Kapitel #03: I want you above me

Sein selbstbewusster Gang. Seine silbernen seidigen Haare, die ihm manchmal widerspenstig ins Gesicht fielen. Sein Blick aus stahlblauen Augen, der mich schon so oft fixiert hatte. Seine Stimme, die wie Schmirgelpapier über meine Haut strich. Sein Lächeln, dass er manchmal den Mädchen schenkte, aber sicher niemals mir.
Sein Nacken, den ich so oft im Zaubertrankunterricht vor mir hatte, eingerahmt von der Schuluniform, sodass der Kontrast zwischen dem schwarzen Umhang und seiner blassen Haut nur noch mehr hervor trat.

Meine Finger wanderten wie von selbst meinen Körper entlang und ich stellte mir vor, es wären Seine. Wie er mich umfing, sein Atem über meine Brust strich. Wie er mich mit beharrlichen Bewegungen komplett auszog. Wie ich nackt unter ihm lag und wartete, was er mit mir tun würde. Meine Hände gingen tiefer, unter mein Shirt und schließlich…
Als ich mich selbst berührte, hatte ich die ganze Zeit sein laszives Lächeln vor Augen. Seinen makellosen Körper, den ich noch nie gesehen hatte, ihn mir aber verdammt gut vorstellen konnte. Ich stellte mir vor, wie er mich anfasste und mir diese Gefühle verschaffte.
Und als ich es nicht mehr aushielt, als meine Fantasie mich von der Klippe gestoßen hatte, da hörte ich sein Flüstern in meinem Ohr.

Hinterher fühlte ich mich furchtbar, wie immer. Es war doch nicht zu glauben: Ich holte mir einen runter und dachte dabei an meinen Erzfeind. An meinen gut aussehenden, splitternackten Erzfeind.
Seufzend wischte ich die Beweise weg und versuchte zu schlafen. Der körperliche Druck war nun zwar weg, aber der Seelische war geblieben.
Seit nun schon fast drei Monaten quälte ich mich mit diesen Gedanken. Und ich hatte das Gefühl, es wurde immer schlimmer. Als ich endlich Schlaf fand, war draußen schon das erste Morgengrauen zu sehen.

Am nächsten Morgen wurde es nicht besser. Erst Frühstück in der großen Halle, wo ich vermutlich wieder diesen Jungen vor der Nase hatte und danach auch noch eine Doppelstunde Zaubertränke, wo der Grund meiner schlaflosen Nächte vor meiner Nase rum lief.
„Wasn los Alter?", fragte Ron. „Schlecht gepennt?"
„Mmmh…", machte ich und suchte die große Halle unauffällig nach dem blonden Slytherin ab. Er war noch nicht da. Sehr gut.
Vielleicht konnte ich schnell essen und dem Unheil wenigstens bis zum Unterricht entkommen.

Ich hatte mich gerade zwischen Ginny und Ron gesetzt und mir einen Toast und Marmelade genommen, als das Unheil geradewegs auf mich zukam.
„Na, Potter? Bereit für Deinen Untergang?", kam eine Stimme vom Gang hinter mir. Zu meinem Schrecken spürte ich kurze Zeit später eine Hand auf meiner Schulter.
Ich drehte mich um – und sah in genau das paar sturmblauer Augen, die ich letzte Nacht gesehen hatte. Unwillkürlich senkte ich den Blick und sah seine Brust unter der Uniform, die oberen Knöpfe lässig geöffnet und die Krawatte gelockert.
Es hätte nicht viel gefehlt und ich hätte angefangen zu sabbern.

„Potter!", herrschte Draco mich an. „Ich hab Dich was gefragt!"
„Ahm…", stammelte ich. „Was für ein Untergang?"
Draco starrte mich irritiert an und zog eine Augenbraue hoch. Dann fing er an zu Lachen.
„Alles klar, Potter, Du solltest vielleicht mal mehr schlafen, dann wird Deine Reaktionszeit auch wieder besser. Und tu das besser bald, sonst gewinnen wir am Sonntag innerhalb von 3 Minuten."

Er schenkte mir noch ein überhebliches Grinsen und stolzierte davon, um sich genau mir gegenüber an den Slytherintisch zu setzen. Seufzend wandte ich mich meinem Frühstück zu.
„Was war das denn eben?", fragte Ginns.
„Keine Ahnung", erwiderte ich. „Wollte sich wohl mal wieder aufspielen."
„So ein Widerling.", meinte Ginny und widmete sich dann ebenfalls ihrem Toastbrot.

Ich zuckte mit den Schultern und langte nach dem Kaffee.
Draco hatte ja Recht, viel zum Schlafen kam ich nicht. Sein Gesicht verfolgte mich jeden Abend aufs Neue, bis ich der Versuchung nachgab und meine Fantasie spielen ließ.
Ich hatte schon Muskelkater im rechten Arm.

Doch dabei würde es wohl auch bleiben, bis ich es irgendwie geschafft hatte, mich von Draco loszusagen und meinen Blick wieder auf Mädchen zu richten. Vielleicht würde ich das auch schaffen, wenn er nicht andauernd seinen Hintern vor mir her tragen würde. Ein sehr hübscher Hintern übrigens. Der auch in meinen nächtlichen Ausflügen vorkommt.
Und das nicht zu knapp.

Als ich aufsah, um nach dem Zucker für meinen Kaffee zu greifen, streifte mein Blick den Blonden. Der zu mir sah. Den Kopf auf eine Hand gestützt. Gedankenverloren in seinem Tee rührend. Irritiert zog ich die Brauen zusammen. Was plante der denn schon wieder.
Plötzlich zuckte der Slytherin zusammen, er hatte bemerkt, dass er mich angestarrt hatte. Seine Wangen verfärbten sich rot und er griff ebenfalls nach Zucker, um seine Verlegenheit zu überspielen.
Er kippte zwei Löffel Zucker in den Tee und rührte um. Den nicht mehr benötigten Löffel leckte er ab und legte ihn auf die Untertasse.
Langsam sah er zu mir hoch, immer noch mir roten Wangen. Ich sah, dass er schluckte. Und dann leckte er sich über die Oberlippe. Betont langsam. Geradezu lasziv.
Wir starrten uns an, der Slytherin und der Gryffindor. Dieser Augenblick schien Ewigkeiten zu dauern. Mein Gehirn versuchte fieberhaft, diese Reaktion zu interpretieren, doch es wollte mir nicht gelingen. Es war zum Verzweifeln.
Draco schien unsicher, ob er nun höhnisch lachen oder einfach nur lächeln sollte. Und er entschied sich – kaum zu glauben – für Letzteres. Er schenkte mir sein gewinnendes Lächeln, das Lächeln, das sonst nur den hübschen reinblütigen Mädchen zukam, die vermutlich maximal zwei Tage später bereitwillig die Beine für ihn breit machen würden, wenn er es wollen würde.

Das Ganze hatte maximal dreißig Sekunden gedauert. Mit aller Kraft, die ich hatte, wandte ich mich von dem Slytherin ab, ohne eine Regung in meinem Gesicht erkennen zu lassen. Was für ein perfider Plan war das denn nun wieder? Gedankenverloren schüttete ich Zucker in meinen Kaffee.
„Hey Harry!", meinte Ron. „Bald ist das nicht mehr Kaffee mit Zucker, sondern Zucker mit Kaffee."
„Oh", zuckte ich zusammen und stellte die Dose wieder auf den Tisch.
„Was ist denn mit Malfoy los?", lachte Ron zwischen zwei Bissen Speck mit Ei. „Der sieht aus, als hätte man ihn gerade abgewiesen."
Ich zuckte noch mal zusammen.
„Schreckhaft heute?", fragte Hermione.
„Mmh", machte ich zum zweiten Mal heute und schielte unauffällig zum Slytherintisch.
Dort saß Draco, völlig teilnahmslos, zwischen Crabbe und Pansy.
Entweder war sein Plan fehl geschlagen… oder er fühlte sich tatsächlich gerade von mir abgewiesen.