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Mein kaltes Herz
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Disclaimer für diese Geschichte: Die Welt von Harry Potter gehört J. K. Rowling. Alle Rechte verbleiben bei ihren Inhabern.
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Anmerkungen: Ich danke meinen Beta-Leserinnen Kathrina CH und silvermoon1987.
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Kapitel 1
Verzweiflung
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Die Dunkelheit frisst meine Seele auf.
Ich habe nichts, woran ich mich festhalten könnte.
Nichts.
Alles, woran ich mich erinnern kann, sind die schrecklichsten Momente meines Lebens.
Momente der Scham, der Schuld, der Angst, der Erniedrigung.
Ich bin gefangen, gefangen in meinem eigenen Kopf.
Sie kommen näher, ich spüre es.
Die Angst streckt ihre kalten Hände nach mir aus, brandige, verkrüppelte Klauen – wie die ihren.
Sie kommen.
In mir steigt die Flut der Verzweiflung.
Der Damm bricht ...
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Ich bin wieder im Gerichtssaal.
Die Kälte, die mich umgibt, ist immer noch die gleiche. Zwei Wochen habe ich in Askaban gesessen, Untersuchungshaft, und heute haben die Dementoren mich und die anderen bis zum Ort der Verhandlung gebracht. Seit zwei Wochen begleitet mich diese tödliche Kälte. Sie hat sich in meine Knochen gefressen und in mein Herz. Wenn es schneller schlägt, so wie jetzt, habe ich immer Angst, es könnte zerspringen wie ein Eiskristall, und ich gehe auf Zehenspitzen, damit meine gefrorenen Knochen nicht zersplittern.
Mir ist so kalt.
Die Dementoren drängen mich auf einen Stuhl. Schwere Ketten winden sich um meine Handgelenke wie bösartige Schlangen, fesseln mich hart an die Armlehnen.
Jetzt erst hebe ich den Kopf, jetzt erst, denn die Dementoren weichen zurück und es wird etwas wärmer, etwas ...
Der Saal ist zum Bersten gefüllt. Alle Augen sind auf uns gerichtet. Alle Gesichter sind voll Hass.
Ich suche in den Augen der Menschen, die mir am nächsten sitzen, und finde kein Mitgefühl in ihnen. Nirgends.
Neben mir thront Bella, stolz wie eine Königin. Die frostige Verzweiflung, die die Dementoren mit sich führen wie eine giftige Wolke, scheint sie nicht zu erreichen. Sie bleibt ungerührt, unberührbar.
Ihr Mann Rodolphus ist genauso gelassen und beherrscht wie sie, mustert die Anwesenden mit kalt überlegenem Blick, sitzt hoch aufgerichtet, selbstsicher.
Dolohow zu meiner Linken ist nervös, rutscht auf seinem Stuhl hin und her. Ich sehe seine Hände zittern, höre seine hastigen, flachen Atemzüge.
Doch die Angst, die er zeigt, ist nichts gegen das lähmende Entsetzen, das mich gepackt hat, seine Klauen in mein bebendes Fleisch, in meinen flatternden Geist schlägt.
Mein Vater präsidiert drohend auf seinem Richterstuhl. Sein Gesicht ist so von Abscheu erfüllt, dass ich kaum wage, zu ihm aufzublicken. Mit kalter, klarer Stimme beginnt er, die Anklage zu verlesen. Nein, er liest nicht, er schmettert uns seinen Hass, seine Verachtung entgegen.
Uns? Er sieht nur mich an, als er von unseren widerwärtigen Verbrechen spricht, und versucht dabei, mich mit seinen Blicken zu töten.
Die Angst in mir kocht hoch. Plötzlich fühle ich mich flüssig. Die eisige Starre ist von mir gewichen, aber ich bin kraftloser als je zuvor.
„Vater!"
Ich will schreien, brüllend protestieren. Ich bin unschuldig, ich habe es in den Verhören immer wieder gesagt. Ich bin unschuldig, ich habe es nicht getan, ich habe es nicht gewusst, ich war es nicht.
‚Vater!', will ich schreien, doch meine Schwäche erlaubt mir nur ein leises Flehen.
„Vater ... Vater, bitte ..."
Es ist lange her, dass ich meinen Vater um etwas gebeten habe, und noch länger liegt es zurück, dass mir eine meiner Bitten erfüllt wurde. Auch jetzt ignoriert er mich, spricht einfach weiter, wird lauter, brüllt mich nieder, wie immer.
Doch diesmal geht es um mehr. Diesmal geht es um mein Leben. Ich kann nicht schweigen, und als ich meinen Protest erneut herauszuschreien versuche, gelingt mir immerhin ein schrilles Kreischen.
„Vater, ich war es nicht! Ich war es nicht, ich schwöre es, Vater, schick mich nicht zu den Dementoren zurück" –
Doch er brüllt, dass meine Stimme untergeht, dröhnt seine Anklage hinaus. Jetzt ist er nicht mehr bei Frank Longbottom, sondern bereits bei dessen Frau Alice. Schon ruft er die Jury an. Das ist keine Verhandlung, es ist ein Schauprozess, und alle wissen das.
Aber hier geht es um mein Leben! Ich spüre eine Kältewelle, die von den hoffnungsvoll wartenden Dementoren ausgeht, über mir zusammenschlagen, und ich kann nicht anders, jetzt muss ich sie bitten, auch wenn ich weiß, wie sehr ich sie damit quäle, und ich schreie, ich kreische nach ihr, und weiß, dass ich wie ein zu Tode verängstigtes Kind klinge.
„Mutter! Mutter, halt' ihn auf, Mutter, ich hab's nicht getan, ich war's nicht!"
Ich kann ihr Gesicht nicht sehen, sie hat es hinter einem Taschentuch verborgen. Sie weint, sie wiegt sich vor und zurück, so wie sie mich gewiegt hat, als ich noch klein war ...
„Ich fordere nun die Mitglieder der Jury auf", brüllt mein Vater über mein Flehen hinweg, „die Hände zu heben, wenn sie wie ich glauben, dass diese Verbrechen eine lebenslängliche Haftstrafe in Askaban verdienen."
Und sie heben die Hände, alle heben sie die Hände. Das Publikum beginnt zu klatschen, sie freuen sich, sie wollen Blut sehen, unser Blut. Doch weil hier kein Blut fließen wird, sie sind schließlich zivilisiert, sind sie auch halbwegs zufrieden, wenn wir für den Rest unseres Lebens in Askaban eingesargt werden, in der Zaubererhölle.
Aber ich bin erst neunzehn, verdammt, ich habe Angst, ich habe eine Scheißangst ...
„Nein! Mutter, nein! Ich hab's nicht getan, ich hab's nicht getan, ich hab's nicht gewusst! Schick' mich nicht dorthin, lass' nicht zu, dass er es tut!"
Aber da kommen sie, SIE!
Die anderen erheben sich, als die Ketten sie freigeben, ich sehe es aus den Augenwinkeln, und Bella ruft etwas, irgendetwas von Treue und Belohnung und dem Dunklen Lord. Aber ich höre sie kaum, denn ich höre etwas anderes: Schreie und Gelächter in meinem Kopf, wahnsinnige Schmerzensschreie und irres Gelächter.
Und dann sind sie da, hinter mir, greifen nach meinen Armen, das Blut erstarrt in meinen Adern und mein Herz bleibt fast stehen, so kalt ist es plötzlich, so kalt ... Sie greifen nach mir, mit ihren toten, verrotteten Klauen, doch ich schlage ihre Hände weg, ich schreie, ich werde nicht mitgehen, ich will nicht, nein!
Aber die Kälte kriecht in mir hoch, und mit ihr die Verzweiflung, und so sehr ich dagegen ankämpfe, ich werde immer schwächer.
Im Hintergrund schreit die Menge ihren Spott hinaus, spuckt ihre Verachtung über uns aus, und jetzt haben sie mich gepackt, aber das kann er doch nicht zulassen –
„Ich bin dein Sohn! Ich bin dein Sohn!"
„Du bist nicht mein Sohn!" Noch nie habe ich so viel Hass in seiner Stimme gehört. „Ich habe keinen Sohn!"
Ich sehe, wie meine Mutter in sich zusammensackt, vielleicht ist sie ohnmächtig geworden, und die letzten Kräfte fließen aus mir heraus, versickern in den schwarzen Herzen der Dementoren.
„Bringt sie weg! Bringt sie weg, und mögen sie dort verrotten!"
„Vater! Vater, ich war nicht beteiligt! Nein! Nein! Vater, bitte!"
Doch er hat sich abgewandt, beugt sich über meine Mutter. Meine Beine geben nach, als die schwarze Welle mich überrollt, die kalten Hände packen fester zu, und ich falle, falle ...
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Ich tauche aus meinen Erinnerungen auf und stürze von einer dunklen Flut in die nächste.
Sie stehen in meiner Zelle, es sind zwei. Ihre Gesichter, oder das, was sie an Stelle von Gesichtern haben, sind mir zugekehrt, ihr röchelnder Atem gellt in meinen Ohren.
Ich liege auf meiner Pritsche, starr vor Angst. Und doch weiß ich, dass sie sich noch zurückhalten, den Schrecken, der von ihnen ausgeht, willentlich dämpfen – sonst wäre ich jetzt überhaupt nicht in der Lage, sie deutlich wahrzunehmen, ich wäre immer noch in meinen Erinnerungen gefangen wie ein Maikäfer in einer Zigarettenschachtel.
Doch jetzt kann ich denken, die Angst kontrollieren.
Mit einem grellen Klirren stellt einer von ihnen einen randvollen Essennapf auf den Steinboden, deutet mit einer gebieterischen Geste erst auf mich, dann auf die fade, farblose Pampe.
Sie wollen, dass ich esse?! Ich hätte nicht gedacht, dass sie es überhaupt mitbekommen, wenn einer von uns die Nahrung verweigert. Außerdem hatte ich immer den Eindruck, sie seien nicht an unserem Überleben interessiert, würden im Gegenteil jeden Tod genießen, gibt er ihnen doch die Möglichkeit, sich bis zum Bersten mit fremder Energie vollzusaugen.
Vielleicht bin ich zu wichtig, um mich einfach so verrecken zu lassen? Immerhin ist mein Vater ein hohes Tier im Ministerium ...
Doch die in mir aufflackernde Hoffnung erlischt so rasch wie ein Streichholz. Ich bin nicht mehr sein Sohn, das hat er mir unmissverständlich klar gemacht. Niemand wird kommen, um mich zu retten.
Niemand.
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