Der heimliche Verehrer
Hermione, Ron und Harry saßen in der großen Halle beim Frühstück und unterhielten sich über die Fächer, die für heute auf dem Stundenplan standen. Pünktlich wie an jedem Morgen kamen die Eulen und brachten die Post. Hermione bekam wie immer den Tagespropheten, steckte den Knut dafür in die Tasche die der Eule am Fuß hing und fing an die Titelseite zu lesen. Harry und Ron redeten über das Quidditchspiel am nächsten Samstag. Plötzlich landete noch eine Eule vor Hermione, in ihrem Schnabel ein Brief für sie. Verdutzt schaute sie auf, nahm den Brief auf dem stand Hermione Granger Hogwarts Große Halle. Sie bekam doch nie Briefe. Neugierig öffnet sie den Brief und begann zu lesen:
Liebste Hermione,
ich
kann es nicht länger für mich behalten, ich muss dir
einfach sagen wie verzaubert ich von dir bin.
Dein Augen, deine
Haare und vor allem deine Klugheit. Ich kann nur noch an dich denken.
Ich sehne mich so nach dir.
Dein heimlicher Verehrer
Hermione
lief knallrot an, als sie den Brief las.
„Hey was ist los mit
dir?", fragte Ginny sie. Hermione hatte ihr Kommen überhaupt
nicht bemerkt. Nun hatte sie auch die Aufmerksamkeit von Harry und
Ron.
„Äh nichts!", sagte sie verlegen und versuchte den
Brief schnell in ihrem Umhang zu verstecken, aber Ron war schneller
und schnappte sich den Brief.
„Gib den wieder her", fauchte
Hermione ihn an und schnappte vergeblich nach dem Brief in Rons Hand.
Doch es war zu spät.
„Ein Liebesbrief?", wunderte er
sich grinsend, als er ihn gelesen hatte, und klang dabei leicht
belustigt.
„Du hast also einen heimlichen Verehrer!"
„Ja,
aber wenigstens kann ich von mir behaupten, dass ich einen habe!",
giftete sie ihn an, stand auf und ging.
„Ron, du hast soviel
Feingefühl wie ein gammeliger Kürbis", zischte Ginny und
rannte Hermione hinterher.
„Frauen", sagte Ron leicht genervt
und aß weiter.
„Typisch
Ron", fauchte Hermione
„Er ist doch nur neidisch, weil er
keine heimliche Verehrerin hat". Grimmig setzte sie sich in
einen Sessel am Feuer im Gemeinschaftsraum. Ginny ließ sich
neben ihr fallen. Hermione holte den Brief hervor und betrachtete
ihn.
„Zeig mal her!" sagte Ginny und riss ihr den Brief aus
der Hand. Hermione wollte erst Einwände erheben, aber Ginny war
immerhin ihre beste Freundin.
„Tja, da hast du es wohl jemandem
angetan" befand Ginny grinsend.
„Was du nicht sagst",
erwiderte Hermione. Sie war sich nicht sicher, ob sie sich darüber
freuen oder misstrauisch sein sollte. Sie entschied sich für
Freuen, fing auch sofort an zu strahlen und ihr Lächeln
vertiefte sich zusehends.
„Wer, meinst du, ist es?", fragte
sie Ginny.
„Keine Ahnung, vielleicht dieser eine Typ aus
Ravenclaw, der mit dem großen Kopf! Der schaut beim Essen immer
die ganze Zeit zu dir". Bei dieser Vorstellung grauste es Hermione.
Aber ihr fiel beim besten Willen niemand ein, der es sein könnte.
Sie entschied sich abzuwarten, steckte den Brief weg und ging zum
Unterricht. Auf dem Weg dorthin traf sie auf Ron, Harry und Neville.
„Hallo Hermione!", sagte Neville
„Hallo Neville!" Sie
gesellte sich zu ihnen, würdigte Ron allerdings keines Blickes.
„Und Hermione, schon eine Idee wer es sein könnte?",
fragte Harry.
Zuerst warf sie ihm einen grimmigen Blick zu, doch
als sie sein Lächeln sah und merkte, dass die Frage ernst
gemeint war, zuckte sie lächelnd mit den Schultern. Der Rest des
Schultages verlief ereignislos. Nach dem Abendessen saßen die
Drei zusammen im Gemeinschaftsraum und die Wut auf Ron war vergessen.
Sie plauderten munter vor sich hin. Nach einiger Zeit gesellt sich
Ginny zu ihnen.
„Und? Gibt es schon was Neues?"
„Nein,
nichts. Vielleicht hat sich auch nur jemand einen Scherz erlaubt."
Sie schaute nachdenklich an die Decke. Sie saßen noch einige
Zeit zusammen und gingen dann schlafen.
Die
nächsten zwei Tage waren ereignislos, allerdings wurde heftig
spekuliert, wer der heimliche Verehrer seien könnte.
„Vielleicht ist es auch Ernie McMilligan, aus Huffelpuff",
grübelte Ron.
„Ach, hör doch auf!", warf Hermione
ein.
„Doch nicht Ernie." Hermione hatte vor dem Einschlafen
und seit dem Aufstehen überlegt von wem der Brief stammen
könnte.
„Ich hab's!", sagte Harry.
„Es ist
Malfoy." Er grinste Hermione breit an.
„Oh Hermione, ich
liebe dich", äffte Ron Draco Malfoys Stimme nach. Harry
lachte laut los und Hermione warf ihnen ein paar Kissen an den Kopf,
bevor sie in ihr Lachen einstimmte.
„Na, ihr habt ja gute
Laune", wunderte sich Ginny, als sie sich zu ihnen setzte.
„Wir
haben uns grade überlegt, ob Malfoy nicht Hermiones heimlicher
Verehrer ist" grinste Harry sie an.
„Ihhh!", quiekte sie
„Ihr kommt ja auf Ideen."
Die
ersten beiden Stunden hatten sie Zaubertrankuntericht.
„Heute
wollen wir ein Heilelixier gegen leichte Vergiftungen brauen",
sagte Professor Snape in ernstem Ton.
„Die Zutaten dafür
stehen an der Tafel" Er schwenkte seinen Zauberstab und an der
Tafel erschien die Zutatenliste.
„Dieses und alles Weitere
steht in Ihrem Zaubertrankbuch auf Seite 265." Sofort suchten alle
eifrig die Zutaten zusammen, lasen sich die Zubereitung durch und
fingen an. Wie immer ging Snape zwischendurch durch die Reihen und
schaute, was seine Schüler zustande brachten.
„Mr.
Longbottom, was soll das denn sein, das ist völlig falsch. So
wird aus Ihnen nie ein guter Zaubertrankmeister!", sagte Snape
hämisch. Langsam ging er weiter und kam bei Hermione an.
„Miss
Granger, ausgezeichnete Arbeit. Zehn Punkte für Griffindor!",
sagte Professor Snape in einem neutralen Ton und ging weiter. Ron und
Harry starrten Snape verdutzt nach, dann fiel ihr Blick auf Hermione,
die genauso ungläubig drein schaute. Snape hatte noch nie ihre
Arbeit gelobt. Er lobte nie einen Gryffindor. Und er verlieh nie
einem Gryffindor Punkte. Er zog ihnen eher wegen jedem kleinsten
Fehler Punkte ab.
„Mr. Malfoy, das nennen sie einen Zaubertrank?
Wenn sie so weitermachen, werden sie noch enden wie Mr. Longbottom!",
herrschte er Draco Malfoy an.
Malfoy warf seinem Lehrer zornige
Blicke zu. Wie konnte er es nur wagen, dachte er. Harry, Ron
und Hermione dagegen grinsten sich an. Die nächsten beiden
Stunden hatten sie Verwandlung, wo sie erstmal über das
merkwürdige Verhalten von Professor Snape diskutierten.
„Was
ist bloß los mit ihm?", fragte Harry.
„Gute Frage",
erwiderte Ron.
„Vielleicht war das gar nicht Snape, sonder
irgendjemand hat Vielsafttrank genommen und gibt sich nur als Snape
aus", mutmaßte Ron.
„Könnte auch sein" sagte
Harry nachdenklich.
„Jetzt hört aber auf, sowas hätt
Professor Dumbledore doch sofort gemerkt!", warf Hermione sofort
ein.
„Naja, den falschen Professor Moody hat er letztes Jahr
auch nicht erkannt", bemerkte Harry.
„Ja, du hast recht",
seufzte Hermione nachdenklich.
Während
des Abendessens wurden wieder die Ereignisse des
Zaubertrankunterrichts besprochen.
„Habt ihr Malfoys Gesicht
gesehen?", höhnte Ron.
„Jaah", sagte Harry, der sich
bei den Gedanken daran fast verschluckt hätte.
„Geschieht
ihm auch ganz recht. Er kann nicht ewig der Liebling von Snape
sein",
bemerkte Ron mit einem hämischen Lächeln.
„Wie
siehst du das Hermione?", fragte Harry sie.
„Hermione?"
„Wie?
Was? Ohja, ich bin ganz eurer Meinung", antwortet sie, hatte
allerdings gar nicht wirklich mitbekommen, worum es genau ging, da
sie mit ihren Gedanken bei ihrem heimlichen Verehrer war.
„Woher
wohl der Sinneswandel von Snape kommt?" Nachdenklich aß Ron
seine Leber- und Nierenpastete. Nach und nach leerte sich die große
Halle, während die Drei noch weiter diskutierten und
Kürbispudding aßen, als plötzlich Draco Malfoy
auftauchte. Mit wütendem Blick kam er auf sie zu.
„Was
willst du denn hier?", polterte ihm Ron mit misstrauischem Blick
entgegen.
„Das wüsstet du wohl gern, Weaslby!", spottete
er zurück. Ron wollte etwas erwidern, aber Harry hielt ihn
zurück. Er wandte sich an Hermione.
„Hier für dich,
Schl …"
„Wage es nicht!" Harry stand auf und funkelte
Malfoy an. Dieser zögerte einen Moment, entschied sich dann aber
nicht auf Harry zu achten.
„Hier für dich, Granger!"Er warf ihr einen Zettel und eine Lilie hin, lief dabei
knallrot an und rannte schnell weg.
„Was war das denn?" Harry
schaute verwundert drein.
„Es ist jetzt aber nicht das, was ich
denke, oder?", fragte Ron mürrisch und schaute auf die beiden
Sachen.
„Ich weiß nicht." Hermione schien unsicher, aber
auch leicht erfreut. Sie faltete zitternd den Zettel auf.
„Und?
Was steht drauf?", wollte Harry wissen.
„Ich vermisse dich,
meine bezaubernde Hermione!" Ron schaute nun noch missmutiger,
während Hermione nicht wusste, was sie sagen sollte. Sie schaute
zu Harry hoch, der sie aufmunternd anlächelte. Ihre Mundwinkel
zuckten nun ebenfalls hoch.
Oben im
Gemeinschaftsraum setzten sie sich zu Ginny an den Kamin. Als sie
Ginny die Geschichte erzählt hatte, konnte diese es gar nicht
fassen.
„Nur damit ich es auch wirklich verstehe, Draco Malfoy
kam zu dir an den Gryffindortisch", Ginnys zog eine Augenbraue
hoch,
„hat sich von Harry dazu bringen lassen, dich nicht
Schlammblut zu nennen", sie zog die andere Augenbraue hoch,
„und
gab dir eine Blume und einen Zettel, wo drauf steht, dass er dich
vermisst!" Ungläubiger konnte der Blick von Ginny gar nicht
sein.
„Naja, ich weiß ja nicht mal ob es …"
„Was
müssen wir da hören?"
„Unsere Hermione wird von
Draco Malfoy angeschmachtet?" Frech grinsend tauchten Fred und
George auf und knieten sich rechts und links neben Hermione.
„Das
könnte eine sehr tiefgründige Verbindung werden. Was meinst
du Fred?"
„Ja, unser lieber Malfoy zieht ja ganz neue Saiten
auf!"
„Ach ihr Spinner!" Lachend schlug Hermione den beiden
Zwillingen auf die Schulter.
„Ja, zwei Einfallsreiche Spinner."
Fred zwinkerte Hermione zu.
„Wenn ihr uns entschuldigen würdet,
wir haben noch wichtige Geschäfte zu erledigen". Fragend
blickten ihnen alle hinterher.
„Ja, zwei einfallsreiche
Spinner", Fred zwinkerte Hermione zu.
„Wenn ihr uns
entschuldigen würdet, wir haben noch wichtige Geschäfte zu
erledigen". Fragend blickten ihnen alle hinterher.
„Also mal
im Ernst", ergriff Ginny das Wort,
„meint ihr echt, dass es
Malfoy ist?"
„Er hat ihr immerhin die Blume und den Brief
gebracht", maulte Ron.
„Und er war dabei rot wie eine Tomate
und lief schnell weg", grübelte Harry.
„Das mag ja alles
sein, aber Malfoy hasst Muggelstämmige."
„Und was
ist, wenn er den Brief nur überbracht hat?", meldete sich
Hermione zu Wort. Alle schauten sie fragend an.
„Na, vielleicht
hat mein Verehrer ihm den Brief gegeben, weil er sich selber nicht
traut."
„Ja, könnte auch sein.", Ginny wirkte
nachdenklich. Nach einigem hin und her, beschlossen sie alle ins Bett
zu gehen und abzuwarten.
„Und?
Ist dir noch wer eingefallen?", wollte Harry am nächsten
Morgen beim Frühstück wissen.
„Nein …" seufzte
Hermione.
Die
nächsten paar Tage verliefen ereignislos und waren wie immer.
Keinem fiel ein, wer denn Hermiones heimlicher Verehrer sein könnte.
Als sie eines Abends dann zusammen am Kamin saßen, kam auf
einmal Colin Creevy an.
„Ent… ent… entschuldige, Hermione?",
schüchtern sprach er sie an.
„Ja, Collin", antwortete sie
mit einem warmen Lächeln, um ihm seine Nervosität zu
nehmen.
„Für…für…"
„Mach hin wir haben
nicht ewig Zeit!", fuhr Ron ihn an, der ahnte, was Collin
wollte.
„Für dich!" Er drückte Hermione eine Lilie
und einen weiteren Zettel in die Hand und war weg.
„Ron war das
nötig", fauchte Hermione ihn an. Mit einem Brummen drehte er
sich zur Seite und tat, als würde er aus dem Fenster
schauen.
„An meine göttliche Hermione. Du elfengleiches
Wesen in einer Welt voller Nichtsnutze. Mit jedem Tag der vergeht,
sehne ich mich mehr nach dir und wünschte, du wärst hier
…bei mir! In Liebe." Sie starrte auf den Brief.
„Wie
schnulzig", schmunzelte sie, „aber auch irgendwie süß!"
Verträumt saß sie da.
„Aber irgendwie süß!",
machte Ron sie tonlos nach. Harry trat ihm gegen sein Schienbein,
musste sich aber selbst sehr beherrschen nicht loszulachen.
„Schaut
mal." Harry und Ron schaute zu Hermione.
„Ein schwarzes Haar."
Vorsichtig zog sie es von der Blume.
„Von wem könnte das
sein?"
„Vielleicht ist es von diesem Slytherin Jungen",
ertönte Ginnys Stimme hinter ihnen. Mit einem Stapel voller
Bücher setzte sie sich zu den Dreien.
„Wen meinst du?",
wollte Harry wissen. Ginny überlegte.
„Blaise Zabini! Der
ist doch auch immer auf den Partys von Slughorn."
Die
Tage verstrichen, aber keiner, verhielt sich so, dass sie mit
Bestimmtheit sagen konnten, dass er Hermiones heimlicher Verehrer
sei.
„Alles klar mit dir Hermione?", fragte Ginny am
Frühstückstisch.
„Du siehst so nachdenklich aus."
„Ich
frage mich immer noch, wer er ist und wann er wohl wieder schreibt".
Am
Abend saßen alle zusammen im Gemeinschaftsraum und waren bei
ihren Überlegungen immer noch nicht weiter, wer Hermiones
heimlicher Verehrer sein könnte. Plötzlich hörten sie
ein Klopfen am Fenster. Es war eine Eule, Ginny ging hinüber um
das Fenster zu öffnen. Die Eule hatte eine Rose und einen Brief
dabei.
„Hier für dich", sagte Ginny und reichte Hermione
die beiden Sachen. Harry und Ron schauten Hermione neugierig an. Sie
öffnete den Brief und wurde leicht rot.
„Was steht drin?",
drängte Ginny sie.
„Er, er…will mich treffen",
stammelte Hermione, unsicher was sie dazu sagen sollte.
„Wann?",
riefen alle gleichzeitig.
„Heute! Um zehn!" Hermione schaute
hektisch auf die Uhr.
„Und wo? Lass dir doch nicht alles aus
der Nase ziehen", grinste Ginny sie an.
„Am Rande des
verbotenen Waldes. Oh mein Gott!" Auf einmal wurde Hermione ganz
nervös.
„Was soll ich nur tun?"
„Geh hin",
ermunterte Ginny sie.
„Nein!", rief Ron plötzlich.
„Ich
mein", druckste er herum, als er merkte, dass ihn alle
anstarrten,
„wir wissen doch gar nicht, wer es ist. Er könnte
dir etwas antun."
„Ach Unsinn, ich hab ein gutes Gefühl
dabei. Du solltest gehen", lächelte Ginny.
Unsicher schaute
Hermione den Brief und die Rose an.
„Ich werde gehen!",
verkündete sie auf einmal.
„Aber Hermione, was ist, wenn
dir nur jemand reinlegen will?", fragte Harry.
„Nein, Ginny
hat Recht. Ich hab auch kein so schlechtes Gefühl dabei. Es ist
sicher nur ein sehr schüchterner Mensch", sagte sie.
„Würdest
du mir deinen Umhang leihen, Harry?"
„Ähm, na klar!",
sagte Harry zurückhaltend.
„Harry, du unterstützt sie
auch noch?", meckerte Ron Harry an und ging nach oben.
„Was
hat er denn?", fragte Ginny und alle schauten ihm erstaunt
hinterher.
Es war
bereits acht Uhr. Es musste also schnell gehen. Mit Ginnys Hilfe
machte sie sich zurecht.
„Ach Hermione! Nimm doch einfach den!"
Ginny hielt ihr einen schwarzen, knielangen Rock hin.
Unsicher
nahm Hermione ihn entgegen. Hätte Ginny nicht für sie
entschieden, was sie anziehen soll, würde Hermione
wahrscheinlich bis Helloween brauchen, bis sie sich entschieden
hätte. Um zwanzig vor zehn war Hermione dann endlich fertig.
Als
sie in den Gemeinschaftsraum herunter ging, setzte sie sich noch kurz
zu Harry und Ron. Harry reichte ihr unauffällig seinen
Tarnumhang, den er noch schnell geholt hatte.
„Danke",
flüsterte sie ihm zu und lächelte.
„Kein Problem"
grinste er.
„Viel Spaß", fügte er noch hinzu, als
sie aufstand und ging.
„Dank, dir. Bis später, Jungs"
sagte sie, und verschwand durch das Portraitloch. Ron schaute ihr
grimmig und traurig zugleich hinterher.
Hermione
schwang sich gleich den Tarnumhang um. Es war schon halb zehn und sie
durfte schon längst nicht mehr außerhalb des
Gemeinschaftsraumes sein. Sie schlich leise die Treppen hinunter,
huschte durch die Korridore. Als sie kurz vor der großen Treppe
in der Einganshalle war, hielt sie inne. Peeves! Der hatte ihr grade
noch gefehlt. Freudig schwebte er mitten auf der Treppe hin und her,
so tief, dass Hermione sich nicht vorbeidrücken konnte, ohne
dass er sie bemerken würde. So nachdenklich wie er aussah,
grübelte er wohl grade über den nächsten Streich, den
er jemandem spielen wollte. Plötzlich juckte ihre Nase. Nein
verdammt, dachte sie, nicht jetzt. Doch die Nase kribbelte
immer mehr, und sie konnte das Niesen nicht zurückhalten, also
unterdrückte sie es so gut es ging und hoffte das Peeves sie
nicht gehört hatte.
„Wer ist da?" Mist, jetzt hat er
mich, ging es Hermione durch den Kopf. Peeves schwebte auf
Hermione zu. Langsam und leise wich sie zurück, bis sie hinter
sich eine kleine Nische mit einer Statue entdeckte, wo sie sich
hineinstellte.
„Ich weiß, dass du hier bist", brüllte
er.
„Was soll der Lärm?", rief eine unangenehm bekannte
Stimme. Es war Filch.
„Peeves!", rief er, als er den
Poltergeist entdeckte.
„Willst schon wieder Ärger machen,
was?" Wütend ging er auf Peeves zu.
„Nein, ich hab was
gehört. Da versteckt sich jemand!", meckerte Peeves.
„Von
dir lass ich mich nicht aufs Kreuz legen!" Sie fingen an zu
streiten. Hermione nutzte die Situation aus und stahl sich
mucksmäuschenstill die Treppe runter und verschwand durch das
große Eichentor.
Es war
eine sternenklare Nacht und der Mond war eine schmale, silbern
scheinende Sichel. Sie genoss diese schöne, friedliche Nacht und
ging, immer nervöser werdend, zum verbotenen Wald. Sie empfand
diese Atmosphäre sehr passend für ein Blind Date, so
romantisch. Als sie den Wald erreicht hatte, versteckte sie sich kurz
hinter einer dicken, alten Eiche, um sicher zugehen, dass niemand den
Tarnumhang bemerkte. Sie verstaute ihn vorsichtig in ihrer Tasche und
ging ein paar Meter weiter. Sie stellte sich ein wenig Abseits der
Waldgrenze, da ihr der Wald noch nie wirklich geheuer vorkam. Es
vergingen einige Minuten des Wartens. Sie starrte in den Himmel
hinauf und träumte vor sich hin.
„Ich hatte gehofft, dass
du kommst", hörte sie plötzlich jemanden sagen.
Erschrocken und mit weit geöffneten Augen drehte sie sich um. Im
Schatten des Waldes sah sie einen Mann stehen, aber mehr als eine
dunkle Gestalt konnte sie nicht erkennen. Irgendwas war vertraut an
ihm, nur fiel ihr beim besten Willen nicht ein was. Fragend schaute
Hermione den Mann an. Langsam trat er aus dem Schatten hervor und zog
vorsichtig seine Kapuze nach hinten.
„Professor Snape!",
japste Hermione erstaunt und wich erschrocken zurück.
„Ich
dachte mir bereits, dass du überrascht sein würdest."
Snape lächelt sanft und ging langsam auf sie zu, hielt jedoch
inne, als er Hermiones Erschrecken bemerkte. Mein Lehrer! war
ihr erster Gedanke. Mit jedem anderem hätte sie gerechnet, aber
nicht mit einem Lehrer und erst recht nicht mit Professor Snape.
Deswegen war er neuerdings so nett im Unterricht. Nur langsam
fand sie wieder zu sich.
„Hallo Professor!", brachte sie
heraus und versuchte so gut es ging zu lächeln. Sie konnte es
immer noch nicht fassen. Professor Snape, ihr meist gehasster Lehrer,
fand sie anziehend.
„Bitte, warum so förmlich, wir sind
unter uns. Nenn mich doch bitte Severus, Hermione", bat Snape sie
in einem ruhigen Ton.
„Ja, Prof – ich meine Severus." Sie
gab sich große Mühe ihre Stimme ruhig zu halten. Beide
standen da, sahen sich schweigend an.
„Tut mir leid, die
Heimlichtuerei, aber du verstehst sicher, dass ich nicht offen mit
dir darüber reden konnte", fing Snape leise an zu reden.
„Ich
konnte nur nicht mehr anders. In letzter Zeit habe ich immer mehr
erkannt, was für eine wunderbare junge Frau du geworden bist,
Hermione, vor allem klug". Hermione hätte nie gedacht, dass er
so nett sein konnte. War das wirklich ihr Zaubertranklehrer?
Irgendwie, dachte sie als sie ihren Lehrer dort im Mondlicht
stehen sah, sieht er ja gar nicht so schlecht aus. Gepflegte
Haare, ein schicker Umhang, dachte sie. Und sie hatte recht,
Severus Snape wirkte an diesem Abend viel freundlicher als sonst.
„Du
siehst wunderschön aus", flüsterte er ihr auf einmal ins
Ohr und riss sie damit aus ihren Gedanken. Sie hatte überhaupt
nicht bemerkt, dass er näher herangekommen war.
„Du
frierst ja." Er nahm seinen Zauberstab und zauberte eine Jacke
herbei, die er Hermione sanft auf die Schultern legte, und rieb noch
einmal kurz mit seinen Händen darüber, damit ihr wärmer
wurde.
„Danke!" Hermione lächelte ihn an und schaute ihm
dabei tief in die Augen. Nach wenigen Augenblicken sah sie jedoch
schnell weg und lief rot an.
„Lass uns ein Stück gehen",
schlug Severus vor. Sie willigte ein und sie gingen am Rand des
Verbotenen Waldes spazieren und sprachen über Zaubertränke.
Hermione merkte wie sie immer entspannter wurde, ja sie genoss sogar
den Abend und die Gegenwart von ihrem Lehrer. Sie hatte die ganze
Zeit über ein völlig falsches Bild von ihm gehabt. Die Zeit
verging auf einmal wie im Flug.
„Ich glaube, du solltest langsam
zurück." Hermione schaute auf Ihre Uhr.
„Ach herrjeh, es
ist ja schon fast Mitternacht!", stellte sie erschrocken
fest.
„Schaffst du es allein zurück? Wir könnten es
auch so aussehen lassen, dass du dich raus geschlichen hast und ich
dich erwischt habe." Er lächelte sie verschlagen an.
„Nein,
ich denke das schaffe ich auch so." Sie kicherte.
„Ich hoffe
wir sehen uns wieder." Seine Stimme klang sanft und sie schien
voller Sehnsucht.
„Du musst nicht gleich antworten, lass dir
ruhig Zeit."
Sie nickte nervös. Er nahm vorsichtig ihre
Hand, beugte sich leicht vor und küsste sie sanft ihren
Handrücken. Hermione lief rosa an.
„Eine wunderschöne
Nacht, meine liebste Hermione".
„Gute Nacht, Severus." Sie
lächelte ihn noch ein letztes Mal an und ging zurück zum
Schloss.
Auf dem Weg zurück zum Schloss, klopfte ihr Herz wie
wild, sie konnte es kaum fassen. Der Lehrer, den sie immer am meisten
gehasst hatte und der, wie es schien, sie hasste, war auf einmal ihr
Verehrer. Sie genoss den Rückweg, es war eine wunderbare
Nachtluft. Kurz vor dem Eingang warf sie sich wieder den Tarnumhang
über und schlich sie zurück ins Schloss, hoch zum
Gryffindorturm. Sie musste eigentlich gar nicht überlegen, sie
wollte ihn wiedersehen. Sie konnte es selber kaum fassen, aber in
diesen zwei Stunden hatte Snape, nein Severus, sie
verzaubert.
Glücklich und zufrieden legte sie sich in ihr
Bett. Ihre letzten Gedanken waren bei Severus und wie sie ihm am
besten und heimlichsten mitteilen konnte, dass sie ihn wieder sehen
wollte.
„Hermione!
Hermione!" Nur langsam wurde Hermione klar, dass sie geträumt
hatte und Ron sie wach geschüttelt hatte. Was für ein
Traum! dachte sie. Plötzlich hörten sie ein Klopfen am
Fenster. Es war eine Eule, Ginny ging hinüber um das Fenster zu
öffnen. Die Eule hatte eine Rose und einen Brief dabei.
„Hier
für dich", sagte Ginny und reichte Hermione die beiden
Sachen.
Entgeistert starrte Hermione auf den Brief …
