Hey Leute, wie angekündigt kommt hier eine neue Blue Exorcist Geschichte. Insgesamt wird es wahrscheinlich 5-6 Kapitel geben. Das erste ist noch etwas kürzer und eine Art Einstieg. Kapitel 2 kommt vielleicht nächstes Wochenende. Wie man schon an der Kategorie sieht, ist es eine DarkFic (bzw. Angst/Drama/Horror), also Vorsicht! Es gibt Beschreibungen von Gewalt, mit Gore habe ich mich versucht zurückzuhalten. Hinzu kommen Spoiler für Manga und Anime, Fluchen/Schimpfwörter, viele Charaktertode, erwähnter Suizid, emotionale Manipulation, Manipulation des Willens, Amnesie, ungesunde Charakterbeziehungen (Yandere/obsessive/possessive Verhaltensweisen), Wahnsinn, Trauma, Erwähnung von /Implizierte Sklaverei...wahrscheinlich vergesse ich grad einiges. Die fehlenden kommen dann wohl am Anfang der nächsten Kapitel zu. Oh und die Baal haben diesmal alle einen gehörigen Dachschaden. Wie gesagt liegt die Priorität noch bei "Ein unverhofftes Familientreffen", regelmäßige Updates kann ich also nicht versprechen. Außerdem habe ich diesmal tatsächlich dran gedacht, mir eine Ausrede für Takaras Abwesenheit auszudenken. In der anderen Geschichte habe ich ihn irgendwie voll verdrängt. XD Ach
Das ist das erste Mal, dass ich eine DarkFic schreibe, also wäre ich für jegliche Kritik/Tipps/Hinweise dankbar. :-)
Also, lasst das Leiden beginnen. ^_^°
Rin Okumura stand kurz vor einer Panikattacke. Schwer atmend stütze er sich an einem Baum ab. Genau wie der Rest dieses verfluchten Waldes schien er tot zu sein. Die Rinde war grau-schwarz, die Äste hatten keine Blätter. Der Boden war nur eine graue Masse und von einigen Knochen sowie totem Holz bedeckt. Nebel nahm ihm die Sicht. Ab und zu sah er darin schemenhafte Gestalten. Warum musste das passieren? Womit hatten sie das verdient? Sie hatten alles gegeben, aber dennoch verloren und nun zahlten sie den Preis dafür. Wahrscheinlich waren sie ohnehin von Anfang an verdammt gewesen. Die Wette war nur ein kleiner, falscher Hoffnungsschimmer gewesen. Das hatten die Dämonen gewusst. Sie hatten es gewusst, aber dennoch das Spiel begonnen, einfach weil ihnen langweilig war und sie andere gerne leiden sahen. Er hätte es früher erkennen müssen. Stattdessen hatte er sich an falsche Hoffnungen geklammert. Es war alles seine Schuld. Ohne ihn wären seine Freunde und Yukio hier nie gelandet. Sie wären in Assiah, in Sicherheit. Stattdessen hörte er nun ihre Schreie und hämisches Gelächter.
„Du kannst nicht weglaufen!"
„Gib auf!"
„Es ist vorbei!"
Wie er die Stimmen in seinem Kopf hasste. Sie verspotteten ihn, sie wussten, dass es zwecklos war. Er konnte nirgends hin. Doch er lief weiter. Für seine Freunde. Für Shura. Für Yukio. Für alle, die seinetwegen sterben würden. Er hatte bei ihnen bleiben wollen, doch sie hatten ihn angeschrien. Er sollte weglaufen und unbedingt versuchen zurück nach Hause zu kommen. Ansonsten wäre Assiah dem Untergang geweiht. Schritte waren nun zu hören und sie kamen immer näher. Sein Herz verkrampfte sich und sein Atem stockte. Er würde nur zu gern eine Pause machen, denn seine Lungen brannten und seine Beine schmerzten, doch dies konnte er sich absolut nicht leisten. Dieser Ort schien seine gesamte Energie zu stehlen. Inzwischen wurde ihm sogar schon schwarz vor Augen. ‚Nein, ich darf nicht aufgeben...' Er zwang sich weiter zu laufen, obwohl er ständig am Gestrüpp hängenblieb und über Wurzeln stolperte. Mit Schrecken stellte er fest, dass die Äste und Wurzeln der eigentlich toten Bäume wirklich nach ihm griffen. Ein Schauer lief ihm über den Rücken, doch er sprintete weiter, allen Schmerz ignorierend. Seine Schnitte und Prellungen pochten dumpf und brannten wie Feuer, die an manchen Stellen zerrissene, blutige Kleidung klebte an seinem Körper. Er würde nicht mehr weit kommen. Für einen Moment hatte er das Verlangen, Kurikara zu ziehen und seine Verfolger zu Asche zu verbrennen, aber widerstand der Versuchung. Das blaue Leuchten würde sie erst recht anziehen und er war zu angeschlagen für einen Kampf. Sowohl geistig als auch körperlich. Wieder hörte er Stimmen. Sie verspotteten ihn und versuchten ihm Dinge einzuflüstern.
„Monster!"
Er rannte weiter.
„Du wirst nie dazu gehören. Warum willst du zurück? Warum läufst du vor uns davon?"
Er biss die Zähne zusammen.
„Das ist alles deine Schuld!"
Tränen brannten in seine Augen.
„Du hättest nie geboren werden sollen!"
‚Stopp...'
„Los, zieh dein Schwert. Verbrenne sie alle. Das ist es, was du willst, oder? Verleugne deine Natur nicht."
„Nein...aufhören.", flüsterte er.
„Es ist zu spät, du gehörst längst zu uns.~"
„HALTET DIE KLAPPE!", brüllte der Nephilim. Seine Flammen brachen explosionsartig hervor und verbrannten die Bäume um ihn herum, es war ihm allerdings alles egal. Er konnte nicht mehr. Erneut drehte sich sein Magen um, als er ein leider schon bekanntes Kichern hörte. „Da hat wohl jemand Probleme seine Flammen unter Kontrolle zu halten, was? Keine Sorge, wir helfen dir gerne dabei deine Kräfte zu kontrollieren.~"
„Lasst mich in Ruhe!", verlangte der Nephilim mit einer Mischung aus Wut und Angst in der Stimme. Ohne auf eine Antwort zu warten, drehte er sich um und rannte weiter. Zuvor ließ er einen Flammenstoß nach hinten los, in der Hoffnung wenigstens einen Verfolger zu treffen. Jedoch hörte er erneut das Lachen, wenn auch entfernter als zuvor. „Sie rennen immer weg..." Rin achtete nicht mehr darauf, wohin er lief. Hier galten ohnehin andere Gesetzte, also versuchte er gar nicht erst sich zu orientieren. Schlussendlich verließ ihn sein Glück jedoch. Er sah die Bewegung aus dem Augenwinkel, aber leider war es zu spät, um auszuweichen. Mehrere Kreaturen stürzten sich auf ihn und rangen ihn zu Boden. Sie hatten eine menschliche Form, doch bestanden aus Schatten. Seine Flammen könnten sie zwar einfach vertreiben, bevor er allerdings das Kōmaken greifen konnte, wurde es ihm bereits abgenommen. Das war keines dieser Schattenwesen. Angst stieg in ihm auf. „Hab dich gefunden, kleiner Bruder.~"
Gott möge ihm beistehen.
18 Stunden zuvor an der Heiligkreuz-Akademie
„So, endlich fertig mit Rucksack packen.", seufzte Rin erleichtert und ließ sich auf sein Bett fallen. In einer Stunde würde er sich mit Yukio und den restlichen Adepten treffen und auf den Weg zu einem echten Auftrag machen. Nach dem Fiasko mit Amaimon hatte er nicht erwartet, dass sowas in näherer Zeit stattfinden würde und war dementsprechend mehr als überrascht, als es der Clown am Tag zuvor verkündet hatte. Natürlich waren die Sicherheitsmaßnahmen verschärft wurden und Shura kam ebenfalls mit. Zum einem, um notfalls zu helfen, zum anderen, um Rin im Auge zu behalten. In den letzten Tage hatte man rund um die Barrieren erhöhte Dämonenaktivitäten verzeichnen können. Diese suchten allem Anschein nach einen Weg hinein. Viele vermuteten inzwischen, dass sie hinter Rin her waren, denn sie wurden sichtlich aufgeregt, wenn er sich in der Nähe der Barrieren aufhielt. Demzufolge war höchste Vorsicht geboten. Unwillkürlich musste der Nephilim an Shiros Worte denken. Er hatte ihn davor gewarnt, dass allerhand Wesen hinter ihm her sein würden. Interessanterweise war bisher jedoch nicht wirklich etwas erwähnenswertes passiert, wenn man mal von Amaimon absah, doch dieser schien nicht vorgehabt zu haben ihn mit nach Gehenna zu nehmen. So gesehen war es schon irgendwie merkwürdig. Satan hatte Rin am Tag seines Erwachens haufenweise Dämonen auf den Hals gehetzt, inklusive einem Dämonenkönig und war schlussendlich sogar selbst gekommen, um ihn zu holen. Nach diesen Fehlschlägen war jedoch nichts mehr passiert, obwohl der Dämonengott ihn offensichtlich unbedingt haben wollte. Hatte er sich gedacht: ‚Tja, dumm gelaufen. Na, was solls, ich gehe mal ein paar verdammte Seelen quälen. Versuchen wir's einfach nächstes Jahr nochmal?!' Gut, da waren immer noch die Barrieren, aber er hatte acht Dämonenkönige unter sich, die sich sicherlich rein schleichen könnten. Amaimon hatte es immerhin geschafft, also was stoppte Satan alle Baal auf ihn anzusetzen? Nicht, dass es ihn stören würde, aber nervös machte es ihn dennoch. Allerdings waren da immer noch diese seltsamen Träume, die er ständig hatte. Er würde diese nicht direkt als Albträume bezeichnen, aber angenehm waren sie ebenfalls nicht. Darin war er stets von Dunkelheit umgeben, einzig allein seine Flammen brannten vor ihm, doch erleuchteten nichts. Sie übten eine gewisse Anziehungskraft auf ihn aus und sobald er sich ihnen näherte, spürte und hörte er etwas. Es war wie ein lauter Herzschlag. Daraufhin wurde er sofort von den blauen Flammen umhüllt und diese Stimme war zu hören. Satans Stimme. Zu Beginn war er natürlich deswegen mehr als nervös gewesen, denn er hatte geglaubt, dass der Dämonengott versuchte seinen Körper zu übernehmen. Stattdessen redete dieser auf ihn ein. Er versuchte ihn zu locken, rief ihn zu sich und versprach ihm Dinge, die er sich wirklich wünschte. Eine Familie, nicht mehr in ständiger Angst leben müssen und endlich mit seiner Dämonenhälfte im Einklang sein. Alles, was er tun müsste, war zu ihm zu kommen. Früher oder später würde er ihn ohnehin haben. Die Worte waren wie ein süßes Gift, welches sich langsam in den Verstand des Nephilims fraß und ihn dazu drängte den Verlockungen nachzugeben. Dennoch war er bisher standhaft geblieben. Egal was Satan ihm einflüsterte oder versprach, er würde sich ihm niemals freiwillig anschließen. Doch natürlich war der ältere Dämon hartnäckig und suchte ihn fast jede Nacht in seinen Träumen heim. Er sah ihn nie, doch seine Präsenz hatte in jedem Fall etwas gebieterisches und einschüchterndes. Yukio hatte er nichts davon erzählt, er wollte ihm nicht noch mehr Sorgen bereiten. Außerdem war ihre Beziehung ohnehin schon angespannt, da würde er es sicher nicht mit Fassung tragen, wenn Rin beichtete, dass Satan in seinen Träumen rumspukte. Mal ganz zu schweigen vom Vatikan. Energisch schüttelte er den Kopf. Er sollte nicht darüber nachdenken. Kuro sprang auf seinen Schreibtisch. „Rin, ist alles in Ordnung?", fragte er besorgt. Der Halbdämon sah ihn etwas verwirrt an. „Oh...ähm...klar. Ich war nur in Gedanken."
„Weswegen denn?" Er biss sich auf die Lippe. Er wollte Kuro ebenfalls keine Sorgen bereiten, aber er war ein Dämon, also konnte er doch sicher weiterhelfen. Fragen kostete ja nichts und die Träume konnte er weglassen-. „Es geht um Satan."Kuro legte den Kopf schief. „Was ist denn mit ihm?"
„In der Nacht, in der er und Astaroth mein Zuhause angegriffen haben, schien er ziemlich scharf drauf mich nach Gehenna zu holen und der Alte hat mich gewarnt, dass ich jetzt von allen möglichen Viechern verfolgt werden würde, aber bisher kam fast gar nichts. Wenn man mal von Neuhaus' Angriff und Amaimon absieht. Ich dachte eigentlich, dass mir Satan jeden Dämonen Gehennas auf den Hals hetzt, doch es kommt nichts. Wirst du da schlau draus?" Kuro überlegte. „Na ja, normalerweise lassen sich Lord Satan und die Dämonenkönige nicht sehr leicht abwimmeln. Wenn sie etwas haben wollen, bekommen sie es in der Regel. Ich denke, dass die Barrieren viele der Dämonen draußen halten. Aber egal, selbst wenn sie durchkommen sollten, um dich zu holen, dann werden sie versagen, weil ich dich beschütze!" Letzeres sage er mit solcher Entschlossenheit, dass Rin begann zu grinsen. „Danke Kuro, das ist nett von dir. Ich fühle mich schon sicherer. Aber ich hoffe, dass es nicht so weit kommt. Ich will stark genug werden, um Satan zu besiegen, also kann ich mich nicht immer nur auf den Schutz anderer verlassen."
„Aber in all den Jahren wurde er noch nie besiegt.", murmelte der Kater nervös. „Nicht mal Lord Lucifer oder Lord Samael könnten ihn besiegen. Oder Lord Azazel. Er ist ja mein König, darum kenne ich ihn etwas besser als die anderen und er ist wirklich, wirklich mächtig. Dabei ist er nur der drittstärkste." Rin hatte schon nach dem zweiten Satz den Faden verloren. Er wusste, dass es acht Dämonenkönige gab, welche ebenfalls Söhne Satans und die mächtigsten Dämonen ihres Elements waren. Doch abgesehen von Amaimon und Astaroth kannte er die Namen kaum und selbst bei ihnen vertauschte er immer wieder Silben und Buchstaben. „Wer waren die Dämonenkönige nochmal? Also mit Name und Element?", fragte er etwas beschämt. Kuro tat ihm den Gefallen und nannte alle acht. „Ok...aber wenn Satan die blauen Flammen hat, warum ist Ilbis-"
„Iblis.", berichtigte der Kater.
„-Iblis der Dämonenkönig des Feuers? Sind denen die Titel ausgegangen?" Kuro schüttelte den Kopf. „Lord Satan regiert über alle Dämonen und hat zudem die Kontrolle über alle acht Elemente. Außerdem ist er so eng mit Gehenna verbunden, dass mit seinem Tod alles untergehen würde. Man könnte ihn also als eine Art Gleichgewicht zwischen den Elementen bezeichnen. Lord Iblis beherrscht dagegen nur normales Feuer, deswegen ist er der Dämonenkönig des Feuers. Angeblich war er immer sehr frustriert deswegen." Rin nickte langsam. Das klang logisch. Es musste ganz schön bitter sein, wenn man zwar der mächtigste Feuerdämon war, aber nicht Satans Flammen besaß. „Warum hat eigentlich keiner von ihnen die Flammen bekommen? Eigentlich müsste zumindest einer was haben, oder?"
„Weiß ich nicht warum. Die Vererbung von Kräften ist so eine Sache. Aber ich glaube, sie sind mit ihrer momentanen Position mehr oder weniger zufrieden. Ändern können sie ja sowieso nichts dran." Damit schlossen sie mit dem Thema ab und redete über den bevorstehenden Trip. Obwohl der letzte Ausflug mehr als nach hinten losgegangen war, freute sich der Nephilim darauf. Theorie lag ihm absolut nicht, er lernte lieber durch praktische Erfahrung. Somit waren derartige Missionen mehr als willkommen. Außerdem konnte er so etwas Zeit mit seinen Freunden verbringen. Er war wirklich froh, dass sie ihn akzeptiert hatten, obwohl sein biologischer Vater der Herrscher aller Dämonen persönlich war. Hoffentlich würde nicht doch noch ein Dämonenkönig vorbeischauen. Amaimon hatte er zwar besiegen können, aber den Rest wollte er lieber nicht kennen lernen. Es reichte schon, dass er es sich mit zwei der Baal verscherzt hatte. Astaroth war sicher auch nicht gerade gut auf ihn zu nahm sich einen seiner Manga und begann darin zu lesen. Ohne es zu wollen, ließ er seine Gedanken zu Shiro wandern. Er hatte wie durch ein Wunder seinen Suizidversuch überlebt und war schwer verletzt ins Krankenhaus eingeliefert worden. Erst schien es, als wäre er stabil, doch dann war er noch in derselben Nacht gestorben. Warum wusste keiner so wirklich, man vermutete innere Blutungen. Dennoch hatte sich niemand die Mühe gemacht eine Autopsie anzuordnen. Immerhin konnte es immer passieren, dass ein scheinbar stabiler Patient doch Opfer von Komplikationen wurde. Seufzend zwang er sich an etwas anderes zu denken. Schließlich war es Zeit für das Treffen. Er schnappte sich seinen Rucksack, verabschiedete sich von Kuro und Ukobach und machte sich dann auf den Weg. Seltsamerweise warf ihm Ukobach noch einen mitfühlenden Blick zu, doch er zuckte nur mit den Schultern und tat es als Einbildung ab. Er hätte diesen Hinweis wirklich ernst nehmen sollen.
Yukio schaute auf seine Uhr und seufzte. Es war fast 10:00 Uhr und damit ihre ausgemachte Zeit. Wo zur Hölle steckte sein Bruder?! Alle Adepten waren bereits eingetroffen doch Rin kam wahrscheinlich wie immer zu spät. Umso überraschter war er, als sein Zwilling plötzlich um die Ecke kam. „Du bist pünktlich?!", fragte Bon fassungslos. „Wer bist du und was hast du mit Okumura gemacht?!" Rin verdrehte nur die Augen. „Ha, ha. Wirklich witzig, Suguro."
„Hi, Rin!", zwitscherte Shiemi. „Freust du dich schon?" Er nickte. „Ja, klar. Hoffentlich hat der Clown wirklich die Sicherheit verstärkt. Ich habe keine Lust auf noch einen Dämonenkönig." Koneko nickte etwas verängstigt. Er hatte seit der Begegnung mit Amaimon noch größere Angst vor Dämonen als zuvor. Der Erkönig hatte einfach gegen seinen Arm gestupst und damit den Knochen gebrochen. Was würde dann passieren, wenn sie auf einen der älteren Dämonenkönige treffen würden? Yukio wollte nicht darüber nachdenken. Er war noch nie einem Baal begegnet, wenn man von Mephisto und nun auch von Amaimon absah. Astaroth und Lucifer kannte er nur vom hören, über den Rest wusste er absolut nichts. Er hatte jedoch keine Zeit länger darüber nachzudenken, denn nun kam Shura dazu. „Du bist spät.", sagte er knapp. Sie lachte. „Vielleicht um die zwei Minuten, bleib mal locker. Ich musste mir noch Bier besorgen, sonst überlebe ich den Ausflug nicht." Yukio biss die Zähne zusammen. „Du bist im Dienst, Shura. Du solltest nicht trinken."
„Bist du meine Mutter?" Der Brillenträger verdrehte nur die Augen. Da sie nun alle hier waren (Takara war krankgeschrieben), warteten sie nur auf Mephisto, damit er ihnen den Auftrag erklären konnte. Wie auf Stichwort puffte die vertraute, pinke Rauchwolke auf und der Schulleiter stand vor ihnen. „Einen wunderschönen guten Morgen euch allen.~ Wirklich ein schöner Tag für einen Ausflug.~", verkündete er ausgelassen. Shura und Yukio verdrehten die Augen, der Rest starrte ihn einfach nur an. Der Clown grinste. „So, da alle beisammen sind, können wir ja gleich los legen.~ Es gab einige kleine Änderungen. Natürlich nichts, weswegen man sich Sorgen machen müsste.", fügte er schnell hinzu, als er Yukios Blick sah. „Und wie sehen diese "kleinen Änderungen" aus? Warum wurden Yukio und ich nicht informiert?", fragte Shura misstrauisch. Mephisto grinste immer noch. „Es wurde gerade erst festgelegt. Aber es besteht selbstverständlich kein Grund zur Sorge. Die Sicherheit wurde gewährleistet, es sind ausgebildete Exorzisten in der Nähe, die notfalls eingreifen können. Immerhin wollen wir nicht, dass Rin wieder alles anzünden muss, nicht wahr?" Der Nephilim errötete ein wenig. Nach seinem Kampf mit Amaimon hatten Löschflugzeuge die Brände mit Weihwasser löschen müssen und damit Monatsvorräte verbraucht. „Wie dem auch sei. Euer Auftragsort hat sich geändert.", fuhr der Dämon fort. „Vielleicht habt ihr alle schon einmal etwas vom Hachijo Royal Hotel gehört. Es ist eines der heimgesuchtesten Hotels Japans. Es wurde 1963 eröffnet und war zu Beginn recht erfolgreich, aber dann kam es immer wieder zu...Zwischenfällen. Gäste und Angestellte sind dem Wahnsinn verfallen, begingen Suizid, gingen aufeinander los...das Übliche eben."
Was verstand der Clown bitte unter "dem Üblichen"?!
„Schlussendlich wurde es geschlossen.", fuhr der Schulleiter fort. „Man öffnete und es schloss es noch einige Male, 2005 gab man es endgültig auf. Offiziell war der Grund für die Schließung mangelnder Tourismus und wir konnten all die Vorkommnisse unter Verschluss halten. Wir bekommen noch immer täglich Berichte über Dämonen-und Geisteraktivitäten von Einheimischen der Insel. Obwohl das Betreten verboten ist, wagen sich außerdem immer wieder Menschen dort hin und erkunden das Gebäude. Bisher gab es keine größeren Vorfälle, aber seit kurzem hat sich das geändert. Viele Menschen, die das Hotel betreten, kommen nicht mehr heraus und jene die es schaffen, sind äußert aufgelöst und verstört. Sie reden nur zusammenhangslos oder schweigen ganz. Später haben sie allesamt Suizid begangen. Manche haben Nachrichten hinterlassen in denen von Schatten und seltsamen Wesen die Rede war. Zwar haben wir erst kürzlich neue Bannkreise errichtet, aber zu helfen scheinen sie nicht. Daher wird es eure Aufgabe sein, das Gebäude auszukundschaften." Shura und Yukio wechselten Blicke. Irgendwas sagte ihnen, dass mehr dahinter steckte. „Das klingt, als würden Sie uns etwas verschwiegen.", knurrte Yukio. Mephisto rollte mit den Augen. „Immer so misstrauisch Okumura-sensei."
„Yukio hat recht.", kam Shura zur Hilfe. „Warum sind plötzlich so viele Dämonen dort?" Der Clown zuckte mit den Schultern. „Das kann ich nicht sagen, ich bin nicht Azazel. So oder so spielt es keine Rolle. Es kann gut sein, dass sie sogar fliehen, wenn sie Rin sehen. Sie haben viel Respekt vor Satans Flammen."
„Erzähl das Neuhaus' Ghulen.", knurrte Rin, doch Mephisto winkte ab. „Die Ghule waren unter Neuhaus-senseis Kontrolle. Die Dämonen im Hotel und dem angrenzenden Gebiet sind frei oder besser gesagt sie unterstehen Satan und dem jeweiligen Dämonenkönig." Der Nephilim schnaubte. „Sehr beruhigend." Yukio seufzte. „Ich bin mir immer noch nicht sicher, ob das eine gute Idee ist. Diese Aufgabe klingt zu gefährlich für Adepten."
„Ach, Papperlapapp. Um Exorzist zu werden, muss man hin und wieder Risiken eingehen. Wenn ihr etwas dagegen habt, müsst ihr das mit euren Vorgesetzten klären.~", trällerte Mephisto und drückte Shura einen Schlüssel in die Hand. „Damit spart ihr euch die Flugreise. Also dann viel Glück!~ Eins, Zwei, Drei!" Er verschwand. Shura schüttelte den Kopf. „Manchmal könnte ich ihn..." Yukio war genauso wenig begeistert, aber ändern konnte er nichts. „Kommt, wir gehen.", ordnete er an. Die Adepten wagten nicht zu widersprechen und machten sich auf den Weg.
Samael stand auf einem Dach und sah den abziehenden Exorzisten mit einem fast schon bösartigen Grinsen hinterher. ‚Viel zu einfach.', stellte er fest und zog sein Handy aus der Tasche. Dann wählte er eine Nummer und hielt es sich ans Ohr. „Ich bin's.", sagte er der Person am Ende der Leitung. „Es verläuft bisher alles nach Plan. Sie machen sich gerade auf den Weg...Natürlich ist er bei ihnen, sonst hätte das alles wohl kaum Sinn...Nein, sie vermuten nichts. Sie waren etwas misstrauisch, aber sie werden keine direkten Anweisungen hinterfragen...Das ist mir relativ gleich, aber sei so gut und versuche niemanden oder zumindest nicht zu viele zu töten, ja? Tote oder vermisste Schüler oder gar Exorzisten bringen immer viel nervigen Papierkram. Du solltest das ja am besten wissen...Ist ja gut, ich wollte dich nur darauf hinweisen. Jedenfalls liegt es jetzt bei dir. Ich melde mich später. Bis dann." Er legte auf. Verspürte er Reue? Vielleicht ein wenig. Ach, wem machte er etwas vor? Er war ein Dämon. Reue war eine eher seltene bis gar nicht vorhandene Emotion. Er hatte sich bereits ins Krankenhaus geschlichen und Shiro dort den Rest gegeben, um die Vormundschaft für die Zwillinge zu bekommen. Für einen Sterblichen war der ehemalige Paladin zäh gewesen. Er hatte sich gegen Astaroth zur Wehr setzen und Satan vertreiben können. Eigentlich war es schade, eine derart unterhaltsame Spielfigur vom Brett zu nehmen, aber es war nötig gewesen. Nachdem Samael Astaroth einen Tipp gegeben hatte, wo Rin war, hatte er darauf gehofft, dass der Verwesungskönig alles erledigen würde, doch stattdessen war die ganze Aktion schief gegangen. Als dann sogar sein Vater versagt hatte, bleib keine andere Möglichkeit mehr. Shiro Fujimoto musste sterben. Welch Ironie, dass er durch die Hand einer Person starb, die er für einen Freund gehalten hatte. Nun ja, darum sollte man niemals einem Dämonen trauen oder gar einen Deal mit ihm machen. Das endete in der Regel niemals gut für Menschen. Er selbst konnte sich nicht beschweren. Er sprang vom Dach sobald die Exorzisten außer Sichtweite waren. Es war Zeit sich um die letzten Vorkehrungen zu kümmern.
Rin hatte nach dem Gespräch mit Mephisto ein mehr als schlechtes Gefühl. Der Clown wirkte oft seltsam, aber diesmal war es anders gewesen. Irgendetwas sagte ihm, dass diese ganze Sache oberfaul war. Die Art und Weise wie er ihn angegrinst hatte, jagte ihm einen Schauer über den Rücken. Er hatte seinen Freunden davon erzählt, doch sie hatten es größtenteils als Einbildung abgetan. Der dämonische Schulleiter war schon immer komisch drauf gewesen, wahrscheinlich war das nur eine weitere merkwürdige Aktion von ihm. Shura und Yukio schienen dagegen seine Sorge zu teilen. Allerdings war die Anspannung relativ schnell vergessen nachdem sie auf der Insel angekommen waren. Die Laune des Nephilims verbesserte sich sofort. Er war gerne draußen und er freute sich, dass er sich diesmal keinen Kopf darum machen musste, wie er sein Geheimnis vor seinen Freunden verbergen sollte. Auch wenn sie Umstände natürlich besser sein könnten. Was hatte all diese Menschen derartig verstört? Während sie liefen, hatte er hin und wieder das Gefühl, dass ihn jemand beobachtete, doch er konnte nie jemanden entdeckten, wenn er sich umsah. Endlich standen sie vor dem Hotel. Es war wirklich gewaltig und hatte mehrere Etagen. Es würde lange dauern bis sie alles durchsucht hatten. Laut Shura war es ein ehemaliges Luxushotel und sogar noch ziemlich gut erhalten, aber die verwachsenen Wege erschwerten den Fußmarsch. Sie bauten ihre Zelte sowie zusätzliche Bannkreise auf und waren schneller fertig als erwartet. Shura hatte sich mit den anderen Exorzisten unterhalten und alles war ihren Aussagen nach ruhig. Es war inzwischen 13:00 Uhr und Rin begann damit das Mittagessen zu kochen. Immerhin konnte man nicht mit leerem Magen Dämonen jagen, da waren sich alle einig. Shura hatte bereits mehrere Bierdosen geleert, was zu einem erneuten Streit mit Yukio sorgte, doch abgesehen davon war alles friedlich. Dafür würde es gegen Abend interessant werden. Gemeinsam betraten sie das Hotel. Dem Nephilim fiel die Kinnlade hinunter. Allein die Eingangshalle sah schweineteuer aus. Kronleuchter hingen von der Decke und die Treppe schien aus Marmor zu sein, doch natürlich konnte er das nicht beurteilen. Yukio gab ihnen einige Hinweise, welche ihnen später helfen sollten und tatsächlich hörte Rin ausnahmsweise gut zu. Er wollte immerhin Bon überflügeln und Satan besiegen. Da musste er sich ranhalten. Sie sahen sich im Hotel um und verschafften sich einen groben Überblick von den unteren Etagen, doch alles schien normal. Viele Räume erweckten den Eindruck als wären sie gerade erst verlassen worden und nicht schon seit Jahren leer stehen. Wenn man hier einmal ordentlich aufräumte, sauber machte und einige Dinge reparierte und austauschte, könnte man es sicher wieder in Betrieb nehmen. Noch immer hatte er das Gefühl, dass sie beobachtet wurden, doch als er seinen Freunden davon erzählte, waren sie überrascht. Sie spürten nichts. Yukio tat es als Paranoia ab, was wohl logisch erschien, wenn man bedachte, was bei dem letzten Ausflug geschehen war. Dennoch war sich der Nephilim sicher, dass es keine Einbildung war. Bevor er sich versah, war es 18:00 Uhr und die Sonne begann unterzugehen. In ungefähr einer halben Stunde wäre es dunkel und es würde hier nur so vor Dämonen wimmeln. Es flogen bereits einige Kohletierchen umher. Bisher hatten sie jedoch nichts besonderes gefunden. Wie schon unten waren die Zimmer recht gut erhalten, vom überall herumliegenden Müll sowie losen Gegenstände einmal abgesehen. Manche Räume waren von Pflanzen überzogen, andere sahen aus als wären sie erst fertig geworden. Ihm fiel auf, dass Shura ebenfalls angespannt wirkte. „Ist alles in Ordnung?", fragte er. Die Exorzistin nickte langsam. „Bisher ja. Aber mich macht nervös, was du gesagt hast." Rin sah sie verwirrt. „Aber ich dachte, ihr hättet nichts bemerkt?" Sie nickte langsam. „Das schon, aber ich weiß aus Erfahrung, dass Dämonen verdammt gut darin sind, Dinge zu spüren, die ihnen gefährlich werden können. Es kann also gut sein, dass deine angebliche "Paranoia" oder wie die Brillenschlange es nennt, begründet ist und uns den Arsch retten könnte. Der Clown behauptet zwar, dass dich die Dämonen in Ruhe lassen sollten, aber ich habe so meine Zweifel. Irgendwas haben die Biester vor." Rin nickte nur langsam. Wenig später würden der Nephilim und die Exorzisten es jedoch bitter bereuen nicht auf Rins Instinkte gehört zu haben.
Wie erwartet stiegen die Dämonenaktivitäten rapide an, kaum als die Nacht angebrochen war. Dem Nephilim wurde noch unwohler, doch nach wie vor konnte er nichts erkennen, was der Auslöser sein könnte. Sie gingen zurück zu ihrem Lager, wo sich alle mit Ausrüstung sowie Taschenlampen versorgten und Shura die Adepten mit Weihwasser übergoss. Sie redete noch einmal mit den Aufpassern, um sicher zu stellen, dass alles bereit war, dann waren sie so weit. Ursprünglich wollten sie sich in zwei Gruppen aufteilen, doch hatten dann kurzfristig den Plan geändert. Zuerst wollten sie wissen, womit sie es genau zu tun hatten. Nicht noch, dass sich am Ende doch irgendwelche hochrangigen Dämonen in der Gegend rumtrieben. Die Eingangshalle wirkte im dunklen mehr als gespenstisch, nur ihre hallenden Schritte zerrissen die Stille. Wirklich erstaunlich, was andere Lichtverhältnisse alles ausmachten konnten. „Geht raus!" Er zuckte zusammen und sah zu den anderen. Was? Keiner von ihnen schien etwas gesagt zu haben, aber er hätte schwören können, etwas gehört zu haben. Eine leise Stimme, zu verzerrt, um festzustellen, ob sie männlich oder weiblich war. Er wollte es gerade auf seine angespannten Nerven schieben, als er es wieder hörte. Diesmal klang die Stimme jünger. „Lauft bevor er euch findet..." Es war also keine Einbildung gewesen! „Habt ihr das gehört?!", flüsterte er dem Rest der Gruppe zu. Diese sahen ihn jedoch nur verwirrt an. „Was gehört?", fragte Koneko. „Diese Stimmen. Sie haben gesagt, dass wir hier raus sollen bevor er uns findet." Ihre entgeisterten Gesichter waren Antwort genug. „Ihr...Ihr habt es nicht gehört?" Kollektives Kopf schütteln. „Vielleicht liegt es daran, dass du ein Halbdämon bist.", schlug Izumo vor. „Du kannst andere Dämonen hören, also warum nicht auch Geister?"
„Den Geist im Park konnten wir doch aber alle sehen und hören.", wies Shiemi hin. Yukio schüttelte den Kopf. „Geister können unsichtbar machen und nicht zu hören sein. Aber ich kann es mir ehrlich gesagt nicht vorstellen-" Shura fiel ihm ins Wort. „Wir sind hier in einem Hotel in dem es einen Haufen rätselhafter Verschwinden und Tode gab, also sollten wir alles in Betracht ziehen." Sie liefen weiter, während sie redeten und befanden sich nun in einem neuen Raum. Nervös ließen alle ihre Taschenlampen über die staubigen Möbel und dem Müll am Boden huschen. An den Decken hingen Kronleuchter, welche mit unzähligen Spinnenweben bedeckt waren. Dann kam die Stimme wieder. „Seid vorsichtig..." In diesem Moment nahmen Rins Ohren ein Geräusch auf, welches zuvor noch nicht da war. Es kam von oben. Sofort wanderte sein Blick zu dem schweren Kronenleuchter, welchen sie gleich erreichen würde. Dieser zitterte. Oh nicht doch. „STOPP!", brüllte er, packte Izumo und Bon, welche ganz vorne liefen und riss sie zurück. Dies sollte ihr Leben retten. Der Kronleuchter schlug krachend auf den Boden auf, genau auf die Stelle, an der sie gerade noch gestanden hatten. Entsetzt starrten alle auf das Chaos vor ihnen, dann sahen sie zu Rin. „Woher wusstest du das?", fragte Bon fassungslos. Rin biss sich nervös auf die Lippe. „Es war wieder eine Stimme. Sie hat mich gewarnt."
„Tja, ich schätze, du hast grad echt unser Leben gerettet. Wir schulden dir was, Okumura.", antwortete der Adept, wieder entsetzt auf den Kronleuchter starrend, welcher beinahe sein Verhängnis geworden wäre. Izumo nickte stumm. „Ist das hier wirklich eine gute Idee?", flüsterte Shiemi. „Wenn hier wirklich Geister und Dämonen sind, scheinen sie uns nicht hier haben zu wollen. Vielleicht sollten wir das lieber ausgebildeten Exorzisten überlassen." Bon sah sie scharf an. „Wie wollen wir denn Exorzisten werden, wenn wir beim ersten Anzeichen von Gefahr weglaufen?!" Die Blondine antwortete nicht, sondern starrte betreten zu Boden. Schlussendlich nickte sie und es ging langsam weiter. Keiner von ihnen bemerkte die schattenhafte Gestalt, welche ihnen von der Treppe aus hinterher starrte.
Das erwähnte Hotel existiert wirklich und wenn ihr wollt, könnt ihr es gerne googeln. Es gibt eine Menge Bilder davon und ich finde, es lohnt sich. Das Hotel ist wirklich schön, auch wenn es leider langsam zerfällt. Das mit den Suiziden und dass Leute den Verstand verloren haben, stimmt allerdings nicht. Das habe ich mir nur für diese Geschichte ausgedacht. Der eigentliche Grund für die Schließung war der spätere Mangel an Besuchern.
