Die peinlich wahre Geschichte, wie sich meine Klamotten in Luft auflösten, als ich Draco Malfoy nach einem Date fragen wollte.
Spitzt die Ohren, denn ich werde die Geschichte kein zweites Mal erzählen! Also… jeder wusste wer Draco Malfoy war. Auch du, lieber Leser, denn sonst hättest du dich wahrscheinlich nicht für diesen absolut wahren, obermegapeinlichen und obendrein völlig unzensierten Erfahrungsbericht entschieden!
Malfoy war so ziemlich der beliebteste Junge in Slytherin. Gutaussehend, intelligent, reich und Sucher der Hausmannschaft. Unnötig zu erwähnen, dass ihm so ziemlich jedes Mädchen zu Füßen lag. Und dann war da ich: Nicht weniger erstklassig, bis über beide Ohren verknallt in den Blondschopf, aber leider mit zwei kleinen Mäkeln:
Ich war unglaublich schlecht im Brauen von Zaubertränken.
Pansy Parkinson, die Malfoy umschwärmte wie eine Fliege den Misthaufen, hatte spitzgekriegt, dass ich sie nicht ausstehen konnte.
Zwei Dinge, die in Kombination nur mit Vorsicht zu genießen waren und wie explosiv, oder eher gesagt ätzend diese Mischung war, sollte ich am eigenen Leibe erfahren!
Die Geschichte beginnt an einem Montagmorgen, um 9 Uhr, in den Kellerräumen des großen Schlosses. Es war stickig, düster und eng. Ein Paradies für jeden Klaustrophoben. Die Schüler drängten sich schon zu beiden Seiten des Ganges, um dem jeweils anderen nicht zu sehr auf die Pelle zu rücken oder einfach, um eine Fluchtgasse zu haben. Ich für meinen Teil, schlau wie ich nun mal war, gesellte mich nicht zur Schülerflut dazu, sondern setzte mich etwas abseits auf die Treppenstufen. Das noch kein anderer Schüler auf die Idee gekommen war, blieb mir ein Rätsel, aber was sollte man schon von einer Horde pickeliger, hormongesteuerter Teenager erwarten, wovon die Hälfte Gryffindors und Hufflepuffs waren? Ich schnalzte missbilligend mit der Zunge und vergrub meine Nase wieder in das dicke Buch über alte Runen, in welchem wir zu morgen zwei Dutzend Seiten gelesen haben sollten.
„Sieh an, Lina Livingsten versteckt ihr Gesicht wie immer hinter einem Buch". Ich kannte diese Stimme. Und sie nervte mich noch mehr wie die von dieser blöden Gryffindorgöre Hermine Granger!
„Wenigstens kann ich lesen, Parkinson". Ich machte mir nicht einmal die Mühe, Pansy dabei in die Augen zu sehen. Ich konnte sie nicht leiden, weil sie dachte, sie hätte einen Besitzanspruch an Malfoy, obwohl die Beiden noch nicht einmal ein Paar waren und sie konnte mich nicht leiden, weil sie von meiner Abneigung wusste.
„Pass bloß auf was du sagst, Livingsten!", fauchte sie so leise, dass nur ich sie hören konnte, was ihrer Stimme aber kein bisschen von dem Gift nahm.
„Was dann? Rennst du zu Snape?"
„Vielleicht tue ich das ja tatsächlich", sagte sie schnippisch und ihre kleinen Schweinsaugen funkelten herablassend. Ich zuckte derweil nur mit den Schultern. Snape hatte mich ohnehin auf dem Radar, weil ich Millicent Bulstrode einmal fiese Furunkel gehext hatte, nachdem sie mir im Gemeinschaftsbad mein Shampoo und mein Puder geklaut hatte. Also was kümmerte mich noch etwas mehr Aufmerksamkeit von unserem allseits beliebten Hauslehrer?
„Hat man dir eigentlich schon erzählt, dass ich mit Draco zum Weihnachtsball gehe?", fragte Pansy herablassend. In meinem Magen verknotete sich etwas und ihr zuckersüßes Grinsen versetzte mir einen Stich ins Herz. Aber dank meiner ruhigen und rationalen Art, konnte ich mich beherrschen.
„Ach, ist das so?", entgegnete ich nur und hätte um ein Haar mein Buch wieder zur Hand genommen, wären nicht just in dem Moment zwei Paar Schuhe neben mir auf der Treppe zu stehen gekommen. Erst vermutete ich Professor Snape, doch dann wehte mir der vertraute Duft von Amber und Sandelholz in die Nase, was ich unmissverständlich als Mafoys Parfum identifizieren konnte. Oder war es sein Aftershave? Egal.
„Spar dir die Märchen, Pansy, ich kann mich nicht daran erinnern, dich jemals nach einem Date gefragt zu haben".
Die Angesprochene wurde rot und machte einen Schritt zur Seite, um Malfoy Platz zu machen.
„Du hast also noch kein Date für den Ball?", fragte ich und betete, dass meine Stimme nicht allzu hoffnungsvoll klang.
„Bis jetzt nicht", erwiderte er achselzuckend und musterte mich für eine kleine Weile. Fast dachte ich, ich hätte etwas im Gesicht. Dann schmunzelte er leicht. Auch Crab und Goyle guckten, als hätte nur ich etwas nicht mitbekommen. Hatte ich vielleicht doch etwas im Gesicht?
„Livingsten, verlassen sie augenblicklich die Treppe, oder ich lasse sie Kessel schrubben, bis sie alt und runzelig sind", erfüllte die schmierige Stimme von Professor Snape den Gang. Das Gemurmel der anderen Schüler erstab sofort und Patsy sah aus, als würde sie versuchen, zwanghaft ein Lachen zu unterdrücken.
„Sparen sie sich ihre Grimassen, Parkinson, oder sie dürfen sich Livingsten anschließen".
Pansys Kichern hörte sofort auf und ich erhob mich langsam von den Stufen um Platz zu machen, wahrscheinlich blass wie eine Kalkwand. Jetzt wusste ich auch, warum Malfoy so gegrinst hatte.
Ich hatte mich wie immer in die letzte Ecke des Raumes verkrochen. Die Zutaten lagen fein säuberlich auf dem Tisch und die ersten Kessel standen schon auf dem Feuer. Snape hatte uns den Rücken zugekehrt und las ein Pergament. Niemand wagte einen Mucks von sich zu geben.
„Schrumpftränke", sagte Snape plötzlich, „ sind sehr schwer zu brauen und nur der allerkleinste Fehler kann zu schlimmsten Vergiftungen führen".
Im Raum war aufgeregtes Gemurmel zu hören, welches durch den Professor beendet wurde, als dieser ein Buch nach Weasley warf.
„Deshalb…werdet ihr mit einem Partner arbeiten in meiner Hoffnung, dass so Dummheiten auf ein Minimum gehalten werden".
Ich seufzte leise und hoffte, dass es nicht Parkinson oder Granger waren, denen ich zugeteilt wurde. Doch glücklicherweise, wurde Granger Longbottom und Parkinson McMillan zugeteilt.
„Livingston…", rief Snape mich auf und ich hob eine Hand um ihn zu signalisieren, dass ich nicht schwänzte.
„Da sie bekanntlich eine Katastrophe in meinem Unterricht sind, werden ich sie mit einem fähigeren Schüler arbeiten lassen, damit ihr Kessel überhaupt einmal in den Genuss eines annehmbaren Tranks kommt". Allgemeines kichern.
„Malfoy, sie werden Livingston unterstützen".
Der Blondschopf warf mir einen gelangweilten Blick über seine Schulter zu, stand aber ohne weiteres auf und nahm neben mir Platz. Ohne ein Wort fing er an, Rattenmilzen zu zerkleinern.
„Tut mir leid", flüsterte ich ihm zu. Er musterte mich aus dem Augenwinkel.
„Du hättest sicherlich einen fähigeren Partner haben können".
Er lachte ein leises, kehliges Lachen, machte sich aber nicht die Mühe, von den Milzen aufzusehen.
„Stimmt, dass hätte ich". Ich schluckte und mein Herz verknotete ich schmerzhaft. „Aber letztlich hat der Professor uns zugeteilt, also sollten wir das Beste daraus machen".
Ich nickte nur, ohne sicher zu sein, ob Malfoy es sah oder nicht. Eine Weile arbeiteten wir schweigend nebeneinander her.
„Weißt du…du magst zwar ein echter Versager im Brauen von Zaubertränken sein, aber dafür spielst du gar nicht mal so schlecht Quidditch!".
Ich sah ihn verdattert an und das schelmische Grinsen umspielte wieder seine Lippen, welches ich an dem Tag schon einmal gesehen hatte.
„Soll das etwas ein Kompliment gewesen sein?".
Unbeeindruckt rührte er den Trank weiter, der zu unserer Erleichterung schon eine leicht grünliche Farbe hatte. „Nenn es wie du willst".
Die Röte schoss mir in die Wangen und schnell vergrub ich meine Nase in meinem Buch, damit er es nicht sah. „Danke, aber du bist als Sucher auch echt gut".
„Natürlich! Ich sitze auf einem Besen seitdem ich denken kann".
Wenn ich ehrlich sein soll, mochte ich seinen Narzissmus irgendwie. Ich hatte selber eine leicht eingebildete Ader und seine Art zeugte von Selbstbewusstsein. Ich mochte selbstbewusste Jungs! Heimlich schaute ich von meinem Buch auf und musterte ihn. Er fixierte seinen Blick noch immer auf den Kessel, sodass ich ein freies Blickfeld auf sein Profil hatte. Seine Nase, seine Lippen und seine langen Wimpern. Alles an ihm war perfekt und viel zu wundervoll, als dass Pansy jemals mit ihm Schritt halten konnte!
Apropos Parkinson, wo war der Mistkäfer eigentlich? Ich schaffte es, meinen Blick von Malfoy loszureißen und suchte den Raum nach Parkinson ab. Letztlich fand ich sie und McMillan in einer Ecke gar nicht so weit entfernt. McMillan kritzelte gelangweilt ein paar Notizen auf ein Stück Pergament, während Parkinson Blutegelblut in den Kessel träufelte. Dabei durchbohrte sie mich mit ihrem Blick als würde sie sagen wollen „am liebsten würde ich dich so ausquetschen!". Ich streckte ihr die Zunge raus und wandte mich wieder unserem Kessel zu. „Ich glaube, wir sind gleich fertig", sagte ich zu Malfoy.
„Zwei Zutaten noch", erwiderte er nüchtern. Das Zuschlagen eines Buches ließ uns beide zusammenzucken.
„Ich werde jetzt für genau drei Minuten den Raum verlassen. Wehe, ich höre auch nur einen Mucks", hallte Snapes schmierige Stimme von den Wänden. Niemand wagte es auch nur zu schlucken, bis sich die große düsterte Gestalt aus dem Raum begeben hatte. Da erwachten alle wieder aus ihrer Starre und ein aufgeregtes aber leises Gemurmel begann. Jetzt war meine Chance!
„Malfoy, darf ich dich was fragen?", raunte ich dem Blonden zu.
„Und was?"
„Du hast doch noch kein Date für den Weihnachsball…".
Er seufzte. „Bei Merlins Bart, Livingsten…das ist keine Frage sondern eine Feststellung", raunte er leicht genervt zurück.
Ich atmete einmal tief aus und ein. „W-willst du m-mit m-mir…", doch weiter kam ich mit meinem Gestotter nicht. Eine grün-gelbliche Flüssigkeit ergoss sich über mich, die ekelig brannte. Erschrocken sah ich auf und fand Parkinson an unserem Tisch stehen. Hämisch grinsend und mit einem leeren Kessel in der Hand.
„Netter BH und die Unterhose erst", sagte sie so laut, dass jeder im Raum es mitbekam und sich sofort zu uns umdrehte. Die Ersten begannen zu kichern und mit dem Finger auf mich zu zeigen. Erwachend aus meiner Schockstarre schaute ich die auf mich gerichteten Finger hinterher und fand meine Klamotten in Fetzen von mir herunterhängend, sodass mein schweinchenrosener BH und die nicht gerade dazu passende, giftgrüne Unterhose mit Giraffenmuster zum Vorschein kamen. Ich lief sofort rot an und versuchte, mich mit dem Rest meines durchlöcherten Umhangs zu bedecken, aber es half alles nichts: Das Miststück hatte einen ganzen Kessel säureähnlicher Flüssigkeit über mich ausgelehrt. Das Kichern war mittlerweile zu einem Orchester angeschwollen und auch Pansy stimmte mit ein. Nur Malfoy verzog keine Miene.
„Und Malfoy. Du willst doch bestimmt nicht mit jemanden zum Ball gehen, der freiwillig so eine Abscheulichkeit von Wäsche trägt?", höhnte Pansy.
„Das willst du doch nicht, oder?", stimmten auch Crab und Goyle mit ein.
Malfoy ließ nur ein „Tch" hören und wandte mit einem Ausdruck von Ekel den Blick ab. Das war zu viel für mich. Mit Tränen in den Augen schob ich meinen Stuhl zurück, schlang den Umhangfetzen fester um mich und stürmte aus dem Raum. In der Hoffnung ungestört zu sein, verbarrikadierte ich mich im Mädchenklo und ließ der Tränenflut freie Bahn.
Ich wusste nicht, wie lange ich dort gewesen bin, aber irgendwann hörte ich die Tür sich öffnen. Ein paar feste Schritte kamen direkt auf meine Tür zu. Für einen kurzen Moment dachte ich, es wäre wieder Pansy oder noch schlimmer, irgendeine Gryffindorzicke.
„Geh weg", kreischte ich.
„Wenn du meinst. Aber dann bekommst du deine Tasche nicht wieder", sagte eine vertraute Jungenstimme. Beinahe verschluckte ich mich an meiner eigenen Spucke.
„M-malfoy? Was machst du hier? Dass ist das Mädchenklo, du Perversling", fuhr ich ihn an. Er antwortete nicht sofort, schob mir aber meine Tasche und einen Umhang, welchen ich als seinen identifizierte, unter der Tür hindurch.
„Dir deinen Kram hinterhertragen".
Seufzend zog ich seinen Umhang an kam mir verschränkten Armen aus der Kabine.
„Danke…damit komme ich jetzt wenigstens zum Gemeinschaftsraum zurück, ohne mich weiter zu blamieren".
„Du weißt, dass die Anderen reden werden?". Ich nickte und damit wurde es still zwischen uns. Ich fixierte eine Fliese mit meinem Blick, um Malfoy nicht direkt ansehen zu müssen, während er mich von oben bis unten begutachtete. Grinsend, so wie schon öfters heute.
„Mach ein Foto, dann hast du länger etwas davon", knurrte ich und zog seinen Umhang etwas fester um mich.
„Um ehrlich zu sein, fand ich deine Unterwäsche gar nicht so schlimm. Jedenfalls nicht so schlimm, dass man heulend wegrennen muss", kicherte er.
Ich errötete „Also bist du bloß gekommen, um dich über mich lustig zu machen".
Er schüttelte den Kopf „Nein, ich bin gekommen, um zu erfahren, was du vorhin im Kerker zu mir sagen wolltest".
„Als ob du dir das nicht denken könntest", hauchte ich. Die Situation war so surreal und herzbeschleunigend.
„Ich will es aber von dir hören!", beharrte Malfoy.
Er fixierte mich mit seinen grauen Augen und sämtliche Farbe wich aus meinem Gesicht. Nervös zupfte ich an einer Haarsträhne.
„Ich warte!"
„W-willst du m-mich auf den B-ball begleiten?". Und hier sind wir wieder. Ich am stammeln und Malfoy mit einem unbeeindruckten Gesichtsausdruck, wie kurz zuvor im Keller.
„Ja, will ich", sagte er trocken.
„B-bitte was?", fragte ich ungläubig. Hatte ich mir gerade allen Ernstes ein Date mit Draco Malfoy arrangiert? Und war er dabei wirklich so locker geblieben, als hätte ich ihn stattdessen gefragt, welchen Belag er auf seiner Pizza möchte? Was war los mit diesem Kerl, warum war er so ruhig?
Lässig stieß er sich von der Wand ab, an der er noch bis vor einer Sekunde gelehnt hatte und schnalzte missbilligend mit der Zunge.
„Ich wiederhole mich nicht gerne! Also ja, Livingsten, ich gehe mit dir zu dem verdammten Ball".
Ich hatte das Gefühl, einmal um die gesamte Welt rennen zu können, so viele Endorphine schossen durch meine Blutbahn, aber ich riss mich so gut es ging zusammen.
„Wow, dass ist echt…wow, vielen Dank", stammelte ich. Malfoy verdrehte die Augen, konnte aber auch ein kleines Schmunzeln nicht verkneifen.
„Ich treffe dich dann um Sechs an der großen Treppe. Seh gefälligst hübsch aus!", kommandierte er und beinahe hätte ich bei dem scharfen Ton in seiner Stimme „ey ey Kapitan" gesagt, doch wieder einmal konnte ich mich benehmen.
„Ja, natürlich", antwortete ich nur.
Draco griff nach seiner Tasche und wollte aus dem Raum huschen, entschied sich aber noch einmal anders. Er machte auf dem Absatz kehrt, kam auf mich zu, nahm meine Hand in seine und küsste sie. Ein federleichter, fast unmerklich sanfter Kuss. Hätte ich nicht mit eigenen Augen gesehen, wie er seinen Kopf zu meiner Hand neigte, hätte ich es nicht für möglich gehalten, dass dies gerade passierte.
„Ja, ich würde wirklich gerne…", hauchte er, erhob sich hastig, als hätte er gerade erst realisiert, was passiert war und stürmte nun förmlich davon. Ich blieb wie vom Blitz getroffen zurück. Langsam aber sicher machte sich die Erkenntnis in mir breit und ein idiotisches Grinsen zeichnete sich auf mein Gesicht ab. Malfoy hatte soeben meine Hand geküsst und noch besser, er würde mit mir auf den Ball gehen. Doch genauso schnell, wie die Euphorie aufgekommen war, verzog sie sich auch wieder und die Realität brach über mir zusammen wie ein Wolkenbruch.
„Bei Merlins Bart", sagte ich zu mir selbst. „Ich brauche noch ein Kleid!".
Wie vom wilden Affen gebissen kramte ich meine Sachen zusammen und stürmte nun ebenfalls davon. Aber nicht, ohne den einen oder anderen leichten, freudigen Hüpfer in meinem Gang einzubauen.
