Hi. Ich weiß, schon wieder eine FF von mir. Aber diese ist anders. Schon allein weil sie nicht in Hogwarts spielt. Es gibt keinen Voldemort und Lily war nie mit James in einer Klasse. Mit anderen Worten, das hier ist eine AU (Alternative Universe) Fanfiction.
Lest das erste Kapitel mal ganz entspannt und sagt mir bitte, was ihr davon haltet.
Liebe Grüße
Tanja
Kapitel 1- Ich schulde dir was
James spähte durch die Gardine hinunter auf die Straße. Die Möbelpacker trugen gerade das letzte Möbelstück nach oben. Eines war antiker gewesen, als das andere und er schüttelte sich bei dem Gedanken, eine alte Frau neben sich wohnen zu haben, die nahe der Mumifizierung stand.
Doch ob sie alt war konnte er nicht sagen. Er sah immer nur den gigantischen schwarzen Regenschirm, unter dem sich seine zukünftige Nachbarin verbarg. Woher wusste er, dass es eine Nachbarin war? Mrs Easton aus dem ersten Stock hatte es ihm erzählt, als er heimlich seine Post holen wollte. James war sich sicher die alte Lady sah immer durch ihren Türspion, wenn sie nur den kleinsten Laut im Treppenhaus hörte und dann musste sie ganz plötzlich nach der Post sehen, oder einfach mal den Müll raus bringen.
James trat wieder etwas näher an das Fenster, als ein weiteres Auto vor fuhr.
London Heathrow Quarantänestation, stand an der Seite.
Der große Regenschirm eilte sofort darauf zu, als die Fahrertür aufging und ein Mann ausstieg. Die Heckklappe wurde geöffnet und der größte Katzenkorb, den James je gesehen hatte, wurde herausgehoben.
Oh nein, stöhnte James. Alte Lady mit einer Katze, die gut und gerne den Hund der Millers fressen konnte.
Der Katzenkorb verschwand nun unter dem Regenschirm, der Fahrer stieg wieder ein und fuhr davon.
Die Möbelpacker kamen wieder hinaus auf die Straße. Einer sprach kurz mit dem gigantischen Regenschirm, sie gaben sich die Hand und dann fuhr der leere Möbelwagen davon.
James quetschte sich an die Scheibe um zusehen, ob der schwarze Schirm beim rein gehen geschlossen wurde und er einen Blick auf sie erhaschen konnte. Aber die alte Lady tat ihm nicht den Gefallen. Sie ist wohl eher mit ihrer monströsen Katze beschäftigt, dachte er und eilte in den Flur um an der Tür zu lauschen.
Warum benahm er sich so? Ganz einfach, wenn ihn Mrs Easton nach der neuen Nachbarin fragte, musste er doch etwas Wahres sagen können. Denn James war sich sicher, Mrs Easton würde innerhalb von drei Wochen alles über die neue Nachbarin herausfinden und ihm später die schwere Kindheit der alten Lady erzählen, wie sie es schon bei den Millers getan hatte.
James zog genervt ein Gesicht. Mrs Easton war früher oder später mal der Grund, warum er den Imperius Fluch aussprechen würde. Das ahnte er.
Plötzlich hörte er Schritte und Gemurmel. Es hörte sich ganz verdächtig danach an, dass die alte Lady mit ihrer Katze sprach und diese mit miauen antwortete.
James imaginäres Bild über seine neue Nachbarin vervollkommnende sich mehr und mehr.
Na ja, wenigstens wird sie mich nicht mitten in der Nacht hören, zuckte er mit den Schultern. Da kann ich mir den Schweigezauber auch sparen, dachte er und ging zurück ins Wohnzimmer, wo er sich ein Butterbier öffnete und den Fernseher anschaltete. Manchmal hatte es auch Vorzüge unter Muggeln zu leben. Einen kurzen Moment sah er auf seinen Kalender. Der morgige Tag war mit einem roten Kreis versehen. Morgen kommt auch noch dieser L. Evans, stöhnte er, verschwendete aber keinen weiteren Gedanken an den zukünftigen Kollegen und zappte durch die Programme.
/o/
Lily erklomm die Stufen zu ihrer neuen Wohnung. In der einen Hand hatte sie noch immer den riesigen Regenschirm und in der anderen trug sie den schweren Katzenkorb.
„Na Minerva, ich glaube du hast in der Quarantänestation zugelegt. Oder?", fragte sie die Katze.
Ein beleidigtes Miauen erklang.
„Ja, ja, ist schon klar. Das willst du nicht hören. Ich habe es nur mal festgestellt."
Ein Hissen drang aus dem Korb.
„Hey, ich habe es nur mal erwähnt!", verteidigte sich Lily und betrat ihre neue Wohnung. Kartons, Schränke und Läufer verstreuten sich über den gesamten Boden.
„Das wird unser neues Zuhause, Minnie!", verkündete sie und öffnete den Katzenkorb.
Kurz darauf erschien eine große, getigerte Pfote und dann eine zweite. Die gigantische Katze streckte sich einmal genüsslich und zog mit aller Eleganz, die sie besaß ihr Hinterteil aus dem vorübergehenden Gefängnis. Langsam schritt sie durch das Wirrwarr und maunzte gelegentlich.
„Ja, ich weiß.", rief Lily und band ihr Haar zu einem Knoten. „Ich muss noch auspacken. Aber in einer Stunde sieht es aus, als würden wir hier schon seit Jahren wohnen.", und darauf wühlte sie in ihrer Handtasche.
„Ich frage mich, wie er immer ganz unten landet.", grübelte sie abwesend, als sie ihren Zauberstab fand und ihn einmal schwang. Daraufhin öffneten sich verschiedene Kisten und entpackten sich selbstständig. Schränke und Kommoden rückten durch die Wohnung. Ein Teppich rollte aus und alle Dinge die am Boden standen schwebten ein paar Zentimeter über der Erde. Teller schossen durch den Raum und verschwanden in der Küche. Kleidung schwebte ins Schlafzimmer, legte sich zusammen und stapelte sich sorgsam in den Fächern der Schränke.
Lily stand im Flur und schwang ihren Zauberstab wie ein Taktstock. Ein paar Mal hörte sie ein garstiges Fauchen von Minnie, die wohl durch fliegende Gegenstände bei ihren Erkundungen gestört wurde und dann rief sie ein „Entschuldige Minerva!" durch ihre Vierzimmerwohnung. Kurz darauf kam ein fast gelangweiltes „Miau", das wohl soviel bedeuten sollte wie „Jaaaaa, jaaaaa!"
Nach zweieinhalb Stunden hatte es Lily vollbracht. Alles war an seinem Platz. Die Pflanzen standen im Fensterbrett, die Gardinen hingen an den Fenstern und selbst die Teppichfransen reihten sich penibel aneinander. Lily ließ sich neben ihre Katze auf das Sofa fallen, die dort schon seit 20 Minuten friedlich döste.
„Endlich fertig.", schnaufte sie und kraulte Minerva hinter den Ohren, die augenblicklich durch ein Schnurren antwortete. „Jetzt ist es fast wie in Salem. Aber wehe du legst den Nachbarn wieder tote Vögel vor die Türen.
Ein kurzes Fauchen erklang.
„Ich meine es ernst. Keine töten Vögel mehr vor den Türen der Nachbarn, die ich nicht leiden kann."
„Miau.", antwortete Minerva und versteckte ihren Kopf unter ihren Pfoten.
Lily sah auf ihre Uhr. Es war bereits halb Zehn. Ich muss unbedingt schlafen, dachte sie und machte sich auf den Weg ins Schlafzimmer.
Sorgsam legte sie ihre Sachen für den morgigen Tag heraus.
Für einen kurzen Moment dachte sie daran, wie wohl ihre zukünftigen Kollegen seien würden, doch als ihr Kopf das Kissen berührt hatte war sie eingeschlafen.
Oder zumindest kam es ihr so vor, als sie von einem Geräusch geweckt wurde. Es war sanft, regelmäßig und laut.
Lily schoss in ihrem Bett auf.
„Was bei Merlins langem Bart geht hier vor? Was für ein Idiot spielt um,", sie sah kurz auf ihre Uhr. „halb vier Uhr Morgens KLAVIER!"
Wütend warf sie die Decke zurück. Das kann doch wohl nicht wahr sein, dachte sie, sprang aus dem Bett und öffnete die Tür zu ihrem Wohnzimmer. Der Klang des Liedes war nun noch lauter.
„Das ist kaum zu glauben.", sagte Lily fassungslos. „Davon hat mir der Vermieter nichts erzählt!", aufgebracht klopfte sie gegen die Wand.
Für einen kurzen Moment verstummte die Musik, doch dann begann ihr Nachbar von neuem zu spielen.
Wenn es nicht so spät gewesen wäre und Lily der Jetlag nicht zuschaffen gemacht hätte, wäre sie vielleicht auf dem Sofa neben Minerva sitzen geblieben und hätte der Melodie gelauscht. ABER nicht frühs halb vier!
Lily schlug erneut gegen die Wand, doch nichts geschah.
„Wie du willst!", fauchte sie, wie es sonst nur ihre Katze tat und griff nach ihrem Zauberstab.
Es verlangte viel Konzentration durch eine Wand zu zaubern, aber es ging hier um ihren wohl verdienten Schlaf!
Lily streckte sich noch einmal kurz, richtete ihren Zauberstab auf die Wand und flüsterte ein Wort.
Kurz darauf hörte sie ein Krachen und einen letzten kläglichen Ton.
Na endlich, seufzte sie erleichtert. Legte ihren Zauberstab auf seinen Angestammten Platz und legte sich schlafen.
Nur noch drei Stunden bis ich aufstehen muss, dachte Lily, als sie wieder in Wärme gehüllt war und drehte sich auf die andere Seite.
/o/
James betrachtete sich sein zusammengebrochenes Klavier.
Wie kannst du einfach so auseinander fallen, grübelte er und fuhr sich mit der Hand durch seine schwarzen, strubbeligen Haare.
Hat Padfoot das letzte Mal einen Zauber ausgesprochen, überlegte er weiter und schritt um den Haufen aus schwarz, poliertem Holz.
Einen kurzen Moment dachte er nach und schwang dann seinen Zauberstab. Die gebrochenen Teile fügten sich wieder zusammen und sahen aus wie neu, doch als er die Tasten berührte kam kein Ton heraus. Doch einer, aber der klang mehr wie das kratzen eines Nagels über eine Schiefertafel.
Angewidert machte er einen Schritt zurück, so als würde er sich sonst mit einer ansteckenden Krankheit infizieren. Das sieht mir ganz danach aus, als würde Moony da auch mit drinne stecken, versicherte er sich und sah auf die Uhr. Es war fast vier Uhr.
„Um dich kümmere ich mich später.", sagte James seinem edlen Piano, aus dem nun leider kein edeler Ton mehr kam und er ging schlafen.
/o/
Lily hastete aus dem nahen Coffeeshop, bewaffnet mit einem Milchkaffee, auf das rot-braune und mit Stuck verzierte Backsteingebäude zu. Es war fünf Minuten vor neun und an ihrem ersten Tag wollte sie nicht zu spät kommen. Was würde das für einen Eindruck machen?
Schon von weitem blinkte ihr die dunkelgrüne glatt polierte Steintafel entgegen, deren Oberfläche mit geschwungenen, goldenen Buchstaben verziert war.
A & V
Auktionshaus
Seit 1777
Inh. L. Verne & J. Artemis
Vorsichtig, aber doch mit Durchsetzungsvermögen drängelte sich Lily zwischen den Menschenmassen hindurch, die wie sie, zu ihren Bürogebäuden hetzten. Gerade war sie kunstvoll einem großen, griesgrämigen Mann mit schwingendem Aktenkoffer ausgewichen, als sie mit jemandem zusammen stieß.
Die Abdeckung ihres Kaffees flog davon und die hellbraune dampfende Flüssigkeit schwappte auf ein hellblaues Hemd.
„Oh Mer... mein Gott.", rief Lily erschrocken. „Oh, das tut mir furchtbar leid! Ich habe Sie nicht kommen sehen. Ich musste diesem griesgrämigen Kerl ausweichen und..."
„Ist schon in Ordnung.", unterbrach sie eine sanfte Männerstimme und sie blickte von dem Kaffeefleck auf.
Lily schaute in die wohl atemberaubensten braunen Augen, die sie je gesehen hatte. Freundlich lachten ihr diese aus einem markanten, aber zugleich liebevollen Gesicht entgegen. Er hatte sanfte, hohe Wangenknochen, einen leicht gebräunten Teint, seine dunklen Haare standen ihm in wilder Art und Weise vom Kopf ab und ein Zwei- Tage Bart umrandete seine Lippen, die jede Frau wohl gerne einmal mit ihren eigenen berührt hätte.
„Das macht nichts.", sagte der Fremde weiter. „Für solche Fälle habe ich immer ein Hemd im Büro.", lächelte er.
„Nein, dass ist nicht in Ordnung.", und Lily wühlte in ihrer Handtasche nach einem Taschentuch, dass sie letztendlich auch fand. Instinktiv wischte sie über den Kaffeefleck, doch schon nach einer Sekunde bemerkte sie, wie dämlich es aussehen musste.
„Oh, entschuldigen Sie.", stammelte sie weiter und reichte ihm das Taschentuch.
Er lächelte ihr noch immer entgegen, als er es nahm und selber über den Fleck tupfte. „Das macht doch nichts. Von mir aus können Sie das jeden Tag machen."
Lily lächelte ihn verlegen an und bemerkte gerade seinen träumerischen Blick, als plötzlich im Hintergrund Big Ben neun Uhr schlug.
„Oh nein, ich komme zu spät!", schreckte sie auf. „Bitte schicken Sie mir die Rechnung von der Reinigung. Ich arbeite bei Artemis & Verne.", rief sie noch und verschwand hinter der gläsernen Drehtür.
Leider hatte sie keinen Blick für die elegante, mit Marmor und Gold ausgeschmückte Eingangshalle und stürmte in einen Fahrstuhl. Lily drückte ungeduldig den Knopf für den dritten Stock, neben dem wieder in geschwungenen Buchstaben A&V prangte und dann ging es aufwärts. Aufgeregt trippelte sie von einem Fuß auf den anderen bis ein sanftes ‚bing' ihr anzeigte, dass sie sich in der richtigen Etage befand.
Lily straffte die Schultern, atmete noch einmal tief durch und trat in den Flur. Nach rechts und links erstreckten sich Glaswände, die das große Büro in kleinere unterteilte, es aber trotzdem hell und freundlich erscheinen ließ. Dafür, dass es erst morgens war herrschte geschäftiges Treiben.
„Kann ich Ihnen helfen?", fragte eine zuckersüße Stimme und Lily erblickte die Anmeldung.
„Guten Morgen,", grüßte sie. „Ich bin mit David Dunvegan verabredet."
„Mr. Dunvegans Büro ist den Flur hinunter, auf der rechten Seite. Soll ich Sie hinführen?"
„Nein Danke.", lächelte Lily und begab sich in die angewiesene Richtung."
/o/
James blickte noch immer auf die gläserne Drehtür, hinter der gerade die junge Frau mit den absolut fesselnden grünen Augen verschwunden war. Er hatte noch nie so etwas gesehen. Die kleinen Haarsträhnen, die sich aus ihrer Frisur gelöst hatten und ihr zartes Gesicht umfingen, ließen nur die Länge ihrer roten Haare erahnen. Die seidenartige Haut schimmerte mit einer Eleganz, die einem Diamanten glich. Und ihre Lippen, wäre James Herr seiner Sinne gewesen, er hätte sie sofort geküsst. Immer noch etwas geistesabwesend tupfte er über den Kaffeefleck, der langsam zu trocken anfing.
Was mache ich eigentlich hier, dachte er plötzlich. Ich stehe hier wie ein Idiot vor dem Eingang und verschmiere den Kaffeefleck noch viel mehr.
Er blinzelte einmal, zweimal, dreimal, überprüfte ob er wieder alle Sinne beieinander hatte und betrat dann das Gebäude. Ich muss unbedingt mein Hemd sauber zaubern, kommandierte er sich und verschwand in der Herrentoilette.
Eine Minute später kam er wieder mit einem strahlend blauen Hemd heraus und betrat den Fahrstuhl. Er drückte den Knopf für die dritte Etage und richtete seine Krawatte. Für einen kurzen Moment kam ihm die junge Frau wieder in den Sinn, aber er verbannte sie erstmal aus seinem Kopf. Sie arbeitete in diesem Gebäude. Sicher würde er sie wieder sehen.
‚Bing' erklang es, James atmete noch einmal tief durch und trat aus dem Fahrstuhl.
„Guten Morgen, James!", erklang die zuckersüße Stimme der Empfangsdame.
„Guten Morgen, Estelle!", grüßte er mit Leichtigkeit zurück und verschwand in seinem Büro.
„Morgen, Melanie!", wünschte er seiner Kollegin und setzte sich an seinen Schreibtisch.
„Morgen, James.", antwortete sie. „David will uns sehen, wegen diesem Evans."
„Ach ja, stimmt ja.", stöhnte James und blickte auf den dritten Schreibtisch, der letzten Freitag in das Büro gebracht worden war. Für Melanie und ihn war das Büro gerade ausreichend gewesen, aber nun zu dritt! Einer von ihnen müsste bald ausziehen, das war einfach kein Zustand. Unfreiwillig erhoben sich beide und verließen den überladenen Raum.
„Schönes Wochenende gehabt?", fragte Mel, als sie den Flur zum Büro ihres Chefs entlang gingen.
„Ja, das übliche. Party mit Freunden und das sonntägliche Mittagessen bei meinen Eltern.", rümpfte er die Nase.
„Typisch Junggeselle!", lachte sie spielerisch.
James klopfte an die hellbraune Bürotür und öffnete sie, als ein „Herein" ertönte. Er hielt Melanie die Tür auf und sie betraten das große Büro von David Dunvegan, der königlich hinter seinem gigantischen Schreibtisch thronte.
„Ah ja, da seid ihr. James, Melanie. Das ist eure neue Kollegin Lilian Evans.", er erhob sich majestätisch und gestikulierte zu der jungen Frau, die aus ihrem Stuhl aufstand. Sie war James bei dem monströsen Schreibtisch erst gar nicht aufgefallen, doch als er sie genauer betrachtete verschlug es ihm die Sprache. Auch sie schien alle Worte vergessen zuhaben, als sie ihn erkannte.
„Kennt ihr euch?", fragte Melanie verwundert und zugleich neugierig.
„Flüchtig.", antwortete James, als sich seine Erstarrung löste und reichte Lily die Hand. „James Potter.", stellte er sich vor und dankte insgeheim Merlin, dass er noch seinen Namen wusste.
„Angenehm.", lächelte Lily mit rosigen Wangen. „Lilian Evans. Wie ich sehe haben Sie sich schon umgezogen."
„Ähm, ja. Habe ich.", und sie schüttelten sich noch immer die Hand. Es schien, das keiner von ihnen loslassen wollte, weil sonst der Zauber, den beide spürten, gebrochen worden wäre.
David und Melanie sahen beide fragend an.
„Oh, Entschuldigung.", lachte Lily. „Ich habe vorhin Kaffee auf Mr. Potters Hemd verschüttet.", erklärte sie und sah jedoch immer noch ihn an. „Er war sehr zuvorkommend. Jemand anderes hätte mir wahrscheinlich eine Szene auf der Straße gemacht."
„Kein Problem.", lächelte er erneut.
„Darf ich ihr jetzt auch mal die Hand geben?", fragte Mel James, der noch immer Lilys Hand schüttelte.
„Oh, klar. Tut mir leid.", und als sich ihre Hände lösten war der Bann gebrochen. Peinlich berührt trat er ein Stück zur Seite.
„Melanie Mosag.", stellte sich Mel vor. „Ich weiß auch nicht was mit James los ist.", lachte sie.
„Auch angenehm.", lächelte Lily und versuchte sich mit aller Macht auf die Frau vor ihr zu konzentrieren.
„So, alle vorgestellt. Wollen wir nun zum geschäftlichen kommen.", klatschte David enthusiastisch in die Hände und alle blickten ihn erwartend an. Er wollte gerade weiter reden, als das Telefon klingelte und er abnahm.
„Dunvegan. Aha. Mh. Ja. Ich schicke sie rüber.", und er hang wieder auf. „Mel, du sollst mal zu Emmy in die Buchhaltung kommen."
„Ok, wir sehen uns dann.", verabschiedete sie sich von Lily und James und verschwand.
„Also, wo war ich...", begann David erneut. „Ach ja. Neue Aufträge sind heute rein gekommen. Wir versteigern nicht nur, sondern wir handeln auch im Interesse von Auftraggebern und erwerben Stücke in deren Namen.", erklärte er Lily, griff nach zwei Mappen auf seinem Tisch und händigte je eine an James und sie aus. „Darin befinden sich die Adressen des Verkäufers, was genau unser Auftraggeber will und welchen Preis er bereit ist zu zahlen. Ihre Aufgabe ist wie immer die Stücke auf die Echtheit zu überprüfen und alles weitere in die Wege zuleiten."
James und Lily nickten zum Verständnis und wollten sich schon erheben, doch David hielt sie zurück.
„Ich will noch darauf hinweißen, dass, wer seinen Deal zuerst abschließt, befördert wird."
James sah seinen Vorgesetzten erstaunt an. „Also, David. Ich kann mir kein Urteil über Mrs Evans.."
„Miss Evans.", unterbrach ihn Lily.
Sein Magen machte einen Hüpfer, aber er tat so, als hätte er nicht darauf gebrannt, zu erfahren ob sie schon vergeben war. „Oh, Entschuldigung. Ich kann mir kein Urteil über Miss Evans erlauben, aber warum kommt auch Sie für eine Beförderung in Frage. Sie ist erst seit heute bei Artemis & Verne.", sagte er etwas beleidigt. „Ich arbeite schon seit zweieinhalb Jahren hier."
„James," begann Dunvegan mit seiner aristokratischen Stimme. „Lily hat vorher für Christies gearbeitet. A&V hat sie abgeworben und sie hat schon ein Jahr für uns in der Zweistelle in Salem gearbeitet.", sagte er und es hörte sich an, als wäre es sehr ratsam keinen Widerspruch zugeben. „Sie hat die gleiche Qualifikation und es ist nur fair."
Lily fühlte sich etwas unwohl in ihrer Haut. Gleich am ersten Tag kamen solche Konfrontationen auf und das ausgerechnet mit ihm.
„Okay, wenn es fair ist.", antwortete James leichthin, doch es machte nicht den Anschein, dass er es so leicht nahm.
„Gut.", nickte David. „Dann viel Spaß.", lächelte er, als hätte er ihnen gerade bezahlten Urlaub gegeben.
Lily schloss leise die Tür hinter sich und ging dann zu James, der auf sie wartete.
„Es tut mir wirklich leid.", startete sie das Gespräch.
„Nein, ist schon gut.", unterbrach er sie. „Wenn es fair ist.", er zuckte mit den Schulter. „Ich denke, ich werde das Geschäft ganz schnell abschließen. Ich kenne die Longbottoms recht gut.", erklärte James überheblicher, als er eigentlich klingen wollte.
Lily musterte ihn. „Sie glauben also, ein Anruf und Sie sitzen eine Etage weiter oben?"
„Wenn ich Glück habe.", entschärfte er die Situation. „Mit wem müssen Sie in Kontakt treten.", erkundigte er sich.
Sie blätterte in den Unterlagen. „Sirius Black.", antwortete sie und sah für einen kurzen Moment einen überlegenen Ausdruck in seinen Augen. Aber als sie geblinzelt hatte war er verschwunden und ihr strahlten wieder warme, braune Augen entgegen.
James hielt ihr die Tür zu ihrem gemeinsamen Büro auf und Lily nahm an ihrem, noch verwaisten, Schreibtisch platz. Er hingegen trat an ein Regal; zog einen Aktenordner heraus und blätterte darin. Beide warfen sich verstohlene Blicke zu bis er die Stille brach.
„Sind Sie Amerikanerin?", fragte er, um ein Gesprächsthema bemüht. Was war nur mit ihm los? Er tat sich doch sonst nicht so schwer.
Sie schaute auf. „Nein, warum?"
„Ohne ihnen zu Nahe treten zu wollen, aber Sie haben wirklich einen bösartigen Yankee- Akzent.", grinste er.
Lily setzte sich gerade hin. „So?"
„Ja, aber nach ein paar Monaten werden Sie genauso perfekt sprechen wie wir.", James wusste augenblicklich wie provozierend es war, was er gesagt hatte. Doch es jetzt zurückzunehmen wäre ein Zeichen von Schwäche gewesen und er wollte ihr gegenüber ganz und gar nicht schwach wirken. Also lächelte er weiter, als hätte er seine Unhöflichkeit nicht bemerkt.
Lily neigte ihren Kopf etwas zur Seite und kleine Haarsträhnen tanzten über ihre Wangen. Sie bedeutete ihm etwas näher an ihren Schreibtisch zu kommen und dabei lächelte sie ein Lächeln, das jedem Mann die Sinne rauben würde. Sie erhob sich etwas aus ihrem Stuhl und beugte sich nach vorne, James senkte seinen Kopf und blieb nur Zentimeter vor ihrem Gesicht stehen. Lily rückte noch ein Stück näher und sein Herz begann zu rasen.
„Ich rede Ihrer Meinung nach vielleicht mit einem bösartigen Yankee- Akzent, aber hier in England und, nur als Hinweis, auch in Amerika zeugt es nicht von Anstand, wenn man schlecht über eine Person spricht, und man selber stolziert mit offenem Hosenstall umher.", flüsterte sie ihm ins Ohr, als würde sie gerade einen Liebesschwur leisten.
Oh Scheiße, dachte James und versuchte die Hitze, die ihm in die Wangen stieg unter Kontrolle zu bringen. Für eine Sekunde überlegte er fieberhaft was er darauf sagen konnte.
„Danke.", flüsterte er letztendlich cool zurück und schloss seinen Hosenstall.
„Bitte, kein Problem.", grinste sie ihn an, als er sich wieder aufrichtete und sich an seinen Schreibtisch setzte.
Eine Weile saßen sie in Schweigen gehüllt und blätterten ihre Papiere durch, bis er sich kurz entschuldigte und verschwand.
Hoffentlich war das nicht zuviel des Guten, dachte Lily und erinnerte sich an den unsicheren Blick in seinem Gesicht, als er über ihren Akzent gesprochen hatte. Es sah nicht so aus, als sollte es so abwertend klingen, überlegte sie weiter. Wurde dann aber in ihren Gedanke unterbrochen, als Melanie in das Büro marschierte.
„Sie haben Ihren ersten Auftrag bekommen. Hab ich Recht?", lächelte sie freundlich.
„Ja, ich muss mit einem Mr. Black in Kontakt treten.", blätterte Lily in der Akte, sie konnte sich den Namen nicht merken.
„Black?", erkundigte sich Mel. „Sirius Black, Regulus Black oder Tenebrus Black?"
„Ähm, Sirius Black.", antwortete Lily erstaunt über die ungewöhnliche Namenswahl dieser Familie.
Melanie pfiff leise. „Miss Evans..."
„Lily, bitte."
„Danke, dann sage bitte Melanie oder Mel.", lächelte sie. „Ich glaube, ich sollte dich vorwarnen."
„So?", fragte Lily perplex. „Warum?"
Ihr Gegenüber setzte sich auf die Kante ihres Schreibtisches und schlug die Beine über. „David hat bestimmt gesagt, dass, wer das Geschäft zuerst abschließt, befördert wird.", sah sie, sie wissend an.
„Ja, das hat er. Aber warum willst du mich warnen?"
„James und Sirius sind die besten Freunde. Sie kennen sich schon seit der Schulzeit.", erklärte Miss Mosag.
Lily blinzelte sie überrumpelt an. Das war der Ausdruck in seinen Augen, dachte Lily und Wut und Enttäuschung sammelte sich in ihrem Bauch. Sollte sie sich in diesem Mann wirklich so getäuscht haben?
„Ich denke, James wird Sirius anrufen und ihm erklären, dass er nicht an dich verkaufen soll. Oder zumindest den Deal hinaus zögern soll, bis er sein Geschäft mit... mit wem soll er eigentlich in Kontakt treten."
„Familie Longbottom.", antwortete Lily finster, doch plötzlich hellte sich ihr Gesicht auf. „Augusta!", rief sie, als wäre es ein Allheilmittel.
„Was ist mit Augusta Longbottom?", wollte Mel verwundert wissen.
„Augusta Longbottom ist die Cousine meiner Mutter! Wie konnte ich das nur vergessen!"
„Du ist gar keine Amerikanerin?"
„Nein.", lächelte sie. „Ich hab irgendwie den Akzent. Ich weiß."
„Ja, das hast du. Aber weißt du was nun wichtiger ist?", fragte ihre Kollegin eindringlich. „Du solltest zu den Longbottoms und mit ihnen sprechen. Was James kann, kannst du auch!"
Augenblicklich kramte Lily ihre Sachen zusammen, stoppte aber mittendrin. „Warum hilfst du mir? Wir kennen uns erst seit heute?"
„Es ist nur fair, dir zu erzählen, wie James sein kann. Ich wette, er ruft gerade in diesem Moment bei Black an."
Lily dachte wieder an den Blick, den sie geglaubt hatte wahrzunehmen und nickte. „Danke! Ich schulde dir was!", und sie war durch die Tür verschwunden.
Fünf Minuten später kam James, beladen mit drei Tassen Kaffee in das Büro. „Estelle hat wieder ewig gebraucht um Kaffee zu machen. Hier ist deiner, Mel," er stellte ihn auf ihrem Schreibtisch ab und balancierte hinüber zu Lilys Tisch. „Und der von Miss Evans...wo ist Miss Evans?", fragte er erstaunt.
„James,", begann Melanie ernst. „Ich muss dir was Wichtiges sagen, es ist nur fair, dass ich es dir sage."
„Was denn Mel?"
„Lily kennt die Longbottoms sehr gut."
„Und warum sollte ich das wissen?", erkundigte er sich und nippte an seiner Tasse. „Ich kenne die Longbottoms auch ganz gut.", tat er diese Nachricht als unwichtig ab.
„Sie ist auf dem Weg zu Augusta,", ließ sich Mel nicht beirren und wusste, dass sie nun seine ungeteilte Aufmerksamkeit hatte. „Um sie zu bitten, nicht an dich zu verkaufen, oder dich so lange hinzuhalten, bis sie ihr Geschäft mit Sirius Black abgeschlossen hat.", spielte sie ihre Karten aus.
James verschluckte sich plötzlich und hustete herzhaft. „Sie macht was?"
„Augusta Longbottom ist die Cousine ihrer Mutter. Die sind verwandt und Verwandte helfen sich. Sie wird Augusta bitten dich hinzuhalten."
Das macht sie, weil ich mich über ihren Akzent lustig gemacht habe, dachte er und Wut und Enttäuschung sammelte sich in seinem Bauch. Wie konnte ich mich nur so in ihr täuschen, dachte er.
„Du bist doch mit Sirius befreundet, oder?", riss ihn Mel aus seinen Gedanken.
„Ja, sehr gut sogar."
„Dann solltest du Lilian mit ihren eigenen Waffen schlagen. Das ist wirklich ein mieses Spiel, was sie da spielt. Gerade mal erst einen Tag da..."
„Ja, du hast Recht, Mel.", und James griff zum Hörer seines Telefons. „Ich schulde dir was.", sagte er und wählte Sirius' Nummer.
