Der lange Weg zurück
Inhalt: Eine fremde Macht ergreift von Sheppard und McKay Besitz, und gefangen auf einem anderen Planeten müssen sie an ihre Grenzen gehen, um nach hause zu kommen. Sie werden gejagt, denn sie wissen etwas, was die Regierung dieser Welt nur zu gerne als Geheimnis belassen würde.
oder auch:
Nun, wir hatten eine Art von Untoten... (Weltraum) - Vampire. Was jetzt noch fehlt...
Warnung: Könnte bisweilen etwas eklig werden, auch ziemlich düstere Story.
Die Story müsste schneller als "Sergeant McKay und andere Probleme" fertigwerden, wenn ich nicht eine plötzliche Schreibblockade kriege. Cover dazu findet man auf meiner Seite unter "Bilder".
(Ich würde zu gerne erzählen, wie mir die Idee gekommen ist, doch dann würde ich viel zu viel von der Story preisgeben müssen. Also, später. Nur so viel: Es hatte mit einem winzigen Artikel im Spiegel zu tun...)
Ach ja, der Disclaimer: Natürlich gehört mir Stargate:Atlantis nicht, und ich mache auch kein Geld mit dieser Geschichte.
oOo
Rodney drehte sich so, dass er mit dem Rücken zu den Büschen und mit dem Gesicht zur Hauswand stand, und öffnete dann die verschwitzte Hand. Der Anflug eines Lächelns huschte über des Gesicht des Siebenjährigen, doch der stechende Blick seiner blauen Augen glitt rasch von den Objekten auf seiner Handfläche ab und flackerten unruhig umher, während er lauschte. Erleichtert atmete der Junge auf, als er nichts außer seinem eigenen Atem hörte. Vorsichtig schloss er die Faust wieder um den rostigen Schlüssel, die Münzen und das Bonbon, und schob sie dann in die Tasche seiner Jeans.
Er war nicht ganz sicher, warum er das tat. Die Sachen stahl. Es war nie etwas wirklich wertvolles, das war ihm natürlich klar, und eigentlich konnte er nichts damit anfangen. Dennoch… es war gut. Es war gut, Dean und die anderen der Bande zu bestehlen, die sich offenbar zum Lebensziel gemacht hatten, jede Sommerferien für Rodney unerträglich zu machen.
Okay, er musste schon zugeben, es war eine komische Form von Rache. Rodney lächelte dünn, als er daran dachte, was er wirklich mal gerne mit diesen… diesen Mistkerlen machen würde, und seine schmale, schmutzige Hand fuhr unbewusst über die Außenseite seiner gefüllten Tasche.
Die Objekte waren scheinbar wertlos… und waren es doch nicht. In gewisser Weise bedeuteten sie Dean und den anderen sicher etwas, und was noch viel wichtiger war, sie hatten ihnen gehört. Und jetzt hatte Rodney sie. Er grinste, als er Welle Zufriedenheit ihn durchrollte. Oh ja. Es war ein winziger Sieg, aber es war ein Sieg. Sie konnten Steine nach ihm werfen, ihn schubsen, ihn beschimpfen - und doch hatten sie keine Ahnung davon, dass auch er ihnen etwas nehmen konnte. Sie waren auch nicht vollkommen, auch nicht unverwundbar, und Rodney lächelte wieder, und machte sich dann bereit zu rennen, als die warme Sommerluft die Rufe von Jungen zu den Büschen trug.
ooo
Bleiches Nachtlicht ließ Atlantis wie eine unwirkliche, gespensterhafte Erscheinung wirken, deren schmale Türme sich geisterhaften Klauen gleich in den schwarzen Himmel reckten. Die Stadt war ganz plötzlich aufgetaucht, aus dem Dunst, und Johns Kehle fühlte sich plötzlich sehr eng an, während er über das tintenschwarze Meer auf die aschgrauen Gebäude zuflog. Halt, nein. Das Wasser unter ihm war nicht schwarz, nicht vollkommen, und John spürte eine bestürzende, unwillkürliche Faszination in sich aufsteigen, als er das Gesicht nach unten wandte und die fluoreszierenden Bänder betrachtete, die sich unter der unnatürlich glatten Meeresoberfläche zuckten und wanden.
ooo
Das nervtötende Piepsen seiner Uhr riss Sheppard aus dem Schlaf, und widerwillig setzte er sich auf, um dann nach dem Unruhestifter zu tasten. Erst nach mehreren Versuchen fand er die Uhr, und stellte den Alarm ab. Nun endgültig wachgeworden, schwang er die Beine über die Kante des absurd schmalen Antiker- Betts und stand auf, um sich zu strecken. Ein mehrfaches, befriedigendes Knacken ertönte, und Sheppard fuhr sich mit der Hand über seine Augen und sein raues Kinn, um dann in Richtung Bad zu - nun ja, nicht direkt zu gehen, vielleicht zu taumeln.
Nach dem Frühstück fühlte er sich nur unwesentlich besser, und beunruhigt kramte er in seinem Gedächtnis - heute… stand doch nichts an, oder? War das nicht einer von den Tagen, die Elizabeth dem Team verordnet hatte um zu verhindern, dass "der Colonel irgendwann tot umkippt und McKay den Verstand verliert". Hah. Als ob es dafür nicht schon viel zu spät wäre… für das letztere, natürlich.
Sheppard seufzte. Nein, irgendetwas war doch… er widerstand mühsam der Versuchung, sich mit der flachen Hand gegen die Stirn zu schlagen, als es ihm wieder einfiel. Natürlich! Heute morgen: Training mit Teyla. Und Ronon. Und danach: TeamDay, juhu. Das bedeutete, zum Festland zu fliegen und den Rest des Tages am Strand zu liegen - und seine blauen Flecke und Prellungen mit Meerwasser zu kühlen.
Er warf einen Blick auf die Uhr. Keinen Sinn mehr, das noch länger hinauszuschieben. Mit einem einzigen großen Schluck trank er seinen Orangensaft aus - und erstarrte dann mitten im Sich - erheben.
Übelkeit rollte wie eine große, dunkle Welle über und durch ihn, und der Saft, der seine Kehle hinunter zu seinem Magen floss, schien sich plötzlich durch sein Gewebe zu brennen und - Ekel, so plötzlich, so überraschend, dass er spürte, wie im kalt vor Angst wurde - dieser Saft- es war - es war - ihm fehlten die Worte, um das zu beschreiben, was ihm durch den Kopf gegangen war. Es war ein Gefühl, doch nicht vage und ahnungsvoll, sondern drängend und bösartig, und es ließ ihn sich wünschen, sein Innerstes mit Sand auszuschrubben - und dann war es vorbei.
So plötzlich, wie es gekommen war, und er stand immer noch leicht vorn übergebeugt neben seinem Sitzplatz, und wahrscheinlich war nicht mehr als eine Sekunde vergangen.
"Du wirkst abgelenkt, Colonel", sagte Teyla betont höflich, während sie Sheppard hochzog. Dieser machte sich nicht die Mühe, sich eine Antwort fallen zu lassen. Es war immer wieder entwürdigend rasch zu ende gegangen - und ziemlich schmerzhaft obendrein. Außerdem stand Ronon in der Ecke des Trainingsraums und sah wie immer vage amüsiert aus. Ärgerlich schüttelte Sheppard den Kopf, so als könnte er dieses - nun, was war es überhaupt? Dieses taube Gefühl abschütteln. Es fühlte sich ein wenig so an, als wäre er in Watte gepackt, oder noch nicht ganz wach geworden. Geräusche und Bewegungen schienen es unendlich schwer zu haben, den Kokon, der ihn umgab, zu durchdringen.
Sheppard sah zu Teyla und bemerkte, dass sie ihn beobachtet hatte. Er gab sich sofort alle Mühe, unverbindlich zu lächeln, doch die Besorgnisfalten auf ihrer Stirn wurden nur tiefer.
ooo
Ohne einmal abzusetzen, trank Rodney McKay die Kaffeetasse aus, und Zelenka, der neben ihm stand, räusperte sich kurz, und verdrehte dann, als Rodney zu ihm hinsah, die Augen.
"Ist irgendwas?", fragte Rodney schließlich.
"Vielleicht wollen wir auch noch etwas von dem Kaffee haben", sagte Zelenka milde, und McKay starrte ihn verständnislos an.
"Dann solltet ihr euch etwas nehmen? Und, ist dir bewusst, dass du von dir selbst in der ersten Person Plural sprichst?"
Zelenka schnaubte nur, drehte sich dann um, und wandte sich wieder seinem Laptop zu, während McKay die vierte Tasse Kaffee trank.
Heute morgen schien er überhaupt nicht wach werden zu können. Merkwürdig.
ooo
Das sanfte Geräusch des Ozeans ließ Sheppard schläfrig werden. Er lag auf dem Rücken, einen Arm über die Augen gelegt, den anderen entspannt neben sich ausgestreckt. Langsam trocknete das Meerwasser auf seiner Haut, Spuren von Salz zurücklassend. In der Ferne konnte er Teyla lachen hören. Er fühlte sich entspannt, unendlich entspannt, ruhiger als seit einer sehr langen Zeit. Wärme flutete über sein Gesicht und seiner Arme und Beine, und trotz des Armes über den Augen leuchtete es hinter seinen Augenlidern rot. Er blinzelte, kurz, und verzog dann unwillig das Gesicht. Es war wirklich etwas zu hell, und er bewegte den Arm, bestrebt, noch mehr von seinem Gesicht zu verdecken. Es schien zu wirken, das grellrote Flimmern hinter seinen geschlossenen Lidern verschwand, doch auch seine Gelassenheit schien verschwunden zu sein. Zurückgeblieben war nur eine merkwürdiges Gefühl von Mattheit, gemischt mit einer Art geistigem Kratzen, ein Tippen auf der Schulter, das auf irgendetwas hinweisen wollte. Sheppard öffnete die Augen, und starrte auf die sonnengebräunte Haut seines Unterarms. Er konnte immer noch Teyla lachen hören, und vielleicht sogar auch Ronon, ein, zwei mal. Wen er nicht hörte, war McKay, und war das nicht seltsam?
Neugierde vertrieb die Mattheit, und Sheppard nahm den Arm vom Gesicht und drehte sich auf die Seite. McKay saß nur ein paar Meter von ihm entfernt, den Arm um die angezogenen Beine gelegt und auf den Ozean starrend.
"Hey", sagte Sheppard leise, und runzelte dann die Stirn, als das keine Reaktion hervorrief.
"Hey!"
Langsam, beinahe wie in Zeitlupe, drehte McKay den Kopf und sah Sheppard an.
"Ist alles …okay?", fragte dieser. McKays Stille begann plötzlich unendlich an seinen Nerven zu zerren. Der andere Mann antwortete nicht, die Augen nicht ganz auf Sheppard fixiert - so schien es ihm zumindest. Eigentlich war es schwer zu sagen, dachte Sheppard plötzlich. McKays Augen waren sehr dunkel, so als wären seine Pupillen extrem geweitet.
"Rodney?", fragte er, sich plötzlich extrem unwohl fühlend. Ein merkwürdig kaltes Gefühl hatte sich in seiner Magenregion gebildet.
"Ja?", fragte McKay. Er klang immer noch zu langsam, und Sheppard starrte ihn an, als er fragte:
"Bist du okay?"
Wieder nichts als Starren, und ein paar Sekunden, die wie die Ewigkeit schienen.
"Ich weiß es nicht.", sagte McKay schließlich, und sein Blick fokussierte sich endlich auf John, verzweifelt und dumpf wie blindes Glas.
"Ich weiß es nicht"
Er wandte den Blick von Sheppard ab, und sah wieder auf die grau-blaue Wasserfläche, während Sheppard ein paar mal unschlüssig den Mund öffnete und schloss. Was zum…?
"McKay?"
McKays Kopf fuhr herum, und stirnrunzelnd sah er Sheppard an.
"Was?", schnappte er.
"Was, was?", sagte Sheppard verärgert - und mit Erleichterung. Endlich wieder normales McKay- Verhalten.
"Was willst du von mir?", sagte McKay, absichtlich langsam, als würde er zu einem kleinen Kind sprechen.
"Bist du okay?", fragte Sheppard wieder.
McKay rollte mit den Augen. "Natürlich. Abgesehen von meinem Sonnenbrand. Und dieser Sand ist verdammt hart. Mein Rücken- "
Sheppard grinste - wenn auch etwas gezwungen - und wandte sich dann ab, das Geschnatter McKays noch immer in den Ohren.
ooo
Nachdenklich fuhr sich Sheppard mit den Fingern durch die noch feuchten Haare. Der Team- Ausflugstag war recht ... unspektakulär zu ende gegangen. Rodney hatte sich nach dem Aussetzer- Sheppard war sich immer noch nicht ganz klar, wie er es nennen sollte – wieder vollkommen normal verhalten. So weit sich McKay normal verhielt eben. Doch der eine Moment der Abwesenheit hatte Sheppard tief verstört. Er war sich nicht ganz sicher, warum – McKay hatte nichts Entsetzliches oder Peinliches getan, noch hatte es irgendwie direkt so ausgesehen, als wäre er besessen oder dergleichen – was in einer anderen Galaxie immer im Bereich des Möglichen lag. Dennoch, oder vielleicht gerade deswegen war der Moment schrecklich gewesen. Sheppard erinnerte sich an den leeren, gequälten Ausdruck in McKays Augen, und spürte, wie sich auf seinen nackten Armen eine Gänsehaut bildete.
Er würde den Astrophysiker in Zukunft genau beobachten, nahm er sich vor.
ooo
Graues Wasser kräuselte sich, als John tiefer sank. Gischt und Dunst umhüllten die erstarrte, farblose Stadt, und schmale Rinnsale flossen die metallenen Türme herab, ohne auch nur das leiseste Geräusch zu verursachen. John glitt noch näher, unendlich langsam, bis schließlich seine nackten Füße das kalte Metall des Piers berührten. Er stand im fahlen Licht, und betrachtete den langen Zacken in der Sternform Atlantis, der sich vor ihm ausstreckte. Blassgrün leuchtende Würmer zuckten und krampften unter der glatten, nassen Oberfläche.
ooo
Die helle, doch überraschend kalte Sonne Atlantis' erleuchtete Colonel Sheppards Quartier, als er sich aufsetzte. Nachdem er geduscht und die Zähne geputzt hatte – ein paar Sandkörner knirschten immer noch zwischen seinen Kiefern – zog er sich rasch an und warf einen Blick auf die Uhr. Er war überraschend früh, er hatte noch gut eine Stunde Zeit, bevor das Meeting begann. Genug Zeit, um noch einmal bei jedermanns Lieblings – Astrophysiker vorbeizuschauen.
ooo
„McKay?"
„Hm"
„Hey" Sheppard lehnte sich betont lässig an den Türrahmen und grinste, als er McKay tief über einen neuen, noch völlig unbekannten Apparat gebeugt, entdeckte.
„Hmpf"
„Hast du vor, mit mir zu frühstücken?"
Es erfolgte keinerlei Reaktion, was diesmal allerdings kaum Anlass zur Besorgnis gab, dachte Sheppard. McKay sah ein bisschen so aus, als wäre es nicht sicher, ob er überhaupt schlafen gegangen war. Sein spärliches Haar stand wild vom Kopf ab, seine halbgeschlossenen Augen waren blutunterlaufen. Er sah aus wie die Karikatur des verrückten Wissenschaftlers.
„Was willst du?", fragte nun McKay irritiert und Sheppard fiel auf, dass er noch immer grinste. Sofort lächelt er noch breiter und bemerkte befriedigt, wie McKays Miene noch finsterer wurde.
„Frühstück?", fragte Sheppard, mit den Augenbrauen wackelnd.
„Hm-" Sheppard konnte praktisch sehen, wie der Gedanke an essen mit seinem wissenschaftlichen Eifer rang. Die Nahrungsaufnahme gewann, was Sheppard gehofft und erwartet hatte.
„Okay."
„Gut" Unfähig, der Versuchung zu wiederstehen, grinste Sheppard noch einmal, und gab dann sein dekoratives Lehnen auf und trat in den Gang vor dem Labor.
McKay beim Essen zu beobachten war wie üblich faszinierend und abstoßend zugleich, stellte Sheppard fest. Gewiss konnte man nicht sagen, dass der Mann das Essen nicht schätzte, aber das war vielleicht auch das einzige Positive, was einem zu einem essenden McKay einfiel.
„Ischt du nischts?" fragte McKay um einen Mund voller Waffeln (Waffeln! Sie hatten wieder Waffeln! Gelobt sei die Daedalus...) herum, und Sheppard biss in sein Toast.
Er hatte kaum Appetit, musste er zugeben. Nun ja, vielleicht lag das auch nur daran, dass er direkt vor McKay saß...
„Oranschensschaft?", fragte McKay angeekelt mit einem Blick auf Sheppards Glas, und der Colonel seufzte.
„Du musst ihn ja auch nicht trinken", sagte er, und McKay schnaubte und verteilte Waffelbröckchen über die Tischplatte.
„McKay!"
„Hmpf"
Sheppard seufzte und wandte den Blick von dem Mann vor ihm ab und nahm stattdessen einen Schluck von seinem Orangensaft. Und erstarrte. Hustend und spuckend beugte er sich vor und musste sich mit aller Macht davon abhalten, sich zu übergeben.
„Colonel?" Nur wie von ferne hörte er den alarmierten Ausruf McKays, während ihm die Tränen aus den Augen liefen. Der Saft brannte in seiner Kehle wie Säure, und sein Magen krampfte sich schmerzhaft zusammen. Er spuckte noch einmal in das halbleere Glas Saft, und schaffte es dann, sich wieder zusammen zu nehmen.
„Colonel?"
„Ich –" Er brach ab und stand auf. Glücklicherweise war es immer noch sehr früh, und die Mensa beinahe leer, bis auf drei Wissenschaftler an einem entfernten Tisch, die sich anscheinend nicht sehr für hustende Militärs zu interessieren schienen.
So rasch er konnte, ohne zu rennen, verließ er die Essensausgabe, sich kaum bewusst, dass McKay ihm folgte.
Im nächsten öffentlichen Waschraum hielt er den Kopf unter den Wasserhahn, der sich einschaltete sobald er den Raum betrat.
„Colonel? Ist alles in Ordnung?"
Er spuckte noch einmal in das Becken, spülte sich dann den Mund aus und genoss das Gefühl des kalten Wassers auf seinem brennenden Gaumen.
„J- ja"
„Was zum Teufel – was – was war los? Ist dir übel?", fragte Rodney weiter. Sheppard drehte den Kopf und sah ihn an. Im unbarmherzigen Licht des Waschraumes sah der Mann krank und übernächtig aus, die Augen rot und mit tiefen Schatten darunter. Sein schiefer Mund stand halb offen in Entsetzen.
„Nein" Er fuhr sich mit dem Handrücken über den Mund und schluckte ein paar Mal. „Ist schon wieder okay, McKay"
„Okay?", quiekte McKay, und starrte ihn an, als hätte er gerade verkündet, er würde dem Intelligent Design anhängen. „Vor zwei Minuten sah es noch extrem so aus, als würdest du dir beinahe die Seele aus dem Leib kotzen, Colonel"
Sheppard wand sich innerlich unter dem eisblauen Blick, schaffte es aber, seine Fassade aufrecht zu halten.
„Mir geht es gut, McKay"
Der Wissenschaftler schnaubte, doch Sheppard nahm ihm die Chance, eine schneidende Antwort zu geben, indem er einfach an ihm vorbei ging und den Waschraum verließ.
ooo
McKay warf einen schnellen Blick auf die Uhr. Noch zwei Stunden, dann würde er sehen, was Kusanagi geschafft hatte. Er hoffte wirklich, dass sie fertig sein würde. Nicht nur, dass er die Analyse des Geräts wirklich haben wollte – das wollte er ohne Zweifel – nein, es wäre schrecklich, wenn sie noch nicht fertig wäre. Er hatte immer gedacht, er käme ganz gut damit zurecht, eine Terrorherrschaft auszuüben – doch Gott, wenn die Frau weinte – es war nicht zu ertragen. Wenn Miko gewusst hätte, was sie für eine Macht ausüben konnte... Doch sie wusste es nicht. Sie würde ihn einfach nur ansehen, und dann würden ihre Augen hinter der Brille immer größer werden und dann würden ihre Unterlippe anfangen zu zittern und dann...
„Dr. McKay, Sir?", flüsterte eine Stimme hinter seinem rechten Ohr und McKay hüpfte beinahe, und wirbelte dann seinen Stuhl herum.
„Ja!"
Dr. Kusanagi trat hastig einen Schritt zurück, die dunklen Augen sich hinter den dicken Gläsern ihrer Brille weitend.
„Verzeihung, Sir, ich wollte – ich-"
Überrascht bemerkte McKay, dass sie einen Stoß Papiere in ihrer Hand hielt. Sie schien seinen Blick gesehen zu haben, und hielt ihm wortlos die Papiere hin.
McKay warf einen Blick darauf, und sah dann die schmale Japanerin verblüfft an.
„Die Analyse schon fertig?"
Dr. Kusanagi errötete, als hätte er sich einen Scherz erlaubt.
„Ich – ich habe mich wirklich beeilt, Sir, es tut mir leid, dass ich nicht schneller..."
Sie begann zu stammeln, und McKay wedelte ungeduldig mit der Hand, um sie zu verscheuchen. Während Kusanagi aus dem Raum huschte, legte er langsam den Stapel Papiere auf den Schreibtisch.
Das war – unerwartet. Eigentlich sollte sie diese Sachen nicht so schnell fertig gehabt haben.
Er sah zur Uhr, und riss dann die Augen auf. Es waren zwei Stunden vergangen.
Unsinn, dachte er sofort. Zwei Stunden? Wie soll das möglich sein? Ich habe doch nicht hier zwei Stunden gesessen... ich ... ich erinnere mich nicht.
Die Hand, die auf dem Papierstoß gelegen hatte, fing an zu zittern, und ballte sich dann zu einer Faust.
Es musste eine Erklärung dafür geben, dass er sich nicht an die letzten zwei Stunden erinnern konnte. Vielleicht ... war er eingedöst...
„Rodney?"
„Was!" Er wirbelte herum, und starrte Sheppard an.
„Was zum Teufel ist los mit dir, Colonel!", fauchte er. „Warum folgst du mir andauernd?"
„Ich folge dir andauernd?", fragte Sheppard unschuldig, und McKay presste die Lippen zusammen und starrte den sich anlehnenden Mann an.
Sheppard verdrehte die Augen und trat ins Labor, und setzte sich zu McKays Verdruss auf den Schreibtisch.
„Ich wollte nur sichergehen... das alles okay ist"
Okay, das reichte. McKay wandte sich von seinem Laptop ab und schob ihn beiseite, starrte dann den Colonel an.
„Das alles okay ist? Geht es dir noch gut? Soll ich Carson holen?"
Sheppard verzog spöttisch den Mund, doch seufzte dann. Müde fuhr er sich mit einer Hand über das Gesicht, und sah dann wieder McKay an.
„Du wirktest am Strand etwas... Weggetreten"
„Weggetreten?", wiederholte McKay, doch schaffte es nicht ganz, das Wort so sarkastisch klingen zu lassen, wie er eigentlich beabsichtigt hatte . Weggetreten...? War ihm da dasselbe passiert wie eben mit Miko?
Sheppard schien ihn genau beobachtet zu haben, denn jetzt legte er den Kopf schief und sagte in eindringlichem Ton:
„McKay, ist das – weißt du was los ist?"
„Nein", fauchte McKay sofort und verflucht sich dann dafür. Etwas ruhiger versuchte er hinzuzufügen: „Mir geht es gut"
Zweifelnd legte Sheppard den Kopf schief.
„Kümmere dich um deinen eigenen Kram, Colonel", zischte McKay. „Es ist alles in Ordnung. Und jetzt... verschwinde aus meinem Labor. Ich arbeite."
ooo
Nebelschwaden umhüllten die hohen, schlanken Stahltürme vor ihm, und John trat ein paar Schritte vorwärts, in den Schatten der Stadt. In der tiefen Dunkelheit vor ihm konnte er das noch intensivere Schwarz einer Türöffnung sehen, und im düsteren Metall vor ihm, unrhythmisch krampfende glühende Bänder.
ooo
Schweißgebadet wachte Sheppard auf, mit trockener Kehle und unglaublichem Durst. Er stand auf und taumelte ins Bad, und hielt dann den Kopf unter den Wasserhahn. Trinken half, doch das unbestimmte, unangenehme Gefühl in seinem Kopf blieb. Als er sich wieder aufrichtete, schien er einen Moment lang den Boden unter den Füßen zu verlieren. Überrascht taumelte er zurück und stieß mit dem Hinterkopf gegen die Wand. Keuchend rutschte er auf den kalten Boden und rang nach Atem.
Ver... dammt! Was war los mit ihm? Er fühlte sich... nun ja, wenn nicht wirklich krank, dann kurz davor, richtig krank zu sein, und das merkwürdige Gefühl, in Watte gepackt zu sein, war wieder da, so heftig nun, das es ihm unmöglich schien, den Blick zu fokussieren. Schwer atmend starrte er geradeheraus, und versuchte sich mit aller Macht wieder zu beruhigen. Langsam, ganz langsam gewann er wieder die Kontrolle über sich, und ebenso langsam stand er wieder auf, sich an der glatten Wand hochtastend.
Er fing seinen Blick im Spiegel und starrte dann sein Spiegelbild an. Seine bleichen Lippen waren aufgesprungen, mit kleinen, blutigen Rissen, das Weiße seiner Augen rosig – rot.
Verdammt. Er sah krank aus und – das war genug mit dem Stoischsein, entschied er. Ab zu Beckett.
Aus dem Bad rauszukommen, gestaltete sich noch etwas schwierig, doch dann schien ihn das Schwindelgefühl wieder zu verlassen. Rasch zog er sich an und verließ sein Quartier. Atlantis' Gänge waren noch leer, abgesehen von patrouillierenden Marines, die Sheppard zunickten, als er an ihnen vorbeiging. Gott sei dank war es noch etwas dämmerig, dachte Sheppard, als er in den Transporter trat und auf das kleine Abbild Atlantis' tippte. Früh aufzuwachen schien wirklich eine Angewohnheit zu werden.
ooo
Die Krankenstation war leer bis auf ein Bett mit einem Botaniker, der an einem Hautausschlag litt, den er sich geholt hatte, als er mit einer grellblauen orchideenartigen Blume hantiert hatte. Sheppard sah sich suchend um, und bemerkte dann sein Spiegelbild im Spiegel des angrenzenden Waschraumes. Er zögerte kurz und trat dann näher heran.
Er sah normal aus. Gut, seine Augen wirkten immer noch ein wenig blutunterlaufen, und seine Lippen zu trocken, doch der schreckliche, gespensterartige Ausdruck war verschwunden. Ebenso wie das Schwindelgefühl, verdammt. Er fühlte sich gut.
„Willst du irgendwas, Colonel, oder bist du nur gekommen, um dein Spiegelbild zu bewundern?", sagte jemand hinter ihm, und Sheppard drehte sich um und sah einen sehr müde wirkenden Beckett an.
„Hm – nein, ich..." Er zögerte. Mit Sicherheit war er zu früh aufgestanden, das musste es sein. Und außerdem, was würde Beckett schon tun? Es war ja nicht so, dass er Nadeln liebte. Nein, wahrscheinlich war es sinnlos, jetzt so einen Aufstand zu machen. Beckett würde ihm eh nicht helfen können (wollen) und ihm ging es gut.
„Schon gut" Sheppard schob sich an dem verblüfften Mann vorbei und eilte aus der Krankenstation, einen verwirrten Beckett zurücklassend.
ooo
„McKay?", fragte Zelenka, und Rodney sah auf und starrte den kleinen Mann an.
„Was ist?"
„Nichts" Zelenka schüttelte den zerwuschelten Kopf. „Du wirkst nur etwas ... Abgelenkt"
„Mir geht es gut", zischte McKay und tippte unnötig heftig auf die Leertaste seines Laptops, und sah dann wieder zu Zelenka, der nun beide Augenbrauen hochgezogen hatte. „Mach dich lieber wieder an die Arbeit", fügte er hinzu, im Versuch, überzeugender zu wirken.
Zelenka schien es ihm nicht ganz abzukaufen. Er schüttelte verhalten den Kopf und wandte sich dann wieder seinen Berechnungen zu, nicht ohne McKay noch einmal einen besorgten Blick zu zu werfen.
Und dann, als der Tag eigentlich nicht noch schlimmer anfangen konnte, schneite Colonel Sheppard herein – nun, eigentlich lehnte er sich an McKays Schreibtisch.
„Was willst du?", stöhnte McKay.
Sheppard grinste nicht. Er sah ein wenig verschlafen aus, bemerkte McKay, und weniger gut als sonst.
„Nichts besonderes", sagte der Colonel und zuckte mit den Schultern. „Wollte nur mal sehen, wie es dir geht"
„Mir geht es gut"
Sheppard legte den Kopf schief und betrachtete Rodney mit einem merkwürdigen Gesichtsausdruck.
„Mir geht es auch gut"
„Wundervoll", knurrte McKay und wedelte ungeduldig mit der Hand. „Wie schön, dass es uns allen gut geht"
„Er ist nicht ganz beisammen", sagte Zelenka beiläufig.
„Ich bin nicht ganz was?", fragte Rodney.
„Er ist abgelenkt", sagte Zelenka, an Sheppard gewandt. „Er beantwortet die Fragen nicht sofort, er starrt ins Nichts, er-"
„Nein", sagte Sheppard. Er schien ein wenig verärgert und starrte den kleineren Mann durchdringend an. „Ich bin sicher, dass es Rodney gut geht"
Er richtete sich auf und sah McKay auffordernd an. „Kommst du?"
„Okay" Er speicherte seine Berechnungen, und erhob sich dann, um Sheppard zu folgen.
Beide Männer bemerkten nicht den besorgten und verwirrten Blick, den Zelenka ihnen nachschickte.
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Der Himmel über Atlantis war grau und wolkenverhangen, und Sheppard und McKay standen nebeneinander auf einem der zahlreichen Balkone und sahen auf die stahlgraue See hinaus. Beide schwiegen. Sheppard hatte weniger Lust zu reden, als dass ihm nichts einfiel, über das er hätte reden können, seine Gedanken schienen unendlich langsam zu fließen. Rodney sah ebenfalls ungewöhnlich still aus, den Kopf gegen das kühle Metall Atlantis' gelegt und die Augen halbgeschlossen. Sheppard blinzelte langsam, irgendetwas wollte sich in sein Bewusstsein winden, irgendetwas, dass er vergessen hatte. Doch es war nicht so wichtig, und einfach zu ignorieren. Nicht so wichtig. Wichtig war nur, dass McKay hier neben ihm war und dass er die Tür im Auge hatte. Ja. Er würde sofort sehen, wenn jemand kam. Nicht so wichtig... Er blinzelte wieder, und spürte, wie das leichte, taube Gefühl in seine Glieder zurückkehrte.
(Sie würden ihn nicht kriegen)
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Carson sah besorgt aus, als er ihnen Blut abnahm, und dann tippte jemand Sheppard auf die Schulter, und er wirbelte herum.
„Colonel?" Die Krankenschwester lächelte unsicher und hielt die Nadel hoch. „Haben Sie mich nicht gehört?"
Nein, das hatte Sheppard nicht. Er hatte überhaupt nichts gehört... sie hatten das Meeting verpasst, und Beckett hatte darauf bestanden, ein paar Tests zu machen. Ein paar Tests. Ein Bett weiter konnte Sheppard McKay jammern hören, über die Unnötigkeit solcher Maßnahmen und so weiter und so weiter... (Es war auch unnötig, natürlich. Unnötig und Beckett wollte nur – er wollte ihnen nur Schlechtes, er wollte-)
Er zuckte zusammen, als die Nadel durch seine Haut stach.
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John trat in den schattigen Gang, und die Lichter gingen nicht an für ihn. Atlantis war still und verlassen, bis auf gelegentliches Wispern in den Ecken. Schatten huschten am Rande seines Seefelds vorbei, doch er ging weiter. Nebel stiegt von den tieferen Ebenen auf, und umhüllte die schlanken Stützpfeiler der einsamen Hallen. John wanderte weiter, durch den toten Wald, und durch den nächsten Gang, an dessen Ende eine Tür offen stand. Dunkelheit schien aus dem Raum zu wabern, und ohne zu zögern trat er durch die Türöffnung. Der Raum war bleich und aufgeräumt und fast leer. Gedankenlos ließ John den Blick über das Bett und den Schreibtisch gleiten. Als er wieder aufsah, konnte er am hinteren Ende des Raumes, in den allertiefsten Schatten, eine weitere Türöffnung sehen. Er machte langsam die paar Schritte zu ihr hin, und die Tür glitt zur Seite wie Nebel. John trat in das Badezimmer. Düsterkeit schien von den Wänden zu gleiten und zu tropfen, über den kalten, glatten Boden wabernd, und sich in den Ecken sammelnd. John trat näher an den Spiegel heran, der im Licht der einzigen, flackernden Lampe glänzte. Sein Spiegelbild erwiderte seinen Blick, und John öffnete den Mund und schrie, als er die krampfenden und sich windenden Würmer unter seiner Haut erkannte...
Schreiend wälzte sich Sheppard vom Krankenstationbett, und auf den kalten Fußboden.
Ein Teil von ihm bemerkte, wie summend das Licht anging, und sich rasch Schritte und Stimmen näherten, der andere Teil von ihm wollte sich nur zusammenrollen und schreien.
„Colonel!" Eine Hand fasste ihn an der Schulter und versuchte ihn umzudrehen, und Sheppard holte blindlings aus und erwischte den Angreifer mit der Faust im Gesicht. Der Arzt ging zu Boden, und Sheppard brachte noch einmal seine Faust auf ihn nieder und noch einmal und –
„Colonel Sheppard!"
Er sah auf, und erkannte Carson, der am anderen Ende des Raumes stand, die Arme beschwichtigend gehoben.
„Colonel, bitte" Er machte ein paar zögernde, kleine Schritte in den Raum und blieb dann wieder stehen, als Sheppard den Kopf schief legte.
„Wir haben... wir haben etwas in deinem Blut gefunden, Colonel" Sheppard bemerkte, dass seine Stimme leicht zitterte.
„Du musst-"
Ruckartig richtete sich Sheppard auf, und Beckett zuckte zusammen.
„Ich muss gar nichts" Seine Stimme klang rauer und tiefer als üblich, doch das war jetzt nicht der geeignete Zeitpunkt, um sich darüber Gedanken zu machen, fand Sheppard. Er sah sich um, auf der Suche nach einer Waffe. Beckett blockierte den Ausgang, und hatte jetzt schon wieder einen kleinen, zögerlichen Schritt auf ihn zu gemacht-
Sheppard sprang vorwärts, eine Hand zur Faust geballt, die andere wie eine Klaue gekrümmt. Beckett duckte sich, riss die Augen auf –
Das vertraute Jaulen eines Stunners erfüllte die Luft, und Sheppard spürte, wie er zurückgerissen wurde, und dann sank er in die Schwärze.
ooo
Jede Faser seines Körpers kribbelte und stach, als er schließlich die Augen aufschlug.
„Hey", flüsterte eine heisere Stimme, und Sheppard blinzelte, und erkannte dann McKay, der sich über ihn beugte.
„Bist du...okay?", brachte er mühsam hervor, und McKay grinste schief. Er war weiß im Gesicht, und seine Hände zitterten, genauso wie die Haut unter seinem linken Auge.
„Ja"
Langsam versuchte sich Sheppard aufzurichten. Es war ein beschwerlicher Prozess, und er spürte, wie ihm der Schweiß ausbrach. McKay, der auf seinen Fußballen und Fersen schaukelte, beobachtete ihn schweigend, ohne Anstalten zu machen, ihm zu helfen.
Schließlich schaffte es Sheppard, sich gegen die kühle Wand zu lehnen, und sich umzusehen.
Sie befanden sich in einem kleinen, bis auf zwei Matratzen und einem Waschbecken vollkommen leeren Raum. Er war fensterlos, und Lampen an der Decke spendeten künstliches Licht.
„Was...?"
„Sie haben uns hier eingesperrt", sagte McKay, empört und voller Verachtung.
„Sie?"
„Elizabeth und Carson", sagte McKay, und schob die Unterlippe vor, und schaukelte wieder etwas energischer.
„Elizabeth und Carson?", wiederholte Sheppard dumpf. Er fühlte sich nicht gut. Irgendwie... sehr, sehr langsam und merkwürdig... leer.
„Ja", sagte McKay mit Nachdruck. „Sie haben uns eingesperrt"
„Warum?", fragte Sheppard.
„Ich weiß nicht", sagte McKay. „Sie sagen, da ist etwas in uns, aber ich glaube ihnen nicht. Ich glaube ihnen nicht. Sie haben Angst vor uns."
Sheppard schnaubte, und zuckte dann zusammen, als Schmerz durch seinen Schädel schoss. Er lehnte sich wieder an, und legte seinen Kopf gegen das kühle Metall.
Langsam ließ er die Augenlider zusinken, und lauschte dann McKay, der leise mit sich selbst sprach, doch die Worte waren nicht zu verstehen und zu leise, und er spürte, wie die Schwärze wieder an ihm zu zerren und zu ziehen begann.
Windend, zuckend und krampfend. Bereit. Bereit. Gespannt. Zucken. Sich bewegen. Bereit. Etwas, das nicht mehr warten konnte. Sich auf den Weg machen. Sich auf den Weg machen, bald, bald. Bereit. Bereit. Bereit...
Zischend öffnete sich die Tür, und Sheppard riss die Augen wieder auf, und starrte dann auf die Menschen, die langsam hereintraten. Rodneys Murmeln war lauter geworden, und sein Schaukeln energischer. Er sah nicht auf, und Sheppard versuchte aufzustehen, auch wenn seine Beine ihm nicht recht gehorchen wollten. Schließlich schaffte er es, sich zu erheben, und blieb gebückt und schwankend stehen.
Die Männer näherten sich im langsam, und Sheppard verlagerte sein Gewicht, unschlüssig, was zu tun war. Schatten krochen am Rand seines Bewusstseins umher, und die Farben schienen miteinander zu verschwimmen. Er schloss kurz die Augen, als wieder die Schwärze ihn zu übermannen versuchte. Es war, als werde er nach hinten gezogen, aus seinem Körper, oder vielleicht auch ganz tief in seinen Körper, in den tiefsten, urtümlichsten Winkel seines Gehirns, wo es nur Hunger und Angst gab –
Einer der Männer hob die längliche, leuchtende Waffe, die er trug, und legte sie sich über die Schulter, doch Sheppard war zu müde, um sich darum zu kümmern. Er spürte kaum, als das heranrasende Lichtbündel ihn traf, und er auf den Boden fiel, neben McKay, dessen Murmeln zu einer schrillen Tirade angeschwollen war.
ooo
„Hey" Jemand hatte ihn an der Schulter gepackt, und schüttelte ihn jetzt. „Hey. Hey. Alles klar?"
Sheppard grunzte, und schlug dann nach der Hand auf seiner Schulter.
„Hey.", sagte die irritierende Stimme wieder. „Ich bin´s, Rodney!"
„McKay", knurrte Sheppard, und öffnete die Augen. „Hör auf, mich zu schütteln"
„'Tschuldigung, 'Tschuldigung, 'Tschulding", murmelte McKay, und zog seine Hand zurück. Sheppard setzte sich endlich ganz auf.
Sie waren immer noch in dem leeren, fensterlosen Raum, und sein linker Unterarm stach und brannte. Er betrachtete die Unterseite, und erkannte einen Einstich, der rot und geschwollen aussah.
„Ich weiß nicht, was das ist, was das ist", murmelte McKay, und hielt Sheppard seinen eigenen, blutig gekratzten Unterarm vor das Gesicht. Unwillig schob Sheppard ihn beiseite.
„Haben sie nichts gesagt?"
McKay runzelte die Stirn.
„Sie sagen immer etwas. Aber sie lügen. Ich glaube ihnen nicht"
Sheppard seufzte, und nickte dann. „Ich auch nicht"
McKay reagierte nicht darauf, er war wieder damit beschäftigt, sich den Unterarm aufzukratzen.
Sheppard seufzte noch einmal, und stand dann unter großen Schwierigkeiten auf. Der Boden schien unter ihm zu schwanken, doch er konnte jetzt nicht sitzen bleiben. Etwas in ihm hämmerte gegen mentale Wände und schrie und schrie. Etwas war bereit. Etwas musste hier raus, musste weg, und er würde alles tun, um diesen Wunsch zu erfüllen.
„McKay?"
„Hm?"
„Wir müssen hier weg"
„Ich weiß, ich weiß, ich weiß", flüsterte McKay und hielt mit dem Kratzen inne. Er richtete sich ebenfalls auf, und schwankte dann auf Sheppard zu.
„Wir müssen weg, müssen weg"
„Ja" Sheppard nickte, und umfasste dann McKays Oberarme.
„McKay, kannst du die Tür öffnen?"
„Die Tür?"
„Ja, die Tür" Er lehnte sich ein wenig vor, so dass sein Gesicht ganz nahe an dem von McKay war. „Wir müssen hier raus. Öffne die Tür. Du kennst dich mit Antiker – Technologie aus. Öffne die Tür"
McKay starrte ihn an, wie ein Kaninchen in der Falle, und nickte dann hektisch, als wäre ihm erst jetzt der Gedanke gekommen.
„Ja. Die Tür" Er drehte sich um, und taumelte dann in Richtung Tür.
„Du musst sie aufdenken", flüsterte McKay hektisch, und tippte Sheppard auf die Schulter. „Denk sie auf, denk sie auf, ich habe alles getan, was ich konnte"
Atlantis' Gänge waren leer, abgesehen von der Wache vor der Tür ihrer Zelle. Doch der Mann war einfach zu überwältigen. Sheppard schien keinen Schmerz mehr zu fühlen, und alles in ihm zitterte vor Erwartung. (Bereit, bereit, bereit-)
„Zu den Jumpern", flüsterte McKay, die Augen groß und fiebrig im dämmerigen Licht. Sheppard nickte, und sie liefen weiter. Der Stunner, den sie der Wache abgenommen hatten, schlug schwer gegen Sheppards Brust. McKay hatte irgendetwas mit den Sensoren gemacht, glaubte Sheppard. Sie waren Schatten in einer Schattenstadt, schwarz in Dunkelheit, und niemand würde sie kriegen.
Niemand.
Die Stadt erwachte um sie herum, man hatte ihr Fehlen bemerkt. Doch das war ihre Stadt, und sie kannten jeden Weg. Sie vermieden die Soldaten und die Wissenschaftler, die nun in die Gänge strömten, und liefen weiter.
ooo
Die Jumperhalle war wie immer einer der hässlichsten Orte von Atlantis, beinahe rostig, groß und zweckmäßig, und Sheppards und McKays Schritte hallten von den Wänden wieder. Die Lampen im Jumper leuchteten gehorsam auf, als sie eintraten, und Sheppard ließ sich mit einem Seufzen der Erleichterung in den Pilotensesseln sinken, McKay in den Sitz neben ihm.
„Los geht´s", flüsterte er, und warf dem blassen Mann neben sich einen kurzen Blick zu.
McKay nickte. „Ja. Los"
Summend sprangen die Triebwerke an, und dann erhob sich der Jumper unter dem sanften Druck von Sheppards Händen, und sie schwebten einen Moment lang. Dann öffnete sich die Decke der Jumperhalle, und ein schwarzer, mit Sternen übersäter Himmel starrte auf sie herab.
Elizabeth schrie, als sie den Jumper sah, der sich vor dem noch nicht aktivierten Stargate senkte. Sheppard konnte sie zwar nicht hören, doch ihr Mund war in Entsetzen geöffnet, und er war einen Moment lang sich sehr sicher, dass sie geschrieen hatte.
Er tauschte noch einen Blick mit McKay, dann senkte sich seine Hand auf die Anwahlsymbole. Er zögerte nur eine Sekunde, dann tauchten Bilder in seinem Gedächtnis auf, uralt und bestechend scharf, und er sah eine Hand – nicht seine – die sich auf Stargatesymbole senkte, und eine Adresse eingab, die sie zu ihrem Ziel bringen würde. Nicht nur eine Hand, sondern hunderte, tausende, vielleicht, im Zeitraum von Jahrtausenden und doch in dieser Sekunde vereint.
Das Stargate aktivierte sich, und dann glitt der Jumper vorwärts, in das schimmernde Blau.
