Sauron war seit jeher den Wissenschaften sehr zugetan gewesen. Seit dem Anbeginn der Zeit hatte er schaffen und erfinden wollen. So vieles hatte er von Melkor lernen können, dunkle und verderbte Künste, die weit über das hinausgingen, was Aule ihm jemals hätte lehren können, als er ihm noch gefolgt war.
Moralische Bedenken kannte er keine, Skrupel waren ihm fremd. Kompromisslos verfolgte er seine Ziele und arbeitete zum Ruhm seines Meisters Melkor, um den Willen des Dunklen zu erfüllen.
Viel hatte er von der Wissenschaft seines Meisters erfahren und hatte Macht erlangt, die weit über die eines jeden anderen Geistes von seinem Rang und Namen hinausging. Ganz nach Belieben durfte er auch seinen eigenen Wissenschaften nachgehen und hatte beinahe unbegrenzte Befugnisse von seinem Meister erhalten, hatte er erst einmal seinen Wert bewiesen. Und dies hatte er rasch getan. Melkor hatte schon während der Musik der Ainur erkannt, welches Potenzial Sauron bot. Schon bald, nachdem dieser in das Königreich Arda gekommen war, war es Melkor gelungen, ihn für seine Sache zu gewinnen. Sauron hatte dies bis zum Schluss nicht bereut.
Nur einen Nachteil brachten Melkors Wissenschaften mit sich: Sie verdarben durch und durch. Damit an sich hatte Melkors wertvollster Diener keine Probleme, doch brachte dies den Nachteil, dass er nichts schaffen konnte, schlechter noch, als dies einst Aule versucht hatte. Doch er konnte selbst verderben.
Dies war eine boshafte und scheußliche, doch sehr nützliche Kunst. Melkor besaß genügend Sklaven, an welchen sein treuester Diener sich vergnügen konnte. Die größte Freude bereiteten ihm Experimente mit Elben, und schon früh war ihm das gelungen, worauf er am stolzesten war: jene Züchtung, die später über viele tausend Jahre hinweg als Orks bekannt sein würde.
Damit war ihm wahrlich ein Geniestreich gelungen, denn dieses Volk bot ungeahnte Vorteile und vielfältige Einsatzgebiete. Sauron liebte es, seine Sklaven für alle möglichen Zwecke und finstere Taten zu missbrauchen, sie waren nützliche Handlanger und wunderbare Versuchsobjekte.
Dennoch, obgleich er stets daran arbeitete, seine Züchtungen zu verbessern, entdeckte er eines erst sehr spät: Orks waren nicht so verderbt, als dass sie sich nicht mehr mit Elben kreuzen könnten. Auch lange nachdem sein Meister in die Leere verbannt worden war, und er alles für die Rückkehr Melkors vorbereitete, während er dessen Erbe antrat, setzte er seine Experimente fort. Als er diese neue Züchtung entdeckte, verfolgte er sie mit höchstem Interesse.
Denn schon früh erkannte er das Potenzial dieser neuen Rasse. Käme das Beste sowohl von Orks als auch von Elben zusammen, könnte dies hervorragend seinen Zwecken dienen. Er hatte viele Fehlschläge zu verzeichnen, bevor er erreichte, was er wollte. Das Ergebnis jedoch ließ sich sehen.
Er nannte seine Schöpfung Ghâshburz, Dunkles Feuer, und schnell zeigte dieser seinen Wert. Sauron erlaubte es ihm, rasch im Rang aufzusteigen und schließlich zu seiner Hand zu werden. Und Ghâshburz erwies sich des Vertrauens als würdig.
Mit Freuden diente er seinem Herrn und war ihm bis zuletzt treu ergeben, teils, weil er keine andere Welt kannte, teils, weil er stets nur Gutes von seinem Herrn erfahren hatte. Ghâshburz erachtete das Wort seines Herrn als Befehl und tat alles bedingungslos, was von ihm verlangt wurde. Dennoch blieb er lieber im Hintergrund und ließ andere an vorderster Front für den Ruhm des Herrn kämpfen.
Seine Zeit sollte erst später kommen, erst mit dem Fall Saurons. Wie einst sein Herr vor ihm erhob nun auch er sich wie ein Schatten in dessen Fußstapfen, um das Erbe Saurons anzutreten. Die Zeit eines dritten Dunklen Herrschers war gekommen. Mit dem nördlichen Königreich sollte es beginnen. Bald schon würde ihm die gesamte Welt gehören.
