Author's Note: Das hier ist sowas wie eine Vorschau für eine neue Story, an der ich arbeite, ein AC x Patriot Crossover. Es war eigentlich nur als Charakter-Entwicklungs-Übung gedacht, aber ich dachte mir, warum sollte ich es nicht mit euch teilen :)


Nachfolger

Als sie ihren Vater das erste Mal hatte töten sehen, hatte sich in ihr ein Gefühl breitgemacht, das sie nie zuvor verspürt hatte.

Sie war gerade einmal 11 gewesen, ihr Bruder war schon seit mehr als 9 Monaten verschwunden gewesen und der Großmeister, wie sie manche zu ihrem Vater sagen hörte, war schon lange auf der Suche nach einem neuen Schüler. Katelyn hatte viele junge Männer in die Villa spazieren sehen, die offensichtlich diese Rolle für ihn hatten erfüllen sollen, doch es war immer auf dasselbe hinausgelaufen. Entweder sie verließen das Grundstück ihrer Familie zügig, während ihr Vater ihnen diverse Beschimpfungen hinterherrief, oder sie kamen erst gar nicht von dem 'Spaziergang', wie ihr Vater es nannte, zurück.

Spaziergang... Katelyn hatte schon in frühen Jahren herausgefunden, dass es sich dabei um etwas ganz anderes handelte als gemühtlich Straßen entlangzuschlendern. Spätestens als er angefangen hatte ihren Bruder Curtis mitzunehmen war es aus gewesen mit der Geheimnistuerei. Sie hatte ihrem Vater selbstverständlich nie etwas davon erzählt, doch jedes Mal, wenn sie allein gewesen waren, hatte ihr Bruder ihr alles erzählt, was er und ihr Vater erlebt hatten. Später, an dem Abend, als er den großen Streit mit dem Großmeister gehabt und sich dann davongemacht hatte, hatte er mit Tränen in den Augen und erhobener Stimme beuteuert, dass er seiner kleinen Schwester nie etwas von dem Ganzen hätte erzählen sollen, dass er es unglaublich bereute sie darin verwickelt zu haben und dass es ihm Leid täte. Doch in Katelyn's Augen war das Unsinn. Wieso sollte sie nichts davon wissen, dass ihr Vater Großmeister des Templerordens war, dass er seinen Sohn zu seinem Nachfolger hatte ausbilden wollen und, dass diese Ausbildung auch töten beinhaltete? Ihr Bruder hätte wissen sollen, dass sie nicht wie alle anderen Mädchen war und vor solchen Geschichten nicht schauderte, ebenso ihr Vater.

Und dennoch war dieser unfassbar empört gewesen, als sie sich nach mehr als 9 Monaten der erfolglosen Suche nach dem passenden Schüler bereiterklärt hatte selbst in diese Rolle zu schlüpfen. Sie wäre zu alt, um mit der Ausbildung zu beginnen, zu schmächtig und vor allem, als Mädchen zu zart besaitet. Aber sie hatte nicht locker gelassen, hatte ihm versichert ihn nicht zu enttäuschen. Letztendlich hatte er zugestimmt sie zu einer Mission mitzunehmen und danach, ausgehend von ihren Reaktionen inmitten dieser, zu entscheiden, ob er sie als seine Schülerin akzeptieren würde. Wahrscheinlich hatte er damit gerechnet, dass sie beim direkten Anblick seines Handwerks zurückschrecken und dann von ganz alleine das Handtuch werfen würde. Doch sie war ihrem Wort treu geblieben. Sie hatte ihn nicht enttäuscht, hatte sich so professionell verhalten wie es nur ging und war, als er seine Klinge durch den Körper seines Assassinenopfers an diesem speziellen Abend gestoßen hatte, nicht zurückgewichen. Denn, was sie lieber für sich behalten hatte, als sie ihren Vater das erste Mal hatte töten sehen, hatte sich in ihr ein Gefühl breitgemacht, das sie noch nie zuvor verspürt hatte: Euphorie.