Wieder das laute Scheppern eines Tellers, der mit voller Wucht gegen die Wand geschleudert wird. So ist es immer, wenn ER da ist. Die Fünfjährige widersteht den Drang, jetzt ihr schützendes Zimmer zu verlassen um die Mutter zu trösten, die garantiert wieder angefangen hat zu weinen. Mommy darf nicht wieder weinen, Tränen machen ihn noch wütender. Pro Träne ein Schlag, sagt er immer wieder. Ihren Teddybären fest an sich gedrückt hört sie, wie sich die beiden irgendwas in einer fremden Sprache zubrüllen, die sie nicht versteht. Trotzdem weiß das Mädchen ganz genau, dass es um sie geht. Sie ist schuld, sie ganz allein tut Mommy immer weh.
Ein lauter Schrei erschreckt das Mädchen beinahe zu Tode, dann wird es urplötzlich still im Haus. Alles, was das Kind noch hören kann ist, wie mit einem dumpfen Geräusch etwas zu Boden fällt, und die Schritte des Mannes, der jetzt die Treppe zum Kinderzimmer hoch geht. Das Mädchen würde sich vor Angst am liebsten unterm Bett verstecken, aber dann wird er richtig böse. Er findet sie sowieso, er findet sie immer. Die Tür wird aufgestoßen, und mit seltsamen roten Flecken auf dem Hemd steht er direkt vor ihr. "Komm mit!" Ist der einzige Befehl den er gibt, und er weiß, dass sie ohne Widerrede reagiert. Artig folgt sie ihn die Treppe hinunter, mit ihren kurzen Beinchen muss sie rennen, um mit seinen langen Schritten mithalten zu können. In der Küche bleibt sie plötzlich ohne Vorwarnung ie angewurzelt stehen.
"Mommy..." Warum guckt sie so seltsam? Warum kniet sie auf den Boden, mit einem Messer im Bauch? Beim Anblick ihrer Tochter fängt die Frau an zu kreischen, mit letzter Kraft versucht sie sich auf den Mann zu stürzen, der sie aber mit einer einfachen Handbewegung so mühelos zu Boden bingt, als würde er eine lästige Fliege verscheuchen.
"Komm." Aber das Mädchen bewegt sich nicht. Sie starrt auf ihre Mutter, die schwer atmend auf den kalten Fließen liegt, die Hände sind gegen ihren Bauch gedrückt.
"Du kommst jetzt auf der Stelle mit!" Mit einem festen Griff packt er das Handgelenk des Kindes, was nun den Tränen nahe ist. "Wenn du jetzt anfängst zu heulen", schnauft der Mann, während er das Mädchen hinter sich her zerrt, "dann bist du genauso schwach wie deine Mutter, und weißt du was mit schwachen Menschen geschieht? Genau das!" Ein letztes Mal schaut sie auf ihre Mutter, die nun verdächtig ruhig daliegt. Ob sie wohl schläft? Sie verlassen das Haus, und ohne Vorwarnung reißt er dem Mädchen den Teddy aus der Hand, als sie in sein Auto steigen. "Den brauchst du nicht mehr." Dann wirft er das Kuscheltier aus dem Fenster, während er mit wachsender Ungeduld den Wagen startet. Er murmelt etwas von "Dieser Unfall" und "dämliche schwache Ziege", dann rast er die lange Straße entlang. "Wo fahren wir hin?" Das Mädchen bereut gleich gefragt zu haben, doch zu ihrer Überraschung lächelt der Mann. "Zu einem Freund, Giulia." Sie traut sich nicht, weiter zu fragen also sagt sie nur: "Ok, Daddy."
