Zu der Zeit als die Erde noch eins war, lebten Götter und Menschen nebeneinander, ohne die Nase in das Leben der anderen zu stecken. Die Entfernung zwischen den Wolken und dem Boden hinderte die Menschen daran, zu nahe der Sonne zu fliegen und nahm die Götter die Versuchung der Sterblichkeit weg. So ignorierten alle die Existenz ihrer Nachbarn und führten so gut es ging ein friedliches Leben – denn die Menschen waren von Natur aus schwachsinnig und die Götter viel zu stolz.

Doch dieser Frieden sollte nicht dauerhaft sein, denn wie alle Frieden dieser Welt hatte auch dieser ein flüchtiges Schicksal.
Ein Gott machte eines Tages den Fehler, einen Blick unter den Wolken zu werfen. Und das was er sah raubte ihm der Atem.

Während die Götter sich mit dem Glauben begnügten, höher und perfekter zu sein als alles andere auf der Welt, lebten unter ihren Füssen ganze Insektenkolonien, die Tempel erbauten, Felder bewässerten, Häuser bauten und immer neue Zivilisationen erstellten. Sie hatten keinen Grund, das goldene Leben der Himmelsbewohner zu beneiden.
Der Gott langweilte sich in seinem Palast aus Gold und Marmor. Er beschloss diese Kreaturen, geboren aus Schlamm und Steinen, näher zu betrachten. Sie schienen ihm trotz allem viel attraktiver als sein eigenes Wesen. So ging er vom Himmel runter und kam zur Erde runter.

Der Gott, der Palaos hiess, war begeistert und bezaubert von diesen wundervollen Sachen, die er zu Gesicht bekam. Mit der Zeit missbrauchte er seine Macht und eroberte den menschlichen Reichtum, er lieh und gab nichts zurück.
Wenn ihm etwas gefiel, hatte Palaos die Angewohnheit es zu nehmen ohne an die Konsequenzen zu denken. Diese egoistische Arroganz sollte ihn fatal verlieren.
Er wurde mächtig, eine Wiedergeburt von diesem Christus, der von den Menschen verehrt wurde.
„Gottes Gleichen auf dieser Welt", flüsterten die Bischöfe in einem mystischen Ton, was Palaos zum Lachen brachte. Schliesslich war er in seiner Welt ein Gott.

Mit der Zeit wurden die zivilisierten Regionen des Westens zu langweilig für Palaos. Er beschloss in den Osten zu reisen. Man sagte, die Länder dort wären barbarisch und wild, sowohl vom harten Klima als auch von den seltsamen Traditionen der primitiven Clans die dort lebten. Während seiner Reise benutzte Palaos keine von seinen Kräften, er überquerte die Steppen entweder mit Pferd oder Kutsche – typische menschliche Transportmittel. Nachdem er so lange Zeit auf der Erde verbrachte hatte, begann er immer mehr seine wahre Natur zu leugnen. Er hatte sich mit niedrigen Kreaturen vermischt und änderte somit der Lauf der Weltgeschichte.
Nach einer langen und anstrengenden Reise kam er endlich in den verwilderten Regionen des Ostens. Palaos hatte seine bewaffnete Eskorte in einem Hinterhalt verloren. Die Banditen hatten ihnen ihre Güter und Pferde weggenommen. Der Gott konnte nur durch die Hilfe von drei seiner Männer fliehen. Sie reisten zu Fuss weiter, trotzten dem Wind der Tundra und den Schneestürmen, die über den weiten Steppen wüteten. Nach einiger Zeit wurden sie in einem Nomadendorf willkommen geheißen und wurden vom Häuptling und seiner Frau wie Könige behandelt.
Noch nie hatte sich Palaos so stark amüsiert. Selbst der Tod der meisten seiner Reisegefährten hatte seine Freude nicht getrübt. Endlich erlebte er spannendere Abenteuer als diese, die von den Musen gesungen wurden, so schön und heldenhaft sie auch sein konnten. So hegte er kein Misstrauen und akzeptierte die Gastfreundlichkeit der Nomaden wie ein gebührtes Recht.
Der Gott spreizte sich, erzählte von seinen Heldentaten in der Jurte des Häuptlings und genehmigte ihnen egozentrisch ihn mit seinem Beinamen zu nennen, schliesslich zitterten die Völker immer vor Respekt und Bewunderung, wenn sie den Namen Christus' hörten.
Jedoch hatten die Nomaden keine Reaktion beim Klang dieses glorreichen Namens. Erstaunt, dass man sich nicht vor ihm verneigte wie im Westen dachte sich Palaos, dass man nichts mehr von diesen Barbaren erwarten konnte. Und während dem Rest des Abends machte er sich daran, die Tochter des Häuptlings zu verführen. Diese Schönheit des Ostens – grosse schwarze Augen, kastanienbraunes Haar und dunkle Haut, durch die Sonne gebräunt – konnte dem Fremden nicht lang wiederstehen.

Und als Palaos wieder ging, war das Schicksal der Erde schon in Gang.

xxx

Lange Zeit danach, als die Legenden von Götter und Menschen nur noch Märchen für Kinder vor dem Schlafengehen waren, wurde der Kern der Erde superaktiv. Die Kontinenten zerbrachen, die Erde wurde vom stürmischen Wasser verwüstet und einige Regionen verschwanden in den Tiefen des Ozeans. Jahrhunderte später würde man von dieser Naturkatastrophe nur noch mit Schauder reden, unter dem bedeutungsvollen Namen von Großer Chaos.
Die Erde verteilte sich in fliegende Inseln, sogenannte Archen. Die Stücke des alten Planeten schwebten in der Atmosphäre, nahe dem glühenden Kern, der nun im Freien vor sich hin glühte.
Nach dem Großem Chaos wurde die Gesellschaft wieder organisiert. Man kam wieder zu den veralteten Lebenstraditionen, da die Zivilisation vor der Katastrophe vergessen wurde. Einen Clan wurde zum Führerclan jeder bedeutenden Arche ernannt. Die unbedeutenden Archen wurden im Wahnsinn gelassen, sie wurden zu Spielplätzen von abtrünnigen Clans, die sich für die Macht gegenseitig umbrachten.

Jede Arche hatte seinen eigenen Familiengeist. Ein übermächtiges Wesen, das als luftige Form weiter lebte und das die Mitglieder seines Clans während der Naturkatastrophe zu einer der Archen brachten, wo sie in Sicherheit wären. Der Geist wachte über dem Clan seit seiner Entstehung.
So wurde die Neue Welt gemacht.