Eigentlich war es ein durchaus interessantes Tränkesymposium, befand Hermine Granger, Professorin an der renommierten Tränkeuniversität von Edinburgh und Gastreferentin auf dem Jahreskongress der Akademie of Potionmasters and Wizards, obwohl der ein oder andere Vortrag nach ihrem Geschmack doch eine Spur zu reißerisch und dafür als Gegenpol sozusagen eine Winzigkeit zu schlecht recherchiert schien.
Typisch Amerika eben.
‚Du hast Vorurteile', schalt sie sich in Gedanken auf dem Weg zu ihrer eigenen Präsentation, ‚immerhin ist Charles Monroe auch Amerikaner und gleichwohl fähig, wie bescheiden und zudem auch noch sehr nett!'
Sie grüßte freundlich einige Kolleginnen und Kollegen, die ihr auf der Treppe begegneten, dabei huschte ein kleines Grinsen über das Gesicht der jungen Tränkemeisterin, als sie an einen anderen Amerikaner dachte, den sie näher kannte. ‚Und vergessen wir unseren lieben Simon nicht', das Grinsen wurde noch breiter und sie konnte sich ein kleines Lachen nicht verkneifen. ‚Blendend und charmant wie immer', ging es ihr durch den Sinn, wenn sie an seine stürmische Begrüßung am gestrigen Abend dachte.
Noch besser aber hatte ihr die Reaktion ihres Ehemanns gefallen, darauf hatte sie sich insgeheim schon die letzten drei Wochen gefreut und alle Vorfreude hatte sich als mehr als berechtigt herausgestellt. Grundgütiger, was hatte er für ein köstliches Gesicht gemacht, als Simon ihm mit amerikanischer Derbheit schwungvoll auf die Schultern geklopft hatte, „Hi, Professor Snape, alte Haus, na, alles klar bei Ihnen im nassen England?"
Eigentlich hätte man Severus für diesen Blick, den er daraufhin dem jungen Amerikaner zuwarf, einsperren müssen, denn mörderisch war ein Dreck dagegen. Daher hatte sie ihn auch trotz allen Spaßes zügig aus der Gefahrenzone geschoben, bevor sein Wunsch noch Vater einer Straftat werden konnte.
Sie schaute sich etwas suchend auf der riesigen Übersichtstafel nach dem Raum ihres Vortrags um, ach je, es war der große. Auch das noch… Sie hasste es, vor halb leeren Stuhlreihen zu referieren.
Wenn sie ehrlich war, hatte sie sich übrigens nicht nur auf das Gesicht und das wunderbare Geknurre ihres Mannes gefreut, sondern noch viel mehr auf die darauffolgende Nacht. Ha! Denn immer, wenn sie auf Simon Beaty trafen, strengte sich ihr Ehemann in der Folge ganz besonders an, ihr in sehr spezieller Weise zu beweisen, dass sie damals doch die richtige Wahl getroffen hatte. Etwas, an dem sie auch ohne diese wunderschönen, wie leidenschaftlichen Zuwendungen zu keiner Zeit Zweifel gehabt hatte, aber als Zugabe nahm frau solche Aufmerksamkeiten nur zu gerne mit.
Ah, da war der Saal ja schon. Sie steckte kurz ihren Kopf durch die große Flügeltüre. Großer Gott, auch hier demonstrierte die Akademie of Potionmasters and Wizards mal wieder alles andere als Bescheidenheit. In den stufenförmig angeordneten Raum passten gut und gerne 1000 Personen. Gut, dass sie mittlerweile solche Vorlesungen gewöhnt war, sonst hätte ihr das hier doch mehr als ein bisschen Herzklopfen bereitet.
Nun, die Vorbereitungen im angrenzenden Nebenraum hatte sie rasch getroffen, in dem mitgebrachten Koffer waren alle sorgsam vorbereiteten Zutaten, die Demonstrationstränke und natürlich ihre geliebten Messer, die Meistergabe ihres Mannes. Die bereitgestellten Kessel waren in erstklassigem Zustand und so konnte sie sich noch ca. 15 Minuten Ruhe gönnen, bevor ihr Vortrag über den Sauerstoffkompensionstrank beginnen würde.
15 Minuten, in denen sie ihren Töchtern noch schnell einen kleinen Gruß schreiben würde und in denen sie sich überlegen konnte, was sie zum Empfang am heutigen Abend anziehen wollte. Normaler Weise hielt sie sich mit solchen Kleiderfragen nicht gerne auf, es gab viel Wichtigeres im Leben, aber der heutige Abend war etwas ganz besonderes. Ein Tag auf den sie schon seit fast 10 Jahren gewartet und auf den sie mit aller Kraft hingearbeitet hatte, denn bei dem feierlichen Festakt würde ihr Mann Severus Snape endlich, endlich die Ehrenmitgliedschaft der Akademie erhalten.
Was wahrlich mehr als überfällig war! Schon zweimal hatte er als heißer Kandidat gegolten, aber immer hatte ihm irgendwer den Preis strittig gemacht. Politik und Kalkül waren in diesen Kreisen eben genau so wichtig wie Fähigkeiten. Aber nun war es soweit und sie hätte beinah bersten können vor Stolz und Genugtuung.
Sie würde sicherlich etwas Grünes wählen, sie hatte drei Roben mitgebracht, alle passten sehr gut zu seinem wunderschönen, edlen Festumhang, den sie ihm vor ziemlich genau 10 Jahren extra für diese Preisvergabe geschenkt hatte. Ein kleines wehmütiges Seufzen entwich ihr. Sie wusste noch genau, als sie diese wundervolle Robe in dem kleinen Laden, ganz am Ende der Winkelgasse entdeckt hatte, sie hatte ihr sofort gefallen und sie hatte auch genau gewusst, dass sie ihm hervorragend stehen würde. Sie war leider nicht ganz billig gewesen und sie musste fast ihr gesamtes Verlies in Gringotts plündern, um ihn bezahlen zu können, aber dieser ganz besondere Festumhang war es allemal Wert gewesen.
‚Am Besten lässt Du Severus wählen, was Du tragen wirst', überlegte sie abschließend, denn sie konnte sich nicht recht zwischen zwei sehr eleganten Kleidern entscheiden und ein verschmitztes Grinsen legte sich auf ihre Lippen, als sie diesen Gedanken fortführte ‚und nicht nur das Kleid, sondern auch alles andere'. Grundgütiger, reizvolle Dessous und die Nähe von Simon Beaty ließen ihre Oberschlange zu einem unglaublich leidenschaftlichen Tiger mutieren. Herrlich! Wirklich!
Sie wurde aus ihren mehr als erfreulichen Gedanken gerissen, als die Wanduhr zwei Uhr schlug und somit anzeigte, dass ihr nur noch wenige Augenblicke Zeit blieben.
Wenn ihre Vortragseinladung nicht schon drei Monate vor der Bekanntgabe des diesjährigen Preisträgers eingetroffen wäre, hätte sie wohl sofort den Verdacht geschöpft, nur durch Severus zu der Ehre einer Präsentation gekommen zu sein und hätte garantiert höflich, aber bestimmt abgelehnt. Günstlingswirtschaft und Bevorzugungen waren ihr grundsätzlich zuwider. Aber so wollte sie keinen Rückzieher machen, hatte aber darauf bestanden, dass ihre Beziehung zu diesem überaus fähigen, aber durchaus schwierigen Tränkemeister nicht an die große Glocke gehangen würde.
Schnell warf sie noch einen kurzen Blick in ihre Unterlagen und richtete nebenher den Kragen ihrer dunkelbraunen Robe, er stellte sich gerne hoch, (sie müsste endlich mal mit dem Schneider der Universität sprechen, das war wirklich mehr als lästig!) dann kam auch schon ihr persönlicher Betreuer, ein winzig kleiner Tränkemeister aus Texas namens Montgomery Smith herein. Er hatte zwei riesige junge Kerle im Schlepptau, die in wenigen Augenblicken alle Gerätschaften nach draußen in den Vortragsraum geschafft hatten.
„Nun, Professor Granger, wären Sie soweit", er lispelte etwas und Hermine lächelte ihm freundlich zu, „Aber sicher Meister Smith, sind denn einige Zuhörer gekommen?"
„Doch, einige sind schon da", lachte er, was wirklich etwas witzig aussah, denn er hatte eine große Lücke zwischen den oberen Schneidezähnen und er schielte etwas, „hatten Sie daran Zweifel, Professor?"
„Ein klein wenig schon, es ist immerhin kein besonders spektakulärer Trank und er verspricht auch keine Tränkekunde-Revolution oder die Aussicht auf ein Vermögen", wenn es nach ihr gegangen wäre, hätte sie einen anderen Trank genommen, aber die Akademie hatte diesen aus ihren fünf Vorschlägen ausgewählt, „Meister ChanTai im zweiten Stock referiert doch zur gleichen Zeit über einen sehr erfolgversprechenden Zeitsprungtrank, ich würde erwarten, dass die meisten Teilnehmerinnen und Teilnehmer dort hin gehen."
„Tja, könnte man meinen…", nickte Meister Smith, übrigens ein begnadeter theoretischer Tränkehistoriker, sie hatte schon mehrmals mit ihm korrespondiert und hatte stets auf ihre sehr speziellen und diffizilen Fragestellungen ausführliche und detaillierte Antworten bekommen. Er trippelte hinaus, um sie anzukündigen. Amüsiert lauschte sie seinen knappen, aber sehr wohlwollenden und schmeichelhaften Worten, dann kam er auch schon zurück, um sie hereinzubitten, „Jetzt sind Sie dran, Professor", lispelte er und sie atmete noch einmal tief durch und griff dann beherzt nach ihrem Redemanuskript.
Als sie in den Vortragsraum trat, blieb sie einen Augenblick erstaunt stehen. Der riesige Saal war bis auf den letzten Platz gefüllt. Großer Gott, was taten die ganzen Menschen denn hier? Erwartungsvoller Beifall brandete auf, als sie sich einen Ruck gab und ihren Weg zum Rednerpult fortsetzte.
Dort angelangt, bedankte sie sich für die Vorschusslorbeeren mit einem höflichen Nicken in die weite Runde, dabei entdeckte sie sofort Simon Beaty, der in der zweiten Reihe herumlümmelte und ihr frech zuzwinkerte (wenn sie sich nicht ganz täuschte, formten seine Lippen gerade, „Ich freu mich, Süße!", ihre Augenbrauen zuckten leicht empor, schade, dass dies ihr Mann nicht gesehen hatte, sie liebte es, wenn er eifersüchtig war.
‚Also wirklich, Hermine, jetzt reiß dich zusammen', schalt sie sich in Gedanken und richtete ihren Zauberstab auf ihren Hals, um leise einen Sonorus zu sprechen.
„Meine Damen und Herren, sie sehen mich mehr als überrascht, dass so viele an diesem Nachmittag den Weg zu diesem Vortrag gefunden haben", begann sie und fragte sicherheitshalber, „sind Sie sicher dass Sie in der richtigen Präsentation sitzen?"
Lautes Gelächter war die Antwort.
„Nun gut, Sie sind selber schuld und sagen Sie nachher nicht, dass ich Sie nicht gewarnt hätte!", ließ sie die Zuhörerinnen und Zuhörer wissen, „Denn hier wird es heute um einen ziemlich unbedeutenden Trank aus dem 12. Jahrhundert gehen. Er stammt aus dem Gebiet des heutigen China und wurde dort besonders von den Hexen des Kaiserhofes genutzt. Als ich vor einigen Jahren bei Recherchen über diesen Trank gestolpert bin, musste ich sogar lachen und habe voller Unglauben den Kopf geschüttelt.", auch jetzt musste sie noch grinsen, als sie an den Lachanfall dachte, den sie damals bekommen hatte.
„Es ist auch zu widersinnig! Da berichtete ein ungekannter Zauberer über die äußerst komplizierte Herstellung eines Trankes, damit die Hexen der Kaiserinnen trotz ihrer damals anscheinend vorgeschriebenen und mehr als einengenden Tracht genug Luft bekamen um ihren Dienst bei Hofe überhaupt ausführen zu können", sie schüttelte den Kopf, „Man stelle sich vor, sie zwängten sich also in überaus enge Gewänder, so dass sie normaler Weise keinen Schritt gehen konnten ohne blau anzulaufen und kompensierten diesen ärgerlichen, wie hinderlichen Zustand durch einen diffizilen und verzwickten Trank, der dabei half genügend Sauerstoff in die Lungen zu bekommen."
Sie zückte wieder ihren Zauberstab und ließ eine große Projektionsleinwand erscheinen, auf der sie zur Anschauung zwei alte Holzschnitte mit diesen seltsamen Gewändern zeigte.
„Nun, die Vernunft schien sich durchgesetzt zu haben, und diese Tracht war nur eine temporäre Erscheinung von wenigen hundert Jahren. Allerdings kam so auch der Trank außer Mode und geriet schließlich ganz in Vergessenheit."
Sie blitzte kurz ins Auditorium „Die Trägerinnen der engen Korsagen die wir in vielen Modeepochen der Vergangenheit, aber auch der Gegenwart auf der ganzen Welt finden konnten und finden können, hätten einen solchen Trank wohl auch gebrauchen können, aber wie bei den Hexen des Kaiserhofes hätte eine weniger enge Schnürung allein prompte Abhilft schaffen können, anstatt der nahe Griff zu Tränken oder zum Riechsalz."
Sie nahm erfreut das leise Lachen der Zuhörer wahr, also waren doch einige muggelstämmige Meister anwesend.
„Hier, meine Damen und Herren ist das Rezept und sie erkennen unschwer, dass es auch heute nur wirklich fähige Meister brauen könnten", die Rezeptur erschien sogleich unter den Bildern, „Wie gesagt, trotz meiner Hochachtung für die Braukunst der alten Chinesen hat der Trank außer etwas Belustigung keinen großen Eindruck auf mich gemacht und er würde auch heute noch im Archiv der Edinburgher Universität liegen, wenn ich nicht einige Jahre später einen Sechstausender hätte hinaufsteigen wollen, um dort an einer Forschungsmission teilzunehmen." Ihre Mundwinkel umspielte ein kleines Lächeln, wenn sie an den Unwillen ihres Mannes zurückdachte, er war strickt dagegen gewesen, dass sie diese Tour zur blauen Schneeblume unternahm.
„Sie wissen alle, dass dies ohne lange Akklimatisierung nur mit speziellen Zaubern oder Tränken möglich ist, weil die Luft dort so dünn ist, dass jeder Schritt so anstrengend wie ein Marathon ist. Aus gewissen Gründen durfte ich leider keinen der üblichen Tränke oder Zauber anwenden und stand nun vor der Wahl jemand anderen den Platz zu überlassen oder mir etwas einfallen zu lassen und da kam mir dieser Trank wieder in den Sinn. Ich habe ihn sorgsam geprüft und hätte ihn auch einfach nachgebraut, aber er hat eine Reifezeit von zwei Monaten, diese Zeit hatte ich damals nicht, der Trank musste in weniger als einem Monat zur Verfügung stehen."
Sie zuckte entschuldigend mit den Schultern, „Außerdem haben mich die Kosten und der mehr als aufwendige Brauvorgang geärgert und ich bin nach einigem Knobeln zu folgenden Lösungen gekommen", wieder schwang sie ihren Stab und wie eine Synopse erschien ihre Variante des Trankes, gleich neben dem Originalrezept. Die Veränderungen leuchteten rot auf und sie trat vom Rednerpult zu den aufgebauten drei Kesseln rechts neben ihr.
„Ich werde Ihnen jetzt die wichtigsten Schritte demonstrieren, weil auf den ersten Blick vielleicht nicht alle Modifikationen logisch erscheinen", sie lächelte in die Runde, „Das hat mir nämlich bei meiner ersten Präsentation der damalige Expeditionsleiter eindringlich zurückgemeldet." Übrigens in sehr brüsker Form, wie sie sich deutlich erinnerte, allerdings musste man ihm dies wahrscheinlich nachsehen, denn es war Severus gewesen und der war eben parteiisch!
„Danach ist nach einer kleinen Pause noch eine knappe dreiviertel Stunde Zeit, um Ihre Fragen zu beantworten und mich würden dann auch besonders Ihre Beurteilungen und Einschätzungen interessieren."
Sie krempelte die Ärmel hoch, „Lassen Sie uns also beginnen, meine Damen und Herren."
In der nächsten Stunde zeigte sie anhand der Demonstrationstränke und ihrer mitgebrachten Zutaten die wichtigsten Veränderungen und man hätte eine Stecknadel fallen hören können, wenn es denn so etwas in diesem Raum gegeben hätte.
„Sie sehen also", fasste sie ihre Ausführungen zusammen, während sie sich ihre Hände wusch und die Ärmel ihrer Robe wieder herunterrollte, „dass meine Veränderungen durchaus Sinn machen und die Kosten durch die gezeigten Verfahren und Veränderungen um 75% gesenkt werden konnte, die Brauzeit, bzw. die Reifezeit hat sich ebenfalls deutlich reduziert, aber das für mich Entscheidende war, dass die Effektivität des Trankes sich durch die Modifikationen in keiner Weise verringert hat, sogar im Gegenteil, sich noch um 5,6% steigern ließ."
Durchaus zufrieden lächelte sie ins Auditorium, „So, nun danke ich Ihnen zu aller erst einmal für Ihre große Aufmerksamkeit! Sie haben so lange und aufmerksam zugehört, dass Sie sich eine Pause wirklich verdient haben. Außerdem haben Sie sicherlich viele Fragen, die ich gerne beantworte und scheuen Sie sich auch nicht Unklarheiten und Kritikpunkte zu benennen."
Meister Smith trippelte zu ihr hin und sprach ebenfalls einen Sonorus, „Draußen gibt es Kaffee und kalte Getränke, wertes Auditorium. Bitte schreiben Sie Ihre Fragen und Anmerkungen auf die blauen Karten vor sich und die Kritikpunkte auf die roten. Wir ordnen die Anfragen in der Pause und Professor Granger kann sie nachher besser beantworten."
Lautes Stimmengewirr erhob sich, anscheinend konnten die Zuhörerinnen und Zuhörer es gar nicht erwarten ihre Fragen und Kommentare los zu werden.
Hermine packte lächelnd ihre Unterlagen zusammen und zog sich in den Nebenraum zurück um sich einen großen Schluck Tee zu gönnen, ihr Hals war ganz trocken. Sie hatte gerade die ersten Schlucke genossen, als Meister Smith mit einem großen, breiten Lächeln auf dem Gesicht herein kam und ganz begeistert in die Hände klatschte: „Professor Granger, das war wirklich unglaublich gut!"
„Ach", winkte sie ab, „es war doch nur ein recht unbedeutender Trank!"
„Nein, nein", Meister Smith war gar nicht zu bremsen, „es kommt nicht unbedingt auf den Trank als solches an, aber mitzuerleben wie sie ihn modifiziert haben, wie sie ihn vereinfacht und verbessert haben, das war ganz große Braukunst, Professor! Ich danke Ihnen von Herzen!"
„Nun, wenn es Ihnen gefallen hat, Sir", antwortete sie und freute sich über sein Lob, obwohl sie immer noch nicht völlig überzeugt war, „aber wie wäre es, wenn Sie einen Tee mit mir trinken oder müssen Sie wieder raus, um die Karten zu sortieren?"
„Nein, das habe ich delegiert", kicherte Smith, „Ich trinke liebend gern einen Tee mit Ihnen, wenn es auch ein Kaffee sein darf!"
„Aber natürlich", Hermine schüttete ihm lächelnd eine Tasse Tee ein und schwang anschließend ihren Zauberstab darüber, sofort breitete sich ein betörender Duft nach gebrannten Bohnen aus.
„Ausgezeichnet", jubelte Smith und fügte ein genießerisches „Mmmmm, Sie sind vielfältig begabt, Professor Granger", an, als er an seinem Kaffee genippt hatte.
Gerade wollte sie Meister Smith zu einigen Details der chinesischen Tränketradition befragen, als die Tür abermals aufgerissen wurde und Simon Beaty hereinstürmte.
„Hermine, Du Genie, das war der absolute Wahnsinn", er breitete ebenfalls die Arme aus und eilte auf sie zu, „Komm, Süße, lass Dich drücken, Du bist einfach phantastisch!", sie konnte noch gerade so ihre Tasse fortstellen, bevor ihr Exkommilitone sie in eine zu gleichen Teilen wilde, wie leicht übergriffige Umarmung zog. Anschließend musste er sie vor lauter Begeisterung auch noch ausgiebig küssen, bevor er sie wieder, nun etwas derangiert, auf die Füße stellte.
„Vielen Dank", keuchte sie und schnappte nach Luft.
„Ist sie nicht eine Wucht?", fragte Simon mit strahlenden Augen den beinahe nur halb so großen Tränkemeister Smith.
„Allerdings, Simon, ich habe Professor Granger meine Glückwünsche ebenfalls bereits übermittelt", bestätigte Meister Smith, „wohl nicht gar so stürmisch."
„Ach, das war noch gar nichts!", wischte Simon die Anmerkung seines Kollegen vom Tisch, „wartet mal heute Abend ab, da werde ich Dir zeigen, wie wir Amerikaner feiern! Reserviere schon mal fünf bis zehn Tänze!", er zwinkerte ihr verschwörerisch zu, „Dein Professor wird sicherlich dankbar sein, denn so etwas ist ja schon ziemlich anstrengend, nicht dass er sich übernimmt!"
„Ja, das wird ihn sehr freuen", antwortete sie und bemühte sich redlich das genüssliche Grinsen zu verbergen, „ich werde es ihm sagen, wie rührend Du Dich um ihn sorgst!"
„Ehrensache, immerhin ist er heute die Hauptperson!", entgegnete Simon großzügig und sah so aus, als wenn er sie erneut herumwirbeln wollte, aber da meldete sich die Uhr wieder und zeigte an, dass es gleich weiter gehen würde. „Schade, aber wir sehen uns spätestens beim Empfang, Süße", er zwinkerte ihr übertrieben zu, „bleib mir treu!"
„Er wird wohl nie erwachsen", seufzte Meister Smith und schaute dem entschwindenden Simon blinzelnd hinterher, „aber sein Onkel ist sogar noch schlimmer, da kann man wohl nichts machen!"
„Ach, in homöopathischen Dosen genossen, finde ich ihn sehr anregend", meinte Hermine und tauschte mit Meister Smith einen verschwörerischen Blick.
Die anschließende Frage- und Austauschrunde bestätigte Meister Smith und Simons Meinung zu Hermines Vortrag. Es gab nur ganz wenige Unklarheiten, die meisten Anmerkungen bezogen sich auf Ideen zu alternativen Anwendungsgebieten und es entspann sich eine lebhafte und fachlich hoch spannende Diskussion zwischen den Zuhörern und der Referentin. Besonders die Idee eines thailändischen Tränkemeisters wurde einer eingehenden Betrachtung unterzogen, er hatte einige sehr erfolgversprechende Überlegungen für Tiefseeforschungen, die mit Hilfe dieses Trankes einfacher und ungefährlicher ablaufen könnten.
Das Auditorium, sowie die junge Professorin, waren gleichermaßen überrascht und zugegebener Maßen auch etwas enttäuscht, als es schließlich läutete und die Zeit um war.
Hermine bedankte sich nochmals für den anregenden Nachmittag und erhielt als Antwort tosenden Applaus und nicht wenige der Zuhörerinnen und Zuhörer standen von den Stühlen auf, als die Referentin zusammen mit Meister Smith winkend den Raum verließ.
„Wenn ich eine Prophezeiung wagen darf, Professor Granger", lispelte Montgomery Smith, „dann haben die Kolleginnen und Kollegen da draußen heute die nächste Preisträgerin der Akademie gehört! Meine Stimme jedenfalls haben Sie!"
„Ach, Meister Smith", schüttelte Hermine lächelnd den Kopf, „das warten wir mal lieber ab, und heute freue ich mich von Herzen über die anscheinend gelungene Vorlesung und vor allem über den diesjährigen Preisträger!"
„Sie haben recht, wir haben auch in diesem Jahr einen sehr würdigen Preisträger", bestätigte Meister Smith, „ich habe seinen Vortragsentwurf gelesen und auch darauf freue ich mich wirklich, übrigens wesentlich mehr als auf die anderen gesellschaftlichen Verpflichtungen", er schüttelte sich und flüsterte angewidert, „ich meine das Tanzen!"
„Was?", Hermine tat entsetzt, „ich hatte so gehofft, dass Sie mich aus den Fängen Ihres stürmischen Akademiebruders befreien würden!"
Meister Smith zuckte bedauernd mit den Schultern, „Wenn ich mit Ihnen tanzen würde, Professor Granger, hätte ich keine Ausrede mehr für meine Frau, die sich schon seit Jahren darüber bitterlich beschwert, was ich für ein Tanzmuffel sei! Außerdem", er zeigte auf einen Punkt hinter Hermine, „ist das der Job dieses Mannes dort!"
„Allerdings", ließ sich da eine leise, tiefe Stimme vernehmen.
