15. Februar 2945 D.Z., Imladris / 12. coire 2945 D.Z.
Wer dachte sich noch einmal diesen Quatsch mit dem »die Hände eines Königs seien die Hände eines Heilers« aus? Wer auch immer es war: Wir haben ein ernstes Wörtchen miteinander zu reden.
Manchmal treibt mich Estel noch in den Wahnsinn. Er ist definitiv nicht der erste seiner Linie, den ich in der Heilkunst ausbilde, aber in vielerlei Hinsicht der Schwierigste. Nun, seine Wissensaufnahme ist bemerkenswert, er ist schlau und gewitzt. Etwas anderes habe ich von ihm auch nicht erwartet, ich wäre zutiefst enttäusch! Nun, Elros hatte allerdings einige missratene Nachkommen, muss ich gestehen …
Aber nicht Estel! Er kommt ganz nach meinem Bruder. In einigen Belangen jedenfalls. Mit dem Anblick von Blut umzugehen, gehört definitiv nicht dazu. Ich kann es immer noch nicht fassen, dass er sich einfach so übergeben hat, als ich ihn bat, mir bei der Pflege unseres Waldläufergasts zu helfen. Einfach so! Als wäre eine tiefe Fleischwunde im Bein nichts, mit dem ich nicht beinahe täglich zu tun hätte! Diese Waldläufer scheinen sich zu gern aufschlitzen zu lassen, um sich dann wieder von mir zusammenflicken zu lassen. Ich verstehe es einfach nicht! Beides nicht!
Zumindest sein Wissen in der Kräuterkunde ist mittlerweile akzeptabel. Ich schickte ihn los, um selbstständig die Kräuter aus meinem Garten zu holen, die zur Behandlung der Wunde notwendig sind. Eine Standardprozedur, die ich ihm mittlerweile zutraue. Er weiß, was das bedeutet, und ich bin stolz auf ihn. Nun, er kam mit den richtigen Kräutern wieder, und als er dann sah, wen er damit behandeln sollte, oder besser: welche Wunde … da begann das Drama.
Jetzt habe ich mich nicht nur um unseren Gast zu kümmern, sondern auch um einen kränkelnden Jungen, der soeben anscheinend seinen kompletten Magen umgestülpt hat. Während ich die Sauerei, die er dabei hinterließ, entfernte, kümmerten sich die Zwillinge um ihn. Hoffentlich kommen sie nicht auf die Idee, ihm von Thelmaes Obstkuchen zu naschen zu geben. Der Junge sah so geknickt aus, und sie geben ihm zu gern etwas zu naschen, wenn ihm der Schuh drückt, aber der Kuchen liegt so schwer im Magen, und den muss Estel sich nun schonen. Aber nein, sie werden schon nicht, dafür habe ich sie zu gut ausgebildet. Wobei … Ich brauche jetzt erst einmal fünf Minuten für mich und einen Wein.
Nachtrag:
Ich werde Elladan und Elrohir enterben, denn meine Söhne sind das definitiv nicht! Ich will nicht schlecht über Celebrían reden, aber wer einen Verstand hat und ihn so offensichtlich nicht benutzt, kann nicht von mir abstammen! Sie haben ihm doch tatsächlich etwas von dem Kuchen gegeben! Es musste natürlich kommen, wie es kommen musste, und Estel hatte auch noch das letzte bisschen, das er sich hatte, aus sich herausgepresst. Unseren Koch Thelmae kann man dafür nicht beschuldigen, aber auch ihn werde ich wohl in Zukunft belehrten müssen, wenn meine Söhne so offensichtlich nur Stroh zwischen ihren Löffeln haben!
Jetzt ist Estel bettlägerig und ein kleines Häufchen Elend, um das es mir leidtut. Dass er so empfindlich auf Blut reagiert, konnte ja keiner wissen, aber das jetzt liegt allein in der Verantwortung Elladans und Elrohirs! Ceomon will mich schon wieder belehren, dass ich mich nicht so aufregen soll, das sei nicht gut für mich, aber ich bin wütend. Zu Recht, will ich behaupten! Das hätte alles vermieden werden können. Und an wem bleibt es wie immer hängen? An mir, genau! Grundgütiger.
Wer sich vielleicht noch an Conspiratio damals auf FFde erinnert, wird sich auch an die Tagebücher erinnern. Ich habe mir die alten Texte noch einmal zur Brust genommen und überarbeitet oder gleich neu geschrieben, um sie meinem Headcanon anzupassen. Ich hoffe, ihr findet Freude daran.
