Harry Potter and the Paradigm of Uncertainty

Autor: Lori Summers

Deutsche Übersetzung: Dani und Alina

http://www.HarryPotter-Translations.de

2. Auflage, Juli 2007

Disclaimer:

Diese Geschichte basiert auf Situationen und Charaktere, die das geistige Eigentum von Joanne K. Rowling sowie von verschiedenen Verlegern (z.B. Bloomsbury Books, Scholacsti Books, Carlsen Verlag, etc.) sind. Weder die Autorin, noch die Übersetzer dieser Geschichte verdienen Geld damit und es liegt nicht in ihrer Absicht Copyrights oder Warenzeichen zu verletzen.

Hinweis für Minderjährige:

Diese Geschichte spielt einige Jahre nach Harry Potter und der Stein der Wesen.

Aufgrund dessen handelt es sich um eine Geschichte für Volljährige Leser.

Um dies genauer zu begründen: Die jeweiligen Charaktere sind nun erwachsen. Das bedeutet, dass in ihrem Leben auch Krieg, Gewalt und Sex eine Rolle spielen, nur um einige zu nennen.

Komplex:

Harry Potter and the Paradigm of Uncertainty ist der erste Teil der Trilogie von Lori Summersund wird von Dani und Alina übersetzt. Der zweite (the Show that never ends) und dritte (Hero with a thousand faces) werden übersetzt von Claudia, Lilly Black, Nicole, Katrin und Stephanie. HWTF wird zukünftig noch übersetzt und dann auch online gestellt, ebenso die vorhandenen Cookies.

Wer dann immer noch nicht genug hat, kann zudem die „Vorgeschichte" von POU lesen.

Diese wurden jedoch nicht von Lori Summers geschrieben, sondern sind 2 eigenständige Geschichten von Penny und Carole und lauten „A Sirius Change" und „A Sirius Affair".

Wir wünschen euch viel Spaß beim lesen.

Erstes Kapitel:
Ankünfte und Abreisen Übersetzt von Dani und Alina

Hermione Granger stampfte mit schweren, müden Schritten die Steintreppe hinauf, die zu ihrem Haus führte. Ihre Schulter gab unter dem Gewicht ihrer Tasche nach, die mit Wälzern, die sie nach Hause zum Lesen mitnahm, voll gestopft war. Sie war immer noch dabei, sich an den mörderischen Zeitplan ihres neuen Jobs als Leiterin der Zauberabteilung am „Institute of Magical Academics", dem Institut für magische Wissenschaften zu gewöhnen, der wichtigsten Forschungseinrichtung in der Welt der Zauberer. Die Stelle war ihr Traumjob, in dem sie ihrem Interesse an der Forschung bis zum Erbrechen nachgehen konnte und Zaubersprüche üben konnte so viel sie wollte. In einer Atmosphäre intellektuellen Ansporns und voll von Herausforderungen... und schon nach nur einem Monat in diesem Job war sie bereits vollkommen erschöpft. Sie hatte sich selbst einen strafenden Terminplan voller Seminare, Meisterklassen und Projekten aufgeladen, und der Tag schien nicht genug Stunden zu haben, um dies alles bewerkstelligen zu können. Sie schloss immer damit ab, ihre Journale im Bett bei einer Tasse Tee zu lesen. Heute Abend würde sie ihren Rückstand bei „Das Journal des internationalen Vereins der Zaubersprüche" und dem gerade erschienenen „Schriften der Kräuterkunde" aufarbeiten. Die Chancen standen gut, dass sie am nächsten Morgen mit dem Gesicht auf den Seiten einer dieser wissenschaftlichen Veröffentlichungen aufwachen würde.

Trotz ihrer Müdigkeit zauberte der Anblick ihres Hauses ein Lächeln auf ihr Gesicht. Es war eine imposante Steinvilla, bedeckt mit sonderbaren Bruchstücken von Skulpturen und voller Winkel und Verstecke... dennoch war das Innere warm und einladend. Es schien sich ihr immer entgegenzustrecken, wenn sie sich näherte um sie mit einem Seufzer willkommen zu heißen, erleichtert, dass sie sicher zurückgekehrt war. Die Größe war beeindruckend: fünfzehn Schlafzimmer, dreizehn Badezimmer, zwei Speisezimmer, Veranden, Erker, Wintergärten... jeder müsste sich fragen wie sich sechs Zauberer und Hexen Mitte zwanzig solch ein Gebäude leisten können.

In Wirklichkeit hatten sie es für so gut wie gar nichts bekommen. Das Haus hatte jahrelang leer gestanden, als sie sich mit ihren fünf Hausbewohnern zusammen getan und es erworben hatten... es hatte einen schlechten Ruf. Ein Geisterhaus, so hieß es... vielleicht sogar verflucht. Sie hatten alle Säuberungs-Sprüche angewandt, die sie wussten und hatten bisher nichts Außergewöhnliches entdecken können.

In der Diele ließ sie ihre Tasche fallen und hing ihren Mantel an den Haken; als sie in das Wohnzimmer trat, schälte sie sich aus ihren Roben, um eine gewöhnliche Jeans und einen Wollpullover zu entblößen. Das Wohnzimmer war dunkel... Hermione blieb wie angewurzelt stehen und keuchte, eine Hand fuhr zu ihrem Herzen beim Anblick zweier funkelnder Punkte in der Düsternis. Sie seufzte vor Erleichterung, als sie erkannte, dass es bloß Harry Potter war, einer der fünf Zauberer und Hexen, die mit ihr in diesem riesigen Haus wohnten.

„Harry! Meine Güte, du hast mich fast zu Tode erschreckt!", rief sie aus und ließ sich in ihren Lieblingssessel fallen. „Wieso sitzt du hier alleine im Dunkeln?"

„Ich höre bloß zu", antwortete Harry und einer seiner Mundwinkel verzog sich zu einem halben Lächeln. Er war halb in einem tiefen Sessel in der Ecke verborgen, mit seinem Kopf zwischen seinen Schultern versunken, wurde er von seinen schwarzen Roben und dem Umhang fast verdeckt. Bloß sein Kopf war über dem Haufen schweren Stoffes sichtbar, ein blasses Gesicht unter einem unordentlichen Schopf schwarzen Haares. Grüne Augen blickten sie über seine rahmenlose Brille hinweg an, welche bis auf die Spitze seiner Nase gerutscht war.

Hermione unterdrückte ein Schaudern. Harry war der berühmteste Zauberer der Welt und ist öfter als Held gekürt worden als sie zählen konnte... aber es gab Momente, wie diesen, da erschien er einem fast böse. Nicht dass man ihn beim bloßen Anblick mit einem typischen Schwertkämpfer assoziiert hätte. Er war groß, schlank und – gelinde gesagt – nicht gerade anmaßend. Er tat nichts um Aufmerksamkeit zu erregen, und dennoch folgte sie ihm auf Schritt und Tritt. Überall wurde er wieder erkannt, wenn nicht aufgrund seiner Charakterzüge, dann aufgrund der berüchtigten blitzförmigen Narbe auf seiner Stirn, eine Erinnerung an eine Attacke des bösen Zauberers Voldemort, die sehr lange her war. Voldemort hatte Harrys Eltern getötet als er noch ein Baby war und hatte ihn jahrelang verfolgt... aber das dunkle Genie war nicht mehr.

Harrys berühmteste Tat war es, Voldemort am Abend seines Abschlusses der Hogwarts-Schule für Hexerei und Zauberei zu besiegen... eine Tat der Hermione und vielen anderen auch, ihr Leben verdankte. Aber für sie war das keine große Sache. Sie hatte seinen Hintern schon oft genug aus dem Feuer gezogen, so dass man die Rechnung als beglichen betrachten konnte.

„Hermione? Willst du Abendessen?", kam eine andere Stimme aus der Küche. George Weasley, ein weiterer Mitbewohner. Er und sein Zwillingsbruder Fred, der zurzeit mit ihrem Bruder Bill in Russland lebte, waren zwei Jahre älter als sie und Harry. George war in der Schule ein unnachgiebiger Unruhestifter gewesen, war aber zu einem überraschend verantwortlichem Mann gereift, der sich, seit er zu Hause arbeitete, um den Haushalt kümmerte, während er den geräumigen Hinterhof als sein Büro benutzte... er war ein freiberuflicher Testpilot für Zauberbesen.

„Ja, bitte", rief Hermione. „Sag, dass du noch mehr von dieser Suppe hast!"

„Ich habe sie bereits für dich aufgewärmt." Hermione sah Harry an, der sich zum Fenster gedreht hatte und hinausschaute. Manchmal war ihrer beider Nähe zu George schmerzhaft. In der Schule waren sie und Harry zwei Drittel eines unaufhaltsamen Trios gewesen, welches durch Georges jüngeren Bruder Ron vervollständigt gewesen war... aber Ron war tot. Umgebracht von Voldemort in seinem sechsten Jahr in Hogwarts, als dieser ihn glauben ließ, seine Freunde wären in Gefahr. Danach war Harrys Feindschaft gegenüber Voldemort, die bereits sehr stark war, zu einem alles verzehrenden Durst nach Rache geworden, bis zu dem Punkt an dem Hermione befürchtete, er könne sich selbst darin verlieren. Sie verstand nur zu gut seine Gefühle, da sie zum Zeitpunkt seines Todes doch fast ein Jahr mit Ron zusammen gewesen war, aber die Wut und der Kummer hatten Harry eine Zeit lang in jemanden verwandelt, den sie nicht kannte. Letztendlich hatte ihn sein Streben nach Vergeltung fast sein Leben gekostet, und das Leben mehrerer anderer Schüler... ein Ereignis, das ihn aus der monatelanger Trance, in die er verfallen, war scheinbar erwachen ließ. Schließlich hatte er erst am Ende seines siebten Jahres die Chance Voldemort gegenüberzustehen, und das war auch gut so. Als der Moment kam, ging er mit einem klaren Kopf in die Konfrontation und hatte sich selbst fest im Griff.

Es waren fast zehn Jahre vergangen seit sie und Harry, hilflos aneinandergeklammert, über Rons totem Körper geweint hatten, nachdem sie eine höhnische Nachricht von Voldemort bekommen hatten, die ihnen sagte, wo sie ihn finden konnten... noch immer überkam sie in unerwarteten Momenten der Kummer, wie eine unerfreuliche Unordnung, die sie vergessen hatte aufzuräumen. George sprach nie darüber, aber die jüngste Weasley, Ginny, hatte Hermione einst erzählt, dass keiner ihrer Brüder nach Rons Tod wieder vollkommen der Selbe war. Das konnte sie leicht glauben. Das letzte Jahr in Hogwarts war eine hohle, beschwerliche Zeit gewesen. Rons Abwesenheit zusammen mit Harrys kompletter, persönlicher Umwandlung hatten das zurückliegende Halbjahr zu einer wahren Hölle gemacht.

Hermione schüttelte ihren Kopf, um ihn von diesen unangenehmen Erinnerungen zu befreien. Jetzt standen die Dinge um einiges besser, solider. Jeder im Haus hatte einen guten Beruf und hervorragende Aussichten. In ihrem Haus fanden außergewöhnlich selten Streitereien und Konflikte statt... in der Tat fragte sich Hermione, ob Harry es nicht mit einem Harmonie-Spruch belegt hatte, als sie nicht hingesehen hatte, es schien die einzige Erklärung dafür zu sein, dass sechs so verschiedene Leute so friedlich miteinander auskommen konnten. Zwei ihrer anderen Zimmernachbarn, Cho Chang und Justin Finch-Flechley, sind ebenfalls ihre Schulkameraden in Hogwarts gewesen. Cho, die in der Schule fast zwei Jahre lang mit Harry zusammen gewesen war, war oft über lange Zeiträume abwesend... sie war eine professionelle Quidditchspielerin, eine Jägerin der Stratford Minotauren, und verbrachte eine Menge Zeit mit dem Team auf Tour. Justin arbeitete für das Ministerium in der Abteilung für Muggel-Angelegenheiten und verbrachte seine Zeit normalerweise damit, die Erinnerungs-Zauber-Gruppe zu dieser Stadt oder jenem Dorf zu schicken, um die Sichtungen der Muggel von magischen Tätigkeiten zu löschen, aber seine Hoffnungen auf eine Beförderung waren groß und er machte seinen Job wirklich gut. Hermione nahm an, dass er sich heimlich wünschte, er könne selbst der Erinnerungs-Zauber-Gruppe angehören. Ihre sechste Zimmernachbarin, Laura Chant, war eine australische Hexe, die als Verbindungsperson ihres Landes zur „International Federation of Wizards", dem internationalen Bund der Zauberei arbeitete. Ihre Arbeit sorgte oft dafür, dass sie ebenfalls erst spät heimkam.

Was Harry anging... Hermione wusste eigentlich nicht genau was er tat, er hatte es keinem erzählt. Obwohl es ihr einen Stich versetzte, dass er ihr mit dieser Information nicht traute, wusste sie, dass Geheimhaltung bei ihm sehr wichtig sein musste, dass es ihn davon abhielt, es ihr zu erzählen. Er hatte sehr unregelmäßige Arbeitszeiten; mal war er tagelang zu Hause und dann eine ganze Woche verschwunden... und er kam oft verletzt nach Hause. Sie hatte sich mit Heilmagie auseinandersetzen müssen weil er sich jedes Mal weigerte, zu einem Arzt zu gehen... sie hatte mehr Schnitte, blaue Flecken, blaue Augen und gebrochene Knochen mit Zaubertränken und Sprüchen geheilt als sie zählen konnte. Sie machte kein Geheimnis daraus, dass sie sich sorgte, aber seine Lippen blieben verschlossen, auch wenn es ihr manchmal so schien als würde er es ihr so gerne erzählen, dass er zu platzen drohte.

Er hätte sich jeden Job aussuchen können. Absolut jeder hatte ihn einstellen wollen. Das Ministerium hatte ihm gesagt, er könne jeden Job bekommen, den er wolle, einschließlich der Führung der Eingreiftruppe. Es schien, als würde jeder Quidditchverein der Welt ihn praktisch anbetteln sich einzuschreiben. Hogwarts selbst hatte ihm die Stelle als Lehrer für Verteidigung gegen die dunklen Künste angeboten, wovon sie im Stillem dachte, es war klug von ihm gewesen sie abzulehnen. Gringotts. Private Zauberer-Gesellschaften. Magische Denkfabriken. Sie alle wollten nichts mehr als „den Jungen der lebt" in ihrem Betrieb... und dennoch schien er keines der Angebote angenommen zu haben. Sie wusste, dass er nicht arbeiten musste... er war dank der weisen Verwaltung seines Erbes reich und unabhängig... aber trotzdem arbeitete er. Sie wusste bloß nicht, was „Arbeit" für ihren besten Freund in der Welt beinhaltete.

George reichte Hermione einen Teller, auf dem eine großer Teller Suppe und ein Sandwich lag. „Danke", sagte sie abwesend. Er lief zurück in die Küche, wo er, dem Geruch nach zu urteilen, irgendeinen Nachtisch zubereitete.

Hermione musterte Harrys Profil, während er mit ausdrucksloser Miene aus dem Fenster starrte. „Alles in Ordnung, Harry?", fragte sie.

„Glaubst du an das reine Böse?", fragte er aus heiterem Himmel. Hermiones Hand blieb auf halbem Weg zu ihrem Mund stehen, überrascht von der plötzlichen Frage.

„Natürlich", antwortete sie ohne zu zögern.

„Aber warum?"

Sie legte ihr Sandwich ab und legte den Teller auf ihre Knie. Das war kein Reden-und-gleichzeitig-Essen-Gespräch. „Weil ich es gesehen habe", sagte sie. „Und weil ich an das reine Gute glaube. Das eine impliziert das andere." Er nickte nur langsam. „Was ist denn los? Warum so philosophisch?"

Er zögerte, dann stand er langsam auf. „Ich sollte diesen neuen Besen ausprobieren", sagte er, wobei sich seine Stimme ganz weit weg anhörte.

Hermione sah verblüfft zu, wie er den Raum verließ. Mit einem Schulterzucken machte sie sich wieder an ihre Suppe und ordnete es als nur einen weiteren Akt in dem grenzenlos unvorhersehbaren, surrealen Theaterstück ein, das ein Leben mit Harry Potter eben darstellte.

George war nicht in der Küche, als sie ihren Teller spülen wollte, aber ein himmlischer Duft strömte aus dem Ofen. Sie spähte hinein... mmh, Sirup-Pudding. Hermione stellte ihr Geschirr in die Spülmaschine und ging hinaus auf die hintere Veranda, wo sie George fand, der auf einer Stufe saß und auf den Hinterhof hinausschaute.

Etwa drei Meter entfernt stand Harry über einem neuen Besen, der auf dem Boden lag. Er hatte in den letzten paar Wochen eine Vielfalt von Modellen ausprobiert, seitdem er seinen geliebten Feuerblitz Serie III verloren hatte. Das an sich war schon so eine Sache gewesen. Hermione hatte auf der vorderen Veranda gesessen und Tagebuch geschrieben, als die Tore aufgeschwungen waren und Harry die Treppen hoch lief. Er kam nach einer fünftägigen Abwesenheit zurück und sah müde und verdrießlich aus. Sie war aufgestanden, um ihn zu begrüßen (und ihn nach Verletzungen zu untersuchen), aber er war nicht gerade in gesprächiger Laune gewesen. Erst als er vor ihr stand, hatte sie bemerkt, dass er in seinen Händen die zersplitterten Überreste seines zerstörten Besens hielt. Der Feuerblitz Serie III war ein Geschenk von Sirius zu Harrys 21. Geburtstag gewesen, er war einer seiner wertvollsten Besitztümer.

Er hatte schon viele Gelegenheiten gehabt, mit einem neueren Modell nachzurüsten und hatte jedes Mal abgelehnt, wenn George versucht hatte, ihn mit so einem neuen hochfrisierten Untersatz, den er gerade testete, in Versuchung zu führen. Was auch immer Harry diesmal getan hatte, dieser Besen hatte nicht so viel Glück gehabt wie sein Besitzer. Harry war relativ unversehrt, aber der Feuerblitz war jenseits jeder Reparatur. Er hatte einfach Hermione die traurigen Überreste überreicht und war ohne ein Wort ins Haus gegangen. Seitdem versuchte er, sich einen neuen auszusuchen. George hatte es zu allen Besen-Zauberern, für die er arbeite, „durchsickern" lassen, dass Harry Potter einen neuen Besen suchte, und jetzt bekäme Harry denjenigen gratis, den er sich aussuchen würde... aber er zog eine Grenze, wenn es um finanzielle Hilfe ging. Harry scheute davor zurück, dass sein ungewollter Ruhm ausgenutzt wurde, von jedem... auch von ihm selbst.

An diesem Abend schaute er sich einen Brandneuen an, der gerade heute morgen angekommen war... sogar Besen-Laie Hermione (die immer noch ihren ersten Besen flog, einen lädierten, zehn Jahre alten Nimbus zweitausend) konnte sehen, das er etwas besonderes war. Sie setzte sich neben George auf die oberste Stufe der hinteren Veranda. „Mensch, das ist doch mal was", murmelte sie.

„Es ist ein Prototyp", antwortete George. „Hergestellt von einem brandneuen Besenhersteller, es ist ihr erstes Modell. Sie entwickeln die Zaubersprüche und die Materialien seit fünf Jahren und das ist das Ergebnis... der Coriolis Jet Stream Modell 1, der erste ganzheitlich synthetische Besen der Welt."

„Synthetisch?", flüsterte sie erstaunt und schaute zu, wie Harry um den Besen herumging, seine Kopf gedankenversunken zur Seite geneigt, während er ihn untersuchte. Er sah tatsächlich ungewöhnlich aus. Die meisten Besen waren aus Holz... dieser war es ganz klar nicht. Der Stiel war glatt und glänzend schwarz, die Zweige am Schweif waren aus einem seltsamen, silbrigen, schillernden Material, das sie nicht sofort erkannte. Harry hörte auf, herumzulaufen und stand am Ende des Besens. Er streckte eine Hand darüber aus und öffnete seinen Mund, um „hoch" zu sagen... aber bevor er sprechen konnte, hob sich der Besen sanft von der Erde und drehte sich, so dass er senkrecht vor ihm schwebte. Er nickte.

„Ganz nett." Er griff danach und der Besen glitt in seine Hand. Er stieg auf den Stiel und der Besen stieg leicht mit ihm auf.

Er schwebte dort ein paar Meter über dem Boden, seine Arme vor den Brust gekreuzt und hielt einfach mit seinen Knien das Gleichgewicht. Der Jet Stream flog langsam vorwärts, drehte sich nach rechts und wieder nach links, und reagierte auf Muskelsignale von Harry, die so geringfügig waren, dass nicht einmal Hermione sie sehen konnte.

„Habe ich dir nicht gesagt, dass er leicht reagiert?", kommentierte George.

Harry nickte lächelnd. „Ich könnte denken, er würde meine Gedanken lesen." Er legte eine Hand auf den Stiel und rauschte in Richtung Himmel, nur noch ein verschwommener Fleck. Hermione packte ihren Pulli mit ihren Händen, als er den Besen in allen Gängen fliegen ließ und die schwierigsten Sucher-Bewegungen ausführte, die er kannte. Nach all den Missgeschicken, die er über die Jahre gehabt hatte, bekam sie es immer mit der Angst zu tun, wenn er so flog... wie oft hatte sie mitangesehen, wie er herunterfiel? An mehr als einer Gelegenheit war sie es gewesen, die irgendwie eine sichere Katastrophe hatte verhindern müssen, und glücklicherweise war das Schlimmste, das passiert war, ein unglückliches Entknochungs-Erlebnis gewesen. Das und andere Unfälle hatten ihm aber anscheinend nicht im geringsten Angst vorm Fliegen gemacht, aber jene Nachwirkungen, denen er entkommen war, waren dreimal so stark bei Hermione aufgetreten.

Er landete nach nur ein paar Augenblicken und grinste breit. „Was sagst du dazu, hm?", sagte George und sprang auf. „Was hab ich dir gesagt? Wahnsinn, oder?"

Harry nickte, während er den Besen hielt und ihn anerkennend ansah. „Das ist er wirklich. Gerade, wenn man denkt, dass sie Besen nicht noch besser machen können, kommt etwas Neues raus."

„Also denkst du, dass du diesen nehmen wirst?"

„Ich denke schon, ja."

„Dann behalte ihn, er gehört dir."

Harry grinste wieder. „Großartig, danke! Das triffst sich auch gut, ich gehe heute Abend weg und werde einen guten Besen brauchen."

„Heute Abend? Wann?" fragte Hermione.

Sein Grinsen wurde etwas kleiner. „Sobald es dunkel ist." Sie nickte und machte sich nicht die Mühe zu fragen, warum er sobald es dunkel war gehen musste, und drehte sich dann um und ging zurück ins Haus.

Sie, Harry und George setzten sich an den Küchentisch... obwohl das formeller war, als man sich es vorstellen könnte, denn ihre Küche hatte die Größe eines kleinen Hauses und am Tisch konnten ohne Probleme zwölf Menschen Platz nehmen. Das Esszimmer war sogar noch beeindruckender, also zog es die Gruppe vor, hier ihre Mahlzeiten einzunehmen. George verteilte Teller und setzte ihnen den dampfenden Sirup-Pudding vor. „Ich rieche was Leckeres!", kam eine fröhliche Stimme mit australischem Akzent. Die Küchentür öffnete sich und Laura und Justin kamen gemeinsam herein. „Echt fantastisch, George." Sie setzten sich beide und schnappten sich gierig Teller.

Laura war eine dunkelhaarige, exotisch aussehende Frau mit langem, dichtem braunem Haar und einer hübschen, olivefarbenen Hautfarbe. Sie war eine talentierte Hexe, aber ihre Kräfte waren seltsam organisch, als wären sie von ihr selbst in ihrem Inneren aufgezogen worden, wie der Steckling einer Pflanze... Hermione offenbarte ihr einst diese Beobachtung und sie hatte geantwortet: „Weißt du, fast genau so habe ich es auch getan." Hermione hatte noch nicht wieder den Mut gehabt sie zu fragen, was genau sie damit meinte. Sie mochte Laura sehr gerne, und sie waren sich beide in dem Jahr wo sie zusammen wohnten sehr nahe gekommen.

„Wie war's heute im Ministerium, Justin?"

„Oh, wirklich fantastisch, recht vielen Dank. Ein weiterer zwanzig-Eulen-Tag. Mindestens." Er tat sich eine große Portion Pudding auf und griff nach dem Zuckersirup. „Hermione, kannst du mir morgen Abend mit diesem Klatsch-Abwehr-Spruch helfen?"

Sie schüttelte den Kopf und errötete ein wenig. „Kann ich nicht, sorry. Bin beschäftigt."

Ein Chor aus „Ah-ha's" folgte dieser Aussage. „Triffst dich mit diesem Hengst, was?", quietschte George.

„Das ist das dritte Mal diese Woche", flötete Harry und grinste als er sich einen Tropfen Sirup vom Daumen lutschte. „Klingt ernst."

„Tja, so ein junger Bursche wie er hat halt Energie", fügte Justin hinzu. Hermione verdrehte die Augen und saß beständig – von ihren Mitbewohnern umlagert – inmitten dem üblichen Schwall verbaler Salven.

„Jaah, wie alt ist er noch mal? Zwanzig? Neunzehn?"

„Rasiert er sich schon?"

„Hat er an diesen gewissen, geheimen Orten schon Haare?"

„Plumpst sicher noch von seinem Besen, nicht wahr?"

„Hofft er darauf, dass du ihm eines Tages dabei behilflich sein wirst, ein richtiger Mann zu werden?", krähte George.

Harry bekam einen Kicheranfall.

„Hört auf damit", sagte Hermione. „So jung ist er nun auch wieder nicht. Er ist... ihr wisst schon, in unserem Alter."

„Ah so", sagt Harry skeptisch. „In unserem Alter... in wie viel Jahren?" Das löste einen weiteren Lachanfall bei Laura aus.

„Seid ihr jetzt bald fertig? Gerald ist wunderbar..." weiter kam sie nicht.

„Oh, GER-ald! GER-ald!", johlte George. „Ich glaube nicht, dass ich diesen Namen vorher schon mal gehört habe! GER-ald!"

„Was stimmt nicht mit Gerald?"

„Nichts, wenn es dir nichts ausmacht als letztes in die Footballmannschaft gewählt zu werden", murmelte Justin.

„Mal im Ernst, Hermione", sagte Harry und unterdrückte seine Heiterkeit. „Wie alt ist er wirklich?"

Sie drehte ihren Löffel in den Sirupresten auf ihrem Teller. „Er wird zweiundzwanzig." Sie machte eine Pause. „In fünfzehn Monaten."

Laura schüttelte den Kopf.„Coo coo ca choo. Mrs. Robinson."

Justin stand auf und fing an, das Geschirr zusammenzuräumen. „Du weißt, dass wir dich nur aufziehen, Hermione. Hey, wenn ich einen zwanzigjährigen Lover hätte, würde ich es von allen Dächern rufen."

Hermione saß aufrecht im Bett, eine Decke um ihre Schultern, las und fühlte wie ihre Augenlider immer schwerer wurden. Die Tür öffnete sich leise und Harry steckte den Kopf herein. „Kann ich reinkommen?"

„Sicher", sagte sie, legte ihre Brille auf den Nachttisch und schloss ihr Buch. „Ich lese bloß den selben Paragraph wieder und wieder."

Er kam näher und setzte sich auf die Bettkante. „Du siehst nicht gut aus."

„Ich bin einfach nur erschöpft, das ist alles."

Er machte eine Pause und betrachtete seine Finger. „Ich gehe jetzt."

Hermione nickte. „Weißt du, wie lange du weg bist?"

Er sah sie lange Zeit an und schüttelte dann den Kopf. „Wahrscheinlich nicht länger als eine Woche."

„Oh mann, Cho wird das gar nicht gefallen, dass sie dich verpasst hat. Sie kommt wohl morgen für ein paar Tage nach Hause."

„Ich könnte mir vorstellen, dass wir beide diesen Entzug überleben werden", sagte er in einem uncharakteristischen, sarkastischen Tonfall. Er verstummte und es schien als würde er darauf warten, dass sie etwas sagen würde.

„Du wirst es mir nie erzählen, hab ich recht?", sagte sie ruhig und sah zur Seite. Harrys Gesichtsausdruck wurde schmerzvoll aber er antwortete nicht. Natürlich würde er ihr nie erzählen was er tat. Sonst hätte er es schon längst getan.

„Ich wollte bloß nicht ohne meine Glücksumarmung gehen", sagte er mit einem unsicheren Lächeln auf den Lippen. Hermione kicherte bei seinem bedauerlichen Gesichtsausdruck, streckte die Arme aus und umarmte ihn fest.

„Viel Glück."

Der nächste Tag war ein Samstag, aber der verkleinerte Haushalt war genauso beschäftigt wie immer. Die Villa war halbwegs in einem Zustand von Baufälligkeit gewesen, als sie dort eingezogen waren und obwohl viel renoviert worden war, hatten sie immer noch Arbeit in den Teilen, die sie nicht nutzten. Heute entfernten sie die alte Tapete von einem Salon im oberen Geschoß. Das war harte, staubige Arbeit... aber es gab eine willkommene Unterbrechung, als sie von draußen das vertraute Heulen eines Motorrades hörten. „Cho ist da", sagte Justin und stand auf, um sich den Putz von den Händen zu wischen.

„Gut", grunzte Hermione. „Vielleicht werden wir jetzt vor Einbruch der Dunkelheit fertig."

Sie hörten ihre schnellen Schritte die Treppe hoch laufen. „Ich bin wieder da, Mitbewohner!", rief sie, als sie in den Raum platze. „Hey, Tapete wegmachen! Sieht so aus, als wäre ich gerade rechtzeitig gekommen!" Sie zog ihren Mantel aus und schnappte sich eine Spachtel, um mit anzupacken.

„Genialer Sieg gegen Luxemburg", sagte Justin.

„Nicht wahr? Ich dachte, mein Herz würde stehen bleiben, so anstrengend war es." Hermione sagte nichts, als sie über Quidditch redeten... es war nie wirklich ihr Spiel gewesen und die ganzen Nahtoderfahrungen, die Harry gemacht hatte, während er es spielte, hatten sie noch mehr davon abgebracht. Und sie musste wie immer ihre instinktive Abneigung Cho gegenüber herunterschlucken. Intellektuell mochte sie sie. Theoretisch mochte sie sie.

Cho war ein Mensch voller Energie, lebhaft und offen, der zu jedem freundlich war... vielleicht etwas zu freundlich. Jeder Mann, der sie jemals getroffen hatte, war der Meinung, sie sei das Großartigste seit Schokoladenfröschen, aber Hermione hatte den Verdacht, dass Frauen eine einzigartige Fähigkeit hatten, Dinge bei anderen zu bemerken, die die Männer übersahen. Sie hatte immer gedacht, dass nur ihr es so ging, bis sie hier eingezogen war und erfahren hatte, dass Laura dasselbe Gefühl Cho gegenüber hatte. Sie erinnerte sich an ein Gespräch, dass sie während einer von Chos Geschäftsreisen auf der Veranda geführt hatten.

„Du magst Cho nicht besonders, oder?", hatte Laura gefragt.

„Ich mag sie ganz gern. Sie ist ein wunderbarer Mensch, sie ist immer nett zu mir gewesen." Laura sah sie nur an, und Hermione seufzte und gab nach. „Nein, ich mag sie nicht besonders."

„Sie und Harry sind früher zusammen gewesen, richtig?"

„Richtig."

„Ist es deswegen?"

Darauf runzelte Hermione die Stirn. „Nein, ich denke nicht... na ja, vielleicht irgendwie, nur weil Harry mein bester Freund ist und ich ein bisschen fürsorglich bin, schätze ich. Und da war irgendwas in ihrem Blick, wenn sie zusammen herumgelaufen sind..."

Laura hatte gelächelt. „Hm-hm. Der ‚schaut mal wenn ich mir geangelt habe'- Blick."

Hermione schnipste aufgeregt mit den Fingern. „Ja! Genau das ist es. Als ob er weniger ein Partner in einer Beziehung sei und eher eine..."

„Trophäe?"

Hermione rümpfte die Nase. „Das ist so erniedrigend."

„Na ja, immerhin ist er Harry Potter. Weltberühmter Bezwinger des Bösen, um nicht zu erwähnen, dass er eine Sahneschnitte erster Güte ist." Sie lächelte Hermione an. „Aber ich weiß, was du meinst. Sie scheint schon der Typ zu sein, der es jedem auf die Nase binden will. Außerdem habe ich eindeutig das Gefühl, dass sie sich sicher ist, dass sie ihn irgendwann zurück bekommen wird."

Wieder in der Gegenwart schoss dieses Gespräch innerhalb von Sekunden durch Hermiones Kopf, als sich Cho mit Begeisterung an die Tapete machte. Erwartete sie, Harry irgendwann wiederzuhaben? Hermione rümpfte die Nase. Da kannst du lange warten.

Später an diesem Abend saß Hermione auf der hinteren Veranda und las ein Buch beim Licht der untergehenden Sonne, als Cho mit zwei Gläsern Limonade herauskam. „Danke", sagte sie, als sie ihres nahm. Cho setzte sich auf die oberste Stufe.

„Harry ist weg, oder?"

„Ist gestern Abend gegangen."

„Schade, dass ich ihn verpasst habe. Ich werde wahrscheinlich wieder weg sein, wenn er zurückkommt."

„Er sagte, er ist vielleicht eine Woche weg."

Cho machte ein unsicheres Geräusch in ihrer Kehle. „Lass uns hoffen, dass er wieder in einem Stück zurückkommt."

„Mir macht es nichts aus, ihn zu verarzten", sagte Hermione. „Ich wünschte nur, ich wüsste, was er tut, wenn er weg ist." Cho drehte sich langsam um und sah Hermione mit einem sehr seltsamen Ausdruck an. „Was?", fragte Hermione.

„Du meinst... du weißt es nicht?", sagte Cho mit gedämpfter Stimme.

„Ich weiß was nicht?" Hermione runzelte noch mehr die Stirn.

„Was Harry macht... für wen er arbeitet."

Ein düsterer Verdacht stieg in ihr auf. „Nein. Er hat es mir nie gesagt." Bitte sag mir nicht, er hat es dir gesagt, Cho. Ich würde schier vor Verlegenheit gleich hier auf der Veranda sterben.

„Hermione... Harry ist ein Spion. Für den Internationalen Bund der Zauberei."

Ihr Mund klappte auf... sie war sich nicht sicher, worüber sie geschockter war; über diese Enthüllung oder über die bloße Tatsache, dass Cho diese Information besaß. „W... was? Er ist was?"

„Ein Spion! Er geht da raus und sucht die dunklen Mächte auf, und wenn er sie findet, bekämpft er sie! Warum denkst du, sieht er so oft verprügelt aus und ist tagelang verschwunden?"

Hermione öffnete ihren Mund, um zu antworten, konnte es aber nicht. Sie sprang auf und lief schnell ins Haus und weg von Cho, die sie noch nie in ihrem Leben so sehr gehasst hatte... für das Wissen, dass sie besaß, aber vor allem für dieses kleine triumphierende Lächeln, das sie ohne Erfolg versuchte hatte zu verbergen, als sie es ihr erzählt hatte.

Sie fand Zuflucht in ihrem Zimmer und atmete schwer. Na ja, sie musste zugeben, dass es eine Menge Dinge erklärte. Aber warum hast du es mir nicht erzählt, Harry?, dachte sie. Warum hast du es ihr erzählt und nicht mir?