One Word

1. Kapitel

Der Schein des Feuers warf tanzende Schatten auf sein Tagebuch, in dem er gerade schrieb. Watson wandte seinen Blick kurz von dem Papier ab und starrte ins Feuer. Dann begann er:

Liebes Tagebuch,

morgen ist Valentinstag. Schon der 10. Valentinstag, an dem ich wieder einen Mann anschmachte , der nie auch nur ansatzweise die gleichen Gefühle für mich haben wird, wie ich sie für ihn habe...

Watson seufzte kurz. Dann schloss er das Buch und verschloss es sorgfältig mit seinem Schloss, bevor er es in seiner Schreibtischschublade verstaute.

"Heute nicht viel zu berichten, Watson?", Holmes stand im Türrahmen. Leise wie eine Katze hatte er sich herangeschlichen. "Nein... ich dachte, Sie sind schon schlafen gegangen." "Wollte ich, aber dann dachte ich, ich könnte genauso gut noch ein wenig am Feuer sitzen." Langsam ging er zum Lehnstuhl und ließ sich hinein fallen. Nun saß er mit dem Rücken zu Watson, der ihn mit zärtlichem Blick musterte. Er liebte diese Augenblicke, in denen er ihn ungestört beobachten konnte, ohne zu fürchten, dass er ihn dabei ertappen könnte...

"Watson", Holmes riss ihn aus seinen Gedanken. "Ja?", Watsons Stimme klang belegt und etwas besorgt. Hatte Holmes es doch gemerkt?

"Haben Sie morgen Abend schon etwas vor?." Erleichtert hätte Watson beinahe laut aufgeseufzt, bevor er sagte: "Nein. Gibt es einen neuen Fall?." "Nein... ich hatte gedacht, dass wir beide vielleicht morgen Abend etwas gemeinsam unternehmen könnten... nur wenn Sie wollen, natürlich."

Holmes sah auf und musterte das Gesicht seines Freundes – so schien es- genau. Watsons Herz begann vor Freude, schneller zu schlagen. Ob er wollte? Natürlich wollte er!

Aber er versteckte seine Freude darüber und fragte erstmal sachlich: "Was wollen Sie denn unternehmen, Holmes?", auch wenn er vermutlich mit ihm gemeinsam von der Brücke gesprungen wäre, wenn er es vorgehabt hätte.

"Ich dachte, dass wir zuerst in ein Konzert gehen: Morgen werden Vivaldis größte Werke aufgeführt. Und danach vielleicht zu Simpsons?." Simpsons war Holmes und Watsons Stammrestaurant, in dem sie oft verkehrten. "Hört sich gut an... ich komme gern mit, Holmes." "Gut... halten Sie sich dann bitte um halb 8 bereit. Das Konzert beginnt um 20 Uhr und da morgen Freitag ist, werden bestimmt viele unterwegs sein und daher die Straßen voll sein." "Ich halte mich bereit", versprach sein Freund. Ein kleines Lächeln zeigte sich kurz auf Holmes Lippen. "Gut. Gute Nacht", er stand auf. "Gute Nacht, Holmes". Watson sah ihm nach, als er das Wohnzimmer verließ.

Holmes pflegte nicht oft auszugehen und erst Recht nicht am Valentinstag, jedenfalls hatte er das nicht getan, seitdem er ihn kannte. Nachdenklich blieb Watson zurück, bevor auch er einige Minuten später ins Bett ging.