Disclaimer: Harry Potter gehört J. K. Rowling. Ich habe mir alles nur ausgeliehen und verdiene auch kein Geld damit.

Viel Spaß beim Lesen.


„Bellatrix, sie hat es ebenso sehr auf mich abgesehen wie auf Harry, sie hat alles darangesetzt, mich umzubringen, Remus. Hätt ich sie doch nur erwischt, ich hab noch eine Rechnung mit ihr offen. Aber wir haben ganz sicher Rodolphus verletzt …" Nymphadora Tonks, HP7

Das Licht des Mondes erhellte den breiten Kiesweg vor ihm, als Rabastan Lestrange das große, schmiedeeiserne Tor durchquerte. Die hohen Hecken wirkten wie schwarze Mauern. Stille lag über dem Garten des Malfoyschen Anwesens. Eine bedrückende Stille, die nur von Rabastans lautem Atem und den knirschenden Schritten auf den Steinen durchschnitten wurde. Ein weißer Pfau stolzierte mit aufrechtem Haupt auf dem Rand eines Brunnens.

„Durchhalten, Rodolphus", presste Rabastan erschöpft hervor, während er unter größter Kraftanstrengung seinen Bruder stützte.

In der Entfernung hoben sich die Umrisse eines stattlichen Anwesens aus der Dunkelheit ab. In den Fenstern im Erdgeschoss brannte Licht. Mit der freien Hand griff Rabastan in seine Tasche nach seinem Zauberstab. Die Flügel der Eingangstür schwangen auf und gaben den Blick auf eine breite Halle frei.

Rabastan schleppte sich und seinen Bruder die Stufen zur Tür hinauf und in die Halle. Zwei Personen kamen aus einem Salon geeilt, der auf der rechten Seite lag. Die Frau war bereits in einen Morgenmantel gekleidet, der Mann trug einen schwarzen Umhang.

„Rabastan, was …?", fragte Lucius Malfoy, doch er brach ab.

Narcissa schlug sich erschrocken die Hände vor den Mund.

„Narcissa, schnell! Ein Heiler!", sagte Rabastan ungeduldig.

Sie nickte sogleich und eilte davon. Lucius half Rabastan, dessen Bruder zu stützen. Rodolphus drohte, das Bewusstsein zu verlieren. Blut tropfte auf den Teppich.

„Wir bringen ihn gleich da rauf!", sagte Lucius.

Zusammen schafften sie Rodolphus die Treppe nach oben in ein naheliegendes Schlafzimmer und legten ihn vorsichtig auf das Bett. Rabastan zog Rodolphus seinen Umhang aus. Dieser verzog vor Schmerz das Gesicht. Eine große Wunde klaffte an seinem Bauch und unablässig strömte Blut heraus.

„Halt durch, es wird alles gut", sagte Rabastan. Seine Hände waren voller Blut.

In diesem Moment betrat bereits eine junge Frau den Raum. Rabastan kannte sie von ihren Versammlungen. Sie war eine Heilerin, die sich dem Dunklen Lord angeschlossen hatte, und vor allem Todesser behandelte, wenn sie auf Aufträgen verletzt wurden.

„Was ist passiert?", fragte sie sofort alarmiert und stellte eine Kiste mit Heiltränken auf den Nachttisch.

„Er wurde von einem Zauber getroffen und stürzte vom Besen in die Tiefe", erklärte Rabastan wie mechanisch. Seine eigene Stimme kam ihm fremd vor. „Er stürzte in einen Baum und wurde von einem Ast durchbohrt."

Die Heilerin wirkte beunruhigt. „Lassen Sie mich bitte allein!", ordnete sie an und schickte Rabastan und Lucius aus dem Raum.

Rabastan atmete schwer und der Schweiß stand ihm auf der Stirn. Er hatte gar nicht gemerkt, wie heftig sein Herz gegen seinen Brustkorb hämmerte. Erschöpft lehnte er sich gegen die Wand. Seine Hände und sein Umhang waren mit dem Blut seines Bruders bedeckt.

„Rabastan, ganz ruhig. Die Heilerin macht das. Erzähl erstmal, was genau passiert ist", sagte Lucius mit Bedacht, um seinen Schwager zu beruhigen. „Wie ist der Auftrag verlaufen? Habt ihr den Potter-Jungen erwischt?"

Rabastan schüttelte den Kopf. „Nein, haben wir nicht. Die hatten einen Plan. Es gab sieben Harry Potters. Sie haben Doppelgänger eingesetzt. Wir wussten nicht, wer der echte war und wir mussten uns aufteilen. Bella, Rodolphus und ich sind Nymphadora gefolgt. Bella ist auf sie losgegangen wie eine Furie. Beim Kampf in der Luft hat unsere Nichte meinen Bruder erwischt. Er fiel in die Tiefe und wurde von einem Ast durchbohrt."

„Was hast du gemacht und wo ist Bellatrix?", fragte Lucius, obwohl er bereits einen gewissen Verdacht hatte.

Rabastan schnaubte verächtlich. „Es hat sie überhaupt nicht gekümmert, was mit ihrem Mann passiert ist. Ich bin Rodolphus nachgeflogen, aber Bella ist Nymphadora hinterher. Sie wollte nicht lockerlassen. Wahrscheinlich hat sie nicht mal mitbekommen, was passiert ist. Sie ist nicht mit uns zurück."

Er atmete tief durch. „Entschuldige bitte, ich muss …" Er hielte seine blutverschmierten Hände hoch und ging langsam den Flur hinunter in Richtung des Gästezimmers, das er momentan im Malfoy Manor bewohnte.

„Ja, geh nur, Rabastan, wir können hier ohnehin nichts mehr tun im Moment. Ich sag dir Bescheid, wenn wir was hören."

Benommen betrat Rabastan sein Zimmer, ging ins Bad und stellte sich unter die Dusche. Er spürte kaum, wie das heiße Wasser auf seinen Körper prasselte. Er fühlte sich wie betäubt, sein Inneres wurde von Leere erfasst. Das Wasser, das in den Abfluss floss, war blutrot.

Immer wieder schoben sich die Bilder des Kampfes vor sein geistiges Auge. Lichtblitze, die die Dunkelheit der Nacht durchzuckten, sein Bruder und Bellatrix vor ihm, sein Bruder, wie er von dem Zauber getroffen wurde und vom Besen in die Tiefe stürzte. Rabastan spürte jetzt noch den Wind, der durch seinen Umhang fegte, spürte den Rausch des Adrenalins durch seinen Körper.

In ihm tobte es. Er empfand nur Wut und Verachtung für Nymphadora und er schwor sich, sollten sie sich je wieder begegnen - er sehnte sich den Moment sogar herbei - dann würde er sie dafür bezahlen lassen.

Er ballte die Hände zu Fäusten und schlug hart gegen die geflieste Wand.


Er war müde, unsägliche Erschöpfung nagte an ihm, aber er hielt sich auf den Beinen. Es dauerte bis halb drei Uhr morgens, bis die Heilerin aus Rodolphus' Zimmer trat. Rabastan hatte auf dem Gang gewartet und war der erste, der auf sie einredete, kaum dass sie die Tür hinter sich geschlossen hatte.

„Wie steht es um ihn?"

Sie sah ihn mit einem Blick an, den er nicht richtig zu deuten vermochte.

„Ihr Bruder hatte sehr viel Glück", sagte sie langsam. „Er hat sehr viel Blut verloren und innere Organe wurden verletzt, ich denke aber dass ich es geschafft habe, ihn zu stabilisieren."

„Wird er wieder gesund werden?"

„Schwer zu sagen bei der Schwere der Verletzung", sagte die Heilerin ernst. „Es wird etwas dauern, er braucht Zeit."

„Kann ich ihn sprechen?", fragte Rabastan.

„Er ist schwach und braucht viel Ruhe", sagte die Heilerin ernst. „Er ist ansprechbar, aber strengen Sie ihn nicht zu sehr an", mahnte sie eindringlich.

Rabastan nickte nur. „Haben Sie vielen Dank."

„Ich bin im Haus, sollte etwas vorfallen. Ich habe Heiltränke da gelassen. Gute Nacht."

Rabastan betrat vorsichtig das Zimmer und schloss die Tür hinter sich. Eine Kerze tauchte den Raum in ein schwaches, oranges Licht und warf lange Schatten. Ein seltsamer Geruch von Medizin lag in der Luft.

Rodolphus Lestrange lag auf dem Bett. Sein Oberkörper war frei und um den Bauch trug er einen Verband. Er hatte die Augen geschlossen und sein Brustkorb hob und senkte sich langsam. Als sich Rabastan näherte, erwachte er und wandte den Kopf in seine Richtung. „Hey", sagte er kaum hörbar.

„Wie geht's dir?", fragte Rabastan. Er zog sich einen Stuhl heran und setzte sich neben Rodolphus ans Bett.

Rodolphus grinste. „Erwartest du eine ehrliche Antwort?"

„Nein."

„Was ist genau passiert? Ich kann mich nicht genau erinnern. Alles war plötzlich dunkel …"

„Du bist vom Besen gestürzt. Ein Baum hat dich …" Rabastan deutete auf den Verband. „Ich bin dir nachgeflogen und habe dich hierher gebracht."

„Wie? Ich verstehe das nicht", sagte Rodolphus verwirrt. „Wir haben doch Potter verfolgt …"

„Es war nicht Potter", erklärte Rabastan.

„Was?", fragte Rodolphus ungläubig. „Wie kann das sein?"

„Sie haben Doppelgänger eingesetzt. Wir haben einen falschen Potter verfolgt", sagte Rabastan und er spürte, wie erneut gewaltiger Zorn in ihm aufflammte. „Der Dunkle Lord ist irgendwann verschwunden. Irgendwer anders hat den richtigen Jungen gefunden. Kannst du dich erinnern, was passiert ist? Ich war hinter euch und habe nur …"

„Nymphadora war vor uns mit Potter. Ich habe sie fast erwischt, aber dann …"

„Dich hat ein Zauber erwischt, oder? Ich hab den roten Lichtblitz gesehen …"

„Ja. Der erste Zauber hat mich an der Seite gestreift und … ich verlor das Gleichgewicht", berichtete Rodolphus. Seine Stimme war rau und schwach und schwer zu verstehen. „Dem zweiten konnte ich nicht mehr ausweichen. Sie hat mich in die Brust getroffen und ich bin … gefallen … Danach war alles dunkel …"

„Ja. Ich hab dich …"

„Danke", raunte Rodolphus. „Hat der Dunkle Lord Harry Potter …"

„Nein", sagte Rabastan sofort. „Der Junge ist entkommen. Bevor wir ihn schnappen konnten, hatte er bereits die Schutzzauber erreicht. Wir wissen momentan nicht, wo er sich aufhält."

Rodolphus nickte. Er schloss für einen Moment die Augen. Rabastan merkte ihm an, dass er erschöpft und entkräftet war.

„Wo ist … Bellatrix?", fragte er dann.

„Das fragst du wirklich?!", spöttelte Rabastan verärgert. „Wo wird sie wohl sein?!"

Rodolphus antwortete nicht. „Ich bin müde. Wenn sie kommt, dann …"

„Ja, ich schicke sie zu dir. Ruh dich aus."


Rabastan erhob sich und ließ seinen Bruder allein. Als er in die Eingangshalle trat und die Treppen hinunterging, hörte er entfernt, wie die Uhr im Salon drei Uhr schlug. Die Tür des Anwesens wurde aufgestoßen und eine vermummte Gestalt kam herein. Sie warf einen Besen beiseite und legte ihren Umhang ab.

Rabastan blieb am Treppenabsatz stehen und verschränkte die Arme vor der Brust. Als Bellatrix ihre Kapuze zurückwarf, entblößte sie ein vor Wut verzerrtes Gesicht. Sie funkelte Rabastan an und trat mit gezogenem Zauberstab auf ihn zu. Ihr langes schwarzes Haar wallte über ihren Rücken. Er unternahm nichts und ließ sich nicht von ihr beirren. Sie konnte ihm keine Angst einjagen.

„Du!", sagte sie bedrohlich.

„Hast du etwas zu sagen, Bellatrix?", fragte Rabastan gespielt scheinheilig, doch ohne seine Wut zu verbergen.

In diesem Moment kamen Narcissa und Lucius aus dem Salon herbeigeeilt.

„Bella!" Narcissa starrte ihre Schwester ungläubig an. „Was soll …?"

„Narcissa, halt dich bitte raus!", sagte Rabastan ernst.

„Wo warst du?!", giftete Bellatrix ihren Schwager an.

„Diese Frage sollte ich eher dir stellen", erwiderte Rabastan ruhig. „Wo warst du, Bellatrix?"

„Ich war dort, wo ich hingehörte! Wo auch du hättest sein müssen! Beim Dunklen Lord! Ich habe ihm über den Einsatz Bericht erstattet! Und im Gegensatz zu dir habe ich Nymphadora verfolgt!" Sie ereiferte sich und ihre Augen glühten vor Zorn. Ein paar Funken stoben aus ihrem Zauberstab.

„Was hast du ihm denn gesagt? Dass wir den Potter-Jungen nicht fangen konnten? Das muss ihn ja sehr gefreut haben", sagte Rabastan beißend sarkastisch. Bellatrix' Augen weiteten sich. „Und was ist mit Nymphadora? Du hast sie nicht erwischt."

„Du wagst es …"

„Hast du überhaupt gemerkt, was passiert ist? Was mit Rodolphus passiert ist? Ach nein, du warst ja zu beschäftigt, einem falschen Potter hinterherzufliegen!"

„Du …"

„Bella!", flehte Narcissa, um ihre Schwester zu beruhigen. Sie legte eine Hand beschwichtigend auf ihren Arm. Sie zielte immer noch mit ihrem Zauberstab auf ihren Schwager.

„Im Gegensatz zu dir war ich dort, wo ich diese Nacht sein sollte! Nämlich bei meinem Bruder!"

„Der Dunkle Lord hat mich gebraucht!", entgegnete Bellatrix mit zittriger Stimme. „Und Rodolphus hat …"

„Nein, das hat er nicht!" Rabastan war jetzt laut geworden. Lucius und Narcissa wechselten einen Blick miteinander. Sie hatten ihren Schwager noch nie so außer sich gesehen und noch nie waren sie Zeuge einer so offenen Auseinandersetzung zwischen den beiden Lestranges geworden. „Du hattest diese Nacht bei deinem Mann zu sein! Nur ein einziges Mal hattest du keine Todesserin zu sein! Du wurdest nicht als Todesserin gebraucht, sondern als Ehefrau! Dein Mann wäre beinahe gestorben!"

Bellatrix sah ihn zornentbrannt an, erwiderte aber nichts. Sie wirkte plötzlich verunsichert durch diese Nachricht.

„Du wirst jetzt zu ihm gehen! Er ist oben", sagte Rabastan. Er warf ihr einen abschätzigen Blick zu, dann wandte er sich um und kehrte in sein Zimmer zurück.


Rodolphus fühlte sich, als wäre sein Körper mit Blei gefüllt. Er war schwach und kraftlos und jeder Versuch, sich zu bewegen, bereitete ihn große Schmerzen. Als er die Tür hörte, öffnete er unter größter Mühe die Augen. Bellatrix trat ein und kam langsam auf ihn zu. Sie nahm auf dem Stuhl Platz, auf dem Rabastan zuvor gesessen war.

„Bella … Du bist hier."

„Wie geht's dir?", fragte Bellatrix, aber wich seinem Blick aus. Sie war damit beschäftigt, mit ihren Händen ihr Kleid glattzustreichen.

„Ging mir schon besser", sagte ihr Mann.

Er betrachtete sie einige Zeit. Sie sah ihn immer noch nicht an. Das Licht der Kerze warf lange Schatten auf ihr einst schönes Gesicht, das durch die vielen Jahre in Askaban zerstört worden war. Ihre Augen wanderten über seinen Oberkörper und ihr Blick fiel auf den Verband.

„Dein Bruder ist ein äußerst charmanter Zeitgenosse. Er ist mal wieder sehr gut gelaunt."

„Hat er etwas zu dir gesagt?", fragte Rodolphus sofort. Wie die Szene ausgesehen haben mochte, konnte er sich bildhaft vorstellen.

„Er hat mich daran erinnert, dass ich deine Ehefrau bin", sagte sie und konnte dabei kaum den Ärger in ihrer Stimme verbergen. „Bist du … böse auf mich? Weil ich nicht da war?", fragte Bellatrix schließlich leise.

Sie erwartete Hass und Verachtung, womit sie jedoch nicht gerechnet hatte, war, dass Rodolphus sie schwach anlächelte. Er schüttelte kaum merklich den Kopf.

„Du darfst es ihm nicht übelnehmen. Und nein, Bella. Ich bin dir nicht böse. Wenn es anders wäre, dann … dann müsste ich mich fragen, was mit meiner Frau passiert ist."

Sie blickte ihn entgeistert an und fand keine Worte.

„Ich … Ich habe nur …", begann sie, doch Rodolphus unterbrach sie.

„Du musst nichts sagen und dich nicht rechtfertigen." Er hob seinen Arm und seine Finger strichen zärtlich über ihre Wange. „Ich werde schon wieder und …" Sie lehnte ihren Kopf an seine Hand. „Ich habe es akzeptiert, Bella. Aber das hindert mich nicht daran … dich zu lieben."

Sie legte ihre Hand auf die seine und schloss für einen Moment die Augen. Sie genoss seine Berührung. Es war lange her, dass sie sich so nah gekommen waren wie jetzt.

„Hast du Schmerzen?"

„Ja, aber ich habe schon Schlimmeres überstanden", meinte Rodolphus.

Etwas zögerlich beugte sie sich nach vorne und hauchte ihm einen Kuss auf die Wange. Mit seinem anderen Arm umschloss er sie in einer sanften Umarmung und sie spürte seine Finger über ihren Rücken streichen. Es war angenehm und doch zugleich fremd.

„Geh schlafen, Bella. Wir sehen uns morgen", flüsterte Rodolphus schwach.

Sie löste sich von ihm und nickte. Sie wünschte ihm eine gute Nacht und mit einem letzten Blick zurück auf ihn, schloss sie die Tür hinter sich.

Doch für Rodolphus Lestrange sollte der nächste Morgen nicht mehr anbrechen.