Wir haben mal wieder eine Gemeinschaftsstory geschrieben... wie man sehen kann haben wir uns noch eine Freundin ins Boot geholt.
Shania ist die Kreation von Nadine, Alex die von Simone und Flo die von Jasmin. Alle anderen haben wir uns geteilt.
Disclaimer: Alle Figuren, Orte und sonstiges von PotC gehören Walt Disney und wir verdienen damit natürlich kein Geld!
Und nun viel Spaß beim lesen!!
Shania
Die Ketten an meinen Hand- und Fußgelenken
rasselten, als ich versuchte es mir auf dem feuchten Steinboden
bequem zu machen. So ein verdammter Mist auch! Wie hatte ich nur so
dämlich sein können? Wäre ich vorsichtiger gewesen,
würde ich jetzt nicht hier in diesem Loch sitzen.
Aber nein,
ich hatte ja unbedingt etwas beweisen müssen. Dabei hatten mein
Vater, Jack und alle anderen mir versichert, dass ich genau das nicht
machen bräuchte. Doch ich hatte, mal wieder, weder auf meinen
Vater noch auf Jack gehört und nun hatte ich den Schlamassel.
Hoch über mir schien der Mond durch ein kleines vergittertes
Fenster und ganz in der Nähe konnte ich das Meer rauschen hören.
Ja, das Meer...
Eigentlich fing alles damit an, dass Jack
mich wieder mal wie ein kleines Kind behandelt hatte. Nur weil er der
Captain unseres Schiffes ist, war er natürlich der Meinung, dass
er sich alles erlauben kann. Und als einzige Frau an Bord hatte ich
natürlich den Spott der männlichen Crew zu ertragen. Auch
wenn es meisten gutmütiger Spott war, wurmte es mich trotzdem.
Immer war ich das kleine Mädchen, das beschützt werden
musste und dem bloß nichts zustoßen durfte.
Und so
war es auch vor ein paar Stunden gewesen, als die Black Pearl vor
Port Royal vor Anker ging.
Jack wollte einen seiner Männer
losschicken, um dieses kleine Städtchen erkunden zu lassen. Die
Lagerräume der Pearl waren schon gefährlich leer und so
musste bald mal wieder ein kleiner Überfall stattfinden, wenn
wir nicht verhungern wollten.
Natürlich hatte ich mich, wie
schon so oft, für dieses Unternehmen gemeldet, doch Jack hatte
mich gekonnt ignoriert. Aber anstatt mich wie sonst schmollend in
eine Ecke zu verziehen, ließ ich in Windeseile eines der
Beiboote zu Wasser und hatte schon einen beträchtlichen Abstand
zur Pearl ehe überhaupt einer reagieren konnte.
Das
peinliche an der ganzen Sache war die Tatsache, dass ich es nicht
einmal zum Hafen geschafft hatte. Kurz bevor ich ihn erreichen konnte
wurde ich von einem kleinen Schiff des britischen Militärs
abgefangen. Ein gewisser Commodore Norrington fragte erst gar nicht
groß nach, sondern ließ mich sofort verhaften und in
dieses Loch werfen.
Sah ich denn so sehr nach Pirat aus? Als ich
an mir herunter sah, fiel mir die Antwort nicht schwer. Ja, ich sah
nach Pirat aus. Dreckige zerrissene Kleidung, Waffen bis zum Abwinken
und mein obligatorisches rotes Kopftuch, das meine langen schwarzen
Haare bändigen sollte.
Fehlte nur noch der Papagei auf
meiner Schulter, doch der hatte es sich bei meinem Vater bequem
gemacht und wich ihm niemals von der Seite.
Schritte rissen mich
aus meinen Gedanken. Vor meiner Zellentür blieben sie stehen.
Ein Schlüssel drehte sich im Schloss und die Tür schwang
laut quietschend auf.
Ein Soldat in einem roten Uniformrock kam
herein, befreite mich von den Ketten und riss mich grob in die Höhe.
„Hey, nur nicht zu sanft", beschwerte ich mich und handelte
mir dafür eine saftige Ohrfeige ein.
„Maul halten",
wurde ich unfreundlich angefahren. Der Mann packte mich grob am Arm
und zerrte mich aus der Zelle heraus. Scheinbar hielt er es nicht für
nötig mich erneut zu fesseln und das war ein grober Fehler. Er
durfte meinetwegen alles mit mir machen, nur unterschätzen
durfte er mich nicht. Schließlich war ich die Tochter eines
Piraten und musste mich jeden Tag mit zwanzig rauen Burschen
herumschlagen.
Je weniger er mich beachtete, desto mehr witterte
ich eine Chance zur Flucht. Ich wartete auf eine günstige
Gelegenheit und diese kam, als wir eine schmale Wendeltreppe
emporstiegen. Da er mich hinter sich her zog, war seine Hüfte
mit dem Waffengurt genau auf meiner
Brusthöhe. Jetzt oder
nie. Meine rechte Hand schoss blitzschnell vor und riss einen Dolch
aus dem Waffengurt und ohne zu zögern stach ich zu.
Mit
einem Schmerzensschrei ließ der Soldat mich los und presste
seine Hand auf die Hüfte. Blut sickerte zwischen seinen Fingern
hervor. Bevor er mit der anderen Hand nach seinem Gewehr greifen
konnte, hatte ich ihm mit dem Dolch schon die Bänder in den
Fußgelenken durchtrennt. Mit einem überraschten Aufschrei
fiel er auf die Knie. Währendessen war ich eine Stufe über
ihm getreten und gab dem völlig überraschten Mann einen
derben Stoß vor die Brust, der ihn vollends die Treppe
hinunterstürzen ließ. Sein Gewehr fiel klappernd auf die
Stufen. Schnell nahm ich es an mich und stürmte nach oben. Im
laufen prüfte ich das Magazin und stellte befriedigt fest, dass
es voll war. Zur Not musste ich mir eben den Weg zum Hafen
freischießen.
Am Ende der Treppe angekommen verharrte ich
kurz und lauschte auf verdächtige Geräusche.
Erst als
ich sicher war, dass alles ruhig war, schlich ich langsam um die
Ecke. Vor mir erstreckte sich ein langer Gang aus grob gehauenem
Stein. Ich vergewisserte mich noch einmal, dass alles ruhig war, dann
sprintete ich los.
Der Gang endete an einer Tür. Alles
rütteln meinerseits half nichts, sie war verschlossen. So ein
Mist! Wahrscheinlich hatte mein Begleiter einen Schlüssel dabei
gehabt, doch zurückgehen konnte ich nicht. Die Gefahr, dass
jemand in der Zwischenzeit hier herein kam war groß. Da ich
keine große Wahl hatte, legte ich seufzend den Lauf des
Gewehres auf das Schloss und drückte ab. Der Rückstoss war
gewaltig und schleuderte mich ein paar Schritte zurück. Doch die
Tür war auf. Mit klingenden Ohren rannte ich nach draußen.
Im ersten Moment achtete ich gar nicht auf den Weg. Ich wollte
einfach nur weg von hier, bevor jemand auf den Schuss reagierte. Wenn
dies der Fall war, wollte ich so weit wie möglich weg sein, am
besten schon am Hafen.
Im Laufen lud ich das Gewehr nach. Die
Strasse machte eine Kurve und da ich noch mit meinem Gewehr
beschäftigt war, sah ich das Hindernis zu spät.
Mit
voller Wucht prallte ich mit jemandem zusammen. Doch während ich
schnell mein Gleichgewicht wieder fand und auf den Füßen
blieb, landete der andere auf seinem Hosenboden.
„Hey, pass
doch auf!"
Erst jetzt achtete ich wieder auf meine Umgebung und
gewahr vor mir auf dem Boden eine junge Frau, die mich wütend
ansah.
Während sie aufstand und sich den Staub von den
Kleiden klopfte, betrachtete ich sie genauer. Und was ich sah gefiel
mir ganz und gar nicht. Nach ihrem äußeren
Erscheinungsbild machte sie einen sehr gepflegten Eindruck.
Wahrscheinlich gehörte sie zu den besser betuchten Leuten in
dieser Stadt. Der Eindruck bestätigte sich, als sich eine
weitere Frau näherte und sie besorgt ansah.
„Ist alles in
Ordnung, Lady Wentworth?" fragte sie übertrieben besorgt.
Wahrscheinlich war sie die Zofe oder was auch immer von dieser Lady.
„Ja, ja, mir geht es gut. Trotzdem hat diese..." sie musterte
mich eingehen von oben bis unten. „... diese Person mein Kleid
ruiniert."
Sie stemmte die Hände in die Hüften und
funkelte mich wütend an.
„Lass mich durch", knurrte ich
wütend. Ich hatte wirklich nicht die Zeit mich mit einer
durchgedrehten Adligen zu befassen.
„Ich denke gar nicht
daran", erwiderte sie kampfeslustig.
„Na schön, dann
eben anders", seufzte ich, entsicherte das Gewehr und zielte genau
auf ihre Stirn. „Und jetzt noch einmal... lass mich durch!"
Eigentlich hatte ich gehofft, dass sie aufgrund des Gewehres
eingeschüchtert wurde, doch dem war nicht so.
Unerschrocken
sah sie mich an.
„Und jetzt? Willst du mich erschießen?"
fragte sie spöttisch.
Bevor ich antworten konnte, spürte
ich plötzlich etwas kaltes im Nacken.
„Runter mit dem
Gewehr!" ertönte eine leise Stimme an meinem Ohr, gefolgt von
einem Klicken.
„Oh, Will, gut dass du vorbeikommst. Dieses
heruntergekommene Miststück wollte mich tatsächlich
erschießen."
Ich warf der so genannten Lady einen
mörderischen Blick zu und wandte mich dann blitzschnell um und
rammte dem erschrockenen Will das Gewehr zwischen die Beine.
Der
Mann sank stöhnend auf die Knie. Ich wirbelte herum und rannte
an den beiden überraschten Frauen vorbei Richtung Hafen.
„Nimm
dich vor Shay in Acht, Miststück", zischte ich der Wentworth
zu, dann war ich um die nächste Ecke verschwunden.
Es
dauerte nicht lange, da vernahm ich hastige Schritte hinter mir.
Scheinbar hatte sich Will schnell von meiner Attacke erholt und
wollte nun den Helden spielen.
Auf dem Bootssteg holte er mich
ein. Seine Hand schloss sich um meinen Arm und brachte mich grob zum
stehen.
„Was sollte das eben?" fragte er, noch völlig
außer Atem und brachte mich ungewollt zum lachen. Er sah aber
auch ziemlich fertig aus.
„Ich werde nicht gerne bei der Flucht
gestört", antwortete ich dann und grinste schief.
„Wieso
Flucht?"
„Das hat dich nicht zu interessieren", erwiderte
ich abweisend. „Und jetzt lass mich los, ich muss zurück zu
meinem Schiff."
„Wer bist du?" fragte er und hatte es
plötzlich nicht mehr ganz so eilig mich der Gerechtigkeit zu
übergeben, was mich dazu brachte, ihn genauer in Augenschein zu
nehmen.
Seine Kleidung war einfach und zu meiner Überraschung
entdeckte ich ein wunderschönes Schwert an seinem Gürtel.
Seine Haare hatte er zwar im Nacken zusammengebunden, trotzdem hingen
sie ihm wirr ins Gesicht. Widerwillig musste ich mir eingestehen,
dass er ziemlich attraktiv war und hätte ich ihn unter anderen
Umständen getroffen... wer weiß...
„Gegenfrage. Wer
bist du?"
„Will Turner." Er musterte mich eingehend. „Du
bist wohl nicht von hier?"
„Hör zu, Will Turner. Falls
du es noch nicht bemerkt hast... ich bin gerade aus dem Gefängnis
ausgebrochen und daher sehr in Eile. Wenn du also die Freundlichkeit
hättest mich loszulassen? Jack Sparrow wird es zu schätzen
wissen..."
„Jack Sparrow? Du kennst Jack Sparrow, den
berüchtigten Piraten?"
„Wenn du es genau wissen
willst... ja. Und jetzt lass mich gehen."
„Dann bist du
auch..."
Ich seufzte. Scheinbar würde diese Unterhaltung
etwas länger dauern. „Ich stehe unter seinem Kommando, wenn du
so willst..."
„Dann wolltest du..."
„Es geht dich
nichts an was ich wollte."
Will sah mich nachdenklich an.
„Was
jetzt?" fragte ich ungeduldig, als er mich immer noch nicht los
ließ.
Er öffnete schon den Mund zu einer Antwort, als
er derbe unterbrochen wurde.
„Keine Bewegung!"
„Na
toll", entfuhr es mir als ich sah, wer da den Steg entlang
geschritten kam. Es war kein geringerer als Commodore Norrington und
hinter ihm sah ich zu allem Unmut die beiden Frauen von gerade. Da
war aber jemand schnell im petzen, dachte ich und überlegte
fieberhaft, was ich nun tun sollte.
Will
Will
sah mit Unmut Norrington entgegen. Er hatte nicht viel für
diesen eingebildeten Schnösel übrig und verstand gar nicht,
was Alex an ihm fand.
Doch hier bot sich ihm eine Gelegenheit,
dem Commodore endlich mal dafür eins auszuwischen, dass dieser
ihn immer herablassend behandelte.
Shania
Überrascht spürte ich, wie Wills Hand sich von
meinem Arm löste und er neben mich trat.
„Kannst du
schwimmen?" raunte er mir zu.
„Ich bin auf einem
Piratenschiff aufgewachsen, natürlich kann ich schwimmen."
„Dann los!" Er gab mir einen Stoß und vollkommen
überrascht taumelte ich einen Schritt nach hinten. Der Boden
unter meinen Füßen hörte plötzlich auf und ich
fiel platschend ins kalte Wasser. Keine Sekunde später tauchte
Will neben mir auf, legte den Finger an die Lippen und zog mich unter
den Steg.
Luftschnappend tauchte ich wieder auf.
„Was..."
fing ich an, als auch Will durch die Oberfläche brach, doch er
presste mir schnell die Hand auf den Mund und schüttelte warnend
den Kopf. Über uns vernahm ich das Gepolter von mehreren
Personen die aufgeregt miteinander sprachen. Doch nach einer Weile
entfernten sich die Stimmen und es wurde unheimlich still.
„Ist
dein Schiff weit entfernt?" fragte Will leise.
„Nein."
„Wir könnten also hinschwimmen?"
„Ja. Moment
mal... sagtest du wir? Du glaubst doch nicht dass ich dich mitnehme?"
„Das bist du mir schuldig, immerhin habe ich dir soeben das
Leben gerettet."
„Stellt sich die Frage, warum?"
„Später,
lass uns von hier verschwinden."
Seufzend gab ich nach und
schwamm mit ihm zur Black Pearl.
Das Wasser war eiskalt und ich
bemühte mich zügig voranzukommen, um nicht zu unterkühlen.
Will hielt erstaunlich gut mit und den ganzen Weg zur Pearl grübelte
ich darüber nach, was ihn dazu bewegt haben könnte mir zu
helfen. Zumal er mir kurz vorher noch seine Waffe in den Nacken
gedrückt hatte.
Wir erreichten das Ende der Bucht und
schwammen um die hervorstehenden Felsen herum. Zum Glück war das
Wasser in dieser Nacht so ruhig wie schon lange nicht mehr, so dass
wir uns keine Sorgen machten mussten durch die Brandung an den
Klippen zu zerschellen.
Als wir den Felsen umrundet hatten
eröffnete sich uns ein atemberaubender Blick in die
Nachbarbucht.
Stolz und majestätisch ragte die Black Pearl
vor uns auf und Will gab ein ehrfurchtsvolles Keuchen von sich.
„Die
Black Pearl", murmelte er andachtsvoll und hielt für einen
Moment wassertretend inne.
„Mach schon", trieb ich ihn zur
Eile. „Wir haben nicht ewig Zeit!"
Doch die Zeit war
eigentlich mein geringstes Problem. Je näher ich der Pearl kam,
desto mulmiger wurde mir. Wie sollte ich bloß Wills Anwesenheit
erklären?
„Halt dich hinter mir und sag am besten kein
Wort", wies ich Will an, als wir den Bug erreichten. „Jack!"
rief ich dann so laut ich konnte und augenblicklich erschien sein
Kopf über der Reling.
Er starrte mich einen Augenblick
ungläubig an, legte den Kopf schief und schien zu überlegen.
„Ich dachte du wolltest die Stadt ausspionieren", meinte er
dann beiläufig und stützte die Arme auf die Reling.
„Hättest du mir gesagt, dass du nur ein Bad nehmen willst,
hätte ich dich doch begleitet." Er grinste anzüglich und
bekam sofort einen Schlag in den Nacken.
„Verdammt! Ich bin
hier der Captain!"
Mein Vater erschien neben ihm und sah ihn
böse an. „Solltest du dich auch nur einmal meiner Tochter
nähern, kannst du so viel Captain sein wie du willst", knurrte
er drohend und ließ seine muskelbepackten Arme spielen.
„Ist
ja schon gut. War doch nur ein Scherz", lenkte Jack ein und
flüchtete sich in ein breites Grinsen.
„Das will ich
hoffen."
„Äh... hallo!" meldete ich mich wieder zu
Wort. „Ich will ja nichts sagen, aber das Wasser ist sauig kalt und
ich bin hier nicht zum Spaß!"
Mein Vater verschwand kurz
und tauchte wenig später mit einer Strickleiter wieder auf.
Rasch kletterten Will und ich nach oben und als ich mich triefend
über die Reling zog, war mittlerweile die ganze Mannschaft
versammelt.
Ein plötzliches Sirren von Schwertern und säbeln
und das Klicken der Gewehre zeigte mir, dass auch Will den Weg über
die Reling gefunden hatte.
„Wartet!" rief ich und stellte
mich mit erhobenen Händen vor Will.
Jack und mein Vater
sahen mich merkwürdig an und Jack war klug genug das Wort meinem
Vater zu lassen. Wenn er eins in den Jahren, die er mit Bloody Bill
zusammen war, gelernt hatte, dann, dass er sich besser aus einem
Disput zwischen Vater und Tochter heraushielt. Denn solche
Streitereien konnten zuweile ziemlich unschön werden und da
wollte er sich lieber nicht einmischen.
„Shay", sagte mein
Vater scharf und ich musste mir Mühe geben nicht zusammen zu
zucken. „Was soll das?"
„Was soll was?" fragte ich
scheinheilig.
„Bitte sag mir jetzt, dass du einen Gefangenen
mitgebracht hast."
„Da muss ich dich leider enttäuschen."
„Warum, in aller Herrgottsnamen, hast du ihn angeschleppt?
Warte, lass mich ausreden... Ich weiß ja, dass auch du langsam
Bedürfnisse bekommst, aber unser Schiff ist kein Freudenhaus
und..."
„Vater, es reicht", unterbrach ich ihn und starrte
ihn wutentbrannt an. „Ich habe ihn nicht zum vögeln
hergebracht, sondern weil er meinen verdammten Arsch gerettet und
dabei seinen riskiert hat! Hätte er mir nicht geholfen, könntest
du jetzt zusehen, wie sich die Aasgeier an meiner verdammten Leiche
gütlich tun."
„Was ist passiert?" mischte sich Jack
nun doch ein und legte meinem Vater eine hand beruhigend auf den Arm.
„Die Royal Navy hat mich schon vor dem Hafen abgefangen und
Commodore Norrington ließ mich sofort einbuchten. Ihr hättet
mir ruhig sagen können, dass in diesem Gebiet verschärft
auf Piraten Jagd gemacht wird."
„Darauf wollte ich noch
hinweisen, aber du warst ja schon weg", meinte Jack grinsend.
„Und
was machen wir jetzt mir dem?" knurrte mein Vater missmutig.
„Werft ihn den Haien vor!", kamen einige Zurufe aus der Crew.
„Ja, über die Planke mit ihm!"
„Er könnte uns
noch nützlich sein", versuchte ich noch etwas zu retten, denn
merkwürdigerweise wollte ich nicht, dass Will etwas zustieß.
„Und er ist freiwillig hier."
„Na schön", meinte
Jack nach einer Weile. „Er kann bleiben... aber wenn er etwas
anstellt, bist du dafür verantwortlich. Los Männer, Anker
lichten, wir werden eine andere Bucht anlaufen. Diese wird mir zu
ungemütlich."
Die Crew löste sich auf und begann
damit das Schiff abfahrbereit zu machen.
Mein Vater trat langsam
auf Will zu und musterte ihn scharf. „Wie ist dein Name?"
„Will
Turner."
„Also, Will Turner... danke dass du meine Tochter
gerettet hast." Er hielt ihm die Hand hin und Will schlug zögerlich
ein. Doch kaum hatte sich die riesige Pranke meines Vaters um Wills
Hand geschlossen, zog er ihn mit einem harten Ruck zu sich heran.
„Solltest du hier auf diesem Schiff nur einmal falsch atmen,
breche ich dich eigenhändig in zwei Teile."
Ich sah, wie
Will bei den Worte meines Vaters um einige Nuancen blasser wurde und
musste grinsen.
„Lass ihn, Vater."
„Wieso? Der Junge
soll lernen, dass er sich auf einem Piratenschiff befindet. Hier sind
die Sitten nun mal rauer."
„Ich werde es mir merken",
meinte Will und die Erleichterung war ihm anzusehen, als mein Vater
ihm ein breites Grinsen schenkte.
„Dann solltest du dir auch
merken, dass alles was Bloody Bill sagt nicht nur leeres Gequatsche
ist..." Immer noch mit einem breiten Grinsen im Gesicht wandte er
sich von Will ab und kam zu mir.
Ich sah ihm an, dass er
erleichtert war über meine Unversehrtheit und dass er mich am
liebsten in die Arme geschlossen hätte, aber vor den Augen der
anderen ließ er keinerlei Gefühlsbekundungen zu.
„Haben
sie dir etwas angetan?"
„Nun ja, sie waren nicht gerade nett
zu mir und sie ließen mir noch nicht mal die Zeit mich
irgendwie zu äußern."
„Hm... ich glaube die
Kanonen der Pearl brauchen dringend wieder eine kleine Schießübung.
Niemand springt ungestraft so mit meiner Tochter um."
Alex
Es dauerte nicht lange, bis es am Pier nur so von
uniformierten Soldaten wimmelte.
Commodore Norrington befahl
seinen Männern den Hafen und die gesamte Stadt auf den Kopf zu
stellen, um die entkommene Frau zu finden. Zweifelsohne gehörte
sie zu Piraten oder sonstigem kriminellen Gesindel und mit solchen
Leuten wurde in Port Royal kurzer Prozess gemacht.
Nicht umsonst
stand auf dem Marktplatz ein Galgen, der in regelmäßigen
Abständen besuch von Verbrechern erhielt.
Was ich allerdings
kaum glauben konnte war, dass Will ebenfalls mit dieser Person
verschwunden war.
Wir waren schon lange Zeit befreundet...genauer
gesagt, seit dem Tag, als ich mit meinem Vater Port Royal erreichte
und mir von dem besten Waffenschmied der Stadt einen eleganten und
für eine Frau geeigneten Degen hatte anfertigen lassen.
In
England hörte man schließlich die fürchterlichsten
Geschichten über Piraten, Diebe und Plünderer, die man in
der Karibik zuhauf antreffen sollte.
Will war ohne Zweifel der
beste Waffenschmied in Port Royal, wenn nicht sogar in der ganzen
Karibik. Und er war ein guter Freund, so dass mich seine Reaktion
sehr überrascht hatte.
Ich blickte mich um, als ich
plötzlich ein Zupfen an meinem Ärmel spürte. Es war
meine Zofe und engste Vertraute Florance, die mich auf etwas
aufmerksam machen wollte, aber auch ich erkannte die Stimme meines
Vaters sofort.
"Commodore Norrington, was geht hier vor?"
Eilig schritt er den Pier entlang.
"Mir wurde berichtet,
dass...Symphony?" Unterbrach er seinen Satz als er mich erkannte
und ich zuckte zusammen, als er meinen ersten Vornamen durch den
halben Hafen brüllte. In dem Moment wünschte ich mir, die
Erde würde sich unter mir auftun und mich verschlingen...oder
eine riesige Flutwelle würde...na ja, vergessen wir das. Aber
auf jeden Fall gab es eines, was ich meinen Eltern wirklich übel
nahm: Das sie mir den Vornamen Symphony gegeben hatten !
Welcher
normale Mensch hieß schon so? Und nur weil es sich schön
anhörte?
Mittlerweile war ich selbst dazu übergegangen
mich nur mit meinem zweiten Vornamen Alexis vorzustellen, was aber
selten von Erfolg gekrönt war, da mein Vater mich mit Vorliebe
zu verbessern pflegte.
"Vater, wie oft muss ich euch noch
bitten...", begann ich ärgerlich, aber er ignorierte meinen
Einwurf und unterbrach mich.
"Symphony, was machst du hier?"
Wieder zuckte ich zusammen und bemerkte, wie Florance neben mir
ein Kichern unterdrückte. Sie wusste natürlich, wie sehr
ich es verabscheute, so genannt zu werden.
Bevor ich zu antworten
gezwungen war, kam glücklicherweise Commodore Norrington auf uns
zu.
"Governor Wentworth, wir sind auf der Suche nach einem
entflohenen Kriminellen", berichtete er.
"Entflohene
Kriminelle", murmelte ich leise.
"Wie meinen?"
fragte mein Vater und die beiden Männer sahen mich irritiert an.
Norrington wollte sich scheinbar nicht sofort die Blöße
geben zuzugeben, dass es sich um eine Frau handelte.
Ich winkte
ab, um zu zeigen, dass mein Kommentar unwichtig gewesen war und
Norrington fuhr fort.
"Und sie befindet sich in Begleitung
von William Turner."
"Welche sie?" fragte mein
Vater, der es noch nicht verstanden hatte.
"Die Kriminelle",
erklärte Norrington bereitwillig, aber mit deutlich leiserer
Stimme als zuvor.
"Ahhh", machte mein Vater. "Es
handelt sich also um eine Frau."
"Entflohene
Kriminelle...sag ich doch", murmelte ich wieder leise und als
die beiden Männer mich ansahen, tat ich erstaunt. So, als wenn
ich nichts gesagt hätte.
"Wir vermuten, dass sie mit
Piraten unter einer Decke steckt."
"Wollt ihr damit
sagen, dass ein Piratenschiff im Hafen vor Anker liegt?" fragte
mein Vater entsetzt.
"Wahrscheinlicher ist ja wohl, dass die
Piraten in einer der Nebenbuchten geankert haben, oder?" warf
ich ein. "So dumm hier in den Hafen einzulaufen sind ja wohl
selbst Piraten nicht", gab ich dann noch zu bedenken.
Alle
Blicke richteten sich nun aufs Meer, aber da es schon Nacht war,
konnte man auf der Reede vor Port Royal so gut wie kein Schiff
ausmachen.
"Ich denke, dass wir solche Überlegungen
lieber der Royal Navy überlassen sollten", wies mein Vater
mich zurecht und ich wusste, was er mir damit sagen wollte: Überlass'
das lieber den Männern, denn Frauen haben von solchen Dingen
keine Ahnung.
Ich warf ihm nur einen finsteren Blick zu und
erwiderte nichts mehr. Natürlich konnte ich seine Einstellung
ein stückweit nachvollziehen, aber dennoch ärgerte sie
mich.
Wieso wurden wir Frauen immer dermaßen unterschätzt?
Als wenn wir keinen gesunden Menschenverstand hätten, den wir
einsetzen können. Aber von Frauen wurde eben nur erwartet hübsch
auszusehen und ansonsten sollten wir lieber den Mund halten.
Normalerweise war mein Vater ein sehr fortschrittlich denkender
Mensch und hatte mir in England sogar erlaubt Reit- und
Fechtunterricht zu nehmen, aber in manchen Dingen kamen seine
konservativen Ansichten doch immer wieder zum Vorschein.
"Was
macht meine Tochter eigentlich hier, Commodore?" wandte sich
mein Vater wieder an Norrington, der mich nun zum ersten Mal seit
Beginn der Unterhaltung direkt ansah.
Scheinbar hatte er sich
diese Frage selbst noch nicht gestellt und kannte daher auch keine
Antwort darauf.
Bevor Norrington erwidern konnte, dass ich von
dieser Piratenbraut bedroht worden war und mein Vater mir für
den Rest meines Lebens Ausgehverbot erteilen würde, ergriff ich
das Wort.
"Wir waren spazieren und sind dann William hierher
zum Pier gefolgt, nicht wahr Florance?"
In dem Sinne war es
keine Lüge, sondern ich hatte nur einen Teil der Wahrheit
ausgelassen und hoffte inständig, dass Norrington mir nicht in
den Rücken fallen würde.
Meine Zofe nickte zustimmend,
da auch ihr daran gelegen war, dass niemand erfuhr, dass wir zuvor in
einer der Hafenkneipen etwas getrunken hatten.
So etwas schickte
sich schließlich nicht für die Tochter des Governors und
sollte mein Vater davon erfahren, dass Florance mich begleitet hatte
und mich nicht davon abgehalten hatte, stand ihre Anstellung auf dem
Spiel. Weder für sie noch für mich wäre es
wünschenswert gewesen, dass sie ihren Arbeitsplatz bei uns
verlor, da sie mittlerweile meine engste Vertraute war und wir schon
ziemlich viel angestellt hatten, was unschicklich für mich
gewesen wäre. Allerdings waren wir ein gutes Team, wenn es darum
ging solche Dinge zu vertuschen...
Auch Governorstöchter
wollen schließlich mal ihren Spaß haben.
Norrington
sagte zum Glück nichts Gegenteiliges, aber das hätte ich
auch nicht von ihm erwartet.
"Und was hat William Turner mit
dieser Sache zu tun?" wollte mein Vater nun wissen.
"Er
hat der Kriminellen bei der Flucht geholfen und wird nun ebenfalls
von uns gesucht", erwiderte Norrington gelassen, aber jetzt
musste ich einfach auch was dazu sagen.
"Tut mir leid,
Commodore, aber das kann ich einfach nicht glauben! So etwas würde
Will nie tun!"
"Und mir tut es ebenfalls leid, Lady
Wentworth, aber ich habe es mit eigenen Augen gesehen!"
erwiderte er schroff und sein Ton erstaunte mich. Normalerweise war
er immer charmant und freundlich, wenn er mit mir sprach, aber
diesmal stimmte irgendetwas nicht. Er musste doch wissen, dass ich
mit Will befreundet war, also warum ärgerte es ihn so sehr, dass
ich ihn in Schutz nahm? Oder lag es vielleicht genau daran?
"Will
würde nie etwas tun, was gegen die Gesetze von Port Royal
verstößt und das wisst ihr genauso gut wie ich!" gab
ich noch zurück und schwieg dann.
Der Commodore warf mir nur
einen Seitenblick zu und ignorierte mich dann. Aber plötzlich
mischte sich mein Vater wieder ein, dem die Situation wohl unangenehm
war.
"Nichtsdestotrotz müssen wir die Entflohene erst
mal finden und für Frauen ist es hier im Moment viel zu
gefährlich! Ihr werdet mir da sicher zustimmen, nicht wahr,
Commodore?"
Norrington nickte.
"Natürlich,
Governor. Gillette!" befahl er dann einen Lieutenant zu uns, der
auch gleichzeitig seine rechte Hand war, was die Leitung des Royal
Navy Stützpunktes anging.
Gillette trat zu uns und verbeugte
sich, wie es standesgemäß verlangt war.
"Sir?"
wandte er sich dann an Commodore Norrington.
"Sorgen sie
dafür, dass die beiden Damen sicher zum Haus des Governors
geleitet werden."
Norrington nickte uns noch kurz zu und
wandte sich dann zusammen mit meinem Vater ab, um die weitere
Vorgehensweise zu diskutieren. Ich wurde das Gefühl nicht los,
dass er froh war uns oder besser gesagt mich loszuwerden und ich
fragte mich, was der Grund dafür war.
Er hatte sich noch nie
so merkwürdig verhalten und ich hatte sonst eher das Gefühl
gehabt, dass er meine Gesellschaft schätzte.
Ein leichter
Stoß von Florance riss mich aus meinen Gedanken und ich merkte,
dass Gillette uns wartend ansah. Er erwartete scheinbar, dass wir ihm
folgten und das taten wir dann auch.
Zurück zu Hause ging
ich auf mein Zimmer und trat nach draußen auf den Balkon.
Florance stand neben mir und zusammen blickten wir hinunter auf Port
Royal, wo man nur durch die Gassen wandernde Fackeln und Lampen
erkennen konnte.
Das Haus des Governors lag standesgemäß
über der Stadt und von hier aus hatte man bei klarem Wetter
einen wundervollen Blick über die ganze Bucht, an der der Hafen
von Port Royal lag.
Rechts etwas abseits von der eigentlichen
Hafenstadt und etwas erhöht, lag eine Festung in der die
Hafenverwaltung und die Royal Navy ihren Sitz hatten. Dort befanden
sich auch das Arbeitszimmer von Commodore Norrington und das
Arbeitszimmer meines Vaters, wenn er seinen Pflichten als Governor
von Port Royal nachgehen musste.
"Findet ihr nicht, dass
Commodore Norrington sich vorhin ziemlich merkwürdig verhalten
hat?" richtete ich dann das Wort an Florance, um meine Gedanken
mit jemand teilen zu können.
"Macht euch keine Sorgen,
Mylady...er wird euch schon fragen..."
Ein Schmunzeln stahl
sich in ihr Gesicht und ich tat empört.
"Wovon redet
ihr?"
"Mylady, muss ich das wirklich noch näher
ausführen?"
Ich musste lachen und schlug nach ihr, aber
sie wich mir geschickt aus.
Natürlich wusste sie von meiner
Schwärmerei für Commodore Norrington und natürlich
wusste sie auch von den ganzen Ausreden, die ich mir immer hatte
einfallen lassen, um meinen Vater besuchen zu können, um dort
Norrington vielleicht über den Weg zu laufen... und viele dieser
Ausreden beruhten sogar auf Einfällen von ihr.
Norrington
war immer sehr freundlich und charmant gewesen bei diesen zufälligen
Treffen und egal wie sehr er auch in Eile war, hatte er immer eine
kurze Unterhaltung mit mir begonnen, wenn ich vor dem Büros
meines Vaters gewartet hatte.
Nur heute war er so ganz anders
gewesen.
Ich wusste, dass der Tag kommen würde, an dem
irgendjemand bei meinem Vater um meine Hand anhalten würde und
würde dieser jemand auch angemessenen Standes sein, könnte
mein Vater eine Heirat kaum ausschlagen.
Mittlerweile war ich nun
mal im heiratsfähigen Alter und obwohl ich wusste, dass meinem
Vater auch nicht Wohl bei dem Gedanken war, seine einzige Tochter zu
verheiraten, wusste ich auch, dass er kaum mehr als zwei Anträge
abschlagen könnte ohne dass es zu einem Skandal und Gerüchten
führen würde.
Insgeheim hatte ich immer gehofft, dass
wenn dieser Tag nun bald kommen würde, es vielleicht Norrington
sein würde, der mich zur Frau nehmen wollte. Und auch mein Vater
wusste, auch wenn wir offiziell nie darüber gesprochen hatten,
dass er diesem Antrag sofort hätte zustimmen können.
Aber
mittlerweile wartete ich schon eine ganze Zeit darauf und meine
Hoffnung schwand zusehends.
Commodore Norrington war wohl der
Schwarm eines jeden anständigen Mädchens in Port Royal,
denn trotz seiner hohen Stellung war er noch recht jung und trug
keine Perücke wie die meisten älteren Offiziere oder auch
mein Vater und bei dem Gedanken daran, dass mich irgendein alter Lord
oder Adliger heiraten wollte, wurde mir schon ganz schlecht.
Es
änderte aber nichts daran, dass Norrington wohl jedes Mädchen
in Port Royal hätte haben können.
Florance schien meine
Stimmungsschwankung zu bemerken und versuchte es mit aufmunternden
Worten.
"Mylady, er mag euch. Ganz sicher."
"Ja
ja."
"Ihr vertraut mir doch, oder?"
"Jaahhh",
antwortete ich etwas genervt.
"Dann glaubt mir auch, dass er
schon kommen wird. Außerdem weiß ich, dass er in letzter
Zeit vermehrt längere Unterhaltungen mit eurem Vater hatte...und
dabei ging es nicht um geschäftliche Dinge."
Ich wurde
hellhörig.
"Woher wisst ihr das?"
"Auch
wir Dienstboten haben so unsere Quellen..."
Wahrscheinlich
hieß das, dass sie jemand kannte, der wiederum jemand kannte,
der eventuell zu den Bediensteten in der Festung gehörte.
Ich
nickte nur.
"Ihr solltet zu Bett gehen, Mylady. Wenn euer
Vater zurückkehrt und ihr seit noch wach..."
"Ja
ja."
Florance half mir beim Entkleiden, denn so ein Korsett
und das schwere Kleid waren alleine kaum zu bändigen.
Dann
legte ich mich ins Bett und Florance ging auf ihr Zimmer, das am
anderen Ende des Ganges lag.
Nachdem ich geschlagene zwei Stunden
wach gelegen hatte, weil ich einfach nicht einschlafen konnte, stand
ich wieder auf und schlich in das Arbeitszimmer meines Vaters, um
dort auf ihn zu warten.
Es dauerte noch eine Stunde, bis ein
Geräusch an der Tür mich aus meinem Dämmerschlaf riss,
in den ich mittlerweile gefallen war.
Mein Vater trat ein und
erschrak leicht, als er mich sah.
"Symphony, was machst du
hier?"
"Ich warte auf dich, Vater", gähnte
ich. "Und wie oft muss ich dir noch sagen, dass du mich Alex
nennen sollst?"
"Tochter, wir haben dir diesen Namen
gegeben, weil er äußerst hübsch klingt", tadelte
er mich.
"Ich mag ihn aber nicht."
Er seufzte.
"Und dabei bleibt es, ja?"
"Ja."
"Ich
bin wahrscheinlich viel zu nachsichtig mit dir...aber seitdem deine
Mutter tot ist und wir nach Port Royal gekommen sind...na ja, lassen
wir das."
Ich trat auf ihn zu und umarmte ihn.
"Du
bist sicher nicht zu nachsichtig. Du hast eben nur ein viel zu
weiches Herz, Vater."
"Und das wird mir gesagt: Einem
Governor im Dienste seiner Majestät. Verrate das bloß
niemandem...", meinte er dann zwinkernd und ich ließ ihn
los.
"Vater, was geschieht mit Will, wenn sie ihn finden?"
"Wieso interessiert dich das überhaupt?"
"Vater!
Du weißt genau, dass wir befreundet sind!"
"Ja
ja, ich weiß..."
"Will ist ein guter Mensch! Er
würde nie etwas schlechtes tun..."
"Leider ist
Commodore Norrington da mittlerweile anderer Ansicht..."
Flehend sah ich meinen Vater an.
"Vater, kannst du nicht
ein gutes Wort für Will einlegen?"
"Ich glaube
nicht, dass das etwas bringen würde, Sym...Alexis. Außerdem
sollten sich Frauen aus solchen Dingen lieber raushalten..."
"Vater!!!"
"Ach Alexis, du bist sowieso schon
viel zu vorlaut für eine Frau."
"Willst du mich
jetzt beleidigen?" fragte ich irritiert.
"Nein, denn es
ist ja meine Schuld...aber woher sollte ich auch wissen, wie man eine
Tochter richtig erzieht? Du bist das einzige, was mir von deiner
Mutter geblieben ist und wenn ich dich ansehe, dann sehe ich sie in
dir...und wie kann ich dir da auch nur einen Wunsch abschlagen?"
"Ach Vater...Aber auch wir Frauen besitzen nun mal einen
Verstand und können ihn benutzen. Genauso wie unseren Mund...na
ja, jedenfalls die meisten von uns können das."
"Vielleicht, Alexis, wird dein Einfluss bei Commodore
Norrington ja bald größer sein als meiner..."
Irgendwie machte sich ein merkwürdiges Gefühl in meiner
Magengegend breit.
"Wie meinst du das, Vater?"
"Der
Commodore hat heute bei mir um deine Hand angehalten."
Mein
Herz machte einen Sprung und verfiel in einen unregelmäßigen
Rhythmus.
"Und was hast du gesagt?" fragte ich fast
atemlos.
"Nein."
"Was? Nein? Vater? Vater!!!"
In mir ging es drunter und drüber, aber als ich das Lächeln
meines Vaters bemerkte, wurde ich wieder etwas ruhiger.
"Ich
sagte: Nein, da müsse er sich schon an dich wenden, aber ich
würde keine Einwände erheben..."
"Und jetzt?"
Ich war doch noch immer etwas überrumpelt.
"Er sagte,
dann werde er dich fragen..."
"Wann?"
"In
den nächsten Tagen..."
"In den nächsten
Tagen? Geht's nicht noch ungenauer?" knurrte ich.
"Alexis!"
ermahnte mein Vater mich und ich riss mich zusammen.
"Ja ja,
schon gut...Aber hättest du mir das nicht schon eher sagen
können?"
"Es ergab sich nun mal keine passende
Gelegenheit."
Plötzlich streckte mein Vater seine Arme
aus und zog mich an sich.
"Ich freu mich sehr für dich,
Alexis..."
"Danke."
"Und jetzt: Werden
wir zu Bett gehen!"
Ich nickte, aber auf dem Weg zu meinem
Zimmer wurde mir klar, dass ich ganz sicher noch nicht schlafen
konnte.
Außerdem wurde mir nun klar, warum Norrington sich
so merkwürdig verhalten hatte. Vielleicht hatte er gedacht, mein
Vater hätte mir schon von seinen Plänen berichtet und dann
wäre auch klar, warum es ihn so gestört hatte, dass ich nur
an Will gedacht hatte.
Mir fiel nur eine Person ein, mit der ich
jetzt noch mein Glück teilen wollte...falls Norrington es sich
nicht doch noch anders überlegte: Florance
Leise klopfte ich
an die Tür und vernahm nur unverständliches Gemurmel. Also
trat ich ein und verschlafen sah Florance mich an.
"Mylady?"
fragte sie ihre Augen reibend.
"Ich kann nicht schlafen",
antwortete ich.
"Aber ich", gab sie mürrisch
zurück und ich wusste, dass ich sie nur mit einer sensationellen
Neuigkeit locken konnte.
"Commodore Norrington will mich
bitten seine Frau zu werden...er hat heute mit meinem Vater
gesprochen!"
Plötzlich war auch sie hellwach und sprang
aus dem Bett.
"Oh das ist ja wundervoll! Ich freu mich so
für euch!"
"Danke, aber noch ist es ja nicht
offiziell. Aber auf jeden Fall kann ich jetzt nicht schlafen und da
dachte ich..."
"Da dachtet ihr?"
"Wir
könnten ja vielleicht noch ein Gläschen zum Einschlafen
trinken. Ich hab ja noch die angefangene Flasche Rum..."
Florance musste schmunzeln und so schlichen wir gemeinsam zurück
zu meinem Zimmer.
Ich öffnete die Tür und wollte gerade
etwas sagen, als ich erschrak, denn ich blickte direkt in den Lauf
einer Pistole.
"Ach du meine Güte!" entfuhr es
mir. "Die Piratenbraut!"
Ich spürte wie Florance
hinter mir ebenfalls zusammenzuckte, aber bevor eine von uns schreien
konnte, zischte die entflohene Piratenbraut uns eine Drohung zu.
"Ganz recht, werte Lady! Und jetzt will ich keinen Mucks von
euch hören. Wäre doch zu
schade, wenn ich ihr hübsches
Köpfchen mit einem Loch verunstalten müsste..."
