Juhuu! Der erste Teil meiner FanFiction ist fertig! Erstmal vorweg der
ganze Urheber-Recht-Kram: die Leutchen gehören alle Squaresoft und sind
nicht meine. Es sei denn, ich erfinde noch jemanden dazu, aber das weiß ich
noch nicht...
Ja, dann hoffe ich, dass euch der erste Part gefällt und Lust auf mehr macht, übrigens bin ich gespannt, wie euch der „Mix" gefällt und ob er nicht zu weit hergeholt ist, ihr werdet schon sehen, was ich meine! Jedenfalls würde es mich freuen, wenn ihr mir sagt, was ihr davon haltet!
EMail to: e.hasselmann@t-online.de
Nun wünsche ich euch viel Spaß beim Lesen!
Eure Andrea
Sleeping Lion Heart
Deinen Namen trägt mein Herz
Dein Fehlen ist mein Schmerz
Ich zähle die Tage
Ich erhebe die Klage
Führ mich ans Licht
Ich enttäusch dich nicht
Führ mich ans Licht – Xavier Naidoo
Prolog
Squall tauchte in einer Wüste auf. Der Himmel war mit dunklen Wolken verhangen. Risse traten im Boden auf. Die Wolken waren unheimlich dunkel. Vielmehr kam es Squall so vor, als ob es eine einzige Wolke sei. Wo war er?
Er machte sich auf den Weg. Die Wüste schien endlos zu sein, doch er setzte einen Fuß vor den anderen. Er ging weiter. Viele Schritte, doch es kam ihm so vor, als ob er überhaupt nicht weiterkäme.
Er fing an, unkontrolliert über den Wüstenboden zu schlurfen. Das Schlurfen ging in eine Art Taumeln über. Seine Kraft verließ ihn. Er konnte seine Umgebung nicht mehr klar wahrnehmen. Wo war er? Wohin sollte er gehen? Er konnte nicht mehr, die Kraft in ihm schwand dahin. Dann sah er auf. Die Wüste hatte sich verändert. Die Wolken waren nun nicht mehr schwarz, sie wurden in ein tiefes Blau getaucht. Er hatte nicht mehr das Gefühl, auf Sand zu laufen, sondern auf Gestein. Taumelnd ging er weiter.
Dann stoppte er abrupt. Vor seinen Füßen tat sich ein gähnender Abgrund auf. Totales Nichts. Nur die blauen Wolken.
Er drehte sich um. Langsam. Er wollte die Wüste betrachten, aus der er gekommen war, aber er sah nur das andere Ende des Felsbrockens, auf dem er stand. Sein Gesicht zeigte Trauer, Enttäuschung und Schmerz. Aber daneben konnte man noch etwas Anderes lesen: auf seinem Gesicht spiegelte sich Unlust, ja fast Akzeptanz.
Er ließ sich fallen. Er saß nun auf dem Gesteinsbrocken und ließ verlassen den Kopf hängen.
Irgendetwas bewegte ihn dazu, den Kopf zu heben. Er sah in den wolkenverhangenen Himmel. Und entdeckte einen kleinen, schimmernden Punkt. Er bewegte sich auf ihn zu, schwebte aber immer mal wieder von der einen Seite zur anderen. Dann kam er näher an Squall heran.
Es war eine Feder. Sie leuchtete weiß.
Nun war sie ganz nah. Squall öffnete die Hand. Die Feder legte sich in diese. Dann schloss er die Hand fest.
Auf einmal regte sich etwas in ihm. Er sah Rinoa, wie sie auf der Blumenwiese bei Edeas Haus stand. Der Himmel war herrlich gelb-orange. Rinoa kehrte Squall den Rücken zu. Er rief ihren Namen zweimal.
Dann drehte sie sich um. Doch bevor sie ihn ganz ansehen konnte, verschwamm Rinoas Antlitz vor Squalls Augen.
Erinnerungen.
Der Ballsaal. Rinoa hob ihre Hand vor ihren Mund. Sie wollte ihm sagen: Psst! Verrate es keinem. Die Sternschnuppe ist unser Geheimnis. Doch sie wurde unscharf. Die Konturen verblassten, sie verschwamm langsam mit dem Hintergrund. Und wieder. Rinoa hob ihre Hand vor den Mund. Die Konturen verschwammen.
Damals.
Als Rinoa von Edea bei deren Parade betäubt wurde. Sie wäre fast von zwei Schmelkes aufgefressen worden. Wieder waren ihre Konturen unscharf, verschwammen mit dem Hintergrund.
Cifer.
Im All.
Squall hatte sie gerettet. Ihre Kette. Rinoas silberner Ring, Squalls Ring mit dem kleinen Löwen darauf, Griever.
Damals.
Bei der Parade, nach dem Kampf mit Edea. Sie hatte einen gefährlichen Eiszauber gesprochen. Squall wurde getroffen und fiel von dem Wagen. Nun sah er Rinoa, unklar, wie sie ihm - seinen Namen schreiend - hinterher sah.
Dollet.
Die riesige Roboterspinne, X-ATM092. Sie war hinter Squall her, hätte ihn fast gekriegt.
Irvine.
Selphie.
Xell.
Quistis.
Rinoa. Am Balkon im Balamb Garden. Der Wind spielte mit ihrem Haar und wollte es wegreißen. Sie lächelte.
Wo bin ich? Was geschieht mit mir? schrie Squall stumm in seine Erinnerungen hinein.
Durch den Triumph-Bogen in Deling City, zum Ballsaal. Das bis eben so hektische Bild wurde ruhig. Er konnte kurz verschnaufen.
Rinoa stand vor ihm in ihrem Ballkleid.
Was passiert?
Sie senkte ihren Arm. Kam auf ihn zu. Forderte ihn zum Tanz auf. Zurück. Sie senkte wieder ihren Arm, kam auf ihn zu. Noch einmal. Sie kam auf ihn zu, wieder kam sie auf ihn zu, wieder und wieder.
Was ist das??? Dann verstand er. Artemisia hatte gesagt, dass die Zeitkompression ihre Gedanken zerfetzen würde. Zerschlagen, zerstört. War es das, was sich vor Squalls Augen abspielte?
Rinoa tanzte mit ihm. Drehte sich, bewegte sich. Alles drehte sich um ihn herum. Es schien nie zu enden.
Dann sah er Cifer. Seine Augen. Rinoas Augen.
Artemisia tauchte kurz in seinen Erinnerungen auf. Wieder Cifer, Rinoa. Es drehte sich zu schnell. Seine Gedanken waren zu schnell.
Dann hörte es auf.
Rinoa sollte eigentlich versiegelt werden, doch Squall hatte sie wieder gerettet. Er hatte die Glaskuppel zerstört. Rinoa fiel aus der Kuppel heraus, wollte in seine Arme fallen. Doch jetzt - sie zerriss. Unschärfe, Verschwommenheit. Sie war nicht mehr da.
Die Schutzscheibe von Rinoas Raumanzug zerbrach. Ihre Kette schwebte vor ihrem Gesicht.
Dann erwachte Squall aus seiner Trance. Er riss die Augen weit auf. Lautlos schrie er auf.
Die Feder fiel langsam zu Boden.
Kapitel 1
Das war damals. Während der Zeitkomprimierung.
Squall hatte versucht, es Rinoa zu beschreiben. Aber sie interessierte es gar nicht mehr. Sie standen auf dem Balkon des Balamb Garden. Hinter ihnen spielte sich die Feier zur Vernichtung Artemisias ab. Musik und Wortfetzen drangen an Rinoas Ohren. Für eine lange Zeit standen Squall und Rinoa nur nebeneinander und betrachteten den Himmel.
Der Himmel war wolkenlos und sternenklar. Rinoa konnte sich an diesem Himmel nicht satt sehen. Er war so friedlich und so wunderschön.
Plötzlich entdeckte sie eine Sternschnuppe. Sie war genau so schön wie damals, als sie Squall das erste Mal gesehen hatte, auf dem Abschlussball.
Rinoa drehte sich zu Squall um und hob ihren Zeigefinger vor ihren Mund. Psst! Verrate es keinem. Die Sternschnuppe ist unser Geheimnis.
Zu ihrer eigenen Verwunderung lächelte Squall sie nun an und näherte sich ihr. Er ergriff ihre Hand und umschlang ihre Taille mit der anderen.
Für den Bruchteil einer Sekunde musste Rinoa innerlich lachen. Diese Szene war amüsant. Obwohl sie den bevorstehenden Kuss erwidern wollte, war es doch seltsam, dass er von Squall ausging. Wenn man bedachte, wie er sich früher verhalten hatte. Er ging solchen Situationen gerne aus dem Weg. Zum Beispiel in der Ragnarok, die ihre Rettung nach dem Vorfall in der Lunarside Basis war. Rinoa wollte ihn umarmen, weil davor der Raumanzug im Weg war, doch er wich ihr aus und sagte, dass die momentane Situation dies nicht zuließ. Und als sie das Raumschiff gesäubert hatten und Rinoa und Squall auf dem Heimweg waren, befahl er ihr zweimal, sich auf ihren Platz zu setzen, doch sie wollte in seinen Armen liegen. Sie wünschte sich nichts sehnlicher. Sie mochte seine Nähe. Mochte seinen Geruch und seine Berührungen. Sie hatte vor Glück geweint, als er sie aus der Glaskuppel im Hexenmausoleum befreit hatte. Sie genoss jede Sekunde mit ihm.
Und diesen Moment genoss sie noch mehr. Sanft zog er sie an sich ran. Rinoa legte ihren Kopf schief und legte ihre Lippen in die seinen. Der Kuss war zärtlich und gefühlvoll. Mit geschlossenen Augen schmolz sie beinahe in seinen Armen dahin. Ihre freie Hand bewegte sich zu seinem Nacken. Sie strich ihm über den Rücken, glitt mit ihren Fingern durch die Federn an seiner Jacke und wanderte dann zu seinen Haaren.
Dann hörte der Kuss auf und sie legte ihren Kopf an seine Schulter. „Ich bin so froh, dass du da bist."
„Das habe ich alles dir zu verdanken. Du hast mich aus der Zeitkomprimierung gerettet. Ich danke dir dafür, dass ich jetzt hier stehen kann, Rinoa.", entgegnete Squall leise.
Rinoa schmunzelte. „Tja, mir war einfach danach!"
Squall schob sie von sich weg und sah ihr grinsend in die Augen. „Hey, das ist doch mein Spruch!"
„Ich weiß. So gleichgültig wie du habe ich zwar nicht geklungen, aber wenn man es ein bisschen anders ausdrückt, war es das, was ich sagen wollte."
Squall zog sie wieder an sich ran. Aus dem Ballsaal erklang gerade ein Walzer.
Leise flüsterte Squall: „Das was du kannst, kann ich schon lange." Er räusperte sich kurz und sagte dann: „Hey, magst du mit mir tanzen?"
Rinoa lachte nun laut auf. Sie erinnerte sich, wie sie ihn damals aufgefordert hatte. Aber da fehlte etwas. „Mensch, du hast was vergessen! Du musst doch zuerst sagen 'Du siehst am coolsten aus!' "
Squall fing nun an, sich leicht im Takt zu bewegen. „Ach so. Aber 'am coolsten' passt da ja wohl nicht!"
„Aha?", antwortete Rinoa. „Was musst du denn dann sagen?"
„Hmmm. Wie wär's mit 'Du siehst am bezauberndsten aus.'?"
„Guck mich nicht so an! Ich darf nichts sagen, ich darf nur an meinem Glas nippen.", lachte Rinoa.
„Ach ja, das hatte ich vergessen. Was kommt jetzt? Ach so. Du bist wohl eine von denen, die nur tanzt wenn ihnen ein Junge richtig gut gefällt??" Squall schob Rinoa wieder von sich weg und hielt ihr beschwörend die Hand vor die Augen. „Du wirst..." Jetzt drehte er die Hand vor ihrem Gesicht. „Mich mögen, mich mööögen." Dann lachten beide still auf und bewegten sich wieder leicht im Takt der Musik. „Immer noch nicht?", fragte Squall.
„Eine überflüssige Frage, Mister Leonhart. Ich hab dich schon immer gemocht. Gleich von Anfang an." Sie kicherte in seine Jacke hinein. „Am niedlichsten war ja, wie du getanzt hast! Du hast immer so hilflos in der Gegend rumgeguckt und wusstest nicht, wohin mit deinen Füßen! Dein Blick, du warst so unsicher!"
„Ja ja, erinnere mich bitte nicht daran! Ich meine, ich hab davor noch nie getanzt, und ich war ja so schon genug abgelenkt.", sagte Squall.
„Hmm? Wieso?" Rinoa runzelte die Stirn.
„Naja, wenn man so ein hübsches Mädchen vor sich hat, kann man da schon mal nicht ganz bei der Sache sein.", verkündete Squall.
Lautlos lachte Rinoa, sodass Squall es nicht bemerkte. „Naja, aber am Ende konntest du es doch ganz gut. Sogar sehr gut."
„Echt? Naja, es ist einfach so über mich gekommen."
Nach einer ganz kurzen Pause sagten beide gleichzeitig: „Mir war einfach danach!" Beide lachten wieder. Jetzt war es Rinoa, die Squall von sich weg schob. „Weißt du was? Ich glaube, ich bin drauf und dran, mich..."
Das Bellen von Angel kam ihnen dazwischen. Bis jetzt hatte Quistis sie noch zurückgehalten, doch dann entkam Angel ihrem Griff und stürmte auf ihre Besitzerin zu. Entschuldigend lachte diese Squall an und hockte sich dann vor Angel hin. Die Mischlingshündin ließ sich genüsslich von dem jungen Mädchen streicheln.
Squall legte seine Hand auf Rinoas Schulter und sprach ihr im Gehen zu: „Ich geh mal kurz zu Mama." Rinoa nickte kurz.
Squall ging durch den Ballsaal und sah sich um. Alle tanzten, lachten und unterhielten sich ausgiebig. Das Fest war ja auch ein guter Anlass dafür.
Auf einmal wurde er fast von jemandem überrannt.
„Ach, Irvine! Pass doch mal auf, wo du hinläufst!", ärgerte sich Squall.
„Sorry, Squall. Aber ich wollte dich sowieso mal was fragen.", entgegnete der Frauenheld jetzt grinsend und eine Augenbraue hebend. „Und, wie war's?"
„Wie war was?", fragte Squall genervt zurück.
„Jetzt tu doch nicht so! Ich hab genau gesehen, dass Rinoa und du auf dem Balkon wart. Alleine! Ich hab's gefi-hilmt!", verkündete Irvine stolz.
„Was??? Du hast gefilmt, wie wir uns geküsst haben???", fuhr Squall ihn an.
„Ach so ist das!? Geküsst habt ihr euch? Das wusste ich gar nicht!"
Nein, so ein Mist! Jetzt war es Squall doch glatt rausgerutscht!
Irvine grinste nur.
„Das geht dich überhaupt nichts an!", sagte Squall und ging an Irvine vorbei. Dieser grinste immer noch und sagte leise zu sich selbst. „Er ist immer noch der Gleiche!"
Kapitel 2
Squall ärgerte sich immer noch, dass es ihm so einfach rausgerutscht war. Aber überhaupt, was geht das die Anderen an? Nichts. Sollten die ihn doch einfach in Ruhe lassen und ihn seinen Kram machen lassen.
Dann ging er zu Edea und Cid. Die beiden standen nebeneinander am Ausgang und unterhielten sich mit Xell. Dieser bemerkte ihn als Erster und rief quer durch den Saal: „Yo, Squall!"
„Schrei doch nicht so, Xell!", ermahnte Squall. „Hallo Direktor Cid, hallo Mama!"
„Hallo Squall. Wie geht es ihnen?", fragte Cid. „Die Feier ist gut gelungen."
„Ja, das finde ich auch, Squall.", bestätigte Edea.
Xell sah Cid enttäuscht an. „Was, nur die Feier ist gut gelungen? Also unsere Leistung war doch viel besser! Wir haben dieser Artemisia doch richtig in den Hintern getreten. Bam! Mit meinem Different Beat hab ich sie voll fertig gemacht." Xell machte dabei Trockenübungen im Faustkämpfen und schlug wie wild um sich.
„Mann, Xell! Beruhig dich mal, du brauchst hier nicht den Affen zu machen!", tadelte ihn Squall wieder. Doch nun war Xell verärgert und beleidigt. Doch Squall reagierte nicht weiter auf ihn.
„Wie läuft das Waisenhaus, Mama?", fragte Squall.
„Ja, es sind zwar nicht so viele Kinder da wie damals bei euch, und es ist auch nicht so anstrengend, weil man keine zwei kleinen Raufbolde da hat", sie sah Xell eindringlich an, „aber auch so ist es schön! Kommt mich doch mal wieder besuchten!", schlug Edea vor.
„Mich? Du meinst uns!", verbesserte Cid scherzhaft und gab ihr einen kleinen Kuss auf die Wange.
Auch Squall lachte leicht - nur leicht - und antwortete: „Ja, gerne."
„Hallo Leeeeeuuuuuuuuteeeeeeeee!", drang eine quäkige Stimme von hinten heran. Selphie lief, in der einen Hand Irvines Hut schwingend und mit der anderen bei Irvine eingehakt auf die Vier zu. Irvine hatte dabei sichtlich Probleme, mit Selphies seltsamen Hüpftakt mitzuhalten. „Naaaa, worüber reeeeedet ihr?"
„Edea hat gerade vorgeschlagen, dass wir sie alle doch mal wieder besuchen könnten.", verkündete Xell.
„Jaaaa, eine guuuuute Idee!", bekräftigte Selphie.
„Ja, finde ich auch", steuerte Irvine bei. „Warum nicht gleich morgen?"
Alle sahen Squall an. Eine bekannte Situation. „Ja, warum nicht? Ich bin einverstanden."
„Jiipiiiiieeeh!!!", rief Selphie klatschend.
„Ich werde es Rinoa und Quistis erzählen." Squall verschwand in Richtung Balkon. Dort sah er schon von weitem Rinoa und Quistis stehen und sich unterhalten. Langsam schlich er sich an die Steinwand heran und sah um die Ecke gebeugt den beiden Mädchen zu. Er lauschte angestrengt.
„...ja himmlisch!" Das war Quistis.
„Ja, so ist es wirklich. Das hätte ich selbst nie gedacht." Rinoas Stimme. So weich und hell...
„Meinst du ich? Ich als Squall-Expertin hab das eigentlich schon von Anfang an abgeschrieben. Dass er den ersten - bedeutsamen - Schritt macht!"
Rinoa, du Plappermaul! Musstest du ihr das denn gleich erzählen?, dachte Squall. Tja, das ist wohl typisch bei Mädchen.
„Genauso wie ich eine andere Sache von Anfang an abgeschrieben habe.", sprach Quistis weiter.
„Meinst du..." Rinoa war sich ziemlich sicher, dass sie wusste, was Quistis meinte.
„Ja. Ich wusste es vom ersten Moment an. Als ich euch das erste Mal nebeneinander stehen sah, war es mir klar. Ihr gehört zusammen." Quistis ließ ihren Kopf kurz sinken, hob ihn dann aber gleich. Sie schniefte kurz, fing sich dann aber wieder.
„Hey, Quistis!", tröstete Rinoa sie. „Ich... also..."
„Nein, nein. Du musst nichts sagen. Ich verstehe das schon. Ich bin auch nicht sauer auf dich, oder so. Es ist, wie es ist. Es soll eben nicht sein. Wer weiß, vielleicht wartet ein Anderer auf mich.", sagte Quistis wenig überzeugend.
„Ja, genau.", war das einzige, was Rinoa dazu sagte. Ein bisschen schuldig fühlte sie sich doch, aber andererseits... Sie war glücklich, dass Squall nun auf dem Weg der Besserung war. Und schließlich hatte Quistis ja gesagt, dass sie es verstand, warum sich also Sorgen machen?
„Und, wie war's?", fragte Quistis nun nach einer langen Pause. Warum fragen alle das? Ist das so interessant?, fragte sich Squall.
„Wie war was?", wollte Rinoa wissen.
„Naja, der Kuss natürlich!", stieß Quistis aus.
Rinoa seufzte erst verträumt, bevor sie antwortete: „Wunderschön! Er kann das wirklich gut. So als ob er viel Übung hätte. Wirklich viel!", bekräftigte Rinoa ihre Aussage. „Und er hat ein bisschen mit mir getanzt!"
„Was? So richtig?", fragte Quistis entsetzt.
„Nein, nur so hin und her. Aber das war total schön. Von drinnen lief die Musik, zu der wir auch damals beim Abschlussball getanzt haben. Es war total romantisch."
Quistis lachte Rinoa unverändert entgegen, als diese verträumt zu den Sternen hinauf sah.
„Ist was?", fragte Rinoa irritiert.
„Nein, nichts, erzähl ruhig weiter!", forderte Quistis sie ruhig auf.
„Ich hätte gar nicht gedacht, dass er sich das alles gemerkt hat, aber er wusste noch jedes einzelne Wort, das wir vor dem Tanzen gewechselt hatten. Naja, fast jedes. Er ist auf total niedliche Ideen gekommen, ich frag mich nur, woher das alles!?" Sie runzelte die Stirn.
„Das weiß ich auch nicht.", fügte Quistis hinzu. „Und sonst so? Was hat er noch gesagt?"
„Er hat gesagt, dass er mich bezaubernd und wunderhübsch findet. Es war schön, das aus seinem Mund zu hören. Und dabei hat er so einen hinreißenden Ausdruck in den Augen gehabt, und so niedlich gelächelt...!", schwärmte Rinoa.
Kurz darauf seufzten beide, Rinoa und Squall, zur selben Zeit mit träumerischem Blick, was sie aber nicht wussten.
„Hey, Squall!!!!", schrie Irvine ohrenbetäubend laut ihm zu. Dabei klopfte er ihm so heftig auf die Schulter, dass dieser sofort längs auf den Boden fiel - und somit sehr gut sichtbar für Rinoa und Quistis dalag. Irvine rief weiter in fröhlichem Ton: „Du standst da gerade mit so schmachtendem Blick, was war denn los?"
Rinoa und Quistis schreckten auf und fuhren herum. Entsetzt rief Quistis: „Squall, was machst du denn da?" Dann fragte Rinoa: „Hast du uns etwa belauscht?"
Squall hatte sich schon wieder aufgerappelt und klopfte sich den Staub von der Jacke, wo überhaupt keiner war. „Öhm, ja, äh... also ich... war gerade... ähm, ja, ich stand hier gerade und da ist mir dieser, dieser Riss in der Wand aufgefallen, und den hab ich grad untersucht, hab ich den!"
Irvine sah dann kurz auf die Stelle, wo Squall flüchtig hingezeigt hatte und sagte dann etwas leiser zu ihm: „Aber Squall, da ist doch gar kein..." Sogleich trat Squall Irvine vor's Schienenbein, und diesem entfuhr gleich darauf ein unterdrückter Schmerzensschrei.
„Ähm, ja, was ich euch gerade fragen wollte: Mama, also Edea hat eben vorgeschlagen, dass wir sie morgen ja mal besuchen könnten.", brachte Squall nun endlich heraus.
Quistis antwortete: „Ja, gerne. Wann denn, morgens gleich?"
Squall nickte kurz.
„Okay, ich freu mich schon drauf!" Winkend ging sie an Squall und Irvine vorbei. „Tschüss, bis morgen dann!"
Rinoa bewegte sich dann auch in Richtung Ausgang, warf Squall aber noch einen hämischen Blick zu und sagte dann ironisch zu ihm: „Und wir beide sprechen uns noch!"
Squall sah ihr nur verdutzt hinterher, worauf sich Irvine natürlich kein breites Grinsen verkneifen konnte.
„Was denn?", fragte Squall genervt.
„Ach nichts, ich amüsier mich nur prächtig!"
Kapitel 3
Dein Glück liegt mir am Herzen
Warum findest du es nicht?
Um die Schmerzen auszumerzen
Brauchst du Licht in deiner Sicht
Dein Glück liegt mir am Herzen – Söhne Mannheims
Es war schon längst nach Mitternacht, und die Feier ging langsam dem Ende zu. Squall verabschiedete sich dann ganz knapp von Cid und Edea und verließ den Ballsaal (Anm. der Autorin: Weiß eigentlich irgendwer, wie man zum Ballsaal kommt?) Langsam schlenderte er noch durch den Garden und ging Richtung Quartiere. Bei Nacht war der Garden von innen sehr ansehnlich. Durch die Glasfenster in den Kuppeln schien das Licht der Sterne und des Mondes herein. Es spiegelte sich im Wasser unter den Gängen. Das leise Plätschern der Springbrunnen beruhigte Squall und sollte diesen Tag perfekt abschließen. Der Kuss mit Rinoa hatte den Abend zu einem der wichtigsten Tage in seinem Leben gemacht. Doch wer wusste zu der Zeit, was noch kommen mochte?
Also erreichte Squall dann die Quartiere. Er ging die Treppen hoch und navigierte sich dann durch die Zahlreichen Zimmer-Nummern zu dem mit der Nummer 41269 (wie seine SEED-Nummer). Er zog den rechten Handschuh aus und legte die Hand auf das Lesegerät. Ein kleines Bildchen leuchtete auf, dass den Zugang gewährte. Er trat ein, und schon schloss sich die Tür auch wieder. Squall lies sich auf sein Sofa fallen und legte entspannt den Kopf zurück.
Dann entschloss er sich, den Fernseher anzumachen. Er zappte durch die Kanäle, doch nichts war wirklich interessant. Auf SEED-TV lief zum x-ten Male der SEED-Spot. Neue Helden braucht das Land. Ihr wollt auch einer werden? Kein Problem, dann schreibt euch noch heute am Garden ein. Die Eintritts-Kosten sind minimal, und wenn ihr erst einmal SEED seid, bekommt ihr sogar noch einen Sold! Legt die leicht zu bewältigende SEED-Prüfung ab und ihr erntet den ganzen Stolz eurer Familie und Freunden! Erledigt Aufträge in der ganzen Welt und habt Spaß ohne Ende, der Traum jedes Jugendlichen! Neugierig geworden? Dann trefft noch heute eure wichtigste Entscheidung eures Lebens und schreibt euch sofort an einem der drei Gardens genau in eurer Nähe ein* (Galbadia, Balamb, Trabia)!
Wir warten auf dich!
Kaum leserlich lief in einer atemberaubenden Geschwindigkeit am unteren Bildschirmrand ein Text neben dem kleinen Sternchen vorbei: SEED kann jeder normale Mensch zwischen 12 und 18 werden. Die weiteren Regeln und Gesetze können sie telefonisch unter 0 88 / 7 93 25 6 abfragen. (ein Service der GardenCom, beim ersten Anruf bezahlen sie läppische 50 Gil, jede weitere Minute kostet nur 20 Gil)
Squall betätigte den kleinen roten Knopf auf der Fernbedienung, stand auf und ging in Richtung Kühlschrank. Auf halbem Wege ertönte jedoch seine Klingel. (Was hier nicht gut darzustellen ist, ist die Klingelmelodie: Squall hatte sich eigens ein kleines Modul in die Klingel eingebaut, welches die kurze Melodie am Ende eines jeden Kampfes bei der Siegerpose nachspielt)
Wer kann das denn jetzt noch sein?, fragte sich Squall. Hoffentlich ist es nicht Xell! Oder Irvine. Oder Selphie.
Er ging zu der Tür und betätigte den Knopf, auf dem „Open" stand. Vor seiner Tür stand ein junges Mädchen mit langen schwarzen Haaren und braunen Strähnen. Sie trug ein schwarzes Trägertop, einen dunkelblauen kurzen Rock und darunter eine knielange schwarze Hose. Sie hatte eine Art Mantel an, er war hellblau, ärmellos, doch an den Unterarmen trug das Mädchen „abgeschnittene" Ärmel und er war vorne zum verknoten. Rinoa stand in Squalls Tür mit einem bemitleidenswertigem Lächeln. „Darf ich noch ein bisschen bleiben?"
Squall konnte ein schiefes Grinsen nicht unterdrücken und machte ihr dann Platz zum Eintreten. „Nur herein, Miss Heartilly!"
„Sehr aufmerksam, Mister Leonhart!", gab sie zurück. Bewundernd sah sie sich in Squalls SEED-Zimmer um. Sehr nobel, stellte sie fest. Auch sie hatte hier ein Zimmer bekommen (auch wenn sie kein SEED war), aber ihres war lange nicht so luxuriös. Wahrscheinlich war Squall nicht nur für sie etwas Besonderes.
Sie setzte sich langsam auf seine Couch, stützte sich auf dem Sitzrand ab und ließ ihre Beine baumeln. „Also, du wolltest mir doch noch etwas erzählen...!"
Squall verstand überhaupt nicht.
Rinoa verdrehte die Augen und stieß verärgert die Luft aus. „Wirklich nicht? Mensch, das auf dem Balkon, du Dummerchen!"
„Achso, das. Was gibt es da zu erzählen?", fragte Squall unschuldig.
„Hältst du mich wirklich für so dumm? Ich hab doch bemerkt, wie du uns belauscht hast! Komm, gib's wenigstens zu!", forderte sie auf.
„Da gibt's nichts zuzugeben. Ich stand da einfach nur und hab eben zugehört, weghören kann ich nicht gut."
„Was hast du denn alles gehört?", fragte das junge Mädchen interessiert.
„Ähm, irgendwie so ab Das hätte ich selbst nie gedacht! Oder so."
„Aha." Nach einer kurzen Pause sprach sie weiter: „Bist du böse, dass ich Quistis von unserem Kuss erzählt habe?" Sie sah ihn wieder mit unschuldigen Dackelaugen an, was Squall ein weiteres Lächeln entlockte.
„......nicht wirklich." Rinoa kicherte kurz. „Aber immerhin ist es mir Irvine gegenüber auch rausgerutscht.", sagte er beifällig.
„WAS??? Irvine weiß es? Oh mein Gott, dann weiß es ja morgen der ganze Garden! Oh nein!", wimmerte Rinoa.
Squall ging langsam auf Rinoa zu und hockte sich dann vor sie. Er strich ihr über den gesenkten Kopf und hob dann ihr Kinn an, sodass sie sich genau in die Augen sahen. „Das ist mir völlig egal. Das müsstest du doch wissen." Er schloss die Augen und hob Rinoas Kinn auf das seine, um ihr einen langen, romantischen Kuss zu geben.
Rinoa fiel aus allen Wolken. Sie fühlte sich, als ob sie von einer immensen Kraft umgeworfen wurde. Zum wiederholten Male wunderte sie sich, woher Squall das so gut konnte. Aber es musste ja nichts Wichtiges zu bedeuten haben. Sie genoss ihn einfach, diesen Kuss, den sie nie vergessen wollte, den sie für immer in Erinnerung behalten wollte.
Langsam löste Squall seine Lippen von ihren und erhob sich. Er drückte Rinoa sanft in Richtung Liegefläche der Couch und beugte sich dann über sie. Er lächelte sie wieder mit einem dieser hinreißenden Gesichtsausdrücken an.
Er sah, wenn er sich so über sie beugte, noch besser aus als überhaupt schon. Die Strähnen, die nun zu ihr hinunterhingen, berührten leicht ihre Wangen und ihre Stirn.
„Und du, wolltest du nicht auch noch etwas sagen?", fragte Squall überraschend.
Rinoa runzelte die Stirn. „Tut mir leid, was denn? Ich wüsste da wirklich nichts!"
„Lass mich dir einen Tipp geben, es kam jemand dazwischen. Und dieser jemand kam auf vier Pfoten dazwischen!"
Rinoa schmunzelte. „Ja, du hast recht, da war doch was...." Sie tat so, als ob sie überlegte. „Aber es will mir nicht mehr so recht einfallen. Ich glaub, ich brauch als Gedächtnisstütze noch einen Kuss." Mit ihrer linken Hand drückte sie leicht Squalls Kopf an seinem Nacken zu ihr herunter. Wieder küssten sie sich gefühlvoll. Dann legte Rinoa ihren Kopf wieder zurück auf das Sofa, schloss ihre Augen und testete den Geschmack ihrer Lippen. „Hmmmm..... immer noch nicht!"
Sie zog Squall wieder zu sich runter. Diesmal war der Kuss viel inniger. Ein großes Verlangen stieg in ihr auf. Auf einmal wurde ihr heiß. Sie konnte es nicht fassen, dass sie hier mit Squall lag und wild mit ihm rumknutschte. (Anm. der Autorin: Was ist das eigentlich für ein Wort, 'knutschen'??)
Nach einiger Zeit beendete Squall dann den Kuss. Er ließ sich neben sie auf die breite Couch fallen und nahm sie in den Arm. Beide starrten zur Decke hinauf. Squall strich mit seinen Finger leicht über ihren nackten Oberarm.
Rinoa drehte ihren Kopf, um einen Blick auf die Uhr zu werfen. „Oh mein Gott!" Schnell richtete sie sich auf. „Es ist ja schon total spät. Ich hab die Zeit ganz vergessen." Squall lächelte sie an. „Ich glaub, ich werd dann mal so langsam ins Bett gehen. Wenn wir morgen zu Edea wollen, kann ich da ja nicht so verschlafen antreten." Sie rückte kurz ihre Kleidung zurecht und bewegte sich auf den Ausgang zu. Squall stand auf und begleitete sie. Er öffnete ihr die Tür und lehnte sich dann noch an den Türrahmen. Rinoa drehte sich noch kurz um und betrachtete Squall. Ein Traumtyp! „Naja, dann gute Nacht, mein Hexen-Ritter!"
„Gute Nacht, Prinzessin!", erwiderte Squall, zog sie an ihrer Taille heran und gab ihr lachend noch einen letzten Kuss. Dann verabschiedete Rinoa sich endgültig und verließ den Gang.
Squall schaute ihr noch lange, nachdem sie um die Ecke gebogen war, hinterher. Er konnte es kaum fassen. Er hatte das Gefühl, als ob tausend Schmetterlinge in seinem Bauch herumflatterten. Squall hatte sich verliebt.
Kapitel 4
Rinoa wurde von dem harmonischen Zwitschern der Vögel geweckt. Die Sonnenstrahlen fielen auf ihr Gesicht. Sie blinzelte leicht, verkroch sich dann noch einmal unter der Decke, warf sie dann aber schnell zurück und stand auf.
Sie ging ins Bad, kämmte erst einmal ihre Haare. Dann drehte sie am Wasserhahn und schmiss sich eine kalte Ladung Wasser ins Gesicht. Jetzt war sie richtig wach! Sie griff nach dem gelben Handtuch und trocknete ihr Gesicht ab. Dann ging sie wieder in das Wohnzimmer und zog sich aus. Von ihrem Stuhl griff sie ihre alltäglichen Anziehsachen. Schnell streifte sie sie über und entschloss sich, Squall aufzuwecken. Ob er noch schläft?
Langsam schlenderte sie durch die Gänge der Quartiere. Wenn man sich hier nicht gut auskannte, konnte man sich schnell verlaufen.
Dann erreichte sie das Zimmer mit der Nummer 41269. Sie drückte auf die Klingel und wartete geduldig. Als nach langer Zeit immer noch niemand öffnete, betätigte sie die Klingel ein zweites Mal. Aber auch jetzt geschah nichts. „Squall!??! Bist du da drin?", rief sie, doch sie bemerkte sogleich, dass die Tür ja noch einen Spalt offen stand. Langsam betrat sie sein Zimmer. Das Bett war nicht gemacht, und auf dem Küchentisch lag umgekippt eine Tasse Tee. Der Löffel lag auf dem Boden, der Inhalt tropfte über den Tischrand auf den Teppich, welcher schon vollgesaugt war. Das Fenster stand sperrangelweit offen. Rinoa stürzte ins Badezimmer und riss die Duschkabine auf. „SQUALL????" Hier war er nicht. Für einen klitzekleinen Moment überlegte sie, wie es wohl gewesen wäre, wenn sie ihn hier unter der Dusche gefunden hätte.
Sie ging wieder zum Fenster und lehnte sich hinaus. Doch auch draußen konnte sie nichts erkennen. Wo ist er nur hin? Ist ihm was passiert?, fragte sich Rinoa. Er ist doch wohl nicht...
Sie rannte aus seinem Zimmer und verließ die Quartiere. Wo könnte ich zuerst suchen?.... Ah ja!
Sie lief durch die Haupthalle und bog nach dem langen Gang links ab. Im letzten Augenblick entdeckte sie einen kleinen Jungen, der sie fast umgerannt hatte. Er trug ein blaues T-Shirt und atmete konzentriert, um keine Seitenstiche zu bekommen. Ach, er wieder! Er dreht seine Runden!, dachte Rinoa. Wie zur Bestätigung murmelte der kleine Junge dann vor sich hin: „Eins, zwo, eins, zwo. Ich trainiere für meine Kondition!"
Dann lief sie weiter Richtung Übugshalle. Hoffentlich war Squall da! Rinoa bog in den grünen Gang ein und passierte die langen Gänge. Endlich kam sie in der Übungshalle an. Sie blieb kurz stehen, holte Luft und lauschte. Vielleicht war irgendwas zu hören. Doch totale Stille herrschte. Sie entschied sich für den linken Gang. Sie passierte die Doppeltür und die umgefallenen Baumstämme. Rinoa bog um die Ecke und sah aufeinmal Squall! Er kämpfte gerade mit einem Archeodino! Doch Squall war schon schwer verletzt und konnte sich kaum noch auf den Beinen halten. Rinoa lächelte kurz und rannte dann zu ihm. Squall hatte sie noch nicht bemerkt, bis Rinoa schrie: „Vigra!"
Squall wurde von einer blauen Kugel umschlossen und geheilt. Er richtete sich wieder auf und sah sich nach seinem Helfer in der Not um. Diese lächelte ihn tadelnd an und rief zu ihm rüber: „Squall, ein bisschen musst du schon mitdenken! Wenn du nur angreifst und dich nie heilst, kannst du nicht gewinnen!"
Plötzlich sprang der Archeodino auf Rinoa zu und wollte sie gerade angreifen, doch Squall sprang dazwischen und nahm die Schadenspunkte auf sich. Dann drehte er seinen Kopf zu ihr und sagte: „Und wenn du immer redest, kannst du dich auch nicht ordentlich verteidigen!"
„Okay!", rief sie zurück. „Wie weit bist du schon? Irgendein Status- Effekt?"
„Nein, Schlaf hab ich neulich Quistis gegeben. Aber die Hälfte der HP hab ich sicherlich schon weg!"
Rinoa kramte schnell einen Zauber heraus. „Schlaf!" Der Zauber wirkte. Der Archeodino schlief tief und fest.
„Gut gemacht!", rief Squall. Nun war er am Zug. „Hast!" Der Zauber galt Rinoa. Die graue Uhr erschien über Rinoa und versetzte sie in den Hast- Zustand. Und schon war sie wieder handlungsbereit. Sie schloss die Augen und kontaktierte ihre G.F. „Shiva! Diamantenstaub!" Die eisblaue Dame erschien schnell und legte ihre Eiszapfen über den Archeodino. Dieser wurde schwer getroffen.
Dann war Squall wieder dran. Er fasste mit der Hand zu seiner Stirn und hielt sie dann beschwörend vor sich. „Eisga!" Der Dino wurde von Eis umschlossen. Seine HP schwanden dahin. „Eisga!" Noch einmal. „Eisga!" Ein drittes Mal.
Rinoa staunte. „Tripel?"
„Na klar, Rinoa! Ist doch sehr nützlich!", lachte er zurück. Dann konnte sie wieder handeln. „Analyse!" Es stellte sich heraus, dass der Archeodino nur noch sehr wenige HP hatte. Rinoa rief Squall deshalb zu: „So, noch einmal kräftig zuhauen, und das Viech ist Geschichte!"
So war der Archeodino durch seinen Schlaf dem Schicksal ausgeliefert. Squall bereitete sich vor und sprach ... Gravit.
„Gravit? Was soll das denn, Squall? Der Spruch richtet doch nur prozentualen Schaden an, damit kannst du niemanden töten!", rief Rinoa empört.
„Das weiß ich doch, Prinzesschen!" Squall grinste. „Ich wollte, dass du ihn niederstrecken kannst. Hau du mal zu, ich hab schon genug EXP!"
Rinoa ließ sich das nicht zwei Mal sagen. Sie zückte ihre Blaster-Edge, zielte und feuert sie ab. Die Klinge traf den Archeodino und er fiel zu Boden und verschwand. Rinoa und Squall nahmen ihre Siegerposen ein und empfingen die EXP.
„Wow, zwei Level-Ups!", schrie Rinoa. „Danke, Squall!"
„Komm, lass uns die Anderen hohlen, wir wollen doch zu Edea.", lenkte Squall ab.
Sad things are happening
Left me for no reason
Will we ever talk again?
I'm so afraid it's over
It could have been so ...
Und so taten sie es. Squall und Rinoa verließen schweigend die Übungshalle und gingen Richtung Aufzug. In der MD-Ebene des Balamb Garden wurde eigens für die Ragnarok eine Art Hangar eingerichtet. Von dort aus führte ein ebenfalls neuer Kanal direkt nach draußen, sodass die Ragnarok immer schnell in die Lüfte gehen konnte.
Rinoa fiel das Schweigen auf. Squall schien irgendwie, Gespräche vermeiden zu wollen. Komisch, und das nach dem gestrigen Abend! Na wie auch immer, Rinoa und Squall kamen nun auch am Aufzug an. Squall betätigte die entsprechenden Knöpfe und gab den Geheimcode für die MD-Ebene ein. Die Türen des Aufzugs schlossen sich. Gleich darauf sagten Beide den Namen des Anderen. „Rinoa!"
„Squall!"
„Nein, du zuerst!", sagte Rinoa.
„Nein, du!" Klar, dass Squall dies antwortete. Rinoa wusste, dass Squall sowieso nicht viel zu sagen hatte, also würde sie anfangen.
„Squall, ich..." Sie näherte sich ihm, doch er drehte sich von ihr weg. Sie legte ihre Hände auf seine Schultern und legte ihren Kopf an seinen Rücken. Ihre linke Hand glitt an seinem Shirt abwärts und umschloss seine Kette mit dem Löwen darauf.
Überraschenderweise hob Squall nun beide Arme und stieß sie von sich weg. Rinoa runzelte die Stirn. „Was hast du, Squall?", fragte sie besorgt.
„Ach nichts. Lass mich." Squall drehte sich nicht um.
Rinoa kannte dieses Verhalten (natürlich) und brauste nun auf: „Sag mir nicht, dass es nichts ist! Meinst du, ich bin so dämlich, dass ich glaube, es ginge dir gut???"
Squall zeigte noch immer keine Regung. Er hob lediglich den Kopf zur Decke. Dann war der Aufzug angekommen, und sobald sich die Türen öffneten, stürmte Squall hinaus.
Rinoa war immer noch sauer und blieb, perplex wie sie war, im Aufzug stehen. Dann schrie sie ihm hinterher: „Für wen hältst du mich eigentlich?? So gehst du mit mir nicht um, ich bin deine Freundin, verdammt noch mal!!!" Dann stürmte sie hinter ihm her. Sie merkte nicht, wie sich die Türen des Aufzugs schlossen und dieser wieder hinauffuhr. Schnellen Schrittes und mit geballten Fäusten ging sie Squall nach.
Dann stellte sie sich direkt vor Squall in seinen Weg. Ihre Augen schlugen Blitze, sie mochte diese Art an ihrem Freund überhaupt nicht. „Rede gefälligst mit mir!", fuhr sie ihn an.
Doch Squall drehte einfach den Kopf zur Seite und sah sie nicht an.
Das brachte Rinoa zur Weißglut. Aber sie wusste, dass sie sich trotzdem noch beherrschen sollte. „Warum bist du so abweisend? Was hab ich dir denn getan?", fragte sie in einem ruhigen, aber festen Ton. Doch auch darauf gab Squall keine Antwort. Rinoa entspannte sich wieder ein bißchen. „Ts!", stieß sie aus und verschränkte die Arme vor ihrer Brust. Genervt sah sie in die entgegengesetzte Richtung. „Und ich dachte, du empfindest etwas für mich."
Squall drehte seinen Kopf zurück und sah Rinoa stirnrunzelnd an. Sie registrierte dies und sah ihn mit bösem Blick aus ihren blitzeschleudernden Augen an. Doch dann bemerkte sie, dass Squalls Blick gar nicht mehr so ärgerlich und wütend war wie vorher. Er sah besorgt aus. Das ließ sie ihre Gesichtsmuskeln entspannen.
„Doch, das tue ich.", sagte Squall.
„Das seh' ich aber nicht.", schmollte Rinoa und heftete ihren Blick wieder auf eine anscheinend sehr interessante dunkle Ecke.
Squall machte einen Schritt auf sie zu und Rinoa meinte, aus den Augenwinkeln ein Lachen auf Squalls Lippen zu sehen.
„Echt nicht?", fragte Squall leise. Der junge SEED legte seine Hand an Rinoas Wange. Sie spürte durch den Lederhandschuh seine warme Hand. Leicht drückte er Rinoas Kopf nun wieder in seine Richtung zurück. „Du musst auch schon hierhergucken, um das zu sehen."
Squall und Rinoa sahen sich tief in die Augen. Rinoa schien in ihnen zu versinken. Sie waren so tief und so blau wie das Meer. Rinoa vergaß den Streit und den Ärger. Sie ließ sich von seiner Hand leiten, kam ihm näher und schloss die Augen. Sie fühlte, wie ihre Taille von einem Arm umschlungen wurde. Seine Hand fuhr nun an ihrem Wangenknochen entlang, zart und langsam. Das Leder seines Handschuhs berührte ihren Hals, ihre Schultern, ihren Rücken. Ihre linke Hand bewegte sich zu seinem Kragen aus Federn. Sie vergrub ihre Finger darin und spürte jede einzelne Feder. Sie legte ihre rechte Hand auf seinen Bauch, streichelte ihn kurz und dann fuhr sie unter seine schwarze Lederjacke, fuhr mit ihren Fingernägeln sanft durch sein Shirt über seinen Rücken. Sie spürte seine Anspannung, seine Erregung, als ihre Fingerspitzen über seine Wirbelsäule streiften.
Squall zog ihre Taille eng an die seine. Ihre Lippen trafen sich, der Kuss war so schön, wie noch kein anderer zuvor. Er war so gefühlvoll, so zärtlich, so einmalig. Rinoa merkte, wie Squall irgendetwas mit seinem Handschuh machte. Kurze Zeit später spürte sie nun seine warme Hand an ihrer Wange. Er hatte den Handschuh ausgezogen und streichelte nun zärtlich ihr Gesicht. Seine Fingerspitzen tanzten über ihre geschlossenen Augen, über ihre Schläfe zu den Haaren. Er vergrub seine Finger in dem tiefschwarzen Haar von Rinoa. Seine Finger glitten durch ihre Haare wie durch Seide. Dann berührt auch er ihren Rücken, zärtlich, strich über ihre Wirbelsäule, immer weiter hinunter. Dann ruhte seine Hand kurz, als ob er überlegte, dann fühlte sie, wie er leicht über ihren Po strich. Fast schnell kehrte seine Hand wieder zu ihrer Taille zurück, wo er sie sanft, aber sicher an sich drückte.
Rinoa würde am Liebsten für immer hier stehen und in Squalls Armen liegen. Bei ihm fühlte sie sich sicher, er würde sie nie hergeben. Sie fühlte sich so geborgen bei ihm, und auch gab er ihr das Gefühl, dass er nur sie wollte. Vielleicht ein wenig, als ob er sie besäße, aber Rinoa sah das nicht negativ. Sie mochte es, wenn sie spürte, dass Squall sie festhalten wollte, um sie nie mehr herzugeben.
Ihre Hand kehrte wieder zu Squalls Bauch zurück, seine Jacke rutschte wieder ein wenig nach unten. Sie berührte seine Rippen, und fuhr dann über sein Herz zu seinem Nacken. Sie fasste seine Haare an, zwirbelte diese kurzen Strähnen, und fuhr dann unter sein Shirt. Squall zog kurz die Schultern hoch, als Rinoa nun etwas fester mit ihren Fingernägeln seine Schulterblätter berührte.
Dann senkte sie ihre Hand und schob ihren Kopf ein wenig von ihm weg. Sie blickte ihm fest in die Augen. „Ich liebe dich."
Squall lachte nicht. Er griff nur nach ihrer Hand und füllte mit seinen Fingern die Lücken zwischen ihren. Er verfestigte den Griff um ihre Hand und blickte dann wieder zurück. „Ich dich auch."
„Und ich dich erst!!!", schallte es vom Aufzug aus Irvines Kehle.
Squall und Rinoa fuhren im selben Moment herum. Am Aufzug standen Xell, Quistis, Selphie und ein lachender Irvine. „Tschuldigung, aber der musste einfach sein!", entschuldigte sich dieser.
Quistis schubste ihn nun, sodass Irvine die Treppen hinuntertaumelte. „Du bist wirklich unmöglich! Du hast doch gesehen, dass die Beiden gerade beschäftigt waren." Doch auch sie musste leicht dabei lachen.
„Habt ihr's jetzt?", fragte Squall schroff. „Gut, dann können wir ja jetzt zu Mama fliegen. Steigt ein!"
Rinoa rannte auf die Ragnarok zu. Dann huschten Xell, Selphie und Quistis an Squall vorbei, als Letzter kam Irvine, der ihn natürlich breit grinsend anguckte. Squall verdrehte die Augen und machte sich dann auch auf den Weg ins Innere der Ragnarok.
Kapitel 5
Selphie stürmte auf den Pilotensitz zu und nahm mit einem gekonnten Sprung über die Lehne auf ihm Platz. Irvine stellte sich sofort hinter sie und sah ihr über die Schulter, als sie die Ragnarok für den Start vorbereitete.
Xell bediente dann noch die Schalttafel für den Außenkanal, und schon war die Ragnarok startbereit.
„Feeeeeeeeeeesthalteeeen!", quäkte Selphie.
Die Triebwerke der Ragnarok wurden gezündet. Die Bremsen lösten sich und das Flugschiff konnte auf den Schienen gen Ausgang gleiten. In Sekundenbruchteilen beschleunigte sie, dann schoss sie aus dem riesigen Tor hinaus und erlangte die Höchstgeschwindigkeit.
Rinoa stand neben Squall, angelehnt an seinen Arm, umklammerte seine Hand, als die Beiden den Start erlebten. Rinoa flüsterte Squall dann ins Ohr: „Normalerweise sagt man ja 'Nur fliegen ist schöner.' Aber für mich ist es am Schönsten, wenn ich bei dir sein kann."
Squall zog die Mundwinkel ein bißchen nach oben, doch Rinoa sah dies nicht. Dann entfernte er sich von ihr und fuhr mit dem Fahrstuhl ins Cockpit. Als er durch die Tür trat, drehten sich drei Köpfe nach ihm um. Irvine widmete sich dann aber auch gleich wieder dem kleinen Mädchen in dem gelben Kleid. Quistis und Xell sahen Squall erwartungsvoll an.
„Was ist denn?", fragte dieser.
„Naja, wo ist Rinoa?", fragte Quistis neugierig.
„Pf, im Hangar, glaub ich.", gab er zurück.
„Glaubst du? Na toll." Mit diesen Worten entfernte sich Quistis und fuhr mit dem Fahrstuhl wieder nach unten, um Rinoa zu suchen.
Squall gab Xell einen Blick, der ihm äußerst deutlich vermittelte, bloß den Mund zu halten. Xell tat dies auch, obwohl er sich sehr zusammenreißen musste.
Squall ging zu der langen Fensterwand hinter den Sitzen und sah hinaus auf die Landschaft, die unter ihnen vorbeisauste. Da war Timber.
Squall bemerkte erst sehr spät, dass Xell sich neben ihn gestellt hatte und auch aus dem Fenster sah. „Das ist doch toll, oder? Nichts zu tun, Freiheit! Keine Verpflichtungen, nur Free-Time!"
Kühl wie Squall nun einmal war, wandte er sich nichtssagend ab und setzte sich auf einen der Sitze. Er stützte sich mit den Ellbogen auf den Knien ab und legte seinen Kopf in die Hände. So sah er nicht, wie Xell gekränkt den Kopf hängen ließ, und machte sich noch weniger Gedanken darüber, dass er vielleicht richtig enttäuscht sein könnte.
Quistis ging langsam durch die Gänge der Ragnarok, bis sie Rinoa entdeckte. Sie lehnte an einer Wand, blickte zur Decke, verträumt, aber auch irgendwie besorgt und nachdenklich.
„Rinoa?"
Rinoa drehte sich um, und als auch sie ihre Freundin entdeckte, wandte sie ihren Blick wieder zur Decke.
Quistis kam ihr näher und stellte sich neben sie. „Ist was passiert?"
Rinoa lachte kurz. „Ja, eine ganze Menge! Aber darum geht es nicht."
Qusitis merkte, dass Rinoa nicht wirklich erzählen wollte, was es war. Sie wollte gefragt werden. „Worum denn dann?"
Rinoa zuckte mit den Schultern, stieß die Luft aus und begann dann zu erzählen. „Vorhin, als Squall und ich auf dem Weg in die MD-Ebene waren, da war er so... so komisch. Er war total still und hat mich sogar abgewiesen, als ich ihm näher kam. Ich weiß nicht, er war so seltsam."
„Also komm, Rinoa. Sag mir nicht, dass du das erste Mal erfahren hast, dass er launisch ist. Du kennst ihn doch!", erklärte Quistis.
„Ja, ich weiß, schon. Aber diesmal war es... anders. Er kam mir so verwirrt vor. Als ob er dringend über etwas nachdenken musste, und nicht abgelenkt werden durfte."
„Aber Squall denkt immer nach, Rinoa!", warf Quistis ein.
Nun drehte sich Rinoa zu ihr um und sah sie verärgert an. „Du verstehst nicht, Quistis! Es war anders! Ich hab es gespürt, und ich hab ein ungutes Gefühl dabei!" Sie ging an Quistis vorbei uns verließ die Halle.
Quistis stand noch einen Moment lang an der Wand und überlegte. Nur wieder irgendeine Laune? Will Rinoa etwas Wichtiges dahinter sehen? Sie irrt sich bestimmt, sie will glauben, dass er jetzt ganz anders wäre. Von einem Tag auf den anderen.
„Meine Damen und Herren, wir setzen in Kürze zur Landung an. Bitte nehmen sie ihre Plätze ein und schnallen sie sich an. Wir wünschen ihnen einen angenehmen Aufenthalt.", immitierte Irvine durch den Lautsprecher eine dieser markanten Stimmen, die perfekt für das Radio geeignet wären.
Selphie, die ja immer noch direkt neben ihm saß, kicherte in sich hinein. Irvine immitierte wirklich gut irgendwelche Stimmen.
Die Ragnarok wurde langsamer und Selphie rangierte ein. Sie landete, sauber wie immer, direkt vor Edeas Haus. „Auuuuuuuuuuussteigen!", rief sie fröhlich. Sie tippte ein paar Sachen an der Tastatur ein, und schon senkte sich die Rampe auf den Erdboden.
Squall ging als Erster hinaus. Ihm folgten Rinoa, Quistis und Xell. Als letzte kamen Irvine und Selphie angestiefelt.
Als sich die Gruppe gesammelt hatte, gab Squall das Zeichen zum Abmarsch. Sie legten den kurzen Weg zum Waisenhaus zurück.
Sobald sie auf dem Pfad zur Eingangstür ankamen, stürmte eine Frau mit schwarzen Haaren und schwarzem Kleid hinaus. Sie breitete die Arme aus und rief fröhlich: „Da seid ihr ja, meine Kinder!"
Cid trat hinter sie und legte ihr eine Hand auf die Schulter. Er sprach: „Willkommen, meine jungen SEEDs!"
Als alle SEEDs ihr nettes Hallo zurückgegeben hatten und sich langsam auf den Weg zur Tür machten, blieb Rinoa ein wenig zurück und rieb sich den Arm. „Hallo.", sagte sie tonlos. Sie fühlte sich, als ob sie eine seperate Begrüßung abgeben musste, da sie doch als Einzige nicht zu den von Edea und Cid genannten Gruppen gehörte. Meine Kinder. SEEDs. Sie war keine von ihnen.
Squall blieb stehen und drehte sich zu Rinoa um. Zuerst betrachtete er sie einfach nur. Rinoa erwiderte seinen stummen Blick mit Erwartung. Was macht er jetzt? Streckt er seine Hand nach mir aus und fordert mich auf, zu ihm zu kommen? Nein, das würde er nicht machen, das ist nicht sein Stil.
Stattdessen bewegte er ganz leicht und fast unerkennbar den Kopf in Richtung Tür und machte ihr so trotzdem verständlich, ihm zu folgen. Doch sie blieb an ihrem Platz stehen.
Als Edea bemerkte, dass Rinoa abseits stand, lächelte sie ihr freundlich entgegen. „Du bist natürlich auch gemeint, komm, Rinoa!"
Ja, Rinoa wusste, dass Edea es nicht böse meinte, wenn sie nur ihre Kinder ansprach, aber dieser Trost war kein echter. Sie gehörte eben nicht dazu, basta, auch wenn Edea immer das Gegenteil behauptete. Doch sie wollte nicht weiter darüber nachdenken, sie wollte jetzt mit Squall ins Haus gehen und sich mit den Anderen unterhalten. Also ging sie langsam auf Squall zu, der auch durch die Tür ging.
Drinnen angekommen gab es noch einmal bekräftigtes Händeschütteln von Cids Seite und liebevolle Umarmungen von Edea. Als sich dann alle gesetzt hatten und die ersten Worte gesprochen waren, ergriff Edea nach einer kurzen Pause das Wort. Sie saß neben Squall und sagte leise und unauffällig zu ihm: „Squall, kann ich mit dir reden?" Squall antwortete natürlich nicht. „Es ist wichtig, und ich möchte gerne unter vier Augen mit dir sprechen."
Squall nickte kurz und richtete sich dann auf. Edea tat es ihm nach und ging mit ihm ins Nebenzimmer.
Xell, Quistis und Rinoa blickten ihnen stirnrunzelnd hinterher, und sogar Selphie und Irvine unterbrachen kurz ihre Kabbeleien, um Cid fragend anzusehen. Dieser zuckte nur die Schultern, obwohl er wusste, was Edea vorhatte.
„Also, was wolltest du mir erzählen?", fragte Squall.
Edea schien irgendwie beunruhigt. „Ich wollte dich vorwarnen. Ich hatte letzte Nacht einen schlimmen Traum, und heute Morgen kamen Bruchstücke davon in einer Art Vision wieder. Du warst auch darin."
Squall fragte nicht nach, sondern runzelte nur die Stirn.
„Ich hab geträumt, ich stünde an meiner Blumenwiese hinter meinem Haus, und der Himmel war wunderschön blau. Doch auf einmal kam urplötzlich ein Gewitter auf. Es blitzte wie aus heiterem Himmel, und der Himmel verfinsterte sich schlagartig. Er wurde schwarz wie die Nacht und ein Sturm kam auf." Edea entdeckte eine kleine Regung in Squalls Gesichtsausdruck. „Und dann sah ich dich. Zuerst war es nur eine Silhouette, die über die Blumenwiese gelaufen kam, doch dann erkannte ich dich. Ab dann ging alles ganz schnell und es kamen viele sinnlose Ereignisse zusammen. Du sahst gehetzt aus, und dann sah ich den Grund. Am Horizont der Blumenwiese tat sich ein breiter schwarzer Streifen auf. Er bewegte sich, es war ein Heer aus Menschen und Tieren. Und du liefst ganz alleine vorne weg.
Dann kam Quistis von der Seite auf dich zugerannt und stellte sich dir in den Weg. Sie breitete die Arme aus und ließ dich nicht durch. Es war so seltsam. Das Heer hinter dir war schon sehr nahe, doch ich konnte nicht erkennen, wer oder was es war, es war nur schwarz. Dann fielst du auf einmal auf deine Knie, es sah so aus, als ob du dich Quistis unterwirfst." Edea schüttelte immer wieder den Kopf und erzählte mit zweifelndem Blick weiter. „Dann kam von der Anderen Seite auf einmal Cifer. Er stellte sich hinter Quistis und beide blickten auf dich hinab. Ich weiß nicht, ob sie gelacht haben, aber sie standen einfach nur da und sahen dich an. Du knietest immer noch vor ihnen, ließest den Kopf hängen. Dann geschah etwas ganz Seltsames. Cifer legte seine Hand auf Quistis' Rücken, und sie lehnte ihren Kopf an seinen Schulter! Dann hüllte sich ein schwarzes Licht um die Beiden, und als das Licht verblasste, waren auch Cifer und Quistis verschwunden. Und du, du lagst immer noch auf dem Boden, und die Horde aus schwarzen Gestalten überrannte dich. Sie löste sich nach und nach auf, und als sie ganz verschwunden war, lag auf der Blumenwiese nur noch deine Gun- Blade, zerborchen in zwei Teile..."
Squall senkte seinen Kopf und sah sehr nachdenklich aus. Doch Edea sah keine Überraschung oder dergleichen in seinem Gesicht. „Ich weiß.", sagte er nur.
Edea sprang auf und blickte eindringlich auf den SEED herunter.
Doch plötzlich wurde die Tür aufgestoßen. Rinoa stand in ihr und sah die Beiden fragend an. „Was ist los?", rief sie.
„Rinoa, geh bitte wieder!", befahl ihr Squall.
„Squall, was weißt du?", fragte Edea und beachtete Rinoa gar nicht.
Diese sah verwirrt vom Einen zum Anderen.
„Rinoa, geh! Das ist nichts für dich!!" Squall schrie schon fast.
„Was ist los, Squall, was weißt du??" Auch sie erhob ihre Stimme.
Jetzt schrie Edea ihn wieder an. „Squall, woher weißt du das? Hast du es auch geträumt? Squall!"
„Squall, was meint sie??", rief Rinoa wieder eindringlich.
Plötzlich zuckte Squall zusammen. Er hielt sich die Ohren zu. Ein betäubendes Geräusch drang an sein Gehör, dass ihn zu Boden zwang. Rinoa und Edea schrien immer noch abwechselnd auf ihn ein. „Squall, was ist?"
„Was hast du, Squall?"
Squall wandt sich unter seinen Schmerzen. Er zuckte am ganzen Leib. „Ah! Hör auf! Hört auf!" Dann wurde alles Dunkel. Er registrierte nur noch schwach, wie sich Rinoa und Edea über ihn beugten und ihn verzweifelt ansahen. Er sah alles doppelt, und dann verschwammen die Konturen, die Ohnmacht überfiel ihn.
Kapitel 6
Squall schlug benommen die Augen auf. Er blinzelte in das Halbdunkel, dass ihn umgab hinein. Dann drehte er langsam den kopf und guckte sich um.
Er lag auf einem Bett, und er war froh, nach diesem eigenartigen Geräusch, dass ihn zu Boden gezwungen hatte, festzustellen, dass er immer noch in Edeas Haus lag.
Das Zimmer war leer. Er richtete sich langsam auf und rieb sich den Hinterkopf. Dann strich er über seine Narbe und stütze sich mit den Ellbogen auf seinen Knien ab.
Es klopfte.
Squall hob kurz den Kopf, ließ ihn dann aber auch gleich wieder sinken. Er gab keine Antwort.
Die Tür öffnete sich, Rinoa trat herein. „Squall? Sag doch was!"
Stille.
Rinoa trat näher an ihn heran und versuchte vorsichtig, einen Blick auf sein Gesicht zu erhaschen. „Squall? Was ist denn, lebst du noch?", fragte sie verwirrt.
Dann reagierte er. Er richtete sich auf und sah das junge Mädchen mit den schwarzen Haaren an.
Dann betrat Edea das Zimmer. Sie schloss die Tür hinter sich und ging langsam auf die Beiden zu. „Geht es dir wieder besser, Squall? Was war denn überhaupt los?"
„Das weiß ich auch nicht. Ich weiß nur, dass auf einmal ein ohrenbetäubendes Geräusch mich lähmte.", erklärte Squall.
Edea und Rinoa tauschten verwunderte Blicke aus.
„Wie auch immer", sagte Edea kopfschüttelnd, während Rinoa ihren Freund immer noch eindringlich ansah, „Selphie war in der Ragnarok und hat vom Balamb Garden eine dringende Botschaft bekommen. Ihr sollt mit Cid sofort zurück."
Squall überlegte nicht lange und nickte konzentriert. Edea verließ das Zimmer.
Rinoa trat näher an Squall heran, sah ihn immer noch zweifelnd an. „Squall, was war...?"
„Rinoa, nicht jetzt.", schnitt er ihr das Wort ab. „Wir haben jetzt einen anderen Auftrag und ich kann meine Probleme nicht über den Garden stellen. Komm!" Er ging aus dem Zimmer und sah dann in die Runde. Xell, Selphie, Irvine, Quistis und Cid sahen ihn erwartungsvoll an. „Wir gehen. Alle auf zur Ragnarok.", verkündete Squall nach einer kurzen Weile.
Also erhoben sich alle und verabschiedeten sich kurz und förmlich von Edea, welche natürlich dort bleiben musste.
Schnellen Schrittes gingen sie zur Ragnarok. Selphie fuhr die Motoren schnell hoch, alle nahmen ihren Platz ein und der Flug zum Balamb Garden ging ohne nennenswerte Ereignisse vonstatten.
Wieder im MD-Hangar des Balamb Garden angekommen, wurden alle von Squall zum schnellen Aussteigen angespornt.
Xell ließ dann als Letzter die Einstiegsrampe wieder hochfahren und lief dann hinter seinen Gefährten hinterher.
Auf seinem Weg entdeckte Xell auf dem Boden etwas kleines Schwarzes. Bei näherer Betrachtung stellte er fest, dass es ein Lederhandschuh war. Er hob ihn auf und rannte auf Squall zu.
„Squall! Guck mal, ich hab was gefunden!"
Squall drehte sich um und runzelte die Stirn um zu erkennen, womit Xell da herumfuchtelte.
„Dein Handschuh, den musst du hier vergessen haben!", erklärte Xell fröhlich.
Als Xell dann vor Squall stand, überreichte der junge Kampfsportler ihm den Handschuh lachend.
Squall jedoch sah ihm ausdruckslos in die glänzenden Augen, senkte dann den Blick auf seinen Handschuh, den er weggeworfen hatte, als er mit Rinoa hier unten alleine war und riss ihm das edle Lederstück aus der Hand. Grimmig streifte er ihn über seine linke Hand und drehte sich ohne ein Wort des Dankes um.
Xells Mundwinkel sanken, der freudige Ausdruck in seinen Augen verschwand. Er stieß die Luft zwischen seinen Zähnen aus und und senkte den Kopf.
Selphie, Irvine, Rinoa und Cid folgten Squall zum Aufzug, Quistis blieb noch stehen und sah mitleidig zu Xell hinüber. Sie ging auf ihn zu und legte ihm eine Hand auf seine Schulter. Sie sahen beide zu Boden, wussten, was gemeint war. Dann hob Quistis ihren Kopf Richtung Squall, zog ihre Augenbrauen herunter und atmete ein, um Squall etwas hinterherzurufen. Xell wusste, was sie sagen würde. Hey Squall, ein Dankeschön wär vielleicht angebracht gewesen! Doch schnell unterbrach er sie. „Nee, lass mal gut sein. Ist schon in Ordnung... in Ordnung."
Doch Quistis wusste genauso gut wie Xell selbst, dass nichts in Ordnung war. Er lügte absichtlich, aber Quistis verstand ihn. Xell war immer derjenige, der um Squalls Verständnis und Anerkennung, um Squalls Respekt mit Leib und Seele kämpfte, doch es gelang ihm nicht. Es ging schon so lange so.
Letztendlich fuhren dann die SEEDs mit dem Aufzug in die oberste Etage des Balamb Garden.
Cid verließ den Aufzug als Erster und ging gleich auf Niida zu, der an einer der Kontrolltafeln herumtippte. Als dieser bemerkte, dass sich jemand näherte, drehte er sich um und vollführte auch sogleich den SEED-Gruß.
Cid begrüßte ihn kurz und prüfte, ob seine kleinen Lieblingsschüler in hörbarer Reichweite waren. Dann begann er: „Also, was ist mit dieser komischen Aufnahme?"
Niida versuchte, explizit und kompakt die Lage zu beschreiben: „Einer unserer Überwachungstrupps hat bei einer Routine-Kontrolle in der Nähe des Lunatic Pandora Instituts auf der Esthar-Großebene eine interessante Entdeckung gemacht. Er hat den Fund mit einer Kamera gefilmt und wollte die Daten ihnen gleich überreichen, doch sie waren ja weg. Also ließ ich gleich einen Funkspruch an die Ragnarok senden, um sie herzuholen. Soll ich die Aufnahme ablaufen lassen, Direktor Cid?"
„Ja, ich bitte doch sehr darum!", befahl Cid mit einer ausschweifenden Geste.
Niida öffnete eine kleine Box, in der sich eine CD befand und steckte diese sofort in einen Schlitz an der Kontrollwand. Dann drückte er noch schnell ein paar Knöpfe, und schon blitzte vor ihren Gesichtern über den Bordcomputern eine durchsichtige Leinwand auf. Anfänglich krisselte das Bild, doch dann begann die Luftaufnahme.
Der Film war sehr wackelig, doch nach und nach verfestigte sich das Bild. Zuerst sahen sie nur das Meer. Dann kam eine Küste ins Bild, kurz heftete sich die Kamera auf das Lunatic Pandora Institut. Dann schweifte das Luftbild weiter nach Norden über die braune Landschaft des Esthar- Kontinents. Bis jetzt war nichts wirklich Interessantes zu sehen, doch auf einmal veränderte sich die Landschaft. Das sonst so ebene Bild des Geländes wurde brüchig, wie bei Wurzeln eines Baumes, die durch den Erdboden versuchen, an die Oberfläche zu gelangen. Die Risse wurden deutlicher und größer, und dann kam das Zentrum dieser Wurzeln zum Vorschein. Aus dem Boden lief eine hell leuchtende, grüne Masse. Es war eigentlich keine Masse, es war ein schwer zu beschreibendes grünes Geflecht aus Millionen von kleinen Strängen, wie Haare. Sie bündelten sich und bildeten dickere Elemente. Von ihnen gingen kleine leuchtende hellgrüne Punkte aus, die sich langsam über den Erdboden verteilten. Überall, wo sie auf den Boden aufkamen, sprießte ein weiteres kleines Bündel dieser hellgrünen Haare heraus.
Dieses Etwas bewegte sich alles andere als schnell, es waberte langsam gen Himmel, kam anscheinend jedoch nicht weit und breitete sich dann über die Erde aus. Aber es schien dem Boden nichts anzutun. Es floss einfach nur dahin, und bei diesem Gedanken fiel Squall auch eine annähernd richtige Beschreibung für dieses grüne Zeug ein: ein Strom. Für Squall sah dieser Strom so lebendig aus, er blinkte, zwar schwach, aber man konnte ein Blinken feststellen, und dadurch simbolisierte der Strom irgendwie Leben.
Leben. Strom.
Dann wurde das Bild wieder krisselig und das Hologramm verschwand.
Squall löste seinen konzentrierten Bilck und sprach entschlossen: „Das müssen wir uns aus nächster Nähe angucken."
Selphie war auf Anweisung von Squall mit Höchstgeschwindigkeit Richtung Esthar-Kontinent geflogen. „Wer weiß, wie schnell sich das Ding ausbreitet und was es bei Kontakt mit Menschen anstellt?", hatte seine Begründung gelautet.
Das quitschfidehe Mädchen landete in großem Abstand neben der Quelle. Sie verließen die Ragnarok und gingen langsam und ehrfürchtig auf den Strom zu. Die Fäden hatten sich schon weit ausgebreitet, doch im Umkreis von vielen Kilometern befand sich nichts, was davor beschützt werden musste.
Alle starrten die Quelle ängstlich an, Squall bemerkte, wie Rinoa seinen Ärmel griff und sich langsam an ihn anschmiegte. Irvine und Selphie standen gebannt nebeneinander und beobachteten das Spektakel. Von nahem sah der Strom wirklich noch beeindruckender aus. Ob man sich jetzt an diesem Schauspiel ergötzen konnte oder sich davor fürchten sollte, wollte keiner entscheiden. Irvine sah kurz zu Selphie hinüber und erkannte die Furcht in ihren Augen. Sie verhielt sich zwar ruhig, hatte aber einen panischen Ausdruck auf ihrem jungen Gesicht. Er wandt sich wieder der Quelle zu und ergriff langsam ihre kleine, zitternde Hand. Selphie war erstaunt über dies und blickte zu Irvine hoch, doch dieser starrte nur auf den Strom. Selphie drückte als Art Bestätigung kurz Irvines Hand, worauf dieser dann mit seinem Daumen Selphies Hand streichelte.
Alle warteten auf Squall. Sie glaubten, dass er alle Antworten hätte und wüsste, was zu tun war, doch er war ratlos. Aber er handelte trotzdem. Er reckte seinen Kopf noch ein wenig mehr und sagte dann leise, als ob er den Strom nicht erschrecken wolle: „Ich seh mir das mal genauer an." Er löste sich von Rinoa. „Ihr bleibt hier, ich bin gleich wieder da." Squall entfernte sich langsam.
Rinoa blickte ihm entgeistert hinterher. „Aber Squall, du kannst doch nicht alleine gehen! Ich komme mit!", sagte sie fest.
Squall blieb abrupt stehen und drehte sich scharf um. „Nein. Du kommst auf keinen Fall mit!"
Doch Rinoa protestierte weiter. „Squall, du kannst mich nicht immer herumkommandieren. Ich bin nicht dein Roboter!"
Aber auch Squall ließ sich nicht abbringen. „Du bleibst! Und das ist mein letztes Wort!" Dann warf er Irvine einen festen Blick zu. Irvine verstand und nickte. Squall wollte sagen: Pass auf sie auf! Wenn sie zickig wird, halt sie fest.
In diesem Moment wandt Quistis ihren Blick fast automatisch Xell zu. Dieser ließ schon wieder den Kopf hängen, und sein Blick sagte alles. Warum hat er mich nicht gefragt?
Squall ging auf die Quelle zu, wurde langsam von dem grünen Licht beleuchtet. Unweigerlich ging Rinoa ein paar Schritte hinter ihm her, und auch der Rest der Truppe bewegte sich hinter ihrem Anführer hinterher. Doch als Rinoa ihren Schritt schneller werden ließ, kam Irvine auf sie zu und hielt sie an ihrer Schulter zurück. Leise drückte er sie an sich heran, und als sie dann nachgab, ließ er langsam seine Hand von ihrer Schulter sinken.
Squall drehte sich noch einmal kurz um und musterte Rinoas Gesicht. Sie hatte die Augen zu Schlitzen verzogen, die Augenbrauen lagen dicht an den Augen, sie sah verzweifelt aus, aber nicht hysterisch. Sie reckte immer wieder den Kopf und versuchte, Squall so gut wie möglich im Bild zu behalten. Mit ihrer rechten Hand umklammerte sie ihre Kette mit den Ringen, einer von Rinoa, einer von Squall.
Doch der 17-jährige Gun-Blade-Kämpfer ging weiter auf sein Ziel zu. Schon sammelten sich die kleinen grünen Punkte zu seinen Füßen. Und mit der Zeit kam er auch den langen Strängen, die wirklich Haaren ähnelten, näher.
Als er nun kurz vor dem Zentrum stand, fingen die grünen Stränge an, ihn zu umfliegen. Sie streiften seinen Körper, sie umkreisten ihn, doch er spürte keinen Schmerz. Zumindest keinen physischen. Es war mehr so, dass kurze, unscharfe Bilder auf ihn zukamen, die ihn überschwemmten. Er sah eine Stadt, eine zerstörte Stadt, dann sah er ganz kurz einen Meteoren und dann etwas blaues Glänzendes. Je mehr grüne Stränge um ihn herum waren, desto deutlicher wurden die Bilder.
Squall wurde kurz aus seinen Gedanken gerissen und drehte sich um.
„Squall?" Rinoas zaghafte Stimme ertönte hinter ihm. „Ist alles in Ordnung?" Sie hatte wahrscheinlich Angst um ihn.
Irvine fragte neugierig: „Was ist denn da?"
Doch Squall drehte sich wieder um und konzentrierte sich jetzt auf das große Loch, aus dem der Strom kam. So viele Stränge wurden dort gebündelt, die Helligkeit zwang Squall dazu, seine Augen mit der Hand zu beschirmen.
Plötzlich sah er einen Schatten dort unten vorbeihuschen.
Er verfestigte seinen Blick, näherte sich dem Schlund - wobei Rinoa zeitgleich wieder von Irvine zurückgehalten werden musste - und versuchte mehr zu erkennen.
Da, da war es wieder! Ein Schatten, ein länglicher, helller Schatten. Squall meinte sogar, die Form eines Menschen daraus zu erkennen. Doch er war sich nicht sicher.
„Squall, was ist denn da???", rief Irvine wieder.
Dieser drehte sich langsam um und entschied, wieder zurückzugehen. „Nichts, nichts Besonderes.", lautete seine knappe Antwort.
Squall wurde immer noch von den grünen Strängen umgarnt, und auf einmal passierte etwas Sonderbares.
Einer der Stränge schien sich um seine Gun Blade zu schlingen, und verfing sich anscheinend. Doch durch die scharfe Klinge wurde der Strom durchgeschnitten. Das kleine, abgeschnittene Teil fiel auf den Boden, und als es die Erde berührte, bebte diese kurz auf.
Squall sah aus dem Augenwinkel die Köpfe seiner Freunde zu ihm herum- schießen.
Das Beben war nicht stark, wirklich nur minimal, aber Squall zückte trotzdem seine Gun Blade und suchte sich einen der Stränge aus. Einer kam auf ihn zu, und Squall zerschnitt ihn. Das Stück fiel wieder auf den Boden, und diesmal bebte die Erde heftiger.
Squall hatte sogar Probleme, sich auf den Beinen zu halten.
„Squall, was ist da los???", ertönte Irvines Stimme von weitem.
Die Erde bebte weiter. Squall entschied nun wirklich, von dort wegzukommen, doch er wollte noch einen letzten Blick auf den Schlund werfen, und entdeckte dabei etwas, das er vielleicht lieber nicht hätte sehen sollen. Obwohl Squall sich einredete, dass es nicht echt gewesen sein kann, oder dass es bestimmt nicht das war, was er zu glauben meinte, wollte sich dieses Bild nicht aus Squalls Kopf vertreiben lassen: zwei aufblitzende, blaue Augen.
-- to be continued --
Ja, dann hoffe ich, dass euch der erste Part gefällt und Lust auf mehr macht, übrigens bin ich gespannt, wie euch der „Mix" gefällt und ob er nicht zu weit hergeholt ist, ihr werdet schon sehen, was ich meine! Jedenfalls würde es mich freuen, wenn ihr mir sagt, was ihr davon haltet!
EMail to: e.hasselmann@t-online.de
Nun wünsche ich euch viel Spaß beim Lesen!
Eure Andrea
Sleeping Lion Heart
Deinen Namen trägt mein Herz
Dein Fehlen ist mein Schmerz
Ich zähle die Tage
Ich erhebe die Klage
Führ mich ans Licht
Ich enttäusch dich nicht
Führ mich ans Licht – Xavier Naidoo
Prolog
Squall tauchte in einer Wüste auf. Der Himmel war mit dunklen Wolken verhangen. Risse traten im Boden auf. Die Wolken waren unheimlich dunkel. Vielmehr kam es Squall so vor, als ob es eine einzige Wolke sei. Wo war er?
Er machte sich auf den Weg. Die Wüste schien endlos zu sein, doch er setzte einen Fuß vor den anderen. Er ging weiter. Viele Schritte, doch es kam ihm so vor, als ob er überhaupt nicht weiterkäme.
Er fing an, unkontrolliert über den Wüstenboden zu schlurfen. Das Schlurfen ging in eine Art Taumeln über. Seine Kraft verließ ihn. Er konnte seine Umgebung nicht mehr klar wahrnehmen. Wo war er? Wohin sollte er gehen? Er konnte nicht mehr, die Kraft in ihm schwand dahin. Dann sah er auf. Die Wüste hatte sich verändert. Die Wolken waren nun nicht mehr schwarz, sie wurden in ein tiefes Blau getaucht. Er hatte nicht mehr das Gefühl, auf Sand zu laufen, sondern auf Gestein. Taumelnd ging er weiter.
Dann stoppte er abrupt. Vor seinen Füßen tat sich ein gähnender Abgrund auf. Totales Nichts. Nur die blauen Wolken.
Er drehte sich um. Langsam. Er wollte die Wüste betrachten, aus der er gekommen war, aber er sah nur das andere Ende des Felsbrockens, auf dem er stand. Sein Gesicht zeigte Trauer, Enttäuschung und Schmerz. Aber daneben konnte man noch etwas Anderes lesen: auf seinem Gesicht spiegelte sich Unlust, ja fast Akzeptanz.
Er ließ sich fallen. Er saß nun auf dem Gesteinsbrocken und ließ verlassen den Kopf hängen.
Irgendetwas bewegte ihn dazu, den Kopf zu heben. Er sah in den wolkenverhangenen Himmel. Und entdeckte einen kleinen, schimmernden Punkt. Er bewegte sich auf ihn zu, schwebte aber immer mal wieder von der einen Seite zur anderen. Dann kam er näher an Squall heran.
Es war eine Feder. Sie leuchtete weiß.
Nun war sie ganz nah. Squall öffnete die Hand. Die Feder legte sich in diese. Dann schloss er die Hand fest.
Auf einmal regte sich etwas in ihm. Er sah Rinoa, wie sie auf der Blumenwiese bei Edeas Haus stand. Der Himmel war herrlich gelb-orange. Rinoa kehrte Squall den Rücken zu. Er rief ihren Namen zweimal.
Dann drehte sie sich um. Doch bevor sie ihn ganz ansehen konnte, verschwamm Rinoas Antlitz vor Squalls Augen.
Erinnerungen.
Der Ballsaal. Rinoa hob ihre Hand vor ihren Mund. Sie wollte ihm sagen: Psst! Verrate es keinem. Die Sternschnuppe ist unser Geheimnis. Doch sie wurde unscharf. Die Konturen verblassten, sie verschwamm langsam mit dem Hintergrund. Und wieder. Rinoa hob ihre Hand vor den Mund. Die Konturen verschwammen.
Damals.
Als Rinoa von Edea bei deren Parade betäubt wurde. Sie wäre fast von zwei Schmelkes aufgefressen worden. Wieder waren ihre Konturen unscharf, verschwammen mit dem Hintergrund.
Cifer.
Im All.
Squall hatte sie gerettet. Ihre Kette. Rinoas silberner Ring, Squalls Ring mit dem kleinen Löwen darauf, Griever.
Damals.
Bei der Parade, nach dem Kampf mit Edea. Sie hatte einen gefährlichen Eiszauber gesprochen. Squall wurde getroffen und fiel von dem Wagen. Nun sah er Rinoa, unklar, wie sie ihm - seinen Namen schreiend - hinterher sah.
Dollet.
Die riesige Roboterspinne, X-ATM092. Sie war hinter Squall her, hätte ihn fast gekriegt.
Irvine.
Selphie.
Xell.
Quistis.
Rinoa. Am Balkon im Balamb Garden. Der Wind spielte mit ihrem Haar und wollte es wegreißen. Sie lächelte.
Wo bin ich? Was geschieht mit mir? schrie Squall stumm in seine Erinnerungen hinein.
Durch den Triumph-Bogen in Deling City, zum Ballsaal. Das bis eben so hektische Bild wurde ruhig. Er konnte kurz verschnaufen.
Rinoa stand vor ihm in ihrem Ballkleid.
Was passiert?
Sie senkte ihren Arm. Kam auf ihn zu. Forderte ihn zum Tanz auf. Zurück. Sie senkte wieder ihren Arm, kam auf ihn zu. Noch einmal. Sie kam auf ihn zu, wieder kam sie auf ihn zu, wieder und wieder.
Was ist das??? Dann verstand er. Artemisia hatte gesagt, dass die Zeitkompression ihre Gedanken zerfetzen würde. Zerschlagen, zerstört. War es das, was sich vor Squalls Augen abspielte?
Rinoa tanzte mit ihm. Drehte sich, bewegte sich. Alles drehte sich um ihn herum. Es schien nie zu enden.
Dann sah er Cifer. Seine Augen. Rinoas Augen.
Artemisia tauchte kurz in seinen Erinnerungen auf. Wieder Cifer, Rinoa. Es drehte sich zu schnell. Seine Gedanken waren zu schnell.
Dann hörte es auf.
Rinoa sollte eigentlich versiegelt werden, doch Squall hatte sie wieder gerettet. Er hatte die Glaskuppel zerstört. Rinoa fiel aus der Kuppel heraus, wollte in seine Arme fallen. Doch jetzt - sie zerriss. Unschärfe, Verschwommenheit. Sie war nicht mehr da.
Die Schutzscheibe von Rinoas Raumanzug zerbrach. Ihre Kette schwebte vor ihrem Gesicht.
Dann erwachte Squall aus seiner Trance. Er riss die Augen weit auf. Lautlos schrie er auf.
Die Feder fiel langsam zu Boden.
Kapitel 1
Das war damals. Während der Zeitkomprimierung.
Squall hatte versucht, es Rinoa zu beschreiben. Aber sie interessierte es gar nicht mehr. Sie standen auf dem Balkon des Balamb Garden. Hinter ihnen spielte sich die Feier zur Vernichtung Artemisias ab. Musik und Wortfetzen drangen an Rinoas Ohren. Für eine lange Zeit standen Squall und Rinoa nur nebeneinander und betrachteten den Himmel.
Der Himmel war wolkenlos und sternenklar. Rinoa konnte sich an diesem Himmel nicht satt sehen. Er war so friedlich und so wunderschön.
Plötzlich entdeckte sie eine Sternschnuppe. Sie war genau so schön wie damals, als sie Squall das erste Mal gesehen hatte, auf dem Abschlussball.
Rinoa drehte sich zu Squall um und hob ihren Zeigefinger vor ihren Mund. Psst! Verrate es keinem. Die Sternschnuppe ist unser Geheimnis.
Zu ihrer eigenen Verwunderung lächelte Squall sie nun an und näherte sich ihr. Er ergriff ihre Hand und umschlang ihre Taille mit der anderen.
Für den Bruchteil einer Sekunde musste Rinoa innerlich lachen. Diese Szene war amüsant. Obwohl sie den bevorstehenden Kuss erwidern wollte, war es doch seltsam, dass er von Squall ausging. Wenn man bedachte, wie er sich früher verhalten hatte. Er ging solchen Situationen gerne aus dem Weg. Zum Beispiel in der Ragnarok, die ihre Rettung nach dem Vorfall in der Lunarside Basis war. Rinoa wollte ihn umarmen, weil davor der Raumanzug im Weg war, doch er wich ihr aus und sagte, dass die momentane Situation dies nicht zuließ. Und als sie das Raumschiff gesäubert hatten und Rinoa und Squall auf dem Heimweg waren, befahl er ihr zweimal, sich auf ihren Platz zu setzen, doch sie wollte in seinen Armen liegen. Sie wünschte sich nichts sehnlicher. Sie mochte seine Nähe. Mochte seinen Geruch und seine Berührungen. Sie hatte vor Glück geweint, als er sie aus der Glaskuppel im Hexenmausoleum befreit hatte. Sie genoss jede Sekunde mit ihm.
Und diesen Moment genoss sie noch mehr. Sanft zog er sie an sich ran. Rinoa legte ihren Kopf schief und legte ihre Lippen in die seinen. Der Kuss war zärtlich und gefühlvoll. Mit geschlossenen Augen schmolz sie beinahe in seinen Armen dahin. Ihre freie Hand bewegte sich zu seinem Nacken. Sie strich ihm über den Rücken, glitt mit ihren Fingern durch die Federn an seiner Jacke und wanderte dann zu seinen Haaren.
Dann hörte der Kuss auf und sie legte ihren Kopf an seine Schulter. „Ich bin so froh, dass du da bist."
„Das habe ich alles dir zu verdanken. Du hast mich aus der Zeitkomprimierung gerettet. Ich danke dir dafür, dass ich jetzt hier stehen kann, Rinoa.", entgegnete Squall leise.
Rinoa schmunzelte. „Tja, mir war einfach danach!"
Squall schob sie von sich weg und sah ihr grinsend in die Augen. „Hey, das ist doch mein Spruch!"
„Ich weiß. So gleichgültig wie du habe ich zwar nicht geklungen, aber wenn man es ein bisschen anders ausdrückt, war es das, was ich sagen wollte."
Squall zog sie wieder an sich ran. Aus dem Ballsaal erklang gerade ein Walzer.
Leise flüsterte Squall: „Das was du kannst, kann ich schon lange." Er räusperte sich kurz und sagte dann: „Hey, magst du mit mir tanzen?"
Rinoa lachte nun laut auf. Sie erinnerte sich, wie sie ihn damals aufgefordert hatte. Aber da fehlte etwas. „Mensch, du hast was vergessen! Du musst doch zuerst sagen 'Du siehst am coolsten aus!' "
Squall fing nun an, sich leicht im Takt zu bewegen. „Ach so. Aber 'am coolsten' passt da ja wohl nicht!"
„Aha?", antwortete Rinoa. „Was musst du denn dann sagen?"
„Hmmm. Wie wär's mit 'Du siehst am bezauberndsten aus.'?"
„Guck mich nicht so an! Ich darf nichts sagen, ich darf nur an meinem Glas nippen.", lachte Rinoa.
„Ach ja, das hatte ich vergessen. Was kommt jetzt? Ach so. Du bist wohl eine von denen, die nur tanzt wenn ihnen ein Junge richtig gut gefällt??" Squall schob Rinoa wieder von sich weg und hielt ihr beschwörend die Hand vor die Augen. „Du wirst..." Jetzt drehte er die Hand vor ihrem Gesicht. „Mich mögen, mich mööögen." Dann lachten beide still auf und bewegten sich wieder leicht im Takt der Musik. „Immer noch nicht?", fragte Squall.
„Eine überflüssige Frage, Mister Leonhart. Ich hab dich schon immer gemocht. Gleich von Anfang an." Sie kicherte in seine Jacke hinein. „Am niedlichsten war ja, wie du getanzt hast! Du hast immer so hilflos in der Gegend rumgeguckt und wusstest nicht, wohin mit deinen Füßen! Dein Blick, du warst so unsicher!"
„Ja ja, erinnere mich bitte nicht daran! Ich meine, ich hab davor noch nie getanzt, und ich war ja so schon genug abgelenkt.", sagte Squall.
„Hmm? Wieso?" Rinoa runzelte die Stirn.
„Naja, wenn man so ein hübsches Mädchen vor sich hat, kann man da schon mal nicht ganz bei der Sache sein.", verkündete Squall.
Lautlos lachte Rinoa, sodass Squall es nicht bemerkte. „Naja, aber am Ende konntest du es doch ganz gut. Sogar sehr gut."
„Echt? Naja, es ist einfach so über mich gekommen."
Nach einer ganz kurzen Pause sagten beide gleichzeitig: „Mir war einfach danach!" Beide lachten wieder. Jetzt war es Rinoa, die Squall von sich weg schob. „Weißt du was? Ich glaube, ich bin drauf und dran, mich..."
Das Bellen von Angel kam ihnen dazwischen. Bis jetzt hatte Quistis sie noch zurückgehalten, doch dann entkam Angel ihrem Griff und stürmte auf ihre Besitzerin zu. Entschuldigend lachte diese Squall an und hockte sich dann vor Angel hin. Die Mischlingshündin ließ sich genüsslich von dem jungen Mädchen streicheln.
Squall legte seine Hand auf Rinoas Schulter und sprach ihr im Gehen zu: „Ich geh mal kurz zu Mama." Rinoa nickte kurz.
Squall ging durch den Ballsaal und sah sich um. Alle tanzten, lachten und unterhielten sich ausgiebig. Das Fest war ja auch ein guter Anlass dafür.
Auf einmal wurde er fast von jemandem überrannt.
„Ach, Irvine! Pass doch mal auf, wo du hinläufst!", ärgerte sich Squall.
„Sorry, Squall. Aber ich wollte dich sowieso mal was fragen.", entgegnete der Frauenheld jetzt grinsend und eine Augenbraue hebend. „Und, wie war's?"
„Wie war was?", fragte Squall genervt zurück.
„Jetzt tu doch nicht so! Ich hab genau gesehen, dass Rinoa und du auf dem Balkon wart. Alleine! Ich hab's gefi-hilmt!", verkündete Irvine stolz.
„Was??? Du hast gefilmt, wie wir uns geküsst haben???", fuhr Squall ihn an.
„Ach so ist das!? Geküsst habt ihr euch? Das wusste ich gar nicht!"
Nein, so ein Mist! Jetzt war es Squall doch glatt rausgerutscht!
Irvine grinste nur.
„Das geht dich überhaupt nichts an!", sagte Squall und ging an Irvine vorbei. Dieser grinste immer noch und sagte leise zu sich selbst. „Er ist immer noch der Gleiche!"
Kapitel 2
Squall ärgerte sich immer noch, dass es ihm so einfach rausgerutscht war. Aber überhaupt, was geht das die Anderen an? Nichts. Sollten die ihn doch einfach in Ruhe lassen und ihn seinen Kram machen lassen.
Dann ging er zu Edea und Cid. Die beiden standen nebeneinander am Ausgang und unterhielten sich mit Xell. Dieser bemerkte ihn als Erster und rief quer durch den Saal: „Yo, Squall!"
„Schrei doch nicht so, Xell!", ermahnte Squall. „Hallo Direktor Cid, hallo Mama!"
„Hallo Squall. Wie geht es ihnen?", fragte Cid. „Die Feier ist gut gelungen."
„Ja, das finde ich auch, Squall.", bestätigte Edea.
Xell sah Cid enttäuscht an. „Was, nur die Feier ist gut gelungen? Also unsere Leistung war doch viel besser! Wir haben dieser Artemisia doch richtig in den Hintern getreten. Bam! Mit meinem Different Beat hab ich sie voll fertig gemacht." Xell machte dabei Trockenübungen im Faustkämpfen und schlug wie wild um sich.
„Mann, Xell! Beruhig dich mal, du brauchst hier nicht den Affen zu machen!", tadelte ihn Squall wieder. Doch nun war Xell verärgert und beleidigt. Doch Squall reagierte nicht weiter auf ihn.
„Wie läuft das Waisenhaus, Mama?", fragte Squall.
„Ja, es sind zwar nicht so viele Kinder da wie damals bei euch, und es ist auch nicht so anstrengend, weil man keine zwei kleinen Raufbolde da hat", sie sah Xell eindringlich an, „aber auch so ist es schön! Kommt mich doch mal wieder besuchten!", schlug Edea vor.
„Mich? Du meinst uns!", verbesserte Cid scherzhaft und gab ihr einen kleinen Kuss auf die Wange.
Auch Squall lachte leicht - nur leicht - und antwortete: „Ja, gerne."
„Hallo Leeeeeuuuuuuuuteeeeeeeee!", drang eine quäkige Stimme von hinten heran. Selphie lief, in der einen Hand Irvines Hut schwingend und mit der anderen bei Irvine eingehakt auf die Vier zu. Irvine hatte dabei sichtlich Probleme, mit Selphies seltsamen Hüpftakt mitzuhalten. „Naaaa, worüber reeeeedet ihr?"
„Edea hat gerade vorgeschlagen, dass wir sie alle doch mal wieder besuchen könnten.", verkündete Xell.
„Jaaaa, eine guuuuute Idee!", bekräftigte Selphie.
„Ja, finde ich auch", steuerte Irvine bei. „Warum nicht gleich morgen?"
Alle sahen Squall an. Eine bekannte Situation. „Ja, warum nicht? Ich bin einverstanden."
„Jiipiiiiieeeh!!!", rief Selphie klatschend.
„Ich werde es Rinoa und Quistis erzählen." Squall verschwand in Richtung Balkon. Dort sah er schon von weitem Rinoa und Quistis stehen und sich unterhalten. Langsam schlich er sich an die Steinwand heran und sah um die Ecke gebeugt den beiden Mädchen zu. Er lauschte angestrengt.
„...ja himmlisch!" Das war Quistis.
„Ja, so ist es wirklich. Das hätte ich selbst nie gedacht." Rinoas Stimme. So weich und hell...
„Meinst du ich? Ich als Squall-Expertin hab das eigentlich schon von Anfang an abgeschrieben. Dass er den ersten - bedeutsamen - Schritt macht!"
Rinoa, du Plappermaul! Musstest du ihr das denn gleich erzählen?, dachte Squall. Tja, das ist wohl typisch bei Mädchen.
„Genauso wie ich eine andere Sache von Anfang an abgeschrieben habe.", sprach Quistis weiter.
„Meinst du..." Rinoa war sich ziemlich sicher, dass sie wusste, was Quistis meinte.
„Ja. Ich wusste es vom ersten Moment an. Als ich euch das erste Mal nebeneinander stehen sah, war es mir klar. Ihr gehört zusammen." Quistis ließ ihren Kopf kurz sinken, hob ihn dann aber gleich. Sie schniefte kurz, fing sich dann aber wieder.
„Hey, Quistis!", tröstete Rinoa sie. „Ich... also..."
„Nein, nein. Du musst nichts sagen. Ich verstehe das schon. Ich bin auch nicht sauer auf dich, oder so. Es ist, wie es ist. Es soll eben nicht sein. Wer weiß, vielleicht wartet ein Anderer auf mich.", sagte Quistis wenig überzeugend.
„Ja, genau.", war das einzige, was Rinoa dazu sagte. Ein bisschen schuldig fühlte sie sich doch, aber andererseits... Sie war glücklich, dass Squall nun auf dem Weg der Besserung war. Und schließlich hatte Quistis ja gesagt, dass sie es verstand, warum sich also Sorgen machen?
„Und, wie war's?", fragte Quistis nun nach einer langen Pause. Warum fragen alle das? Ist das so interessant?, fragte sich Squall.
„Wie war was?", wollte Rinoa wissen.
„Naja, der Kuss natürlich!", stieß Quistis aus.
Rinoa seufzte erst verträumt, bevor sie antwortete: „Wunderschön! Er kann das wirklich gut. So als ob er viel Übung hätte. Wirklich viel!", bekräftigte Rinoa ihre Aussage. „Und er hat ein bisschen mit mir getanzt!"
„Was? So richtig?", fragte Quistis entsetzt.
„Nein, nur so hin und her. Aber das war total schön. Von drinnen lief die Musik, zu der wir auch damals beim Abschlussball getanzt haben. Es war total romantisch."
Quistis lachte Rinoa unverändert entgegen, als diese verträumt zu den Sternen hinauf sah.
„Ist was?", fragte Rinoa irritiert.
„Nein, nichts, erzähl ruhig weiter!", forderte Quistis sie ruhig auf.
„Ich hätte gar nicht gedacht, dass er sich das alles gemerkt hat, aber er wusste noch jedes einzelne Wort, das wir vor dem Tanzen gewechselt hatten. Naja, fast jedes. Er ist auf total niedliche Ideen gekommen, ich frag mich nur, woher das alles!?" Sie runzelte die Stirn.
„Das weiß ich auch nicht.", fügte Quistis hinzu. „Und sonst so? Was hat er noch gesagt?"
„Er hat gesagt, dass er mich bezaubernd und wunderhübsch findet. Es war schön, das aus seinem Mund zu hören. Und dabei hat er so einen hinreißenden Ausdruck in den Augen gehabt, und so niedlich gelächelt...!", schwärmte Rinoa.
Kurz darauf seufzten beide, Rinoa und Squall, zur selben Zeit mit träumerischem Blick, was sie aber nicht wussten.
„Hey, Squall!!!!", schrie Irvine ohrenbetäubend laut ihm zu. Dabei klopfte er ihm so heftig auf die Schulter, dass dieser sofort längs auf den Boden fiel - und somit sehr gut sichtbar für Rinoa und Quistis dalag. Irvine rief weiter in fröhlichem Ton: „Du standst da gerade mit so schmachtendem Blick, was war denn los?"
Rinoa und Quistis schreckten auf und fuhren herum. Entsetzt rief Quistis: „Squall, was machst du denn da?" Dann fragte Rinoa: „Hast du uns etwa belauscht?"
Squall hatte sich schon wieder aufgerappelt und klopfte sich den Staub von der Jacke, wo überhaupt keiner war. „Öhm, ja, äh... also ich... war gerade... ähm, ja, ich stand hier gerade und da ist mir dieser, dieser Riss in der Wand aufgefallen, und den hab ich grad untersucht, hab ich den!"
Irvine sah dann kurz auf die Stelle, wo Squall flüchtig hingezeigt hatte und sagte dann etwas leiser zu ihm: „Aber Squall, da ist doch gar kein..." Sogleich trat Squall Irvine vor's Schienenbein, und diesem entfuhr gleich darauf ein unterdrückter Schmerzensschrei.
„Ähm, ja, was ich euch gerade fragen wollte: Mama, also Edea hat eben vorgeschlagen, dass wir sie morgen ja mal besuchen könnten.", brachte Squall nun endlich heraus.
Quistis antwortete: „Ja, gerne. Wann denn, morgens gleich?"
Squall nickte kurz.
„Okay, ich freu mich schon drauf!" Winkend ging sie an Squall und Irvine vorbei. „Tschüss, bis morgen dann!"
Rinoa bewegte sich dann auch in Richtung Ausgang, warf Squall aber noch einen hämischen Blick zu und sagte dann ironisch zu ihm: „Und wir beide sprechen uns noch!"
Squall sah ihr nur verdutzt hinterher, worauf sich Irvine natürlich kein breites Grinsen verkneifen konnte.
„Was denn?", fragte Squall genervt.
„Ach nichts, ich amüsier mich nur prächtig!"
Kapitel 3
Dein Glück liegt mir am Herzen
Warum findest du es nicht?
Um die Schmerzen auszumerzen
Brauchst du Licht in deiner Sicht
Dein Glück liegt mir am Herzen – Söhne Mannheims
Es war schon längst nach Mitternacht, und die Feier ging langsam dem Ende zu. Squall verabschiedete sich dann ganz knapp von Cid und Edea und verließ den Ballsaal (Anm. der Autorin: Weiß eigentlich irgendwer, wie man zum Ballsaal kommt?) Langsam schlenderte er noch durch den Garden und ging Richtung Quartiere. Bei Nacht war der Garden von innen sehr ansehnlich. Durch die Glasfenster in den Kuppeln schien das Licht der Sterne und des Mondes herein. Es spiegelte sich im Wasser unter den Gängen. Das leise Plätschern der Springbrunnen beruhigte Squall und sollte diesen Tag perfekt abschließen. Der Kuss mit Rinoa hatte den Abend zu einem der wichtigsten Tage in seinem Leben gemacht. Doch wer wusste zu der Zeit, was noch kommen mochte?
Also erreichte Squall dann die Quartiere. Er ging die Treppen hoch und navigierte sich dann durch die Zahlreichen Zimmer-Nummern zu dem mit der Nummer 41269 (wie seine SEED-Nummer). Er zog den rechten Handschuh aus und legte die Hand auf das Lesegerät. Ein kleines Bildchen leuchtete auf, dass den Zugang gewährte. Er trat ein, und schon schloss sich die Tür auch wieder. Squall lies sich auf sein Sofa fallen und legte entspannt den Kopf zurück.
Dann entschloss er sich, den Fernseher anzumachen. Er zappte durch die Kanäle, doch nichts war wirklich interessant. Auf SEED-TV lief zum x-ten Male der SEED-Spot. Neue Helden braucht das Land. Ihr wollt auch einer werden? Kein Problem, dann schreibt euch noch heute am Garden ein. Die Eintritts-Kosten sind minimal, und wenn ihr erst einmal SEED seid, bekommt ihr sogar noch einen Sold! Legt die leicht zu bewältigende SEED-Prüfung ab und ihr erntet den ganzen Stolz eurer Familie und Freunden! Erledigt Aufträge in der ganzen Welt und habt Spaß ohne Ende, der Traum jedes Jugendlichen! Neugierig geworden? Dann trefft noch heute eure wichtigste Entscheidung eures Lebens und schreibt euch sofort an einem der drei Gardens genau in eurer Nähe ein* (Galbadia, Balamb, Trabia)!
Wir warten auf dich!
Kaum leserlich lief in einer atemberaubenden Geschwindigkeit am unteren Bildschirmrand ein Text neben dem kleinen Sternchen vorbei: SEED kann jeder normale Mensch zwischen 12 und 18 werden. Die weiteren Regeln und Gesetze können sie telefonisch unter 0 88 / 7 93 25 6 abfragen. (ein Service der GardenCom, beim ersten Anruf bezahlen sie läppische 50 Gil, jede weitere Minute kostet nur 20 Gil)
Squall betätigte den kleinen roten Knopf auf der Fernbedienung, stand auf und ging in Richtung Kühlschrank. Auf halbem Wege ertönte jedoch seine Klingel. (Was hier nicht gut darzustellen ist, ist die Klingelmelodie: Squall hatte sich eigens ein kleines Modul in die Klingel eingebaut, welches die kurze Melodie am Ende eines jeden Kampfes bei der Siegerpose nachspielt)
Wer kann das denn jetzt noch sein?, fragte sich Squall. Hoffentlich ist es nicht Xell! Oder Irvine. Oder Selphie.
Er ging zu der Tür und betätigte den Knopf, auf dem „Open" stand. Vor seiner Tür stand ein junges Mädchen mit langen schwarzen Haaren und braunen Strähnen. Sie trug ein schwarzes Trägertop, einen dunkelblauen kurzen Rock und darunter eine knielange schwarze Hose. Sie hatte eine Art Mantel an, er war hellblau, ärmellos, doch an den Unterarmen trug das Mädchen „abgeschnittene" Ärmel und er war vorne zum verknoten. Rinoa stand in Squalls Tür mit einem bemitleidenswertigem Lächeln. „Darf ich noch ein bisschen bleiben?"
Squall konnte ein schiefes Grinsen nicht unterdrücken und machte ihr dann Platz zum Eintreten. „Nur herein, Miss Heartilly!"
„Sehr aufmerksam, Mister Leonhart!", gab sie zurück. Bewundernd sah sie sich in Squalls SEED-Zimmer um. Sehr nobel, stellte sie fest. Auch sie hatte hier ein Zimmer bekommen (auch wenn sie kein SEED war), aber ihres war lange nicht so luxuriös. Wahrscheinlich war Squall nicht nur für sie etwas Besonderes.
Sie setzte sich langsam auf seine Couch, stützte sich auf dem Sitzrand ab und ließ ihre Beine baumeln. „Also, du wolltest mir doch noch etwas erzählen...!"
Squall verstand überhaupt nicht.
Rinoa verdrehte die Augen und stieß verärgert die Luft aus. „Wirklich nicht? Mensch, das auf dem Balkon, du Dummerchen!"
„Achso, das. Was gibt es da zu erzählen?", fragte Squall unschuldig.
„Hältst du mich wirklich für so dumm? Ich hab doch bemerkt, wie du uns belauscht hast! Komm, gib's wenigstens zu!", forderte sie auf.
„Da gibt's nichts zuzugeben. Ich stand da einfach nur und hab eben zugehört, weghören kann ich nicht gut."
„Was hast du denn alles gehört?", fragte das junge Mädchen interessiert.
„Ähm, irgendwie so ab Das hätte ich selbst nie gedacht! Oder so."
„Aha." Nach einer kurzen Pause sprach sie weiter: „Bist du böse, dass ich Quistis von unserem Kuss erzählt habe?" Sie sah ihn wieder mit unschuldigen Dackelaugen an, was Squall ein weiteres Lächeln entlockte.
„......nicht wirklich." Rinoa kicherte kurz. „Aber immerhin ist es mir Irvine gegenüber auch rausgerutscht.", sagte er beifällig.
„WAS??? Irvine weiß es? Oh mein Gott, dann weiß es ja morgen der ganze Garden! Oh nein!", wimmerte Rinoa.
Squall ging langsam auf Rinoa zu und hockte sich dann vor sie. Er strich ihr über den gesenkten Kopf und hob dann ihr Kinn an, sodass sie sich genau in die Augen sahen. „Das ist mir völlig egal. Das müsstest du doch wissen." Er schloss die Augen und hob Rinoas Kinn auf das seine, um ihr einen langen, romantischen Kuss zu geben.
Rinoa fiel aus allen Wolken. Sie fühlte sich, als ob sie von einer immensen Kraft umgeworfen wurde. Zum wiederholten Male wunderte sie sich, woher Squall das so gut konnte. Aber es musste ja nichts Wichtiges zu bedeuten haben. Sie genoss ihn einfach, diesen Kuss, den sie nie vergessen wollte, den sie für immer in Erinnerung behalten wollte.
Langsam löste Squall seine Lippen von ihren und erhob sich. Er drückte Rinoa sanft in Richtung Liegefläche der Couch und beugte sich dann über sie. Er lächelte sie wieder mit einem dieser hinreißenden Gesichtsausdrücken an.
Er sah, wenn er sich so über sie beugte, noch besser aus als überhaupt schon. Die Strähnen, die nun zu ihr hinunterhingen, berührten leicht ihre Wangen und ihre Stirn.
„Und du, wolltest du nicht auch noch etwas sagen?", fragte Squall überraschend.
Rinoa runzelte die Stirn. „Tut mir leid, was denn? Ich wüsste da wirklich nichts!"
„Lass mich dir einen Tipp geben, es kam jemand dazwischen. Und dieser jemand kam auf vier Pfoten dazwischen!"
Rinoa schmunzelte. „Ja, du hast recht, da war doch was...." Sie tat so, als ob sie überlegte. „Aber es will mir nicht mehr so recht einfallen. Ich glaub, ich brauch als Gedächtnisstütze noch einen Kuss." Mit ihrer linken Hand drückte sie leicht Squalls Kopf an seinem Nacken zu ihr herunter. Wieder küssten sie sich gefühlvoll. Dann legte Rinoa ihren Kopf wieder zurück auf das Sofa, schloss ihre Augen und testete den Geschmack ihrer Lippen. „Hmmmm..... immer noch nicht!"
Sie zog Squall wieder zu sich runter. Diesmal war der Kuss viel inniger. Ein großes Verlangen stieg in ihr auf. Auf einmal wurde ihr heiß. Sie konnte es nicht fassen, dass sie hier mit Squall lag und wild mit ihm rumknutschte. (Anm. der Autorin: Was ist das eigentlich für ein Wort, 'knutschen'??)
Nach einiger Zeit beendete Squall dann den Kuss. Er ließ sich neben sie auf die breite Couch fallen und nahm sie in den Arm. Beide starrten zur Decke hinauf. Squall strich mit seinen Finger leicht über ihren nackten Oberarm.
Rinoa drehte ihren Kopf, um einen Blick auf die Uhr zu werfen. „Oh mein Gott!" Schnell richtete sie sich auf. „Es ist ja schon total spät. Ich hab die Zeit ganz vergessen." Squall lächelte sie an. „Ich glaub, ich werd dann mal so langsam ins Bett gehen. Wenn wir morgen zu Edea wollen, kann ich da ja nicht so verschlafen antreten." Sie rückte kurz ihre Kleidung zurecht und bewegte sich auf den Ausgang zu. Squall stand auf und begleitete sie. Er öffnete ihr die Tür und lehnte sich dann noch an den Türrahmen. Rinoa drehte sich noch kurz um und betrachtete Squall. Ein Traumtyp! „Naja, dann gute Nacht, mein Hexen-Ritter!"
„Gute Nacht, Prinzessin!", erwiderte Squall, zog sie an ihrer Taille heran und gab ihr lachend noch einen letzten Kuss. Dann verabschiedete Rinoa sich endgültig und verließ den Gang.
Squall schaute ihr noch lange, nachdem sie um die Ecke gebogen war, hinterher. Er konnte es kaum fassen. Er hatte das Gefühl, als ob tausend Schmetterlinge in seinem Bauch herumflatterten. Squall hatte sich verliebt.
Kapitel 4
Rinoa wurde von dem harmonischen Zwitschern der Vögel geweckt. Die Sonnenstrahlen fielen auf ihr Gesicht. Sie blinzelte leicht, verkroch sich dann noch einmal unter der Decke, warf sie dann aber schnell zurück und stand auf.
Sie ging ins Bad, kämmte erst einmal ihre Haare. Dann drehte sie am Wasserhahn und schmiss sich eine kalte Ladung Wasser ins Gesicht. Jetzt war sie richtig wach! Sie griff nach dem gelben Handtuch und trocknete ihr Gesicht ab. Dann ging sie wieder in das Wohnzimmer und zog sich aus. Von ihrem Stuhl griff sie ihre alltäglichen Anziehsachen. Schnell streifte sie sie über und entschloss sich, Squall aufzuwecken. Ob er noch schläft?
Langsam schlenderte sie durch die Gänge der Quartiere. Wenn man sich hier nicht gut auskannte, konnte man sich schnell verlaufen.
Dann erreichte sie das Zimmer mit der Nummer 41269. Sie drückte auf die Klingel und wartete geduldig. Als nach langer Zeit immer noch niemand öffnete, betätigte sie die Klingel ein zweites Mal. Aber auch jetzt geschah nichts. „Squall!??! Bist du da drin?", rief sie, doch sie bemerkte sogleich, dass die Tür ja noch einen Spalt offen stand. Langsam betrat sie sein Zimmer. Das Bett war nicht gemacht, und auf dem Küchentisch lag umgekippt eine Tasse Tee. Der Löffel lag auf dem Boden, der Inhalt tropfte über den Tischrand auf den Teppich, welcher schon vollgesaugt war. Das Fenster stand sperrangelweit offen. Rinoa stürzte ins Badezimmer und riss die Duschkabine auf. „SQUALL????" Hier war er nicht. Für einen klitzekleinen Moment überlegte sie, wie es wohl gewesen wäre, wenn sie ihn hier unter der Dusche gefunden hätte.
Sie ging wieder zum Fenster und lehnte sich hinaus. Doch auch draußen konnte sie nichts erkennen. Wo ist er nur hin? Ist ihm was passiert?, fragte sich Rinoa. Er ist doch wohl nicht...
Sie rannte aus seinem Zimmer und verließ die Quartiere. Wo könnte ich zuerst suchen?.... Ah ja!
Sie lief durch die Haupthalle und bog nach dem langen Gang links ab. Im letzten Augenblick entdeckte sie einen kleinen Jungen, der sie fast umgerannt hatte. Er trug ein blaues T-Shirt und atmete konzentriert, um keine Seitenstiche zu bekommen. Ach, er wieder! Er dreht seine Runden!, dachte Rinoa. Wie zur Bestätigung murmelte der kleine Junge dann vor sich hin: „Eins, zwo, eins, zwo. Ich trainiere für meine Kondition!"
Dann lief sie weiter Richtung Übugshalle. Hoffentlich war Squall da! Rinoa bog in den grünen Gang ein und passierte die langen Gänge. Endlich kam sie in der Übungshalle an. Sie blieb kurz stehen, holte Luft und lauschte. Vielleicht war irgendwas zu hören. Doch totale Stille herrschte. Sie entschied sich für den linken Gang. Sie passierte die Doppeltür und die umgefallenen Baumstämme. Rinoa bog um die Ecke und sah aufeinmal Squall! Er kämpfte gerade mit einem Archeodino! Doch Squall war schon schwer verletzt und konnte sich kaum noch auf den Beinen halten. Rinoa lächelte kurz und rannte dann zu ihm. Squall hatte sie noch nicht bemerkt, bis Rinoa schrie: „Vigra!"
Squall wurde von einer blauen Kugel umschlossen und geheilt. Er richtete sich wieder auf und sah sich nach seinem Helfer in der Not um. Diese lächelte ihn tadelnd an und rief zu ihm rüber: „Squall, ein bisschen musst du schon mitdenken! Wenn du nur angreifst und dich nie heilst, kannst du nicht gewinnen!"
Plötzlich sprang der Archeodino auf Rinoa zu und wollte sie gerade angreifen, doch Squall sprang dazwischen und nahm die Schadenspunkte auf sich. Dann drehte er seinen Kopf zu ihr und sagte: „Und wenn du immer redest, kannst du dich auch nicht ordentlich verteidigen!"
„Okay!", rief sie zurück. „Wie weit bist du schon? Irgendein Status- Effekt?"
„Nein, Schlaf hab ich neulich Quistis gegeben. Aber die Hälfte der HP hab ich sicherlich schon weg!"
Rinoa kramte schnell einen Zauber heraus. „Schlaf!" Der Zauber wirkte. Der Archeodino schlief tief und fest.
„Gut gemacht!", rief Squall. Nun war er am Zug. „Hast!" Der Zauber galt Rinoa. Die graue Uhr erschien über Rinoa und versetzte sie in den Hast- Zustand. Und schon war sie wieder handlungsbereit. Sie schloss die Augen und kontaktierte ihre G.F. „Shiva! Diamantenstaub!" Die eisblaue Dame erschien schnell und legte ihre Eiszapfen über den Archeodino. Dieser wurde schwer getroffen.
Dann war Squall wieder dran. Er fasste mit der Hand zu seiner Stirn und hielt sie dann beschwörend vor sich. „Eisga!" Der Dino wurde von Eis umschlossen. Seine HP schwanden dahin. „Eisga!" Noch einmal. „Eisga!" Ein drittes Mal.
Rinoa staunte. „Tripel?"
„Na klar, Rinoa! Ist doch sehr nützlich!", lachte er zurück. Dann konnte sie wieder handeln. „Analyse!" Es stellte sich heraus, dass der Archeodino nur noch sehr wenige HP hatte. Rinoa rief Squall deshalb zu: „So, noch einmal kräftig zuhauen, und das Viech ist Geschichte!"
So war der Archeodino durch seinen Schlaf dem Schicksal ausgeliefert. Squall bereitete sich vor und sprach ... Gravit.
„Gravit? Was soll das denn, Squall? Der Spruch richtet doch nur prozentualen Schaden an, damit kannst du niemanden töten!", rief Rinoa empört.
„Das weiß ich doch, Prinzesschen!" Squall grinste. „Ich wollte, dass du ihn niederstrecken kannst. Hau du mal zu, ich hab schon genug EXP!"
Rinoa ließ sich das nicht zwei Mal sagen. Sie zückte ihre Blaster-Edge, zielte und feuert sie ab. Die Klinge traf den Archeodino und er fiel zu Boden und verschwand. Rinoa und Squall nahmen ihre Siegerposen ein und empfingen die EXP.
„Wow, zwei Level-Ups!", schrie Rinoa. „Danke, Squall!"
„Komm, lass uns die Anderen hohlen, wir wollen doch zu Edea.", lenkte Squall ab.
Sad things are happening
Left me for no reason
Will we ever talk again?
I'm so afraid it's over
It could have been so ...
Und so taten sie es. Squall und Rinoa verließen schweigend die Übungshalle und gingen Richtung Aufzug. In der MD-Ebene des Balamb Garden wurde eigens für die Ragnarok eine Art Hangar eingerichtet. Von dort aus führte ein ebenfalls neuer Kanal direkt nach draußen, sodass die Ragnarok immer schnell in die Lüfte gehen konnte.
Rinoa fiel das Schweigen auf. Squall schien irgendwie, Gespräche vermeiden zu wollen. Komisch, und das nach dem gestrigen Abend! Na wie auch immer, Rinoa und Squall kamen nun auch am Aufzug an. Squall betätigte die entsprechenden Knöpfe und gab den Geheimcode für die MD-Ebene ein. Die Türen des Aufzugs schlossen sich. Gleich darauf sagten Beide den Namen des Anderen. „Rinoa!"
„Squall!"
„Nein, du zuerst!", sagte Rinoa.
„Nein, du!" Klar, dass Squall dies antwortete. Rinoa wusste, dass Squall sowieso nicht viel zu sagen hatte, also würde sie anfangen.
„Squall, ich..." Sie näherte sich ihm, doch er drehte sich von ihr weg. Sie legte ihre Hände auf seine Schultern und legte ihren Kopf an seinen Rücken. Ihre linke Hand glitt an seinem Shirt abwärts und umschloss seine Kette mit dem Löwen darauf.
Überraschenderweise hob Squall nun beide Arme und stieß sie von sich weg. Rinoa runzelte die Stirn. „Was hast du, Squall?", fragte sie besorgt.
„Ach nichts. Lass mich." Squall drehte sich nicht um.
Rinoa kannte dieses Verhalten (natürlich) und brauste nun auf: „Sag mir nicht, dass es nichts ist! Meinst du, ich bin so dämlich, dass ich glaube, es ginge dir gut???"
Squall zeigte noch immer keine Regung. Er hob lediglich den Kopf zur Decke. Dann war der Aufzug angekommen, und sobald sich die Türen öffneten, stürmte Squall hinaus.
Rinoa war immer noch sauer und blieb, perplex wie sie war, im Aufzug stehen. Dann schrie sie ihm hinterher: „Für wen hältst du mich eigentlich?? So gehst du mit mir nicht um, ich bin deine Freundin, verdammt noch mal!!!" Dann stürmte sie hinter ihm her. Sie merkte nicht, wie sich die Türen des Aufzugs schlossen und dieser wieder hinauffuhr. Schnellen Schrittes und mit geballten Fäusten ging sie Squall nach.
Dann stellte sie sich direkt vor Squall in seinen Weg. Ihre Augen schlugen Blitze, sie mochte diese Art an ihrem Freund überhaupt nicht. „Rede gefälligst mit mir!", fuhr sie ihn an.
Doch Squall drehte einfach den Kopf zur Seite und sah sie nicht an.
Das brachte Rinoa zur Weißglut. Aber sie wusste, dass sie sich trotzdem noch beherrschen sollte. „Warum bist du so abweisend? Was hab ich dir denn getan?", fragte sie in einem ruhigen, aber festen Ton. Doch auch darauf gab Squall keine Antwort. Rinoa entspannte sich wieder ein bißchen. „Ts!", stieß sie aus und verschränkte die Arme vor ihrer Brust. Genervt sah sie in die entgegengesetzte Richtung. „Und ich dachte, du empfindest etwas für mich."
Squall drehte seinen Kopf zurück und sah Rinoa stirnrunzelnd an. Sie registrierte dies und sah ihn mit bösem Blick aus ihren blitzeschleudernden Augen an. Doch dann bemerkte sie, dass Squalls Blick gar nicht mehr so ärgerlich und wütend war wie vorher. Er sah besorgt aus. Das ließ sie ihre Gesichtsmuskeln entspannen.
„Doch, das tue ich.", sagte Squall.
„Das seh' ich aber nicht.", schmollte Rinoa und heftete ihren Blick wieder auf eine anscheinend sehr interessante dunkle Ecke.
Squall machte einen Schritt auf sie zu und Rinoa meinte, aus den Augenwinkeln ein Lachen auf Squalls Lippen zu sehen.
„Echt nicht?", fragte Squall leise. Der junge SEED legte seine Hand an Rinoas Wange. Sie spürte durch den Lederhandschuh seine warme Hand. Leicht drückte er Rinoas Kopf nun wieder in seine Richtung zurück. „Du musst auch schon hierhergucken, um das zu sehen."
Squall und Rinoa sahen sich tief in die Augen. Rinoa schien in ihnen zu versinken. Sie waren so tief und so blau wie das Meer. Rinoa vergaß den Streit und den Ärger. Sie ließ sich von seiner Hand leiten, kam ihm näher und schloss die Augen. Sie fühlte, wie ihre Taille von einem Arm umschlungen wurde. Seine Hand fuhr nun an ihrem Wangenknochen entlang, zart und langsam. Das Leder seines Handschuhs berührte ihren Hals, ihre Schultern, ihren Rücken. Ihre linke Hand bewegte sich zu seinem Kragen aus Federn. Sie vergrub ihre Finger darin und spürte jede einzelne Feder. Sie legte ihre rechte Hand auf seinen Bauch, streichelte ihn kurz und dann fuhr sie unter seine schwarze Lederjacke, fuhr mit ihren Fingernägeln sanft durch sein Shirt über seinen Rücken. Sie spürte seine Anspannung, seine Erregung, als ihre Fingerspitzen über seine Wirbelsäule streiften.
Squall zog ihre Taille eng an die seine. Ihre Lippen trafen sich, der Kuss war so schön, wie noch kein anderer zuvor. Er war so gefühlvoll, so zärtlich, so einmalig. Rinoa merkte, wie Squall irgendetwas mit seinem Handschuh machte. Kurze Zeit später spürte sie nun seine warme Hand an ihrer Wange. Er hatte den Handschuh ausgezogen und streichelte nun zärtlich ihr Gesicht. Seine Fingerspitzen tanzten über ihre geschlossenen Augen, über ihre Schläfe zu den Haaren. Er vergrub seine Finger in dem tiefschwarzen Haar von Rinoa. Seine Finger glitten durch ihre Haare wie durch Seide. Dann berührt auch er ihren Rücken, zärtlich, strich über ihre Wirbelsäule, immer weiter hinunter. Dann ruhte seine Hand kurz, als ob er überlegte, dann fühlte sie, wie er leicht über ihren Po strich. Fast schnell kehrte seine Hand wieder zu ihrer Taille zurück, wo er sie sanft, aber sicher an sich drückte.
Rinoa würde am Liebsten für immer hier stehen und in Squalls Armen liegen. Bei ihm fühlte sie sich sicher, er würde sie nie hergeben. Sie fühlte sich so geborgen bei ihm, und auch gab er ihr das Gefühl, dass er nur sie wollte. Vielleicht ein wenig, als ob er sie besäße, aber Rinoa sah das nicht negativ. Sie mochte es, wenn sie spürte, dass Squall sie festhalten wollte, um sie nie mehr herzugeben.
Ihre Hand kehrte wieder zu Squalls Bauch zurück, seine Jacke rutschte wieder ein wenig nach unten. Sie berührte seine Rippen, und fuhr dann über sein Herz zu seinem Nacken. Sie fasste seine Haare an, zwirbelte diese kurzen Strähnen, und fuhr dann unter sein Shirt. Squall zog kurz die Schultern hoch, als Rinoa nun etwas fester mit ihren Fingernägeln seine Schulterblätter berührte.
Dann senkte sie ihre Hand und schob ihren Kopf ein wenig von ihm weg. Sie blickte ihm fest in die Augen. „Ich liebe dich."
Squall lachte nicht. Er griff nur nach ihrer Hand und füllte mit seinen Fingern die Lücken zwischen ihren. Er verfestigte den Griff um ihre Hand und blickte dann wieder zurück. „Ich dich auch."
„Und ich dich erst!!!", schallte es vom Aufzug aus Irvines Kehle.
Squall und Rinoa fuhren im selben Moment herum. Am Aufzug standen Xell, Quistis, Selphie und ein lachender Irvine. „Tschuldigung, aber der musste einfach sein!", entschuldigte sich dieser.
Quistis schubste ihn nun, sodass Irvine die Treppen hinuntertaumelte. „Du bist wirklich unmöglich! Du hast doch gesehen, dass die Beiden gerade beschäftigt waren." Doch auch sie musste leicht dabei lachen.
„Habt ihr's jetzt?", fragte Squall schroff. „Gut, dann können wir ja jetzt zu Mama fliegen. Steigt ein!"
Rinoa rannte auf die Ragnarok zu. Dann huschten Xell, Selphie und Quistis an Squall vorbei, als Letzter kam Irvine, der ihn natürlich breit grinsend anguckte. Squall verdrehte die Augen und machte sich dann auch auf den Weg ins Innere der Ragnarok.
Kapitel 5
Selphie stürmte auf den Pilotensitz zu und nahm mit einem gekonnten Sprung über die Lehne auf ihm Platz. Irvine stellte sich sofort hinter sie und sah ihr über die Schulter, als sie die Ragnarok für den Start vorbereitete.
Xell bediente dann noch die Schalttafel für den Außenkanal, und schon war die Ragnarok startbereit.
„Feeeeeeeeeeesthalteeeen!", quäkte Selphie.
Die Triebwerke der Ragnarok wurden gezündet. Die Bremsen lösten sich und das Flugschiff konnte auf den Schienen gen Ausgang gleiten. In Sekundenbruchteilen beschleunigte sie, dann schoss sie aus dem riesigen Tor hinaus und erlangte die Höchstgeschwindigkeit.
Rinoa stand neben Squall, angelehnt an seinen Arm, umklammerte seine Hand, als die Beiden den Start erlebten. Rinoa flüsterte Squall dann ins Ohr: „Normalerweise sagt man ja 'Nur fliegen ist schöner.' Aber für mich ist es am Schönsten, wenn ich bei dir sein kann."
Squall zog die Mundwinkel ein bißchen nach oben, doch Rinoa sah dies nicht. Dann entfernte er sich von ihr und fuhr mit dem Fahrstuhl ins Cockpit. Als er durch die Tür trat, drehten sich drei Köpfe nach ihm um. Irvine widmete sich dann aber auch gleich wieder dem kleinen Mädchen in dem gelben Kleid. Quistis und Xell sahen Squall erwartungsvoll an.
„Was ist denn?", fragte dieser.
„Naja, wo ist Rinoa?", fragte Quistis neugierig.
„Pf, im Hangar, glaub ich.", gab er zurück.
„Glaubst du? Na toll." Mit diesen Worten entfernte sich Quistis und fuhr mit dem Fahrstuhl wieder nach unten, um Rinoa zu suchen.
Squall gab Xell einen Blick, der ihm äußerst deutlich vermittelte, bloß den Mund zu halten. Xell tat dies auch, obwohl er sich sehr zusammenreißen musste.
Squall ging zu der langen Fensterwand hinter den Sitzen und sah hinaus auf die Landschaft, die unter ihnen vorbeisauste. Da war Timber.
Squall bemerkte erst sehr spät, dass Xell sich neben ihn gestellt hatte und auch aus dem Fenster sah. „Das ist doch toll, oder? Nichts zu tun, Freiheit! Keine Verpflichtungen, nur Free-Time!"
Kühl wie Squall nun einmal war, wandte er sich nichtssagend ab und setzte sich auf einen der Sitze. Er stützte sich mit den Ellbogen auf den Knien ab und legte seinen Kopf in die Hände. So sah er nicht, wie Xell gekränkt den Kopf hängen ließ, und machte sich noch weniger Gedanken darüber, dass er vielleicht richtig enttäuscht sein könnte.
Quistis ging langsam durch die Gänge der Ragnarok, bis sie Rinoa entdeckte. Sie lehnte an einer Wand, blickte zur Decke, verträumt, aber auch irgendwie besorgt und nachdenklich.
„Rinoa?"
Rinoa drehte sich um, und als auch sie ihre Freundin entdeckte, wandte sie ihren Blick wieder zur Decke.
Quistis kam ihr näher und stellte sich neben sie. „Ist was passiert?"
Rinoa lachte kurz. „Ja, eine ganze Menge! Aber darum geht es nicht."
Qusitis merkte, dass Rinoa nicht wirklich erzählen wollte, was es war. Sie wollte gefragt werden. „Worum denn dann?"
Rinoa zuckte mit den Schultern, stieß die Luft aus und begann dann zu erzählen. „Vorhin, als Squall und ich auf dem Weg in die MD-Ebene waren, da war er so... so komisch. Er war total still und hat mich sogar abgewiesen, als ich ihm näher kam. Ich weiß nicht, er war so seltsam."
„Also komm, Rinoa. Sag mir nicht, dass du das erste Mal erfahren hast, dass er launisch ist. Du kennst ihn doch!", erklärte Quistis.
„Ja, ich weiß, schon. Aber diesmal war es... anders. Er kam mir so verwirrt vor. Als ob er dringend über etwas nachdenken musste, und nicht abgelenkt werden durfte."
„Aber Squall denkt immer nach, Rinoa!", warf Quistis ein.
Nun drehte sich Rinoa zu ihr um und sah sie verärgert an. „Du verstehst nicht, Quistis! Es war anders! Ich hab es gespürt, und ich hab ein ungutes Gefühl dabei!" Sie ging an Quistis vorbei uns verließ die Halle.
Quistis stand noch einen Moment lang an der Wand und überlegte. Nur wieder irgendeine Laune? Will Rinoa etwas Wichtiges dahinter sehen? Sie irrt sich bestimmt, sie will glauben, dass er jetzt ganz anders wäre. Von einem Tag auf den anderen.
„Meine Damen und Herren, wir setzen in Kürze zur Landung an. Bitte nehmen sie ihre Plätze ein und schnallen sie sich an. Wir wünschen ihnen einen angenehmen Aufenthalt.", immitierte Irvine durch den Lautsprecher eine dieser markanten Stimmen, die perfekt für das Radio geeignet wären.
Selphie, die ja immer noch direkt neben ihm saß, kicherte in sich hinein. Irvine immitierte wirklich gut irgendwelche Stimmen.
Die Ragnarok wurde langsamer und Selphie rangierte ein. Sie landete, sauber wie immer, direkt vor Edeas Haus. „Auuuuuuuuuuussteigen!", rief sie fröhlich. Sie tippte ein paar Sachen an der Tastatur ein, und schon senkte sich die Rampe auf den Erdboden.
Squall ging als Erster hinaus. Ihm folgten Rinoa, Quistis und Xell. Als letzte kamen Irvine und Selphie angestiefelt.
Als sich die Gruppe gesammelt hatte, gab Squall das Zeichen zum Abmarsch. Sie legten den kurzen Weg zum Waisenhaus zurück.
Sobald sie auf dem Pfad zur Eingangstür ankamen, stürmte eine Frau mit schwarzen Haaren und schwarzem Kleid hinaus. Sie breitete die Arme aus und rief fröhlich: „Da seid ihr ja, meine Kinder!"
Cid trat hinter sie und legte ihr eine Hand auf die Schulter. Er sprach: „Willkommen, meine jungen SEEDs!"
Als alle SEEDs ihr nettes Hallo zurückgegeben hatten und sich langsam auf den Weg zur Tür machten, blieb Rinoa ein wenig zurück und rieb sich den Arm. „Hallo.", sagte sie tonlos. Sie fühlte sich, als ob sie eine seperate Begrüßung abgeben musste, da sie doch als Einzige nicht zu den von Edea und Cid genannten Gruppen gehörte. Meine Kinder. SEEDs. Sie war keine von ihnen.
Squall blieb stehen und drehte sich zu Rinoa um. Zuerst betrachtete er sie einfach nur. Rinoa erwiderte seinen stummen Blick mit Erwartung. Was macht er jetzt? Streckt er seine Hand nach mir aus und fordert mich auf, zu ihm zu kommen? Nein, das würde er nicht machen, das ist nicht sein Stil.
Stattdessen bewegte er ganz leicht und fast unerkennbar den Kopf in Richtung Tür und machte ihr so trotzdem verständlich, ihm zu folgen. Doch sie blieb an ihrem Platz stehen.
Als Edea bemerkte, dass Rinoa abseits stand, lächelte sie ihr freundlich entgegen. „Du bist natürlich auch gemeint, komm, Rinoa!"
Ja, Rinoa wusste, dass Edea es nicht böse meinte, wenn sie nur ihre Kinder ansprach, aber dieser Trost war kein echter. Sie gehörte eben nicht dazu, basta, auch wenn Edea immer das Gegenteil behauptete. Doch sie wollte nicht weiter darüber nachdenken, sie wollte jetzt mit Squall ins Haus gehen und sich mit den Anderen unterhalten. Also ging sie langsam auf Squall zu, der auch durch die Tür ging.
Drinnen angekommen gab es noch einmal bekräftigtes Händeschütteln von Cids Seite und liebevolle Umarmungen von Edea. Als sich dann alle gesetzt hatten und die ersten Worte gesprochen waren, ergriff Edea nach einer kurzen Pause das Wort. Sie saß neben Squall und sagte leise und unauffällig zu ihm: „Squall, kann ich mit dir reden?" Squall antwortete natürlich nicht. „Es ist wichtig, und ich möchte gerne unter vier Augen mit dir sprechen."
Squall nickte kurz und richtete sich dann auf. Edea tat es ihm nach und ging mit ihm ins Nebenzimmer.
Xell, Quistis und Rinoa blickten ihnen stirnrunzelnd hinterher, und sogar Selphie und Irvine unterbrachen kurz ihre Kabbeleien, um Cid fragend anzusehen. Dieser zuckte nur die Schultern, obwohl er wusste, was Edea vorhatte.
„Also, was wolltest du mir erzählen?", fragte Squall.
Edea schien irgendwie beunruhigt. „Ich wollte dich vorwarnen. Ich hatte letzte Nacht einen schlimmen Traum, und heute Morgen kamen Bruchstücke davon in einer Art Vision wieder. Du warst auch darin."
Squall fragte nicht nach, sondern runzelte nur die Stirn.
„Ich hab geträumt, ich stünde an meiner Blumenwiese hinter meinem Haus, und der Himmel war wunderschön blau. Doch auf einmal kam urplötzlich ein Gewitter auf. Es blitzte wie aus heiterem Himmel, und der Himmel verfinsterte sich schlagartig. Er wurde schwarz wie die Nacht und ein Sturm kam auf." Edea entdeckte eine kleine Regung in Squalls Gesichtsausdruck. „Und dann sah ich dich. Zuerst war es nur eine Silhouette, die über die Blumenwiese gelaufen kam, doch dann erkannte ich dich. Ab dann ging alles ganz schnell und es kamen viele sinnlose Ereignisse zusammen. Du sahst gehetzt aus, und dann sah ich den Grund. Am Horizont der Blumenwiese tat sich ein breiter schwarzer Streifen auf. Er bewegte sich, es war ein Heer aus Menschen und Tieren. Und du liefst ganz alleine vorne weg.
Dann kam Quistis von der Seite auf dich zugerannt und stellte sich dir in den Weg. Sie breitete die Arme aus und ließ dich nicht durch. Es war so seltsam. Das Heer hinter dir war schon sehr nahe, doch ich konnte nicht erkennen, wer oder was es war, es war nur schwarz. Dann fielst du auf einmal auf deine Knie, es sah so aus, als ob du dich Quistis unterwirfst." Edea schüttelte immer wieder den Kopf und erzählte mit zweifelndem Blick weiter. „Dann kam von der Anderen Seite auf einmal Cifer. Er stellte sich hinter Quistis und beide blickten auf dich hinab. Ich weiß nicht, ob sie gelacht haben, aber sie standen einfach nur da und sahen dich an. Du knietest immer noch vor ihnen, ließest den Kopf hängen. Dann geschah etwas ganz Seltsames. Cifer legte seine Hand auf Quistis' Rücken, und sie lehnte ihren Kopf an seinen Schulter! Dann hüllte sich ein schwarzes Licht um die Beiden, und als das Licht verblasste, waren auch Cifer und Quistis verschwunden. Und du, du lagst immer noch auf dem Boden, und die Horde aus schwarzen Gestalten überrannte dich. Sie löste sich nach und nach auf, und als sie ganz verschwunden war, lag auf der Blumenwiese nur noch deine Gun- Blade, zerborchen in zwei Teile..."
Squall senkte seinen Kopf und sah sehr nachdenklich aus. Doch Edea sah keine Überraschung oder dergleichen in seinem Gesicht. „Ich weiß.", sagte er nur.
Edea sprang auf und blickte eindringlich auf den SEED herunter.
Doch plötzlich wurde die Tür aufgestoßen. Rinoa stand in ihr und sah die Beiden fragend an. „Was ist los?", rief sie.
„Rinoa, geh bitte wieder!", befahl ihr Squall.
„Squall, was weißt du?", fragte Edea und beachtete Rinoa gar nicht.
Diese sah verwirrt vom Einen zum Anderen.
„Rinoa, geh! Das ist nichts für dich!!" Squall schrie schon fast.
„Was ist los, Squall, was weißt du??" Auch sie erhob ihre Stimme.
Jetzt schrie Edea ihn wieder an. „Squall, woher weißt du das? Hast du es auch geträumt? Squall!"
„Squall, was meint sie??", rief Rinoa wieder eindringlich.
Plötzlich zuckte Squall zusammen. Er hielt sich die Ohren zu. Ein betäubendes Geräusch drang an sein Gehör, dass ihn zu Boden zwang. Rinoa und Edea schrien immer noch abwechselnd auf ihn ein. „Squall, was ist?"
„Was hast du, Squall?"
Squall wandt sich unter seinen Schmerzen. Er zuckte am ganzen Leib. „Ah! Hör auf! Hört auf!" Dann wurde alles Dunkel. Er registrierte nur noch schwach, wie sich Rinoa und Edea über ihn beugten und ihn verzweifelt ansahen. Er sah alles doppelt, und dann verschwammen die Konturen, die Ohnmacht überfiel ihn.
Kapitel 6
Squall schlug benommen die Augen auf. Er blinzelte in das Halbdunkel, dass ihn umgab hinein. Dann drehte er langsam den kopf und guckte sich um.
Er lag auf einem Bett, und er war froh, nach diesem eigenartigen Geräusch, dass ihn zu Boden gezwungen hatte, festzustellen, dass er immer noch in Edeas Haus lag.
Das Zimmer war leer. Er richtete sich langsam auf und rieb sich den Hinterkopf. Dann strich er über seine Narbe und stütze sich mit den Ellbogen auf seinen Knien ab.
Es klopfte.
Squall hob kurz den Kopf, ließ ihn dann aber auch gleich wieder sinken. Er gab keine Antwort.
Die Tür öffnete sich, Rinoa trat herein. „Squall? Sag doch was!"
Stille.
Rinoa trat näher an ihn heran und versuchte vorsichtig, einen Blick auf sein Gesicht zu erhaschen. „Squall? Was ist denn, lebst du noch?", fragte sie verwirrt.
Dann reagierte er. Er richtete sich auf und sah das junge Mädchen mit den schwarzen Haaren an.
Dann betrat Edea das Zimmer. Sie schloss die Tür hinter sich und ging langsam auf die Beiden zu. „Geht es dir wieder besser, Squall? Was war denn überhaupt los?"
„Das weiß ich auch nicht. Ich weiß nur, dass auf einmal ein ohrenbetäubendes Geräusch mich lähmte.", erklärte Squall.
Edea und Rinoa tauschten verwunderte Blicke aus.
„Wie auch immer", sagte Edea kopfschüttelnd, während Rinoa ihren Freund immer noch eindringlich ansah, „Selphie war in der Ragnarok und hat vom Balamb Garden eine dringende Botschaft bekommen. Ihr sollt mit Cid sofort zurück."
Squall überlegte nicht lange und nickte konzentriert. Edea verließ das Zimmer.
Rinoa trat näher an Squall heran, sah ihn immer noch zweifelnd an. „Squall, was war...?"
„Rinoa, nicht jetzt.", schnitt er ihr das Wort ab. „Wir haben jetzt einen anderen Auftrag und ich kann meine Probleme nicht über den Garden stellen. Komm!" Er ging aus dem Zimmer und sah dann in die Runde. Xell, Selphie, Irvine, Quistis und Cid sahen ihn erwartungsvoll an. „Wir gehen. Alle auf zur Ragnarok.", verkündete Squall nach einer kurzen Weile.
Also erhoben sich alle und verabschiedeten sich kurz und förmlich von Edea, welche natürlich dort bleiben musste.
Schnellen Schrittes gingen sie zur Ragnarok. Selphie fuhr die Motoren schnell hoch, alle nahmen ihren Platz ein und der Flug zum Balamb Garden ging ohne nennenswerte Ereignisse vonstatten.
Wieder im MD-Hangar des Balamb Garden angekommen, wurden alle von Squall zum schnellen Aussteigen angespornt.
Xell ließ dann als Letzter die Einstiegsrampe wieder hochfahren und lief dann hinter seinen Gefährten hinterher.
Auf seinem Weg entdeckte Xell auf dem Boden etwas kleines Schwarzes. Bei näherer Betrachtung stellte er fest, dass es ein Lederhandschuh war. Er hob ihn auf und rannte auf Squall zu.
„Squall! Guck mal, ich hab was gefunden!"
Squall drehte sich um und runzelte die Stirn um zu erkennen, womit Xell da herumfuchtelte.
„Dein Handschuh, den musst du hier vergessen haben!", erklärte Xell fröhlich.
Als Xell dann vor Squall stand, überreichte der junge Kampfsportler ihm den Handschuh lachend.
Squall jedoch sah ihm ausdruckslos in die glänzenden Augen, senkte dann den Blick auf seinen Handschuh, den er weggeworfen hatte, als er mit Rinoa hier unten alleine war und riss ihm das edle Lederstück aus der Hand. Grimmig streifte er ihn über seine linke Hand und drehte sich ohne ein Wort des Dankes um.
Xells Mundwinkel sanken, der freudige Ausdruck in seinen Augen verschwand. Er stieß die Luft zwischen seinen Zähnen aus und und senkte den Kopf.
Selphie, Irvine, Rinoa und Cid folgten Squall zum Aufzug, Quistis blieb noch stehen und sah mitleidig zu Xell hinüber. Sie ging auf ihn zu und legte ihm eine Hand auf seine Schulter. Sie sahen beide zu Boden, wussten, was gemeint war. Dann hob Quistis ihren Kopf Richtung Squall, zog ihre Augenbrauen herunter und atmete ein, um Squall etwas hinterherzurufen. Xell wusste, was sie sagen würde. Hey Squall, ein Dankeschön wär vielleicht angebracht gewesen! Doch schnell unterbrach er sie. „Nee, lass mal gut sein. Ist schon in Ordnung... in Ordnung."
Doch Quistis wusste genauso gut wie Xell selbst, dass nichts in Ordnung war. Er lügte absichtlich, aber Quistis verstand ihn. Xell war immer derjenige, der um Squalls Verständnis und Anerkennung, um Squalls Respekt mit Leib und Seele kämpfte, doch es gelang ihm nicht. Es ging schon so lange so.
Letztendlich fuhren dann die SEEDs mit dem Aufzug in die oberste Etage des Balamb Garden.
Cid verließ den Aufzug als Erster und ging gleich auf Niida zu, der an einer der Kontrolltafeln herumtippte. Als dieser bemerkte, dass sich jemand näherte, drehte er sich um und vollführte auch sogleich den SEED-Gruß.
Cid begrüßte ihn kurz und prüfte, ob seine kleinen Lieblingsschüler in hörbarer Reichweite waren. Dann begann er: „Also, was ist mit dieser komischen Aufnahme?"
Niida versuchte, explizit und kompakt die Lage zu beschreiben: „Einer unserer Überwachungstrupps hat bei einer Routine-Kontrolle in der Nähe des Lunatic Pandora Instituts auf der Esthar-Großebene eine interessante Entdeckung gemacht. Er hat den Fund mit einer Kamera gefilmt und wollte die Daten ihnen gleich überreichen, doch sie waren ja weg. Also ließ ich gleich einen Funkspruch an die Ragnarok senden, um sie herzuholen. Soll ich die Aufnahme ablaufen lassen, Direktor Cid?"
„Ja, ich bitte doch sehr darum!", befahl Cid mit einer ausschweifenden Geste.
Niida öffnete eine kleine Box, in der sich eine CD befand und steckte diese sofort in einen Schlitz an der Kontrollwand. Dann drückte er noch schnell ein paar Knöpfe, und schon blitzte vor ihren Gesichtern über den Bordcomputern eine durchsichtige Leinwand auf. Anfänglich krisselte das Bild, doch dann begann die Luftaufnahme.
Der Film war sehr wackelig, doch nach und nach verfestigte sich das Bild. Zuerst sahen sie nur das Meer. Dann kam eine Küste ins Bild, kurz heftete sich die Kamera auf das Lunatic Pandora Institut. Dann schweifte das Luftbild weiter nach Norden über die braune Landschaft des Esthar- Kontinents. Bis jetzt war nichts wirklich Interessantes zu sehen, doch auf einmal veränderte sich die Landschaft. Das sonst so ebene Bild des Geländes wurde brüchig, wie bei Wurzeln eines Baumes, die durch den Erdboden versuchen, an die Oberfläche zu gelangen. Die Risse wurden deutlicher und größer, und dann kam das Zentrum dieser Wurzeln zum Vorschein. Aus dem Boden lief eine hell leuchtende, grüne Masse. Es war eigentlich keine Masse, es war ein schwer zu beschreibendes grünes Geflecht aus Millionen von kleinen Strängen, wie Haare. Sie bündelten sich und bildeten dickere Elemente. Von ihnen gingen kleine leuchtende hellgrüne Punkte aus, die sich langsam über den Erdboden verteilten. Überall, wo sie auf den Boden aufkamen, sprießte ein weiteres kleines Bündel dieser hellgrünen Haare heraus.
Dieses Etwas bewegte sich alles andere als schnell, es waberte langsam gen Himmel, kam anscheinend jedoch nicht weit und breitete sich dann über die Erde aus. Aber es schien dem Boden nichts anzutun. Es floss einfach nur dahin, und bei diesem Gedanken fiel Squall auch eine annähernd richtige Beschreibung für dieses grüne Zeug ein: ein Strom. Für Squall sah dieser Strom so lebendig aus, er blinkte, zwar schwach, aber man konnte ein Blinken feststellen, und dadurch simbolisierte der Strom irgendwie Leben.
Leben. Strom.
Dann wurde das Bild wieder krisselig und das Hologramm verschwand.
Squall löste seinen konzentrierten Bilck und sprach entschlossen: „Das müssen wir uns aus nächster Nähe angucken."
Selphie war auf Anweisung von Squall mit Höchstgeschwindigkeit Richtung Esthar-Kontinent geflogen. „Wer weiß, wie schnell sich das Ding ausbreitet und was es bei Kontakt mit Menschen anstellt?", hatte seine Begründung gelautet.
Das quitschfidehe Mädchen landete in großem Abstand neben der Quelle. Sie verließen die Ragnarok und gingen langsam und ehrfürchtig auf den Strom zu. Die Fäden hatten sich schon weit ausgebreitet, doch im Umkreis von vielen Kilometern befand sich nichts, was davor beschützt werden musste.
Alle starrten die Quelle ängstlich an, Squall bemerkte, wie Rinoa seinen Ärmel griff und sich langsam an ihn anschmiegte. Irvine und Selphie standen gebannt nebeneinander und beobachteten das Spektakel. Von nahem sah der Strom wirklich noch beeindruckender aus. Ob man sich jetzt an diesem Schauspiel ergötzen konnte oder sich davor fürchten sollte, wollte keiner entscheiden. Irvine sah kurz zu Selphie hinüber und erkannte die Furcht in ihren Augen. Sie verhielt sich zwar ruhig, hatte aber einen panischen Ausdruck auf ihrem jungen Gesicht. Er wandt sich wieder der Quelle zu und ergriff langsam ihre kleine, zitternde Hand. Selphie war erstaunt über dies und blickte zu Irvine hoch, doch dieser starrte nur auf den Strom. Selphie drückte als Art Bestätigung kurz Irvines Hand, worauf dieser dann mit seinem Daumen Selphies Hand streichelte.
Alle warteten auf Squall. Sie glaubten, dass er alle Antworten hätte und wüsste, was zu tun war, doch er war ratlos. Aber er handelte trotzdem. Er reckte seinen Kopf noch ein wenig mehr und sagte dann leise, als ob er den Strom nicht erschrecken wolle: „Ich seh mir das mal genauer an." Er löste sich von Rinoa. „Ihr bleibt hier, ich bin gleich wieder da." Squall entfernte sich langsam.
Rinoa blickte ihm entgeistert hinterher. „Aber Squall, du kannst doch nicht alleine gehen! Ich komme mit!", sagte sie fest.
Squall blieb abrupt stehen und drehte sich scharf um. „Nein. Du kommst auf keinen Fall mit!"
Doch Rinoa protestierte weiter. „Squall, du kannst mich nicht immer herumkommandieren. Ich bin nicht dein Roboter!"
Aber auch Squall ließ sich nicht abbringen. „Du bleibst! Und das ist mein letztes Wort!" Dann warf er Irvine einen festen Blick zu. Irvine verstand und nickte. Squall wollte sagen: Pass auf sie auf! Wenn sie zickig wird, halt sie fest.
In diesem Moment wandt Quistis ihren Blick fast automatisch Xell zu. Dieser ließ schon wieder den Kopf hängen, und sein Blick sagte alles. Warum hat er mich nicht gefragt?
Squall ging auf die Quelle zu, wurde langsam von dem grünen Licht beleuchtet. Unweigerlich ging Rinoa ein paar Schritte hinter ihm her, und auch der Rest der Truppe bewegte sich hinter ihrem Anführer hinterher. Doch als Rinoa ihren Schritt schneller werden ließ, kam Irvine auf sie zu und hielt sie an ihrer Schulter zurück. Leise drückte er sie an sich heran, und als sie dann nachgab, ließ er langsam seine Hand von ihrer Schulter sinken.
Squall drehte sich noch einmal kurz um und musterte Rinoas Gesicht. Sie hatte die Augen zu Schlitzen verzogen, die Augenbrauen lagen dicht an den Augen, sie sah verzweifelt aus, aber nicht hysterisch. Sie reckte immer wieder den Kopf und versuchte, Squall so gut wie möglich im Bild zu behalten. Mit ihrer rechten Hand umklammerte sie ihre Kette mit den Ringen, einer von Rinoa, einer von Squall.
Doch der 17-jährige Gun-Blade-Kämpfer ging weiter auf sein Ziel zu. Schon sammelten sich die kleinen grünen Punkte zu seinen Füßen. Und mit der Zeit kam er auch den langen Strängen, die wirklich Haaren ähnelten, näher.
Als er nun kurz vor dem Zentrum stand, fingen die grünen Stränge an, ihn zu umfliegen. Sie streiften seinen Körper, sie umkreisten ihn, doch er spürte keinen Schmerz. Zumindest keinen physischen. Es war mehr so, dass kurze, unscharfe Bilder auf ihn zukamen, die ihn überschwemmten. Er sah eine Stadt, eine zerstörte Stadt, dann sah er ganz kurz einen Meteoren und dann etwas blaues Glänzendes. Je mehr grüne Stränge um ihn herum waren, desto deutlicher wurden die Bilder.
Squall wurde kurz aus seinen Gedanken gerissen und drehte sich um.
„Squall?" Rinoas zaghafte Stimme ertönte hinter ihm. „Ist alles in Ordnung?" Sie hatte wahrscheinlich Angst um ihn.
Irvine fragte neugierig: „Was ist denn da?"
Doch Squall drehte sich wieder um und konzentrierte sich jetzt auf das große Loch, aus dem der Strom kam. So viele Stränge wurden dort gebündelt, die Helligkeit zwang Squall dazu, seine Augen mit der Hand zu beschirmen.
Plötzlich sah er einen Schatten dort unten vorbeihuschen.
Er verfestigte seinen Blick, näherte sich dem Schlund - wobei Rinoa zeitgleich wieder von Irvine zurückgehalten werden musste - und versuchte mehr zu erkennen.
Da, da war es wieder! Ein Schatten, ein länglicher, helller Schatten. Squall meinte sogar, die Form eines Menschen daraus zu erkennen. Doch er war sich nicht sicher.
„Squall, was ist denn da???", rief Irvine wieder.
Dieser drehte sich langsam um und entschied, wieder zurückzugehen. „Nichts, nichts Besonderes.", lautete seine knappe Antwort.
Squall wurde immer noch von den grünen Strängen umgarnt, und auf einmal passierte etwas Sonderbares.
Einer der Stränge schien sich um seine Gun Blade zu schlingen, und verfing sich anscheinend. Doch durch die scharfe Klinge wurde der Strom durchgeschnitten. Das kleine, abgeschnittene Teil fiel auf den Boden, und als es die Erde berührte, bebte diese kurz auf.
Squall sah aus dem Augenwinkel die Köpfe seiner Freunde zu ihm herum- schießen.
Das Beben war nicht stark, wirklich nur minimal, aber Squall zückte trotzdem seine Gun Blade und suchte sich einen der Stränge aus. Einer kam auf ihn zu, und Squall zerschnitt ihn. Das Stück fiel wieder auf den Boden, und diesmal bebte die Erde heftiger.
Squall hatte sogar Probleme, sich auf den Beinen zu halten.
„Squall, was ist da los???", ertönte Irvines Stimme von weitem.
Die Erde bebte weiter. Squall entschied nun wirklich, von dort wegzukommen, doch er wollte noch einen letzten Blick auf den Schlund werfen, und entdeckte dabei etwas, das er vielleicht lieber nicht hätte sehen sollen. Obwohl Squall sich einredete, dass es nicht echt gewesen sein kann, oder dass es bestimmt nicht das war, was er zu glauben meinte, wollte sich dieses Bild nicht aus Squalls Kopf vertreiben lassen: zwei aufblitzende, blaue Augen.
-- to be continued --
