Der Schatten des Königs
Autorin: silverbullet27
Disclaimer: Alles gehört Christopher Paolini, Random House, dem cbj-Verlag und 20th Century Fox – mit Ausnahme von Niniel und einigen anderen OCs, die auf meinem Mist gewachsen sind. Ich verdiene kein Geld mit dieser Geschichte und habe es auch nicht vor. Nach dem Spielen lege ich die Püppchen wieder brav zurück in die Spielkiste, versprochen!
Rating: ab 16 klingt gut und vertretbar…
Anmerkung: Dies ist die Fortsetzung von „Schattenspiele" und befasst sich mit den ersten Jahren von Durza im Neuen Imperium, dass er selbst mit aufbaut. Ursprünglich sollten beide Geschichten eine bilden, aber ich entschloss mich zu einem recht brachialen Einschnitt. Wo „Schattenspiele" schon eine Fortsetzung zu einer Fic („Die Wüstenratten") von mir war, so hoffe ich doch, dass ihr diese Geschichte auch wieder ohne Kenntnis der Vorgänger lesen könnt. Einige OCs werden auftauchen, die schon in den früheren Fics erwähnt wurden. Ich werde mich bemühen, jeweils eine kurze Erklärung zu geben wenn das der Fall ist, ohne den Ablauf der Geschichte zu stören. Sollte das nicht der Fall sein, bitte meine unweigerlich auftauchenden A/Ns lesen, ja?
Prolog
Waren es wirklich erst drei Wochen seit der Vernichtung des Elfenheeres? Und auch erst zwei Wochen nach der Machtergreifung durch Galbatorix? Durza kam die Zeit viel länger vor. Vielleicht lag es auch daran, dass er seitdem kaum ein paar Minuten allein gewesen war. Oder an der Tatsache, dass er bis zum Hals in Akten steckte, die er für den neuen König ordnen sollte. Erst die Akten ordnen, dann das Reich. Zumindest war wichtig, die tatsächlichen Funktionen der Adligen und anderen Würdenträger im Reich zu kennen, bevor sie unterstützt oder abgesetzt wurden.
Abgesetzt. Eine schmeichelnde Umschreibung für das, was den Hofschranzen widerfuhr, sobald ihre Nutzlosigkeit erkannt wurde. Auch wenn die Hinrichtungen nur als Gerüchte in der Stadt bekannt wurden, so war doch eine gewisse Anspannung, wenn nicht sogar Enttäuschung der Bevölkerung spürbar. Galbatorix brauchte dringend einen Auftritt, der seine Popularität stärken würde.
Und eben diesen Auftritt bereitete Durza gerade vor.
Oder auch nicht.
Abermals wurde ihm bewusst, dass diese ganze Aktenwälzerei zu nichts führte und klappte das Kontobuch der Leona-Region zu. Es gab so gut wie keinen Adligen, der nicht in die eigene Tasche wirtschaftete. Kaum ein etwas vermögender Haushalt oder größerer religiöser Orden verzichtete auf Sklaven. Korruption und Sklaverei anzuprangern schied also schon einmal aus, auch wenn das gemeine Volk das vielleicht – nein, ganz sicher – begrüßt hätte, denn die „Übeltäter" waren die Stützen des Reichs – vorläufig.
Müde rieb sich der Schatten die Schläfen und zwinkerte angestrengt mit den Augen. So viele Handschriften und kaum eine war auch nur annähernd leserlich… Er musste dringend aus dieser muffigen Kammer und frische Luft schnappen! Nicht, dass die Schreibkammer des ehemaligen Kanzlers nicht ungemein komfortabel gewesen wäre, aber nach zwei geschlagenen Wochen ertrug er die Wände um sich herum nicht mehr. Außerdem rannten zu jeder Tages- und Nachtzeit Boten ein und aus, die ihn mit neuen Akten, Mitteilungen und Anfragen überhäuften.
Der Morgen graute gerade, ein weiterer stickiger Tag in einer überfüllten Stadt, als Durza aus dem Palast schlich. Galbatorix war zwar ein Mensch, der seinen Tag früh begann, aber meist schickte er erst zur Mittagszeit nach dem Schatten. Und die anderen Wyrdfell – die neuen Drachenlords – waren entweder in den Provinzen unterwegs oder mit Sicherheit noch in ihren Betten. Wenigstens ein paar Stunden sollten Durza gehören – auch wenn bis dahin sein Schreibtisch wahrscheinlich endgültig überquoll.
Wieder keimte die unterdrückte Wut in ihm auf. Sein Stolz trieb ihn einerseits zu Hochleistungen, andererseits führte er auch dazu, dass er zutiefst unzufrieden mit seinem derzeitigen Status war. Handlanger. Schoßhund. Sklave. Gezwungen vorzugeben, ein menschlicher Zauberer zu sein. „Berater des Königs", so sein offizieller Rang. Kein Zustand für einen Schatten. Er hatte selbst noch vieles zu erledigen, durfte das aber erst, wenn sein HERR ihm dies erlaubte. Durza hätte in diesem Moment am liebsten ganz Ilirea in Schutt und Asche gelegt.
„Tief durchatmen. Wut runterschlucken. Meine Zeit kommt schon noch…" Stumm spulte er sein neues Mantra immer und immer wieder in Gedanken ab und spazierte durch die Gassen der Königsstadt. Auf dem Roten Markt begannen die Händler, ihre Waren feilzubieten. Zeit, sich unter das Volk zu mischen und zu lauschen, vielleicht erfuhr er ja etwas Nützliches.
Kapitel 1
„Worauf willst du hinaus?" fragte Galbatorix und strich sich nachdenklich über den Bart.
Durza räusperte sich verärgert. Das Bankett am vorherigen Abend und die unweigerlich geflossenen Weinströme hatten dem König Kopfschmerzen und eine gewisse Begriffsstutzigkeit beschert, die den sonst klaren Verstand seines „Herrn" lähmte. „Auch wenn die Hauptprobleme im Reich mangelnde Bildung, Korruption und ein immer weiter ausufernde Sklaverei sind, interessieren sich die Bürger hauptsächlich für ihren Magen und dass er gefüllt ist."
„Soweit waren wir schon…"
„Die Adligen und die verschiedenen Orden verlangen 15 von 100 von der Ernte der Bauern, bis zu 20 von 100 vom Einkommen der Kaufleute. Dem König – also Euch – stehen davon wieder 10 von 100 zu, die den Bauern noch zusätzlich berechnet werden. Da diese meist weder rechnen noch schreiben oder lesen können, fällt der Betrug meist nicht weiter auf. Bei den Kaufleuten hingegen wird offen mit Gewalt gedroht, um die Anteile für die Krone zusätzlich zu erpressen."
„…ja, es reicht. Ich weiß, das nennt sich Korruption. Überanspruche meine Geduld nicht, Durza!"
„Das Volk hungert."
„Was soll das? Die Getreideernten sind seit Jahren gut, die Speicher quellen über!"
„EURE Speicher und die der Adligen und Ordensgüter. Die meisten Bauern verkaufen freiwillig ihre Kinder an ihre Herren, um weniger Abgaben zahlen zu müssen." Hatte der König ihn noch immer nicht verstanden?
„Durza… wenn unsere Unterhaltung einen Sinn haben soll, erkläre mir nicht, was ich selbst schon gelesen und erlebt habe!" flüsterte Galbatorix düster und trommelte ungeduldig mit den Fingern auf der Armlehne seines Stuhls.
Ein entnervtes Seufzen wäre jetzt sicher schmerzhaft geworden, auch wenn es dem Schatten wahrlich auf der Seele lag. „Wenn Ihr das Volk gewinnen wollt ohne die Adligen zu verlieren, öffnet einen Eurer eigenen Speicher in der Stadt für die Bürger. Anschließend zerschlagt die Ordensgüter – oder zumindest die meisten davon, um die Bauern zu beruhigen."
Einen eisigen Moment lang herrschte Stille im Arbeitszimmer des Königs. Dann nickte Galbatorix leicht und erhob sich aus dem Stuhl, um ans Fenster zu treten. „…damit wären die Adligen gewarnt und die Ländereien würden zurück an die Krone fallen. Wer sich etwas davon verdienen will, wird sich loyal geben…"
Der Schatten lächelte kühl. „Kein Adliger würde es wagen, sich gegen Euch zu erheben. Nicht, nach den Kämpfen der letzten Monate, in denen Ihr immer siegreich ward!" In Gedanken setzte er noch hinzu: ‚…auch wenn ICH es war, der die meisten Siege vorbereitet hatte…'
„Glaube nicht, dass ich deinen Einsatz nicht zu schätzen wüsste, mein Freund" sagte der König beiläufig über seine Schulter hinweg und beobachtete weiter das Treiben auf dem Platz vor dem Palast.
Durza lief ein kalter Schauer über den Rücken, doch er ließ sich nichts anmerken, sondern schwieg.
„Aber eines hast du nicht bedacht… Die Gläubigen werden sich gegen mich stellen. Und das werden nicht wenige sein…"
Der Schatten zuckte mit den Schultern. „Bietet ihnen einen neuen Glauben an. Einen, deren Vertreter Euch ergeben sind."
Nun lachte Galbatorix laut auf, drehte sich dem irritierten Schatten zu und fragte: „Lass mich raten: die Brüder vom Helgrind? Der Orden, der seit ewigen Zeiten die Tore des Todes bewacht und eng mit Schatten wie dir verbunden ist?"
‚Gibt es irgendetwas, das Pamuk nicht ausgeplaudert hat?' fragte sich Durza wütend, verneigte sich jedoch lächelnd und meinte: „Wieder einmal bewundere ich Eure Weitsicht, mein König!"
„Mit Weitsicht hat das weniger zu tun als mit deiner Berechenbarkeit, Durza. Ein Schatten dient zuallererst sich selbst. Dein Vorgänger schloss sich mir freiwillig an, dich musste ich ja leider… hm… anders überzeugen."
Wieder verneigte sich der Schatten lächelnd, auch wenn ihm in diesem Moment mehr nach schreien und morden zumute war. Nie würde er die eiserne Umklammerung seines Herzens vergessen, mit der Galbatorix ihn zu seinem Sklaven gemacht hatte. „... und vergiss nicht: ich habe von deinem Herzblut gekostet. Ich kann dich jederzeit finden und bestrafen, wenn du eigene Wege zu gehen versuchen solltest..." Das waren Galbatorix' Worte gewesen. Später dann redete er von Vertrauen und Freundschaft, doch Durza zog es vor, niemandem zu vertrauen. Und erst recht nicht jemandem, der ihn so derart bedroht hatte. Ja, er hatte eigene Ziele und unterwarf sich nur widerwillig, aber solang diese mit denen des Königs vereinbar waren… Nein, es hatte keinen Sinn, sich etwas vorzumachen: Er war Galbatorix ausgeliefert und er würde das Beste aus seiner höchst unangenehmen Situation machen.
Der König warf ihm einen eisigen Blick zu und befahl: „Bereite alles vor. Ich will noch heute Nachmittag zu den Bürgern sprechen."
Stumm verbeugte sich Durza und wandte sich zum Gehen. Noch bevor er die mit reichlich Schnitzereien und Blattgold verzierte Doppeltür erreichte, begann er vor Wut und verletztem Stolz zu zittern. Eilig öffnete er die Tür und rannte durch die Flure des Palastes. Wenn er seine Freiheit zurückwollte, würde er gehorchen müssen.
TBC
A/N: Pamuk war der Schatten, der Galbatorix früher beraten hatte. Nachdem Durza ihn zurück auf die andere Seite geschickt hatte, nahm er unfreiwillig dessen Position ein – vergleiche „Schattenspiele", Kapitel 2
