Kapitel 1
Langsam krochen die ersten Sonnenstrahlen durch die weißen Vorhänge des Schlafzimmers. Es war groß, gemütlich und spartanisch eingerichtet. Ein großes Doppelbett, zwei Nachtschränkchen und zwei Kleiderschränke.
Harry Potter lag in der einen Hälfte des Doppelbettes, einen Arm um Tonks geschlungen. Die Sonnenstrahlen, die inzwischen sein Gesicht erreicht hatten, weckten ihn auf. Harry gähnte einmal herzhaft und schloss dann noch einmal kurz die Augen. Erst die leichten Tritte an seiner Hand weckten ihn ganz auf. Vorsichtig, um Tonks nicht zu wecken, befreite er seine Hand aus ihrem Griff und stand auf.
„Harry?" kam es leise vom Bett her. Harry drehte sich um. Tonks hatte bemerkt, dass ihr Ehemann nicht mehr da war und schaute ihn nun müde durch ihren Vorhang aus Haaren an. Haary musste lächeln, wie sie so verschlafen dalag. Harry ging um das Bett herum und setzte sich zu Tonks, die ihm müde die Hand auf den Arm legte. Immer noch lächelnd beugte sich Harry zu ihr hinunter und küsste sie sanft auf die Lippen. Tonks Hand wanderte sofort von seinem Arm zu seinem Hinterkopf und zog ihn etwas näher, während sie seinen Kuss erwiderte. Als sie sich voneinander lösten schien Tonks nun etwas wacher zu sein. „Guten Morgen, Liebling." Sagte Tonks leise. Statt einer Antwort strich Harry ihr ein paar verirrte Strähnen hinter das Ohr.
Es war für Harry einfach unglaublich. Es gab Tage, da gab es für Harry nichts schöneres, als morgens einfach nur bei Tonks zu sitzen, sie sanft zu streicheln und ihr zuzusehen wie sie langsam aufwachte. Der letzte Teil dauerte, seit Tonks den achten Monat erreicht hatte, etwas länger. Manchmal war sie so müde, dass sie nicht mal aus dem Bett kam und Harry ihr das Frühstück ans Bett bringen musste. Naomi hatte daraus ein Ritual gemacht und seitdem wurde jedes Mal, wenn Tonks nicht aufstehen wollte, einfach im Ehebett gefrühstückt.
„Wie geht es dir?" fragte Harry. Tonks schenkte ihm ein müdes Lächeln. „Wenn er nach der Geburt immer noch so aktiv ist wie jetzt werden wir beide keine Sekunde schlafen können." Harry musste leise lachen. Sanft legte er eine Hand auf Tonks Bauch und begann ihn sanft zu streicheln. Wieder konnte er die Tritte seines Sohnes gegen seine Hand spüren. Und wieder spürte er diese Faszination in sich aufsteigen. Es verzauberte Harry jedes Mal wenn er darüber nachdachte, dass seine Frau ihr zweites Kind unter dem Herzen trug. Auch bei Naomi war es schon so gewesen, allerdings gesteigert dadurch, dass sie das erste Kind war. Harry wollte gerade fragen, ob er Tonks das Frühstück ans Bett bringen sollte, als sie scharf die Luft einsog und sich an den Bauch griff. „Tonks, was ist los?" fragte Harry besorgt. Schwer atmend und gleichzeitig lächelnd sah ihm Tonks ins Gesicht. „Es…es kommt." Sagte sie leise.
Harry sprang auf und stürmte aus dem Schlafzimmer in Naomis Zimmer. „Naomi, aufwachen." Das Mädchen setze sich verschlafen auf und rieb sich die Augen. „Warum denn?" fragte sie. „Dein Brüderchen kommt und du musst jetzt zu deiner Großmutter." Auf einmal war Naomi hell wach. Schneller als Harry schauen konnte, war sie aus dem Bett gesprungen und an ihm vorbei in das Schlafzimmer der Eltern gerast. Harry eilte hinter her.
Tonks atmete kürzer als vorher, während sie versuchte ihre besorgte Tochter zu beruhigen. „Mir geht es gut, meine Kleine. Ich muss nur deinen Bruder auf die Welt bringen."
„Tut dir was weh?" fragte Naomi. Tonks brachte ein Lächeln zu Stande. „Nein. Es zieht nur ein wenig. Geh jetzt mit deinem Vater zu Andromeda." Ihre Tochter schüttelte den Kopf. „Ich will hierbleiben und dir helfen." Tonks legte eine Hand an die Wange ihrer Tochter. „Du hilfst mir am besten, wenn du zu deiner Großmutter gehst. Bitte tu was ich dir sage, sei so lieb." Den letzten Teil presste Tonks schon hervor. Die Wehen setzten ein und sie wollte auf keinen Fall ihre ohnehin aufgeregte Tochter beunruhigen. Naomi nickte leicht und folgte ihrem Vater zurück in ihr Zimmer. Dort zog Harry ihr schnell etwas an und zog sie dann zum Kamin. Harry warf eine Handvoll Flohpulver hinein. „Andromeda Tonks Haus." Sofort erschien der Kopf von Tonks Mutter in den Flammen. „Ist es soweit?" fragte sie. Harry nickte. „Kann Naomi bei dir bleiben?" Andromeda nickte. „Aber sicher." Harry ging runter auf ein Knie und nahm seine Tochter in die Arme. „Sei brav und stell nichts an." Sagte er. „Ich bin immer brav, Daddy." Antwortete seine Tochter beleidigt. Harry gab ihr noch einen Kuss auf die Stirn, bevor Naomi in die Flammen trat. Kurz darauf erschien noch einmal Andromeda um zu sagen, dass Naomi gut angekommen war. Dann brach die Verbindung ab.
„Harry!" rief Tonks aus dem Schlafzimmer. Harry raste die Treppe nach oben in das Zimmer. Tonks saß gegen den Bettkopf gelehnt, die Beine gespreizt und angezogen und atmete noch kürzer.
Die Geburt ging los.
Harry stand in der Tür und wusste nicht was er tun sollte. Er sprang an Tonks Seite und versuchte sie irgendwie zu beruhigen. „Kannst du aufstehen?" fragte Harry. Tonks schüttelte den Kopf und schrie einmal auf. Harrys Blick wanderte zwischen Tonks Unterkörper und ihrem verzerrten Gesicht hin und her.
Es ging wohl nicht anders.
Harry stand auf, holte alles was er an Decken und Handtüchern finden konnte. Dann setzte er sich vor Tonks und begann ihr bei der anstehenden Geburt zu helfen.
Die Geburt dauerte nicht mal drei Stunden. Tonks Haar war schweißverklebt, ihr Gesicht nass und müde, aber trotzdem glücklich. Mit Tränen in den Augen schaute Tonks auf das in Tüchern gewickelte Baby in ihren Armen hinab. Der Mund war leicht geöffnet, die Augen geschlossen und das Gesicht gerötet.
Harry saß neben Tonks und hielt sie fest. In seinem Kopf war es völlig leer. Zum einen war er völlig davon eingenommen, dass er nun zum zweiten Mal Vater geworden war. Aber zum anderen und zu einem viel größeren Teil beherrschte ihn die Gewissheit, dass er gerade die Aufgabe übernommen hatte, die eigentlich die Hebamme übernehmen sollte. Er hatte Tonks gesagt, wann sie pressen und wann sie atmen sollte. Er hatte ihr gut zugeredet, hatte versucht sie zu beruhigen. Er hatte die Nabelschnur durchtrennt und das Baby mit einem Reinigungszauber von dem Blut befreit.
Harry atmete einmal tief durch, stand langsam auf und lehnte Tonks gegen die vielen aufgestellten Kissen, damit sie aufrecht saß. „Ich sag im St. Mungos Bescheid." Sagte er. Tonks nickte nur, völlig von dem neuen, kleinen Leben eingenommen, das gerade friedlich in ihren Armen schlief.
Der Heiler kam und sprach einige Diagnosezauber über das Baby. Als er die Schilderung der Geburt hörte, bekam er vor Staunen fast den Mund nicht mehr zu. Anschließend gratulierte er Harry und Tonks zu dieser Leistung. Hausgeburten an sich waren in der magischen Welt selten, aber dann auch noch durch die Eltern durchgeführt war es eine kleine Sensation. Nachdem der Heiler versichert hatte, dass das Baby bei bester Gesundheit war und gesagt hatte, er würde in den nächsten Tagen vorbeikommen, um nach dem Baby zu sehen, verschwand er wieder.
Harry setzte sich wieder zu Tonks und nahm sie in den Arm. „Wie wollen wir ihn überhaupt nennen?" fragte Harry.
„Wieso fragst du mich? Er ist dein Sohn."
„Bis vor einer halben Stunde war er noch deiner." Antwortete Harry. Tonks schüttelte lächelnd den Kopf. Ein ähnliches Geplänkel hatten die beiden bei Naomis Geburt auch schon gehabt. Beide überlegten, welchen Namen sie ihrem Sohn geben konnten. „Wie wäre es mit Aron?" fragte Tonks. „Wie kommst du jetzt auf Aron?"
Tonks zuckte die Schultern. „Mir ist gerade eingefallen, dass ich mir als kleines Mädchen mal fest vorgenommen habe, sollte ich mal Kinder haben, würde ich eines davon Aron nennen."
„Gut, dann nennen wir ihn Aron." Sagte Harry lächelnd.
„Wenn du einen anderen Namen hast…"
Harry legte ihr einen Finger auf die Lippen. „Der Name ist schön, Tonks. Außerdem hab ich damals entschieden, dass unsere Tochter Naomi heißt." Tonks lächelte ihn an, zog ihn am Kragen seines Hemdes zu sich und küsste ihn. Harry strich ihr sanft über das Haar, ehe er aufstand, um endlich allen zu sagen, dass das Kind da war. Tonks blieb im Bett sitzen. Kaum, dass Harry aus dem Zimmer war, wachte Aron auf und begann zu schreien. Sofort stand Harry wieder im Zimmer. „Er hat nur Hunger." Beruhigte ihn Tonks, knöpfte sich ihr Nachthemd auf und legte Aron an ihre Brust, der sofort anfing gierig zu trinken.
Harry beobachtete die Szene eine kurze Zeit, bevor er nach unten zum Kamin ging.
