Eine neue Geschichte, deren Plot mir heute Nacht einfiel – ich hoffe, sie gefällt Euch! Ich freue mich über jede Review!

Für alle Zeiten

Prolog

Das Jahr 2978 des Dritten Zeitalters

Ein kleiner Trupp Reiter bewegte sich über die dicht bewachsene Ebene westlich des Anduin, die unbeschlagenen Hufe ihrer Pferde hinterließen kaum eine Schneise in dem hohen Gras, das nun, nach dem Ende der heißen Dürre des Sommers, wieder grün und saftig wuchs. Vögel zwitscherten in den vereinzelten Bäumen und den hohen Sträuchern und kündeten vom Ende des Tages. Schon hatte sich die Sonne dem Horizont genähert und die klaren Strahlen des Lichts wurden milder und goldener, überzogen die Landschaft wie ein mattes Vlies.

Der Reiter an der Spitze zügelte irgendwann sein Pferd auf der Kuppe eines Hügels und wendete sich zu seinen Begleitern um. Über sein bärtiges Gesicht huschte ein ehrliches Lächeln und obwohl sich die Erschöpfung tief in seine Züge eingegraben hatte, konnte seine Freude sie aus seinen breiten, freundlichen Zügen verdrängen.

„Ich muss Euch noch einmal danken, edle Herren. Ohne Euch hätte meine Reise ein schlimmes Ende gefunden."

Ein Reiter der kleinen Gruppe schloss zu ihm auf und blickte über das kleine Tal am Fuße des Nebelgebirges. Um seine schön gezeichneten Lippen zuckte ein Lächeln. Wind zauste sein weizenblondes Haar, auf dem sich das Rot der untergehenden Sonne spiegelte. Eine Weile ließen sie ihre Pferde auf dem Hügel rasten und besahen sich das Land, bis schließlich die Nacht hereinbrach und ihre Dunkelheit aussendete.

„Es war eine Freude für uns, mellon, Euch aus der Bedrängnis zu helfen." Die angenehme Stimme des elbischen Anführers erklang schließlich über die Ebene und wurde von einer Böe davongetragen. „Die Gegenwart von Orks in diesen Breiten ist beunruhigend. Vielleicht solltet Ihr - ."

Der Elb krauste kurz die Nase und brach plötzlich ab. Er drehte sich zu seinen Begleitern um, die zu ihm aufschlossen, ohne auch nur ein Wort zu sagen.

„Was ist?", fragte der Mensch in der schlichten Kleidung eines Bauern, aber dem scharfen Blick eines Kriegers beunruhigt. „Was habt Ihr, Haldir?"

„Ich rieche Rauch, Herr Dagoran. Aus dieser Richtung."

Der Elb wies auf einen Punkt im Schatten der Berge und der Mann an seiner Seite wurde totenblass.

„Da ist mein Dorf. Ich-." Er gab seinem Pferd sofort die Sporen und preschte vorwärts. Die Elben tauschten kurz einen bestürzten Blick. Sie handelten überlegter, aber nicht mit weniger großen Entschlossenheit. Bögen wurden gespannt und die Pfeile im Köcher gelockert, dann preschten auch die Elben aus Lothlorien den Hügel hinunter, dem Mann folgend, der sich ernsthafte Sorgen um sein Zuhause machte.

Sie ritten noch eine kleine Weile, doch je näher sie dem Dorf kamen, desto deutlicher wurde, dass die Sorgen berechtigt waren. Noch war die menschliche Siedlung, zwischen dem Fangorn und dem Silberlauf des Nimrodel gelegen, durch eine Baumgruppe von Blicken geschützt, doch die Wolken dicken, schwarzen Rauches, die in den frühen Nachthimmel wogten, sprachen eine deutliche Sprache.

Haldirs feine Nase nahm den Gestank von verbrennendem Holz wahr, doch in dem Qualm lag noch etwas anderes, das ihn schauern ließ. Er grub seinem grauen Hengst die Fersen in die Flanke und das geschmeidige Tier wurde schneller, so dass er bald mit Dagoran, den Haldir und seine Begleiter aus einem Orkhinterhalt gerettet hatten, auf einer Höhe war.

Als sie das Wäldchen umrundeten, sahen sie die Flammen zwischen den Stämmen der Eichen aufglimmen und hörten das Prasseln und Knacken der Flammen, die sich durch das fraßen, was einmal ein Dorf gewesen war. Haldir hörte Dagoran einen gequälten Schrei ausstoßen und richtete dann den Blick wieder voran, um zu sehen, was sich ihnen eröffnete.

Das Dorf hatte einmal aus fast zwanzig großen Hütten und vielen kleineren Gebäuden bestanden und musste fast einhundert Menschen Platz geboten haben. Nun lagen zusammengesackte, dunkle Körper auf dem Marktplatz, zerbrochen und in den aufgewühlten Boden getrampelt und über allem brüllten die Flammen. Ein Schwall von Hitze schlug den Reitern entgegen und Haldirs Pferd scheute kurz. Als er es wieder unter Kontrolle gebracht hatte, sah er, wie Dagoran einige Meter vor ihm vom Pferd glitt und in Richtung eines der Häuser lief. Haldir rief ihm eine Warnung hinterher, doch das Tosen der Flammen übertönte seine Worte.

Einen schnellen Entschluss treffend, sprang er von seinem Pferd und winkte seinen Begleitern, sich umzusehen und wachsam zu sein. Während er im schnellen Lauf über die Leiche der Menschen eilte, sah er sich um und entdeckte hässliche, gefiederte Pfeile in den verstümmelten Körpern der Dorfbewohner, hässliche, schartige Wunden, wie sie nur von Waffen der Orks geschlagen werden konnten.

„Dagoran!", rief er ein weiteres Mal, doch der Mann hörte nicht. Einen Moment stand er vor einem brennenden, zweistöckigen Haus, dann war er im Inneren verschwunden und Haldir biss die Zähne zusammen, als er beschloss, ihm zu folgen. In den Tagen, die der Mann mit ihnen gereist war, hatte der Elb Zuneigung zu ihm entwickelt. Im Gegensatz zu vielen anderen Menschen, die Haldir in seinem nun schon viele hundert Jahre dauernden Leben kennengelernt hatte, war Dagoran ein Mann von hoher Ehre und Prinzipien. Dummerweise, so musste Haldir zugeben, als er sich den Ärmel seiner Tunika vor den Mund presste, um durch den Rauch ins Innere des Hauses vorzudringen, neigten die Sterblichen zu einem Übermaß an Leichtsinnigkeit.

Hitze wallte ihm entgegen und der grelle Schein der Flammen blendete für einen Moment seine Augen. Rauch ließ sie brennen, doch er blinzelte und versuchte, sich zu orientieren. Die Räume zu seinen Seiten standen in Flamme, doch die Treppe zum Obergeschoss war noch intakt. Jedoch kündete ein unheilvolles Knacken über Haldirs Kopf davon, dass auch im Obergeschoss inzwischen der Brand wüten musste.

Er hob den Kopf, als er Dagoran auf der Treppe gewahr wurde. Der Mensch hielt ein Bündel in der Hand und für einen Moment begegnete er Haldirs Blick. Dann brach die Decke über ihm zusammen. Haldir wurde von einem brennenden Balken getroffen und zurückgeschleudert. Sein Sturz fand Halt an einer Wand, die verdächtig knirschte, als der Elb sich aufrappelte und fassungslos auf die schwelenden Berge von Schutt sah, die Dagoran unter sich begraben hatten.

Er wusste, dass der Mensch nicht überlebt haben konnte und wollte schon das Haus verlassen, als er etwas hörte. Ein leises Stöhnen. Haldir zögerte nicht und kletterte über einige Balken in Richtung der Treppe. Der Rauch und der Ruß reizten seine Lunge und mehr als einmal verbrannten ihn Funken und in dem Holz aufflackernde Flammen, doch er zögerte nicht, bis er den Man errecht hatte. Ein Balken hatte ihn an der Hüfte eingeklemmt und den Körper tief in das Holz der Treppe hineingedrückt. Holzsplitter hatten sich in Dagorans Körper gebohrt und sein Blut sickerte über die Stufen hinab. Er lag auf der Seite und hielt das Bündel noch immer in den Armen.

Haldir überwand die letzten Schritte und kniete neben dem tödlich Verwundeten nieder. Dieser hatte die Augen geöffnet und starrte ins Leere, röchelnder Atem sprühte Blut über seine Lippen. Dann fokussierte sich sein Blick auf Haldir und er sprach mit brechender Stimme:

„– Frau –tot. Versprecht – auf sie aufzupassen." Er schob das Bündel in Haldirs Arme und erst jetzt erkannte der Elb, dass er ein Kind in den Armen hielt. Ein kleines, geisterhaft bleiches Gesicht mit geschlossenen Augen lugte aus den Stoffen. „Versprecht -."

„Ich verspreche es", sagte Haldir und vermied es, dem Mann zu sagen, dass das Kind in seinen Armen zu still war, zu bleich. Da brach Dagorans Blick und sein gemarterter Körper erschlaffte. Der Elb erhob sich und kletterte über die Balken zurück, in Richtung der Tür, die verheißungsvoll offen stand. Mit der letzten Kraft, die sein nach Luft schreiender Körper aufbringen konnte, rannte er aus der Flammenhölle und fand sich in den helfenden Händen seiner Brüder wieder, die ihn von dem zusammenbrechenden Gebäude wegzerrten, in Richtung der Pferde.

Langsam sickerte die Kühle der Nacht in sein Bewusstsein. Er rang nach Atem, wischte sich mit der freien Hand über seine brennenden Augen und hustete qualvoll. Dann erinnerte er sich daran, was ihm aufgetragen worden war und legte eilig das rußgeschwärzte Gesicht des Kindes frei. Wie er befürchtet hatte, hob sich die Brust des Kindes nicht mehr und seine kleinen Lippen waren bläulich angelaufen. Doch als Haldir nach dem Puls tastete, fühlte er das Flattern eines Herzens, kaum spürbar, wie das Zittern eines Blattes im Wind.

„Was ist mit dem Kind? Was ist mit dem Menschen? Alle hier sind tot!" Sein jüngster Bruder Rumil legte eine Hand auf Haldirs Arm und sah über seine Schultern. Haldir schüttelte ihn ab und presste seine Lippen auf den Mund des Kindes, um ihm seinen Atem einzuhauchen. Als er keine Reaktion bemerkte, versuchte er es, immer und immer wieder, bis Rumil ihn erneut griff. „Wir müssen fort, Bruder. Das waren eine Menge Orks."

In diesem Moment erbebte das Bündel in Haldirs Armen und hustete leise und kläglich. Ein paar große, goldgesprenkelte Augen öffneten sich wie nach einem langen Schlaf und sahen Haldir eindringlich an. Eine kleine Hand fand den Weg durch die losen Tücher und griff nach seinem Haar. Mit einem glucksenden Laut, der in ein Husten überging, zwang das kleine Wesen Haldir, weiterhin seinen Blick zu erwidern und der Elb musste plötzlich lächeln.

Er hatte ein Versprechen gegeben. Und er würde es halten.