Diese Geschichte ist schon gut zwei Jahre alt, zumindest der Anfang der Geschichte. Jetzt wird es langsam an der Zeit sie raus zu lassen, bevor sie noch völlig verstaub. Von der Zeitlinie her sind wir noch vor Harrys erstem Schuljahr in Hogwarts.
Harry flieht von seiner Familie, wer wird ihn finden und muss er wieder zurück?
Harrys Weihnachtsgeschenk
„Was grinst du so dämlich?" blaffte Dudley seinen Cousin genervt an.
Harry lächelte zaghaft „Ich hab es geschafft. Mrs. Figg hat mir Geld gegeben, weil ich mich so gut um ihre Katzen gekümmert habe, während sie im Spital war. Jetzt kann ich Tante Petunia ein Weihnachtsgeschenk kaufen. Dieses Jahr darf ich vielleicht auch ein kleines Stück vom Truthahn kosten."
Dudley verschränkte seine Arme und ein hämisches Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus. „Träum weiter, du Freak!"
Harry zog seine Augenbrauen zusammen. „Warts ab. Was ich Tante Petunia schenke, wird ihr gefallen und dann werden wir ja sehen."
„Ach ja?" fragte Dudley mit einem faden Gähnen.
„Was schenkst du ihr denn? Ein paar löchrige Socken, die sie für dich stopfen darf?" fuhr Harry aufgebracht seinen Cousin an.
Nun machte Dudley einen Schritt auf Harry zu und bohrte seinen Zeigefinger in dessen Brust, „Vorsicht Kleiner, du willst doch nicht, dass ich Daddy erzähle, das du schon wieder du-weißt-schon-was gemacht hast."
Schnell wich jegliche Farbe aus Harrys Gesicht. „Aber das stimmt gar nicht", verteidigte er sich kleinlaut.
„Wem wird Daddy wohl eher glauben? Dir oder mir? Hmm…?" fragte Dudley selbstsicher und seine Augen blitzen frech auf.
Trotzig zeigte Harry seinem Cousin die Zunge und drehte sich um. Was wohl ein Fehler war, denn keine zehn Minuten später, fand sich Harry mit einem schmerzenden Hinterteil in seinem Schrank unter der Treppe wieder.
„Das Abendessen ist für dich gestrichen!" donnerte Onkel Vernons Stimme durch die Lüftungsschlitze der Schranktür.
Harry schniefte verzweifelt. Wieso schaffte es sein Cousin immer, ihn in Schwierigkeiten zu bringen? Wieso konnte niemand sehen, dass Harry absolut gar nichts falsch gemacht hatte? Tapfer wischte Harry sich mit dem Ärmel die Tränen weg.
Schnell tastete er nach dem Geld in seiner Hosentasche. Erleichtert atmete er durch. Es war noch da. Er hatte schon Angst gehabt, es würde ihm aus der Tasche fallen, während er über Onkel Vernons Knien lag. Dann hätte sein Onkel bestimmt das Geld an sich genommen.
Nun fischte Harry den Geldschein aus der Tasche und strich es vorsichtig glatt. Dieses Stückchen Papier war seine letzte Hoffnung, wenigstens einmal in seinem Leben mit seiner Familie zusammen Weihnachten feiern zu können. Er war sich sicher, wenn Tante Petunia sich über das Geschenk freuen würde, dann würde Onkel Vernon auch nicht mehr so böse auf ihn sein.
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Voller Erwartung stand Harry am Weihnachtstag auf, um seine Familie mit einem tollen Frühstück zu überraschen. Wenn Tante Petunia dann den Zucker in ihren Kaffee geben will, dann wäre das der richtige Moment ihr das Weihnachtsgeschenk, die neue Porzellanzuckerdose, zu überreichen.
Harry versuchte sich Tante Petunias Gesicht vorzustellen. Er stellte sich vor, wie seine Tante voll Freude und Rührung Harry umarmen würde. In seiner Fantasie sagt sie zu ihm, „Oh, Harry. Woher wusstest du, dass ich mir so eine Zuckerdose wünsche."
Unsanft wurde Harry aus seinen Gedanken gestoßen.
„Kannst du nicht einmal zu Weihnachten darauf achten, den Speck nicht anbrennen zu lassen?" fauchte Tante Petunia, während sie die Pfanne von der Platte nahm und den angebrannten Speck in den Müll schmiß. Während sie anschließen die Pfanne abwusch, um neuen Speck zu machen zu können, zischte sie zu Harry.
„Geh und deck den Tisch! Und wehe, du schmeißt was runter. Dann kannst du den Rest des Tages in deinem Schrank verbringen!"
„Ja, Tante Petunia", sagte Harry mit hängendem Kopf.
Seufzend holte Harry das Holzstockerl und stieg hinauf, um das Festtagsgeschirr aus dem Schrank zu holen. Während er nach den Tellern und Tassen fischte, stürmte Dudley in die Küche.
„Mami, Mami, hast du schon die vielen Geschenke im Wohnzimmer gesehen?"
„Ja, Duddy Schätzchen, habe ich!" sagte Petunia und lächelte ihren Sohn an.
„Ich habe auch ein Geschenk für dich. Ich will, dass du es gleich aufmachst!" rief Dudley aufgeregt und drückte Tante Petunia ein Päckchen in die Hand, dass Harry verdächtig bekannt vorkam. Vorsichtig stieg er vom Stockerl hinunter. Während sich Tante Petunia mit dem Päckchen zum Küchentisch setzte.
„Los mach schon auf, mach schon!" rief Dudley und Tante Petunia tat es.
Harry stand mit den Tellern in der Hand in der Mitte der Küche und glaubte seinen Augen nicht zu trauen. Dudley hatte das Päckchen, das Harry Tante Petunia schenken wollte als sein eigenes ausgegeben.
Wie in Trance beobachtet er, wie Tante Petunia die Porzellanzuckerdose aus dem Karton heraus nahm, zuerst überrascht und dann überglücklich dreinblickte und dann Dudley herzlich in die Arme schloß.
„Das ist mein Geschenk", sagte Harry kaum hörbar, „Das ist mein Geschenk an Tante Petunia!"
Dudley drehte sich zu ihm um und zeigte ihm die Zunge.
„Tante Petunia, das habe ich für dich gekauft!" rief Harry verzweifelt.
Seine Tante warf ihm einen verachtenden Blick zu. „Woher willst du das Geld für so etwas haben? Woher willst du wissen, dass ich mir so etwas wünsche?" fragte sie und es war mehr als eindeutig, dass sie Harry nicht glaubte.
Schnell stellte Harry die Teller am Tisch ab, dann erklärte er „Ich habe das Geld bei Mrs Figg verdient und ich habe gesehen, wie du beim Einkaufen oft bei diesen Laden stehen geblieben bist und dir diese Dose angesehen hast."
Doch Tante Petunias Augenbrauen zogen sich nur noch mehr zusammen. „Noch so eine Lügengeschichte und du wirst dir wüschen niemals geboren worden zu sein, und jetzt decke den Tisch, oder glaubst du der deckt sich von alleine?"
Harry atmete schwer. Er hatte das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen. Seine Brust zog sich schmerzhaft zusammen. Das konnte doch alles nicht wahr sein. Wie konnte er Tante Petunia nur dazu bringen, dass sie ihm glaubte? Wie konnte er auch nur so dumm sein und sein Geschenk unter den Weihnachtsbaum legen, wo jeder dazu kam?
Während Harry mit den Tränen kämpfte, hüpfte Dudley vergnügt ins Wohnzimmer, nur um kurz darauf mit einem hämischen grinsen wieder zurück zu kommen.
„Hey Mami," rief er unheil verkündend, „ich habe Harrys Päckchen gefunden!" Er gab seiner Mutter ein in Zeitungspapier eingerollten Klumpen, der zusammen geschnürt war mit dem Bändchen und der Karte, die Harry ursprüngliche an seinem Geschenk für Tante Petunia gebunden hatte.
Mit angeekeltem Gesicht entfernte Petunia das Zeitungspapier und zum Vorschein kamen ein Paar von Dudleys ungewaschenen und löchrigen Socken.
„Du…", zischte Petunia und fixierte Harry mit einem giftigen Blick. „Du wagst es, mir so etwas, als Geschenk zu verpacken? Du undankbares Balg!"
Harry schüttelte heftig mit dem Kopf „Das ist nicht wahr. Bitte, Tante, dass hab ich nicht eingepackt. Das war Dudley. Er hat die Geschenke vertauscht. Bitte glaub mir doch!"
Tränen liefen Harry über das Gesicht, doch seine Tante ließ sich davon nicht beeindrucken.
„Das reicht!" rief sie aufgebracht. „Hör. Auf. Zu. Lügen! Hör auf andere zu beschuldigen und zeig einmal in deinen Leben Dankbarkeit!"
„WAS ist hier los?" donnerte nun auch Onkel Vernons Stimme durch das Haus. Die polterten Schritte verrieten, dass der wütende Onkel auf den Weg zu ihnen herunter war.
„Harry hat Mami ein paar Socken zum Stopfen geschenkt!" zwitscherte Dudley vergnügt.
„Hab ich nicht!" rief Harry in verzweifelter Wut.
„Kein Wort mehr aus deinem Mund!" herrschte Vernon Harry an und ging drohend auf den Jungen zu.
Harry duckte sich weg, als sein Onkel ihm am Kragen packen wollte, und flüchtete ins Wohnzimmer. Wütend stapfte Vernon hinter ihm her. Harry hatte nun das Sofa als Schutz zwischen ihm und seinen Onkel.
„Glaub ja nicht, du kannst deiner Strafe entgehen. Du machst alles nur schlimmer!" sagte Vernon mit warnender Stimme. Doch Harry sah ihn nur mit großen verzweifelten Augen an. Fieberhaft dachte er nach, wie er die Situation retten konnte. Wenn er nur beweisen könnte, dass Dudley die Geschenke vertauscht hat, dann wäre alles wieder okay.
Doch Vernon war die Sachlage ziemlich egal. „Wenn du nicht den Rest der Woche in deinem Schrank verbringen willst und jeden Abend vor dem Einschlafen eine Tracht Prügel willst, dann komm jetzt hier her." Mit diesen Worten deutete Vernon direkt neben sich.
Harrys Gesicht war Tränen überströmt. „Aber ich habe gar nichts gemacht. Wieso glaubt ihr mir nicht? Wieso darf Dudley Alles und ich darf Nichts? Ich habe Tante Petunia die Porzellanzuckerdose gekauft, weil ich weiß, dass sie sich diese schon seit langem wünscht. Ich-"
„Es. Interessiert. Mich. Nicht!" fuhr Onkel Vernon ihm ins Wort. „Du bist schuld, dass ich heute nicht wie sonst, lange schlafen konnte und du bist eben von mir weggerannt, als ich dich dafür bestrafen wollte. Das alleine ist schon Grund genug, dir erneut deinen Platz in dieser Familie klar zu machen."
„Bitte, Onkel Vernon, nicht", jammerte Harry.
„Soll ich dir helfen ihn zu fangen?" bot Dudley großzügig an.
„Nein, Dud. Harry wird von alleine kommen. Nicht wahr?" Mit diesen Worten fixierte er Harry und der Junge wusste, falls er den Tag überleben wollte, müsse er sich seinem Onkel fügen.
Es kamen ihm wie Kilometer vor, die es brauchte um zu seinen Onkel zu kommen. Seine Füße waren mehrere Tonnen schwer. Alles ging in Zeitlupe.
In dieser ewig langen Zeit, die er um das Sofa herum brauchte, verfluchte Harry Weihnachten und alles was damit zusammen hing. Er verfluchte die wunderschön glitzernde Weihnachtsbeleuchtung und den strahlenden Baum, die Söckchen am Kamin und dieses häßliche breitgrinsende Monster in dem Bilderrahmen über dem Kamin, das seinen Cousin darstellte.
Mit jedem einzelnen Schritt wurde Harrys Wut und Verzweiflung größer und größer und in dem Moment, wo er Onkel Vernon erreicht hatte und dieser Harry mit seinen Pranken am Genick packte, ging der Weihnachtsbaum in Flammen auf.
Tante Petunia kreischte auf und Dudley begann zu wimmern. „Mein Baum!" und kurz darauf schrie er in Panik auf „Meine Geschenke!" Tante Petunia hatte große Mühe ihren Sohn davon abzuhalten zu den brennenden Baum zu stürzen um die Päckchen zu retten.
Onkel Vernon stieß Harry unsanft zu Boden und eilte zum Feuerlöscher. Harry starrte erschrocken zu den Flammen. Er wusste nicht was geschehen war, aber er wusste, egal wie es passiert ist, er würde dafür die Schuld kriegen. Alle sagten immer, er mache komische Sachen. Harry tat es nicht bewusst. Er wünschte, er hätte Kontrolle darüber, aber es passierte einfach. Immer wenn er starken Emotionen ausgesetzt war, passierte etwas.
Er war schon ohne das Baumfiasko in großen Schwierigkeiten gewesen, aber was würde jetzt passieren? Sein ganzer Körper fing an zu zittern. Ungläubig sah er zu, wie ein Päckchen nach dem anderen Flammen fing und zu brennen anfing. Alles Dudleys Geschenke. Mit einem Schlag wurde Harry klar, was passieren würde, sein Onkel würde ihn mit Sicherheit umbringen.
Plötzlich wieder fähig sich zu bewegen, sprang er auf. Er musste weg. Er musste fliehen, solange er konnte. Er hatte keine Ahnung wohin, aber hier konnte er nicht bleiben.
„Oh, nein, Bürschchen. Du läufst jetzt nicht davon!" brüllte Onkel Vernon außer sich, da er aber noch mit dem Feuerlöscher beschäftigt war, kam er nicht schnell genug an Harry heran. Wie ein Blitz eilte Harry zur Tür und war auch schon draußen in der kühlen Winterluft.
Harry hatte keine Ahnung, ob Onkel Vernon oder Dudley hinter ihm herlaufen würden, oder nicht. Er wusste auch nicht, ob er schneller sein würde als sein Onkel, doch er musste es einfach versuchen, er musste weg. Und so lief der Junge los. Er lief, so kam es ihm vor, stundenlang, ehe er keuchend zusammenbrach.
Er war in einem Park gelandet. Hockte sich hinter einen Baum und zog die Knie zu sich. Dann schlag er seine Arme darum, vergrub sein Gesicht und fing an bitterlich zu weinen. Alles war schief gegangen. Alles. Harry war so zuversichtlich gewesen, dass diese Weihnachten besser werden würden. Aber Dudley hat alles kaputt gemacht. Es waren nun die schlimmsten Weihnachten überhaupt. Zur Hölle mit Dudley, dachte Harry verbittert.
Harry hatte keine Ahnung, wie lange er da unter dem Baum hockte. Abertausende von matschigen Schneeflocken sind an seinem Hemd geschmolzen. Auch der Boden auf dem er saß war naß. Er fror fürchterlich, aber dennoch war die Kälte Nichts im Vergleich zu seinem gebrochenen Herzen.
Als seine Tränen versiegt waren, fühlte er sich unendlich leer. Er wusste nicht mehr was er denken, oder fühlen sollte. Wenn er jetzt erfror, war es ihm auch Recht. Harry hatte die Hoffnung aufgegeben, jemals geliebt zu werden. Diese Hoffnung, dieses letzte Fünkchen der Wärme war im Feuer des Weihnachtsbaumes verbrannt.
