Warnung:
Körperliche Züchtigung/Misshandlung eines Jugendlichen, erwähnt Alkoholismus, Tod, Selbstmord und Prostitution, Sprache ist auch nicht für Kinder geeignet
Anmerkung:
Mal wieder was Deutsches. Extra für meine liebe Kollegin. (Schreib, oder ich benutz den verbalen Rohrstock!)
Disclaimer:
Alles, was irgendwie nach Köln 50667/Team 13 klingt (Charakter, Handlung, Dialoge, etc.) gehört RTL II.
Sämtliche Fehler (Rechtschreibung, Grammatik, sonstiges) gehört mir. Wenn ihr welche findet, gebt sie mir bitte zurück, ich werde mich um sie kümmern.
Kapitel 1
Ich hasste ihn. Um ehrlich zu sein, hasste ich mein ganzes Leben, aber besonders hasste ich ihn. Mein Leben war so viel einfacher, so viel besser gewesen, als ich noch bei meiner Mutter gewohnt hatte. Alle Frauen im Bordell hatten mich geliebt und verwöhnt, freuten sich immer noch wenn ich sie besuchte. Und meine krebskranke Mutter. Das Jugendamt war da nicht ganz meiner Meinung. Ein Bordell sei kein Ort, um ein Kind großzuziehen. Dass mein Vater eigentlich die schlechtere Wahl war, wusste das Jugendamt nicht, oder es war ihnen egal. Seit ich mit zwölf Jahren zu meinem Vater gezogen war, war es mit meinem Leben, und meinem Lebenswillen, bergab gegangen. Mangelnde Zuneigung und Interesse und ständige Prügel für jede kleinste „Provokation", wie mein alter Herr es zu nennen pflegte.
Weniger als vier Jahre später hatte ich meinen ersten Selbstmordversuch hinter mir. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich schon den Überblick verloren, wie oft ich über Nacht nicht nach Hause gekommen war. Und am nächsten Tag das Echo kassiert hatte. Ich war im Krankenhaus aufgewacht, leider aber ohne frische Striemen. Trotzdem war ich daraufhin erst einmal in die Jugendschutzstelle nach Mittelbach gekommen. Gleichaltrige Jugendliche, ständige Betreuung durch eine Sozialarbeiterin, Amt und Ärzte waren der Meinung gewesen, es würde mir gut tun. Hatte es auch, ich war wieder etwas zur Ruhe gekommen, abseits von meinem Vater.
Aber dann kam die Diagnose Brustkrebs im Endstadium und ich zog zurück nach Köln. Zurück in diese trostlose Stadt, die nichts mehr für mich bot außer Leid und Schmerz. Ich besuchte meine Mutter so oft ich konnte. Sie hatte nicht mehr lange, ich wusste es, auch wenn sie es nie sagte. Sie fragte mich nach meinem Schultag, meinen Sorgen, hörte mir zu, wenn ich Gitarre spielte. Sie war für mich da, so wie früher. Ich ersparte ihr die Details über ihren Ex-Mann, sie hatte schon genug eigene Sorgen. Die Besuche machten mich noch depressiver als ich mich eh schon fühlte.
In der Regel hatte ich jedoch kaum Zeit, darüber nachzudenken. Mein Vater wollte eigentlich, dass ich direkt nach der Schule nach Hause kam. Und wenn er mir danach noch einmal erlaubte, die Wohnung zu verlassen, musste ich spätestens um 17 Uhr wieder zurück sein. Zuerst hatte ich versucht es zu umgehen, indem ich die Schule schwänzte. Aber meine Mutter bestand darauf, dass ich meine Bildung ernst nahm, das sei wichtiger als sie. Ich konnte es ihr nicht ausschlagen. Also ignorierte ich meistens beide Anweisungen meines Vaters, auch wenn ich die Konsequenzen dafür tragen musste.
So wie heute. Wieder redete ich mir auf dem Heimweg ein, ich würde mich gegen den Mann wehren. Heute würde ich mich wehren, die Schläge nicht mehr einfach so hinnehmen. Und doch wusste ich ganz genau, dass ich es nicht tun würde. Ich verstand nicht, warum ich überhaupt noch versuchte, mir Mut zuzusprechen, wenn es sowieso immer auf das Gleiche hinauslief. Und selbst die paar Male, als ich es versucht hatte, war es nicht gut für mich ausgegangen.
In Gedanken verloren ging ich durch die Straßen, ohne wirklich auf meinen Weg zu achten. Menschen und Häuser zogen an mir vorbei. Ich betrat das Haus, in dem die Wohnung meines Vaters lag und ging die Treppen hoch. Vor der Wohnungstür hielt ich kurz inne. Nun, es hatte keinen Sinn, das Unvermeidliche noch länger hinauszuzögern. Ich seufzte leise und schloss die Tür auf. Kaum hatte ich die Tür wieder hinter mir verschlossen, sah ich meinen Vater am Ende des kurzen Flurs im Türrahmen zum Wohnzimmer stehen. Wie immer trug er nur ein Unterhemd und eine schmutzige Jeans. Es fehlte nur noch die Bierflasche in seiner Hand, obwohl die wahrscheinlich auf dem Beistelltisch vorm Fernseher stand.
„Na, der feine Herr taucht ja doch noch auf", höhnte mein Vater, schon leicht lallend. Natürlich war er bereits angetrunken. Ich senkte den Blick, es war besser, wenigstens ein bisschen unterwürfig zu erscheinen.
„Warst du wieder bei der Hure, ja?" Mein Vater war näher gekommen, ohne dass ich es mitbekommen hatte. Wut stieg in mir auf, ich hob den Kopf wieder und lies meinen Vater den Zorn in meinen Augen sehen.
„Nenn sie nicht so!", zischte ich meinen Vater an. Die Reaktion folgte fast sofort, als der Mann mich fest am Kragen packte und mit Wucht gegen die Wand presste. Ich schloss kurz die Augen und biss die Zähne zusammen, als der Schmerz durch meinen Rücken schoss. Dann sah ich meinem Vater wieder ins Gesicht.
„Pass besser auf, wie du mit mir sprichst, Junge!", warnte der Mann. „Ich nenn die Schlampe wie ich will, und wenn es dir nicht passt, kannst du dich gerne wieder in dieses Kaff zu den anderen Nichtsnutzen verpissen!" Ich wusste, dass es nur eine leere Drohung war. Mein Vater hatte mich nur aufgenommen, nachdem ihm das Jugendamt und meine Mutter Unterhaltszahlungen zugesichert hatten. Die erhielt er aber selbstverständlich nur, wenn ich auch tatsächlich bei ihm wohnte. Das letzte Jahr, das ich fast vollständig in Mittelbach verbracht hatte, war ihm schon gehörig gegen den Strich gegangen. Der würde mich sicher nicht freiwillig rausschmeißen, was leider auch mein Pech war.
„Hast du mich verstanden, Junge?", fragte mein Vater, während er mich erneut gegen die Wand schlug. Ich nickte. Daraufhin zerrte der Mann mich hinter sich her in mein Zimmer, wo er mich auf den Boden schubste und sich umdrehte.
„Du weißt, was du zu tun hast", rief mein Vater im Gehen. Ich rappelte mich hoch während sich die Angst meldete und setzte meine Umhängetasche mit meinen Schulsachen ab. Mit zittrigen Händen zog ich mir mein T-Shirt über den Kopf, dann kniete ich mich vor mein Bett.
Mein Vater kam zurück ins Zimmer, Rohrstock in der Hand. Ohne Vorwarnung hörte ich den Rattanstock durch die Luft zischen. Ich hatte nur einen Augenblick, um mich für den Schmerz zu wappnen, dann spürte ich auch schon das vertraute Brennen durch meinen Rücken ziehen. Ein Hieb, zwei Hiebe, mein Vater schlug zu, ohne ein Wort zu sagen, der Mann ging davon aus, dass ich wusste, wofür ich bestraft wurde. Auch hielt er sich nicht zurück, jeder Hieb brannte noch mehr als der Vorherige, auch durch die bereits zugefügten Schmerzen, die mit der Zeit nur noch intensiver wurden.
Längst hatte ich aufgegeben, die Hiebe zu zählen. Es hatte sowieso keinen Sinn, mein Vater nannte vorher nie eine Zahl. Er prügelte so lange auf mich ein, wie er Lust und Atem hatte, mal länger, mal nicht so lang, manchmal baute er kurze Pausen zwischen den einzelnen Hieben ein. Er ließ mir keine Möglichkeit abzuschätzen, wie viel mich erwartete.
Ein besonders heftiger Hieb knapp unter den letzten Rippenbogen brachte mich zurück in die Gegenwart. Ich krümmte sich vor Schmerz zur Seite, der Atem stockte mir in der Kehle. Mein Vater hielt kurz inne, ließ den Schmerz seine volle Intensität entfalten, dann ging es gnadenlos weiter. Ich lehnte mich gegen die Bettkante, um nicht zu Boden zu sacken. Wie viel Zeit war vergangen, dass mir jetzt schon die Kraft ausging? Als die Hiebe das nächste Mal stoppten, hörte ich meinen Vater schwer atmen. Ich selbst war kurz vor dem Zusammenbruch, heute war es besonders schlimm.
Mein Vater packte mich bei den Haaren und riss meinen Kopf in den Nacken, sodass ich ihm ins Gesicht sehen musste. Meine Augen waren unfokussiert, zu stark waren die Schmerzen in meinem Rücken.
„Schau mich an!" Mein Vater riss erneut an meinen Haaren und zwang mich, mich zu konzentrieren. Oder es zumindest zu versuchen, trotz der sich ankündigenden Bewusstlosigkeit. Ich hatte wirklich schon mal mehr ausgehalten. Dennoch sah ich dem Mann in die Augen.
„Solange du hier bei mir wohnst, tust du gefälligst, was ich dir sage! Und wenn ich sag, du kommst sofort nach der Schule her, dann kommst du sofort nach der Schule her! Kein Rumhängen mit irgendwelchen Freunden, und schon gar keine Besuche bei deiner Schlampe von einer Mutter! Meine Wohnung, meine Regeln, verstanden?" Alles vor meinen Augen war verschwommen und drehte sich. Völlig unerwartet fuhr ein weiterer harter Schlag mit dem Rohrstock auf meinen Rücken nieder. Noch während mein Vater mich mit eisernem Griff festhielt, was es mir unmöglich machte, auch nur einen Zentimeter auszuweichen. Ich schloss die Augen für einen Moment und verzog das Gesicht vor Schmerz, während sich das Brennen unter meiner Haut ausbreitete.
„Ob du mich verstanden hast, Junge?", brüllte der Mann mich diesmal an. Ich nickte, soweit das möglich war, wenn sich jede Bewegung anfühlte, als würde mir die Kopfhaut reißen. Zufrieden mit dieser Reaktion ließ mein Vater mich los und stieß mich nach vorne, sodass ich zu Boden fiel. Ich rührte mich nicht, sondern versuchte erst einmal, wieder zu Atem und zu Kräften zu kommen.
„Du hast Hausarrest, falls du das noch nicht begriffen hast. Wenn du das weiter missachtest, muss ich wohl zu härteren Methoden greifen", drohte mein Vater, mit einer Hand an seiner Gürtelschnalle, dann drehte er sich um und ging zur Zimmertür. Dort blieb er noch einmal stehen.
„Abendessen kannst du heute auch knicken. Bis morgen früh bleibst du in deinem Zimmer!", sagte er über seine Schulter. Dann knallte er die Tür hinter sich zu. Ich blieb noch eine Weile reglos liegen.
Mit der Zeit ließ der stechende Schmerz in meinem Rücken zu einem dumpfen Pochen nach. Erst dann wagte ich es, langsam wieder aufzustehen. Ich griff nach der Bettkante, um mich daran hochzuziehen. Schon das jagte ein erneutes Stechen durch meinen geschundenen Rücken. Ich biss die Zähne zusammen und hievte mich mit einem Ruck auf mein Bett. Dort verharrte ich wieder einen Augenblick, nach Luft ringend. Die neu entfachten Schmerzen trieben mir Tränen in die Augen. Ich vergrub mein Gesicht im Kopfkissen und blieb erst einmal auf dem Bauch liegen. Eigentlich hatte ich vorgehabt, mich an meine Hausaufgaben zu machen, es waren nicht gerade wenige. Aber ich bezweifelte, dass ich mich in meinem Zustand konzentrieren konnte. Also doch erst kurz ausruhen, zumindest eine halbe Stunde, und dann eine lange Nacht einlegen. Die kühle Dusche dazwischen konnte ich gleich vergessen.
