisch den Schweiß von der Stirn und mahnte sich in Gedanken zur
Vorsicht...
"Hallo Juri." Takato drückte das Mädchen zur Begrüßung an sich, und
aus irgendeinem Grund hatte Ruki dabei ein äußerst negatives Gefühl. "Ruki
hat sich bereit erklärt mit uns die Vorstellung zu besuchen... das macht doch
nichts...?"
Juri schien das andere Mädchen erst jetzt zu bemerken. Ihre Augen wurden groß.
"Äh... nein... natürlich nicht..."
Ruki lächelte knapp, verdrehte innerlich jedoch die Augen. Ganz offensichtlich
hatte Juri gehofft den Abend allein mit Takato verbringen zu können, und das
Mädchen mit den orangefarbenen Haaren machte sich schon mal innerlich bereit
während der gesamten Vorstellung das fünfte Rad am Wagen spielen zu dürfen.
"Wir sollten langsam mal die Karten besorgen," unterbrach Takato ihre
Gedanken. Sie nickte flüchtig und folgte den beiden Anderen ins Foyer.
Juri erledigte den Kartenkauf und stellte sich an der nicht gerade kurzen
Schlange an. Takato und Ruki warteten etwas abseits.
"In welchen Film geht ihr überhaupt?" Ruki sagte ganz bewusst nicht
"wir".
"Wir," und Takato betonte das Pronomen übertrieben deutlich,
"gehen in diesen Film hier..." Takato deutete auf einen der im
Programm aufgeführten Streifen.
In Rukis Augen blitzte es belustigt auf. Ganz offensichtlich hatte Juri die
Wahl des Filmes getroffen, denn es handelte sich um eine viertklassige Romanze
ohne besondere Geschichte. Immerhin konnte sich Ruki über mit Klischees und
billigsten, abgedroschensten Phrasen vollgestopfte Filme immer wunderbar
amüsieren, und noch mehr darüber wie Juri wahrscheinlich dabei mitfiebern
würde. Takatos Gesichtsausdruck zu urteilen war er da ganz anderer Meinung;
wahrscheinlich fürchtete er gerade in diesem Schinken vor Langeweile zu
sterben. Aber er hatte nun mal zugesagt, und vielleicht konnte er ja
unauffällig ein bisschen schlafen während Juri den George-Clooney-Verschnitt
für Arme auf der Leinwand anschmachtete.
"Ich hab sie." Juri eilte zu ihnen zurück und schwenkte triumphierend
drei Karten, von denen sie Takato und Ruki jeweils eine in die Hand drückte.
"Großartig," konstatierte Ruki, mit einem kaum wahrnehmbaren Anflug
von Sarkasmus in der Stimme. Takato hörte ihn trotzdem, und musste sich
beherrschen um die Contenance nicht zu verlieren.
"Ja," gluckste er, und wandte sich schon Richtung Kinosaal 2, wo ihr
Film bald beginnen würde. Die drei Tamer-Freunde nahmen in der letzten Reihe
Platz und waren dort ziemlich ungestört. Um genau zu sein waren außer ihnen nur
noch drei Personen im Kino: Eine ältliche Frau mit weißem Haar, eine etwas
jüngere Frau, die aber nichtsdestoweniger ihre Menopause schon hinter sich
gelassen hatte, und ein Mann neben ihr, offenbar ihr Ehegatte, der schon jetzt,
vor Vorstellungsbeginn, einzuschlafen drohte. Takato konnte ihn sehr gut
verstehen. Ruki ihrerseits musste ob der grotesken Analogie grinsen, verbarg es
jedoch vor den anderen. Juri war nicht mehr ansprechbar, denn soeben hatte der
Vorspann begonnen...
Schon nach den ersten zehn Minuten hätten sowohl Takato als auch Ruki den
gesamten weiteren Plot des Films vorhersagen können. Vielleicht sogar Juri
selbst- aber sie war dermaßen auf den brustbehaarten Gigolo fixiert den gerade
eine üppige Blondine anschmachtete, dass sie nichts hörte oder sah. Nach einer
Ewigkeit- wie es Ruki vorkam- wanderte ihr Blick auf das Leuchtziffernblatt
ihrer Armbanduhr. Sie musste sich beherrschen um nicht enttäuscht aufzustöhnen
als sie die Zeiger sah, die ihr hämisch entgegenzugrinsen schienen. Es war erst
eine knappe halbe Stunde vergangen... Noch gute anderthalb Stunden Schmalz und
Kitsch... Das würde sie nicht überleben...
"Ich fühle mich nicht so gut... Ich werde mal kurz rausgehen..." Noch
bevor Juri etwas sagen konnte hatte sie sich schon Richtung Ausgang geflüchtet
und konnte Takatos neidische Blicke in ihrem Rücken fast spüren. Verstohlen
grinste sie in seine Richtung und betrat das rettende Foyer. Sie beschloss
tatsächlich kurz die Toiletten aufzusuchen und sich etwas kaltes Wasser ins
Gesicht zu klatschen. Als sie wieder in die Haupthalle trat stand dort Takato.
Nun grinste auch er.
"Wie...," begann sie, wurde aber schnell vom Jungen unterbrochen:
"Ich habe mich einfach rausgeschlichen. Juri hat es nicht einmal
bemerkt."
"Durchtrainierter Typ mit Waschbrettbauch?" fragte Ruki unvermittelt.
Takato musste lachen. "Ja," antwortete er. Ruki lächelte. Obwohl sie
sich eigentlich über Juris seltsames Verhalten ärgerte lächelte sie. Das
passierte ihr sehr oft wenn Takato bei ihr war... Sie fragte sich, warum...
"Ganz ehrlich gesagt," ergriff Takato wieder das Wort, "habe ich
für solche Filme nicht viel übrig..."
"Ganz meine Meinung," stimmte ihm Ruki zu. Ein erneutes Lächeln
erschien auf ihrem Gesicht. Ganz von selbst, völlig unwillkürlich. Aber
seltsamerweise war es Ruki diesmal nicht peinlich oder unangenehm... Sie wusste
dass sie sich Takato öffnen konnte, ohne Gefahr zu laufen dass er ihr Wesen,
das, wie das jedes Menschen, im tiefsten Inneren schwach und verwundbar war,
verletzen würde...
Wieso dachte sie das? Was veranlasste sie dazu? Sie konnte es sich nicht erklären...
Ebenso wenig wie die Tatsache dass Takato nun langsam Richtung Ausgang
schlenderte und sie ihm unwillkürlich folgte. Als sie durch die große geöffnete
Glastür hinausgetreten waren, hielt das Mädchen es für angebracht nun
vielleicht doch mal zu fragen was das sollte...
"Takato?"
"Mh?" Der Junge drehte sich zu ihr herum. "Entschuldige..."
murmelte er. "Ich bin ganz automatisch rausgegangen..."
"Das habe ich gemerkt. Du fandest den Film wohl wirklich schlecht,
was?"
Takato musste grinsen, und Ruki tat es ihm gleich. Es war so befreiend...
"Die Sterne sind wunderschön," flüsterte der Junge. Ruki riss
erstaunt die Augen auf. Einen solchen Satz ausgerechnet aus Takatos Mund zu
hören war mehr als überraschend...
Er lächelte sie an. "Entschuldige... Sicher hast du dafür nichts
übrig..."
"Wieso nicht?" fragte sie, eine Spur zu scharf. "Ich meine...
wie kommst du darauf?"
"Ich weiß nicht... du bist nicht so ganz der romantische Typ..."
‚Großartig. Was Besseres hättest du jetzt gar nicht sagen können.' Takato schalt
sich im Geiste selbst für diese Bemerkung.
"Es kommt immer auf die -Situation an..."
Takato blinzelte. Sie hatte ihm nicht den Schädel eingeschlagen?
"Zum Beispiel?" Nun wollte er es genau wissen.
"Regen," antwortete Ruki. "Sterne... Mondlicht..."
Wieso zur Hölle erzählte sie ihm das? Ruki fluchte innerlich. Es ging ihn doch
nicht das Geringste an, es war verheerend jemandem seine Schwächen
preiszugeben, das wusste sie...
Takato lächelte. Doch es lag nicht die geringste Spur von Häme oder Belustigung
darin, es war ein warmes, verständnisvolles Lächeln wie es eigentlich nur der
Junge mit der (heute fehlenden) Fliegerbrille zu Stande brachte... "Mir
geht es genauso, Ruki-chan..."
‚So, das war's. Sie wird mich töten,' dachte er und schloss ergeben die Augen,
wie der Delinquent kurz vor der Hinrichtung. Doch erstaunlicherweise hackte
"Ruki-chan" ihm weder den Schädel ab und spielte damit Bowling noch
tat sie sonst etwas derartiges. Takato wagte es, die Augen langsam wieder zu
öffnen- und sah in jene Rukis. Keinerlei Zorn oder Wut lag darin. Und nicht nur
das- das Mädchen lächelte sogar...
"Manchmal denke ich wir sind uns tatsächlich ähnlicher als es zuerst den
Anschein hat..." Ihre Stimme war zu einem Flüstern geworden. Sie stand nun
direkt vor Takato, und ein unerklärliches Gefühl hatte von ihnen beiden Besitz
ergriffen, etwas Fremdes und doch Vertrautes, als wäre endlich eine alte
Emotion erwacht die schon seit Ewigkeiten darauf wartete erweckt zu werden...
Plötzlich, völlig unvermittelt, trafen sich ihre Lippen... Keiner der beiden
konnte danach erklären wie das passiert war: es geschah einfach...
Ganze Wellen von Emotionen schienen durch ihrer beider Körper zu branden,
verstärkten alte Gefühle, erweckten neue, verbanden ihre Herzen und
verschmolzen ihre Seelen, wie um eine uralte Bestimmung zu erfüllen...
Ruki brach den Kuss zuerst. Er hatte nicht sonderlich lange gedauert, schien
aber trotzdem Ewigkeiten gewährt zu haben...
‚Was war das...' dachte Ruki verwirrt. Sie hatten sich geküsst... Und Ruki war
es nicht im Geringsten unangenehm gewesen, im Gegenteil, sie hatte das warme,
wohlige Gefühl das sich von ihren sich berührenden Lippen aus in ihrem ganzen
Körper verbreitet hatte sehr genossen, als hätte sie etwas fast schon verloren
Geglaubtes endlich wiedergefunden...
Sie wusste es natürlich nicht, aber Takato erging es ebenso, und sowohl auf
seine als auch auf Rukis Wangen legte sich ein leichter Hauch von Rot.
"Ruki... ich... es tut mir leid... ich..." Er brach ab, denn Ruki
schüttelte kaum merklich den Kopf. "Nein... ist schon gut... denke
ich..."
Takato lächelte unsicher. "Ich werde also nicht geköpft?"
"Noch nicht," brummte Ruki, aber in ihren Augen glitzerte es auf.
Takato wurde wieder ernst und fasste ihre Hand. Sie ließ es geschehen. Takato starrte
sie an- nicht sonderlich romantisch, aber es ging einfach nicht anders. Sein
Blick wanderte über ihren ganzen Körper und versuchte noch weiter zu sehen: Er
wollte versuchen in ihr tiefstes Inneres zu blicken, ihre Seele zu erforschen
und hinter den harten Kern zu sehen; er wollte wissen ob Ruki bereits war das
zu akzeptieren dessen er sich gerade endgültig bewusst wurde...
Dass er sie liebte...
Der Kuss war Signum dafür gewesen, denn obwohl nicht bewusst beabsichtigt,
hatte Takato, von seinem Unterbewusstsein geleitet, seine Lippen genau zu den
ihren geführt, als Zeichen der Gefühle die er für sie hegte...
Nachdenklich betrachtete er das zerbrochene Herz auf Rukis Shirt. War die Wunde
die es symbolisierte, die ihr jahrelange Einsamkeit geschlagen hatte, wieder
geschlossen? War ihr Herz wieder geheilt genug um zu lieben? Takato sah ihr in
die Augen. Er hatte sich für "Ja" entschieden, aus dem einfachen
Grund dass er sich sein Leben lang verfluchen würde wenn er es ihr jetzt nicht
sagte...
"Ruki-chan..."
"Mh?"
"Ich... Weißt du, ich..." Er schluckte. "Ich... glaube ich bin
gerade dabei mich in dich zu verlieben..."
Das Mädchen starrte ihn an. "Du glaubst?" murmelte sie.
"Nein," erwiderte Takato, "ich muss mich korrigieren,
entschuldige... ich weiß dass es nicht so ist."
In Rukis Augen flackerte es auf.
"Ich bin nicht dabei mich in dich zu verlieben... denn ich habe es schon
längst getan... Ich wusste es nur selbst nicht..."
Das Flackern erlosch und machte etwas anderem Platz, etwas Fremdem,
Unbegreiflichen für Ruki, das aber keinesfalls unangenehm war...
"Ich habe immer die Augen davor verschlossen... Ich glaube ich habe es
verdrängt, aus Angst vor deiner Reaktion... Du warst immer so unnahbar, so
kühl, berechnend, emotionslos... Doch du hast dich verändert, Ruki. Du bist
nicht kalt wie Stein, wie manche es von dir behaupten. Du bist ein Tamer, so
wie ich, und neben Juri meine beste Freundin... und wenn es nach mir geht, auch
mehr als das... Ich liebe dich, Ruki-chan..."
Er schloss die Augen. Er wollte nicht sehen wenn ihr Blick jetzt aufflammte und
sie ihn wütend anschrie, was für ein Träumer er doch sei, was für ein naiver
Idiot...
"Takato..." Der Klang in ihrer Stimme war völlig ungewohnt. Jegliche
Härte war daraus gewichen, als hätten Takatos Worte etwas tief in ihrem
Innersten berührt, etwas das seit Ewigkeiten geschlafen hatte, und nun erwacht
war... "Takato," wiederholte Ruki, doch mehr sagte sie noch nicht. Er
hatte ihre Hand immer noch in der seinigen, und nun fasste Ruki seine zweite
Hand. "Ich hätte niemals gedacht dass ich so etwas je sagen würde...
Aber... aber ich weiß genau was du fühlst... denn ich fühle es auch..."
Takato starrte sie mit unverhohlenem Erstaunen an. War das nur ein grausamer
Scherz den sie sich mit ihm erlaubte? "Ich wollte es nicht wahrhaben...
ich musste doch stark sein, hart und auf keinen Fall zerbrechlich oder von
irgendjemandem abhängig... Aber deine Art... dein ganzes Wesen, diene Fürsorge,
deine Freundschaft und Verbundenheit... Das alles hat mir gezeigt dass du so viel
mehr bist als nur der kindliche Junge mit der Fliegerbrille... Takato... Mein
Herz ist vernarbt von Wunden vielerlei Art... und obwohl ich Angst habe dass es
ganz zerbrechen könnte weiß ich doch auch dass nur du es wieder heilen
kannst... Takato... Ich... Ich liebe dich..."
Takato schluckte. ‚Hat sie das gerade wirklich gesagt...?'
"Du... du..." Der Junge war nicht mehr in der Lage einen klaren Satz
zu formulieren sondern stammelte nur hilflos vor sich hin. Es begann feucht in
seinen Augen zu schimmern, und eine einzelne Träne bahnte sich ihren Weg seine
Wange herab.
"Ruki..."
Sie war einfach wunderschön, wenn der Wind mit ihrem Haar spielte dass sie
heute offen gelassen hatte und ihre anmutige Figur umschmeichelte...
"Ruki... Ich... ich..." Er konnte nicht mehr. Tränen der unbändigen
Freude und der Erleichterung flossen in Strömen sein Gesicht hinab, und mit
soviel Schwung dass er das Mädchen fast umgeworfen hätte schloss er Ruki in die
Arme. Sie ihrerseits wehrte sich noch gegen die in ihr aufsteigenden Tränen,
doch blieb das nicht lange erfolgreich. Zu überwältigt war sie von den
Emotionen, völlig neu und unbekannt, die sie nun durchströmten. Nie, noch nie,
hatte ihr jemand so viel Liebe und Verständnis entgegengebracht wie dieser
unverbesserliche Kindskopf- dem sie so viel zu verdanken hatte...
Doch plötzlich kam ihr ein Gedanke. "Takato...?"
"Ja?"
"Was ist mit Juri...?"
Takatos Gesichtsausdruck wechselte von euphorisch zu betroffen. "Du hast
recht... Sie wird sich fragen wo wir bleiben..." Doch mit einem Mal
glitzerte der Schalk in Takatos Augen auf. "Was soll's," grinste er.
"Sie wird und schon finden- nach dem Film. Und sie wird es verstehen, ganz
sicher..."
Ruki lächelte. "Ja..."
Sie sahen sich an. Hell schien der Mond herab, ein einsamer Wanderer am
Firmament, und beobachtete das Pärchen dass weit unter seiner nächtlichen Bahn
vor einem kleinen Tokioter Kino stand und sich fest in den Armen hielt...
"Takato..."
"Ja?"
"Nenn mich nie wieder Ruki-chan," herrschte Ruki den Jungen an. Doch
ihre Wut war nur gespielt, und Takato wusste es. Er grinste breit. "Na
gut," murmelte er, während er sich zu ihr beugte und sie erneut in einem
weiteren, diesmal ungleich leidenschaftlicheren Kuss versanken.
‚Ich liebe dich, Ruki,' dachte Takato während ihre Zungen sich zärtlich
umspielten. ‚Ich liebe dich, mein "Dream Girl"...'
~*~*~* OWARI *~*~*~
A/N: War akzeptabel, hoffe ich^^ Thx an alle die bis hierher durchgehalten
haben, und special thx an die, die mir jetzt auch noch ein Review bescheren :-P
