Disclaimer: Mir gehört nichts
Charaktere: Dean
Inhalt: Ca. ein halbes Jahr nach „Faith" findet Dean sich vor einem ganz bestimmten Grab wieder
Schuldig
Dean
Winchester hätte sich niemals als Mörder bezeichnet. Er
jagte Dämonen, er tötete sie, und mit jedem Dämon, den
er tötete, rettete er indirekt etliche menschliche, meist
unschuldige Leben.
Dämonen zu töten war kein Mord, es
war eine Notwendigkeit. Und deshalb sah Dean Winchester sich niemals
als Mörder, jedenfalls nicht bis zu dieser einen Nacht im
November.
Still stand er da. Seine Arme hingen herunter,
die Schultern wirkten schlaff. Er hätte die Hände in die
Taschen seiner Lederjacke stecken können, doch er tat es nicht
und so kroch mit der Zeit eine stechende Kälte seine Finger
hinauf. Die gleiche Kälte breitete sich in seinem Gesicht aus
und seine Augen brannten von dem beißenden Wind. Doch Dean
spürte die Kälte nicht. Er ignorierte sie, verdrängte
sie. Er war gut im Verdrängen, war es immer gewesen.
Als er
klein gewesen war, hatte er den Tod seiner Mutter verdrängt, bis
er alt genug und bereit gewesen war, den Verlust zu akzeptieren.
Während der Schulzeit hatte er verdrängt, dass er
anders war als andere, hatte immer wieder versucht Anschluss zu
finden, bis er nach seinem Abschluss eingesehen hatte, dass es für
ihn niemals Anschluss geben würde, und er der Jagd nicht nur
seine Freizeit, sondern sein ganzes Leben gewidmet hatte.
Er hatte
verdrängt, dass Sammy gegangen war, dass ihm nur noch sein Dad
geblieben war, hatte sich verboten an Sam zu denken und war so dem
Schmerz und der Sehnsucht nach seinem kleinen Bruder ausgewichen.
Es
hatte funktioniert bis mit John das letzte Familienmitglied
verschwunden und er alleine zurückgeblieben war.
Und er
hatte sie verdrängt. Dieses Mädchen, diese Frau. Der
beste und reinste Mensch, der ihm je begegnet war. Monatelang hatte
er sie und seine Schuldgefühle verdrängt, doch wieder
einmal zeigte ihm das Leben, dass man sich früher oder später
den Dingen stellen musste, dass verdrängen und ignorieren und
vergessen keinen Sinn hatte. Es holt einen eh wieder ein. Alles.
Das
kalte Licht des Mondes schien genau auf den schwarzen Grabstein und
während Dean mit zusammengepressten Lippen und vor Kälte
tränenden Augen auf die Inschrift starrte, schien es ihm, als
wäre es kein Zufall. Er hatte dieses Grab, das nur eines von
vielen auf dem Friedhof von Boston war, mitten in der Nacht und im
Dunkeln finden sollen.
Layla Rourke
Möge
Gott dir nach dem Tode die Gnade erweisen,
die du auf
Erden nicht erfahren hast.
Auch wenn Sam etwas anderes
sagte, auch wenn sein eigener Verstand etwas anderes sagte, in dem
Moment, in dem Dean die Inschrift gelesen hatte, war ihm bewusst
geworden, dass ihr Tod seine Schuld war, denn er hatte ihr damals die
einzige Möglichkeit zur Heilung genommen
Er hätte nicht
nur etwas tun können, er hätte etwas tun müssen.
Irgendetwas.
Er hatte zwar damals nicht gewusst, was, und wusste
es auch heute nicht, doch es wäre verdammt noch mal seine
Aufgabe gewesen, eine Möglichkeit zu finden. So wie Sam eine
gefunden hatte, als er kurz davor gewesen war zu sterben. Es war weiß
Gott nicht die beste Lösung gewesen, doch immerhin hatte Sam im
Gegensatz zu ihm gehandelt.
Doch alles, was er getan hatte, war
„Es tut mir Leid" sagen. Nur leere Worte, die nichts bedeuten,
die den Tumor in ihrem Kopf auch nicht verkleinert haben.
Es
tut mir Leid. Mehr hatte er nicht getan.
Und während er
an ihrem Grab stand, die Kälte, die inzwischen durch seinen
ganzen Körper kroch ignorierend, und über das, was er getan
oder eher nicht getan hatte, nachdachte, wurde Dean Winchester sich
darüber klar, dass er ein Mörder war.
Ende
