Sein
selbstbewusster Gang. Seine silbernen seidigen Haare, die ihm
manchmal widerspenstig ins Gesicht fielen. Sein Blick aus stahlblauen
Augen, der mich schon so oft fixiert hatte. Seine Stimme, die wie
Schmirgelpapier über meine Haut strich. Sein Lächeln, dass er
manchmal den Mädchen schenkte, aber sicher niemals mir.
Sein
Nacken, den ich so oft im Zaubertrankunterricht vor mir hatte,
eingerahmt von der Schuluniform, sodass der Kontrast zwischen dem
schwarzen Umhang und seiner blassen Haut nur noch mehr hervor
trat.
Meine
Finger wanderten wie von selbst meinen Körper entlang und ich
stellte mir vor, es wären Seine. Wie er mich umfing, sein Atem über
meine Brust strich. Wie er mich mit beharrlichen Bewegungen komplett
auszog. Wie ich nackt unter ihm lag und wartete, was er mit mir tun
würde. Meine Hände gingen tiefer, unter mein Shirt und
schließlich…
Als ich mich selbst berührte, hatte ich die ganze
Zeit sein laszives Lächeln vor Augen. Seinen makellosen Körper, den
ich noch nie gesehen hatte, ihn mir aber verdammt gut vorstellen
konnte. Ich stellte mir vor, wie er mich anfasste und mir diese
Gefühle verschaffte.
Und als ich es nicht mehr aushielt, als
meine Fantasie mich von der Klippe gestoßen hatte, da hörte ich
sein Flüstern in meinem Ohr.
Hinterher fühlte ich
mich furchtbar, wie immer. Es war doch nicht zu glauben: Ich holte
mir einen runter und dachte dabei an meinen Erzfeind. An meinen gut
aussehenden, splitternackten Erzfeind.
Seufzend wischte ich die
Beweise weg und versuchte zu schlafen. Der körperliche Druck war nun
zwar weg, aber der Seelische war geblieben.
Seit nun schon fast
drei Monaten quälte ich mich mit diesen Gedanken. Und ich hatte das
Gefühl, es wurde immer schlimmer. Als ich endlich Schlaf fand, war
draußen schon das erste Morgengrauen zu sehen.
Am nächsten
Morgen wurde es nicht besser. Erst Frühstück in der großen Halle,
wo ich vermutlich wieder diesen Jungen vor der Nase hatte und danach
auch noch eine Doppelstunde Zaubertränke, wo der Grund meiner
schlaflosen Nächte vor meiner Nase rum lief.
„Wasn los Alter?",
fragte Ron. „Schlecht gepennt?"
„Mmmh…", machte ich und
suchte die große Halle unauffällig nach dem blonden Slytherin ab.
Er war noch nicht da. Sehr gut.
Vielleicht konnte ich schnell
essen und dem Unheil wenigstens bis zum Unterricht entkommen.
Ich
hatte mich gerade zwischen Ginny und Ron gesetzt und mir einen Toast
und Marmelade genommen, als das Unheil geradewegs auf mich zukam.
„Na, Potter? Bereit für Deinen Untergang?", kam eine Stimme
vom Gang hinter mir. Zu meinem Schrecken spürte ich kurze Zeit
später eine Hand auf meiner Schulter.
Ich drehte mich um – und
sah in genau das paar sturmblauer Augen, die ich letzte Nacht gesehen
hatte. Unwillkürlich senkte ich den Blick und sah seine Brust unter
der Uniform, die oberen Knöpfe lässig geöffnet und die Krawatte
gelockert.
Es hätte nicht viel gefehlt und ich hätte angefangen
zu sabbern.
„Potter!", herrschte Draco mich an. „Ich hab
Dich was gefragt!"
„Ahm…", stammelte ich. „Was für ein
Untergang?"
Draco starrte mich irritiert an und zog eine
Augenbraue hoch. Dann fing er an zu Lachen.
„Alles klar,
Potter, Du solltest vielleicht mal mehr schlafen, dann wird Deine
Reaktionszeit auch wieder besser. Und tu das besser bald, sonst
gewinnen wir am Sonntag innerhalb von 3 Minuten."
Er
schenkte mir noch ein überhebliches Grinsen und stolzierte davon, um
sich genau mir gegenüber an den Slytherintisch zu setzen. Seufzend
wandte ich mich meinem Frühstück zu.
„Was war das denn eben?",
fragte Ginns.
„Keine Ahnung", erwiderte ich. „Wollte sich
wohl mal wieder aufspielen."
„So ein Widerling.", meinte
Ginny und widmete sich dann ebenfalls ihrem Toastbrot.
Ich
zuckte mit den Schultern und langte nach dem Kaffee.
Draco hatte
ja Recht, viel zum Schlafen kam ich nicht. Sein Gesicht verfolgte
mich jeden Abend aufs Neue, bis ich der Versuchung nachgab und meine
Fantasie spielen ließ.
Ich hatte schon Muskelkater im rechten
Arm.
Doch dabei würde es wohl auch bleiben, bis ich es
irgendwie geschafft hatte, mich von Draco loszusagen und meinen Blick
wieder auf Mädchen zu richten. Vielleicht würde ich das auch
schaffen, wenn er nicht andauernd seinen Hintern vor mir her tragen
würde. Ein sehr hübscher Hintern übrigens. Der auch in meinen
nächtlichen Ausflügen vorkommt.
Und das nicht zu knapp.
Als
ich aufsah, um nach dem Zucker für meinen Kaffee zu greifen,
streifte mein Blick den Blonden. Der zu mir sah. Den Kopf auf eine
Hand gestützt. Gedankenverloren in seinem Tee rührend. Irritiert
zog ich die Brauen zusammen. Was plante der denn schon
wieder.
Plötzlich zuckte der Slytherin zusammen, er hatte
bemerkt, dass er mich angestarrt hatte. Seine Wangen verfärbten sich
rot und er griff ebenfalls nach Zucker, um seine Verlegenheit zu
überspielen.
Er kippte zwei Löffel Zucker in den Tee und rührte
um. Den nicht mehr benötigten Löffel leckte er ab und legte ihn auf
die Untertasse.
Langsam sah er zu mir hoch, immer noch mir roten
Wangen. Ich sah, dass er schluckte. Und dann leckte er sich über die
Oberlippe. Betont langsam. Geradezu lasziv.
Wir starrten uns an,
der Slytherin und der Gryffindor. Dieser Augenblick schien Ewigkeiten
zu dauern. Mein Gehirn versuchte fieberhaft, diese Reaktion zu
interpretieren, doch es wollte mir nicht gelingen. Es war zum
Verzweifeln.
Draco schien unsicher, ob er nun höhnisch lachen
oder einfach nur lächeln sollte. Und er entschied sich – kaum zu
glauben – für Letzteres. Er schenkte mir sein gewinnendes Lächeln,
das Lächeln, das sonst nur den hübschen reinblütigen Mädchen
zukam, die vermutlich maximal zwei Tage später bereitwillig die
Beine für ihn breit machen würden, wenn er es wollen würde.
Das
Ganze hatte maximal dreißig Sekunden gedauert. Mit aller Kraft, die
ich hatte, wandte ich mich von dem Slytherin ab, ohne eine Regung in
meinem Gesicht erkennen zu lassen. Was für ein perfider Plan war das
denn nun wieder? Gedankenverloren schüttete ich Zucker in meinen
Kaffee.
„Hey Harry!", meinte Ron. „Bald ist das nicht mehr
Kaffee mit Zucker, sondern Zucker mit Kaffee."
„Oh", zuckte
ich zusammen und stellte die Dose wieder auf den Tisch.
„Was ist
denn mit Malfoy los?", lachte Ron zwischen zwei Bissen Speck mit
Ei. „Der sieht aus, als hätte man ihn gerade abgewiesen."
Ich
zuckte noch mal zusammen.
„Schreckhaft heute?", fragte
Hermione.
„Mmh", machte ich zum zweiten Mal heute und schielte
unauffällig zum Slytherintisch.
Dort saß Draco, völlig
teilnahmslos, zwischen Crabbe und Pansy.
Entweder war sein Plan
fehl geschlagen… oder er fühlte sich tatsächlich gerade von mir
abgewiesen.
