Disclaimer: Die Charaktere gehören nicht mir und ich verdiene mit dieser Fanfiction kein Geld.
Inhalt: Lestrade fällt auf, dass sich Sherlock eigenartig verhält. Er versucht der Sache auf den
Grund zu gehen und entdeckt jemanden, den er sicher nicht erwartet hätte. Wer in
aller Welt würde freiwillig mit Sherlock Holmes wohnen? AU Universum in dem sich
Sherlock und John früher getroffen haben als aus der Serie bekannt, aus Lestrades
Sicht erzählt.
Charaktere: Lestrade, John Watson, Sherlock Holmes
Genre: Crime, Humor
Rating: K+
Kapitel 1
Greg Lestrades Wunsch bei der Polizei zu arbeiten und Morde aufzuklären entwickelte sich bereits in seiner Kindheit. Um seine Eltern zufrieden zu stellen, brachte er Schulnoten und Ergebnisse mit nach Hause, die das auch vermochten. Er lernte genug um seine Mutter nicht zu beunruhigen und seinen Vater nicht zu verärgern und in der Schule war er immer höflich und zuvorkommend. Nichts hatte ihn aber davon abgehalten, zu Hause, wenn die Lichter aus waren, Kriminalromane zu lesen.
So wie andere Teenager in seinem Alter hatte er seine Schätze unter seinem Bett versteckt. Er liebte den Moment in den Büchern, in denen der Hauptprotagonist der Lösung zum Greifen nah war und man mit fiebern konnte wer der Täter war, während einem selbst erst auf den letzten Seiten das Licht aufging.
Lestrade war stolz sagen zu können, dass er nun in seinem Erwachsenenalter als Detective Inspector bei Scotland Yard war und Morde aufklären konnte. So wäre jedenfalls das Bild von außen. Von innen sah es ganz anders aus. Nicht er war es, der die wirklich kniffligen Fälle mithilfe von inspirierenden Einfällen löste, nein. Niemand konnte von den wenigen Fakten die er und seine Leute an den Tatorten aufgriffen auf die Todesursache, geschweige denn auf den Täter schließen. Niemand außer einem Mann namens Sherlock Holmes.
Der junge Mann war schlank und groß und unterstrich beides mit seinem langen schwarzen Mantel. Alles an ihm war entweder sehr dunkel oder sehr hell. Lestrade vermutete, dass sich in Sherlocks Kleiderschrank zu 90 Prozent schwarze Kleidung befand - weiße Hemden, die er immer unter seinem Jackett trug ausgeschlossen – und dass es sich bei den restlichen 10 Prozent um graue, braune oder dunkelblaue Farben handelte. Von seiner dunklen Kleidung abgesehen hatte er schwarze Locken, aber den Kontrast bildete hauptsächlich seine blasse Hautfarbe, deren Geschichte eher auf Sonnenentzug als auf Krankheit hinwies.
Sherlock war zu allem und noch mehr fähig, als alle Lieblingsprotagonisten Lestrades zusammen. Er konnte anhand von Details von denen normaler Weise niemand Notiz nehmen würde innerhalb von Sekunden kombinieren und die daraus folgenden Schlussfolgerungen hörten sich jedes Mal wieder an, als hätte er sie gerade erfunden. Unglaublich aber wahr, Sherlock lag äußerst selten mit seinen Vermutungen daneben und wenn, dann nur mit kleinsten Dingen, die mit dem wirklichen Fall gar nichts zu tun hatten.
Sollte Lestrade mit seiner Mannschaft auf etwas stoßen, für das sie keine Erklärung hätten oder für das ihnen die Beweise fehlten, würde er diesen außergewöhnlichen Mann benachrichtigen – und er würde kommen. Sherlock liebte das Rätseln. Er hatte eine Leidenschaft für das Auflösen von Fällen, für die man neidisch sein konnte.
Das Problem an Sherlock war aber sein Verhalten – sein außerordentlich einzigartiges Verhalten andere in den Wahnsinn zu treiben. Man konnte sich zwar darauf verlassen, dass er die Fälle löste, denen er sich annahm, aber mit sämtlichen Dingen außerhalb der Arbeit war er unzuverlässig. Darauf zu vertrauen, dass er sich wie ein normaler Mensch verhalten würde mit dem man ein Gespräch führen konnte, war eine aussichtslose Situation.
Sherlock konnte seine Mitmenschen beleidigen, ohne dass es ihm etwas ausmachte, obwohl er genau wusste, dass er mit ihnen danach nicht auf gutem Grund und Boden stand – er tat es trotzdem. Aufgrund seiner Kombinationsfähigkeiten war er sogar in der Lage, jemanden mit nur einem Blick zu erzählen was dieser jemand an vorigen Abend gemacht hatte – und er traf oft mit sadistischer Ader direkt ins Schwarze. Das war auch der Grund warum Sherlock von seinem gesamten Team, das Lestrade bereitgestellt war, nicht gerade verehrt wurde.
Vor allem auf zwei seiner Teakollegen hatte er es besonders abgesehen. Dies schien wohl zu zeigen, dass selbst Sherlock Holmes Menschen hatte, die er von Natur aus nicht ausstehen konnte. Insgeheim stand Lestrade sich ein, dass der Forensiker Anderson und die Polizistin Donovan es auch wirklich darauf anlegten von Sherlock beleidigt zu werden.
Lestrade kannte Sherlock seit vier Jahren und war sich bewusst, dass er von ihm und seinen Fähigkeiten abhängig war. Ohne den „beratenden Detektiv", wie Sherlock seine Tätigkeit selbstständig nannte, wären viele Fälle ungelöst in den Verwaltungstrakt von Scotland Yard gekommen, egal wie sehr Lestrade es sich wünschte die Fälle mit seinen eigenen Fähigkeiten aufzuklären.
Die Melodie vom „rosaroten Panther" ließ Lestrade von seinem Handy abheben.
Blaues Licht und Polizeisirenen umgaben den Tatort, der sich in einem der Vororte der Stadt befand. Der Eingang zum Haus eines Einfamilienhauses war mit Absperrbändern blockiert und um neugierige Nachbarn auf etwas Entfernung zu halten wurde zu den im Halbkreis positionierten Polizeiwägen eine zusätzliche Grenze mit den rot-weiß-roten Bändern gezogen.
Lestrade hatte sein Team in Gruppen aufgeteilt, um einerseits das Haus zu untersuchen und andererseits Nachbarn in den benachbarten Häusern nach außergewöhnlichen Geschehnissen zu befragen.
In dem Haus, das den ganzen Trubel verursacht hatte, befand sich die Leiche einer Frau (35 J.). Sie wurde von einer guten Freundin mit der sie ein Treffen zum Nachmittagstee verabredet hatte gefunden, am Boden liegend, mit einer Platzwunde am Kopf… tot. Es gab keine Spur eines Einbruchs.
Lestrade überlegte nach der Inspektion nicht lange und wählte Sherlocks Nummer. Es würde zu lange dauern den ganzen Weg bis zur 221B Baker Street und zurück zu fahren, nur um eine Absage zu bekommen – eine unwahrscheinliche Möglichkeit, aber wenn er eines von Sherlock in den letzten Jahren aufgeschnappt hatte, dann, dass man nie etwas ausschließen sollte, nur weil man es nicht erwartete. Am anderen Ende der Leitung wurde abgehoben.
„Wo?"Lestrade würde irgendwann noch herausfinden, wie Holmes es machte selbst ohne Informationen die richtigen Schlüsse zu ziehen.„Allawoy Alley 17 in Brighton.", sagte Lestrade und bemerkte, wie Donovan auf ihn zukam und bei seinen Worten die Augen verdrehte. Bei Sherlock gab es eine kurze Pause.
„Ist es von Wichtigkeit?"
Lestrade blinzelte verdutzt. Sherlock wollte nicht zu einem Tatort mit Leiche? „Nun, ein Mord ist in der Regel auf der Liste der wichtigen Dinge, finden Sie nicht? Ich würde Sie nicht fragen, wenn ein Mädchen ihren Teddybären verloren hätte." Er bekam keine Antwort.
„Kommen Sie, oder nicht?" Das regelmäßige Tuten auf der anderen Seite der Leitung ließ ihn die Stirn runzeln. Da war wohl jemand noch kürzer angebunden als üblich. „Es war jedenfalls kein Nein.", murmelte er und steckte sein Handy zurück in die Jackentasche.
„Schon wieder dieser Freak?", fragte Donovan und ihre Haltung sagte aus, dass es ihr nicht gefiel, nichts dagegen tun zu können, dass Sherlock regelmäßig ihrer Arbeit herum pfuschte. Ihre braunen Haare trug sie offen und dank der hohen Luftfeuchtigkeit kräuselten sie sich ein wenig an den Spitzen.
„Sie wissen genauso gut wie ich, dass ihre Ihnen Einstellung nichts bringen wird.", sagte Lestrade und beschloss ihren herablassenden Ton zu ignorieren und das Thema zu wechseln. „Was haben Sie von den Nachbarn erfahren, Donovan?"
Die junge Polizistin zählte die Alibis der Bewohner der Straße auf und brachte ihn auf den neuesten Stand. Nachdem sie fertig war, schickte Lestrade sie wieder zurück um weiteres in Erfahrung zu bringen und machte sich auf Anderson zu finden. Die Informationen, die Donovan ihm gegeben hatte, waren schön und gut, aber leider unbrauchbar.
Auf der anderen Seite könnte Lestrade auch einfach nur von Sherlocks wundervollen Lösungen verwöhnt sein. Er wusste, dass es unfair war, die Arbeit seiner Polizisten mit der von Sherlock zu vergleichen, aber es passierte ihm dennoch hin und wieder einmal unabsichtlich.
Als Sherlock mit dem Taxi ankam war ungefähr eine Stunde vergangen. Er hatte den Taxifahrer wohl schon während der Fahrt bezahlt, da er kaum, dass das Auto richtig zum Stillstand kam, bereits die Tür aufgemacht und herausgetreten war. Mit zügigen Schritten kam er dem Tatort näher und hob ohne zu zögern das Absperrband hoch um darunter hindurch zugehen.
Er drehte sich ein paar Mal um sich selbst um die Umgebung in Besichtigung zu nehmen und nach einem kurzen Moment des Innehaltens kam er auf Lestrade zu.
„Was haben wir?", fragte Sherlock, ohne ihn wirklich anzusehen und beäugte die Fassade, den Eingangsbereich des Hauses und die neugierigen Personen die sich hinter den Absperrungen tummelten.
„Junge Frau, Mitte dreißig, wurde erschlagen und von einer Bekannten gefunden.", zählte der Inspektor auf. „Laut Nachbarn wohnten hier sie, ihr Ehemann und ihre zwei Kinder. Streit gab es selten."
Sherlock sah ihn an. „Jedenfalls nicht, wenn mitgehört werden konnte. Jeder hat Streit.", ergänzte der Detektiv und ging an ihm vorbei ins Haus. „Betroffene?"
„Der Ehemann ist nicht erreichbar und von den Kindern haben wir bis jetzt keine Spur.", Lestrade sah dem Schwarzhaarigen zu, wie er sich der toten, im Wohnzimmer liegenden Frau näherte.
Bevor Sherlock ihm antworten konnte, stellte sich dem Mann jemand mit verschränkten Armen in den Weg. „Hast dich ja lange nicht blicken lassen.", schnaubte Anderson, streifte seine Handschuhe ab und stellte sich breitbeinig hin, um seine Absicht klarzustellen Sherlock nicht durchzulassen. „Wir haben dich schon so vermisst."
Lestrade verdrehte die Augen und fuhr sich kurz mit Daumen und Zeigefinger an die Nasenwurzel. Es war beinahe so, als würden Anderson und Donovan Sherlock provozieren wollen. Aber wer würde Sherlock Holmes freiwillig provozieren? Es wussten doch beide, dass sie in jeglicher Hinsicht in einem Wortgefecht den Kürzeren ziehen würden.
Wie von ihm erwartet setzte Sherlock zum Sprechen an, aber es kam nichts. Stattdessen sah Sherlock äußerst geschockt an Anderson vorbei. Dieser drehte sich, um ebenfalls das zu sehen, was Sherlock offensichtlich Angst einjagte, konnte aber nichts Außergewöhnliches finden.
Lestrade schürzte die Lippen um ein auf die Oberfläche kommendes Lächeln zu unterdrücken, das sich zeigen wollte, als er Sherlocks Taktik durchschaute. Als Anderson sich nämlich umgedreht hatte, war Sherlock einfach auf der anderen Seite an ihm vorbei gegangen. Der Forensiker hatte bis jetzt noch nicht wahrgenommen, dass er ausgetrickst wurde.
Lestrade drängte sich nun ebenfalls an ihm vorbei, ignorierte nebenbei noch Andersons Proteste – Kontaminierung des Tatorts und dass Lestrade dem Detektiv nicht Einhalt gebot – indem er Anderson einen bedeutsamen Blick mitteilte und beobachtete, wie Sherlock sich daran machte durch das Zimmer zu streifen und Informationen aufzusaugen.
Sherlock begutachtete die Leiche aus sämtlichen Winkeln, stand auf und streifte einmal ohne Kommentar durch das Haus – natürlich mit Lestrade im Schlepptau; niemand würde Sherlock freiwillig alleine an einem Tatort herumgehen lassen. Sherlock betrat und durchsuchte das obere Stockwerk (Schlafzimmer, Badezimmer, Spielzimmer), das Erdgeschoss (Wohnzimmer, Küche, Esszimmer, Vorzimmer), den Keller (Vorratskammer, Waschküche) und die Garage, während er hier und da etwas vor sich hinmurmelte.
Genaugenommen sah es für jeden der Sherlock nicht kannte aus, als würde er in Eile von eine Ort zum anderen gehen, Dinge ansehen oder kurz hochheben, es dann wieder hinlegen und weitergehen ohne etwas erreicht zu haben. Doch wenn man Sherlock Glauben schenken wollte, dann analysierte er jedes winzige Detail, das seine Sinne berührte, und verwandelte es in die sehr oft auch unangenehme Wahrheit.
Lestrade folgte Sherlock zurück ins Haus und zur Leiche und wäre beinahe in den Detektiv hineingelaufen, als dieser abrupt zum Halten kam, als dessen Handy läutete. Als hätte Sherlock nur darauf gewartet, hielt er sein Handy bereits in der Hand und hob ab.
„Wann?", fragte er nur.
Lestrade beobachte Sherlock misstrauisch. Dieser Mann war von Morden beinahe besessen. Vor allem an neu gefundenen Tatorten konnte ihn nichts und niemand dazu bringen, eine Pause zumachen. Das hier war noch nie vorgekommen. Noch nie.
Sherlock brummte – wahrscheinlich als Antwort auf etwas, was die Person auf der anderen Leitung gesagt hatte – und legte auf, hielt dann kurz inne und wandte sich wortlos zur Eingangstür. Lestrade unterdrückte seine Überraschung über den plötzlichen Abgang und stürmte hinterher.
„Wo gedenken Sie hinzugehen?", fragte er, als er Sherlock im Eingangsbereich eingeholt hatte.
Sherlock blieb stehen, als wäre er plötzlich am Boden angewachsen und drehte sich zu Lestrade um. „Inspektor, es ist etwas vorgefallen, das nicht aufgeschoben werden kann und wird.", sagte er mit einem Lächeln, bei dem Lestrade wusste, dass Sherlock wusste, dass Lestrade klar war, dass Sherlock seine Gesichtsgrimasse selbst nicht ernst meinte.
Lestrade runzelte etwas eingeschnappt die Stirn; Ein Sherlock Holmes verließ ohne bereitgestellte Aufklärung keinen Tatort. Das war ein ungeschriebenes Gesetz. „Sagen Sie zuerst, was Sie bisher haben, dann können Sie gehen."
Sherlock lächelte kurz. „Nun, Inspektor. Es war offensichtlich kein Selbstmord und kein Unfall. Die junge Evelyn – ihr Name steht auf einer Karte im Wohnzimmer – wurde mit dem Schwimmpokal aus der achten Klasse ihres ältesten Sohnes ermordet, der normalerweise immer am Regal neben dem Eingang gestanden hat, jetzt aber verschwunden ist.
„Es war der Nachbar im Haus Nr. 15 von nebenan, der der jungen Frau offensichtlicher Weise bereits länger nachspioniert hat und jetzt wohl der Faden gerissen ist. Wenn ihr überhaupt daran interessiert seid die restlichen Familienmitglieder dieses Hauses hier zu finden, schlage ich vor den Keller unseres Mörders einmal gründlich zu untersuchen, Inspektor.
„Damit sollte jetzt alles geklärt sein, nehme ich an.", beendete Sherlock wieder eine seiner scheinbar aus der Luft gegriffenen Entdeckungen. Er beugte spielerisch seinen Kopf. „Ich empfehle mich."
„Warte!", rief Lestrade. „Wie?"
Sherlock sog tief die Luft ein. „Nachdenken muss ja einen großen Schmerz verursachen, wenn ihr euch eurem Gehirn nur so selten bedient."
Anderson, der in seinem blauen Plastikanzug vom Wohnzimmer in den Gang gekommen war, und Donovan, welche von den Absperrbändern näher gekommen war um zu lauschen, verschränkten verärgert bei dem ebenfalls an sie gerichteten Kommentar die Arme.
„Der Nachbar hat gesagt, er hätte nichts Ungewöhnliches bemerkt, Freak.", sagte Donovan um ihren Standpunkt klarzustellen. Lestrade schwankte zwischen den Vermutungen, dass sie erstens nicht wollte, dass Sherlock auf ihre Arbeit hinuntersah, oder zweitens, dass Sherlock sie beleidigt hatte. Vielleicht beides.
Sherlock lächelte kurz. „Natürlich hat er nichts gesagt. Niemand sagt 'ja, ich bin es, ihr habt den richtigen, kommen Sie doch herein'. Seien Sie nicht albern, Sally.", tadelte Sherlock die Polizistin.
Anderson sah Sherlock mit skeptischer Mine an.
Bevor die Situation jedoch eskalieren konnte, griff Lestrade ein. Er konnte es nicht greifen, aber Sherlock verhielt sich heute eigenartig und der Inspektor konnte beim besten Willen nicht sagen, ob es eine gute oder schlechte Erkenntnis war. „Klären Sie uns einfach auf, Sherlock.", bat Lestrade den Detektiv, der aussah, als wollte er nichts lieber als woanders zu sein.
Sherlock warf einen kurzen Blick auf sein Handy, steckte es wieder in die Tasche. Dann griff er sich einen Moment an die Schläfen und atmete durch. Erst dann sagte er wieder etwas. „Das Haus, die Räume, die Fassade sowie der Garten im vorderen, und seitlichen Teil des Grundstücks sind sehr gepflegt, es wurde viel Energie in die Wartung hineingesteckt. In jedem Zimmer befinden sich Pflanzen, jedoch gibt es keine abgefallenen Blätter, verdorrtes Gewächs oder überwässerte Erde. Es sieht alles sauber aufgeräumt und ordentlich aus, keine Spur von Vernachlässigung in irgendeiner Art und Weise. Außerhalb der Wände merkt man es vor allem am Rasen, der grüner und gleichmäßiger selbst in professionellen Gärten nicht sein könnte, offenbar war der Mann des Hauses Gärtner.
„Warum nicht die Frau, denken Sie sich? Nun, sie trägt Designerkleider, wöchentliche Maniküre, sie legte Wert auf ihr äußeres Erscheinen – sie arbeitete nicht mit Pflanzen. Sie hat vielleicht das Gießen übernommen, aber das wird es schon gewesen sein.", zählte Sherlock auf.
Lestrade wunderte sich manchmal, wann Sherlock überhaupt Luft holte. Er hatte schon früh angefangen bei Sherlocks Auflösungen, die manchmal aus dem Nichts kommen konnten, ein Diktiergerät in seiner Jackentasche mitzuführen und im richtigen Moment einzuschalten. Niemand konnte sich alles merken was Sherlock per Kanonenschuss an Informationen ausschüttete.
„Das klärt nicht warum Sie gerade diesen Nachbar verdächtigen und nicht irgendjemand anderen.", sagte Donovan herablassend mit verschränkten Armen.
Sherlock sah einen Moment von Lestrade zur Polizistin. „Heute nicht, Donovan, mir fehlt die Zeit." Er richtete seine Aufmerksamkeit zurück zu Lestrade. „Wie gesagt, der Garten ist gepflegt, es finden sich Muster eines symmetrischen Systems. Alles hat sein Gegenstück – von der Eingangstür betrachtet. Es wurde gründlich durchdacht." Während Sherlock dieses Mal gesprochen hatte, hatte er Lestrade, Donovan und Anderson vor die Haustür geführt, von wo man einen guten Überblick auf den gesamten Garten hatte.
„Der Rasen könnte mit einer Nagelschere behandelt worden sein. Fällt Ihnen nichts auf?" Sherlock wartete gar nicht erst auf eine Antwort von einem der drei sondern zeigte gleich auf Hecke, die das Grundstück des Einfamilienhauses von dem des verdächtigten Nachbarn trennte. „Sie ist nicht ungepflegt – nein – sie ist aber um einiges größer, als ihr Gegenstück auf der anderen Seite des Gartens, was jedoch sämtliche Symmetrie des Gartens auseinander reißt. Ein Versehen? Nein. Es war Absicht. Aber warum sollte man eine einzige Ausnahme machen, in einem Haushalt, in dem alles doch so perfekt ist? Offensichtlich wollten sie verhindern, dass sie etwas sehen, oder besser: von jemanden gesehen werden.
„Der Mann hat die Kinder, die nach der Schule nach Hause gekommen sind in sein Haus gelockt und dort gelassen – womöglich eingesperrt, höchstwahrscheinlich im Keller, damit man ihre Schreie nicht hören konnte – und benutzte sie als Druckmittel, um den Ehemann zu ihm zu bringen und nicht die Polizei zu rufen, was auch erklärt warum erst die Bekannte die Tote gefunden hat. Warum unser Täter nach der Schule zugeschlagen hat? Ihre Schultaschen liegen im Eingangsraum, so wie ein Kind, das seine Schultasche achtlos auf den Boden fallen lassen würde, wenn es von der Schule heimkommt. Das ist doch offensichtlich."
Sherlock zeigte dann auf etwas im Gras. „Hier sind Fußspuren von drei Personen zu sehen – zwei kleine Paare, ein großes – die vom Haus wegführen. In den letzten Tagen hat es viel geregnet, der Boden ist demnach auch dementsprechend aufgeweicht, weswegen die Abdrücke im kurzen Gras subtil hervorstechen, was sie bei trockener Erde nicht tun würden. Der Gang von Haus zu Haus musste schnell gehen, die Kinder haben sich nicht gewehrt, aber es war dennoch ungewöhnlich wie ruhig sie dem Mann gefolgt sind, wenn sie ihre Mutter gesehen haben. Der Mann hatte also ein Druckmittel, womöglich eine Waffe.
„Als der Ehemann nach Hause kam und seine Frau am Boden liegen sah, war er geschockt, wollte sofort seine Kinder suchen und lief zu ihren Zimmern, rief auch ihre Namen. Aber sie waren nicht im Zimmer, sie waren bereits bei unserem lieben Herr Nachbarn, der auf die Rückkehr des Mannes gewartet hatte und ihm ins Haus gefolgt war. Es hat nicht lange gedauert und der Mann ging unserem Mörder hinterher, diesmal nicht über die Wiese, sondern über den gesteinten Weg, des Gartens, was darauf schließen lässt, dass der Nachbar dem Mann gedroht hatte, seinen Kindern etwas anzutun, wenn er ihm nicht folgen würde.
Sherlock wandte sich wieder voll Lestrade zu. „Wenn ich Ihnen noch einen Tipp geben dürfte, den Kindern wäre eine Betreuung einer Psychologin angemessen, immerhin haben sie die Leiche ihrer eigenen Mutter aufgefunden. Und ich würde es bevorzugen, wenn ich in den folgenenden Tagen nicht gestört werde. Auch wenn es wichtig wäre."
Lestrade nickte, dann verharrte er mitten im Satz. „Wie bitte?"
„Guten Tag, Gentlemen."
Lestrade kam gar nicht mehr dazu eine Antwort zu geben, da Sherlock schon unter den Absperrungen durch und in Richtung Hauptstraße unterwegs war – um sich ein Taxi zu rufen, vermutete der Inspektor. Er sah dem Detektiv nach und sprach zur gleichen Zeit seine Gedanken laut aus.
„Eigenartig."
Anderson nickte zustimmend. „Sogar für ihn."
„Ist wohl auf einem neuen Drogentripp.", zuckte Donovan mit den Schultern.
„Was es auch ist,", sagte Lestrade, nachdem er seine Augen von der davongehenden Gestalt losreißen konnte. „Ich möchte auf schnellsten Weg einen Durchsuchungsbefehl zu diesem Nachbarhaus."
Donovan verdrehte die Augen und schnaubte einmal unwillig, setzte sich dann aber doch in Bewegung. Anderson setzte mit seiner Arbeit bei der Spurensicherung fort und Lestrade wählte mit seinem Handy die Nummer einer guten Kinderpsychologin.
Und während er der jungen Frau am Telefon die Situation erklärte, spukte ihm im Kopf immer noch Donovans leicht dahin gesprochener Satz herum.
„Drogentripp."
Sherlock hatte sich heute wirklich eigenartig benommen. Und wenn Lestrade so darüber nachdachte, hatte er sich auch der letzten Leiche nicht mit seinem üblichen Enthusiasmus gewidmet. Wurde es ihm zu langweilig? War ihm das „Morde aufklären" nicht mehr genug, so wie Donovan es gesagt hatte? Und dann noch die Warnung, ihn die nächsten Tage nicht zu stören, selbst wenn etwas Wichtiges passieren sollte, hörte sich an wie als wollte Sherlock etwas verheimlichen.
Lestrade vertraute Sherlock, aber das hielt ihn nicht davon ab sich Sorgen zu machen. Er nahm sich vor, Sherlock in den nächsten Tagen einmal anzurufen.
Nur zur Sicherheit.
