Ich würde einfach mal sagen: Viel Spaß beim Lesen. Die Geschichte hab ich auch auf der deutschen Seite hochgeladen, falls sie euch bekannt vorkommt.
Mit Sherlock im Auto
Ablenkung
Sherlock war langweilig. Seit geschlagenen drei Stunden saß er jetzt schon im Wagen von Lestrade. Ein Mordfall verlangte ihre Anwesenheit ziemlich weiß außerhalb von London.
Er konnte noch nicht mal die schon ermittelten Fakten in seinem Gedankenpalast ordnen und untersuchen, da der Tatort in einem abgelegen liegendem Wald offenkundig von Deppen untersucht wurde, die ihm nichts brauchbares liefern konnten. Arbeiteten bei Scotland Yard denn nur Typen wie Anderson?
Wenigstens musste der in London bleiben und liegen gebliebene Berichte schreiben. Dabei hatte er ja tatkräftige Unterstützung von Donovan.
Sherlock hatte seinem Unmut bereits Luft gemacht und seine schlechte Laune an Lestrade ausgelassen, indem er ihn deduziert hatte.
Seine Frau war wohl schon wieder fremdgegangen, weswegen er am vorigen Abend noch lange in einer Kneipe war. Dort hatte Lestrade so viel getrunken, dass er heute Morgen verschlafen hatte, wodurch er nicht zu einer ordentlichen Rasur kam und er außerdem so schnell gefrühstückt hatte, dass auf seiner Kleidung noch überall Krümel klebten.
Dies ging so lange weiter, bis John, der neben ihm saß, Sherlock zur Ruhe brachte, indem er ihm die Hand aufs Knie legte und einfach den Kopf schüttelte. Sherlock verstummte und schaute zu John, der den Kopf nach unten gebeugt hatte und anscheinend gespannt ein Buch laß.
Warum hatte John ihn unterbrochen? Wollte er etwas von ihm? Dann würde er doch nicht lesen!
Frustriert blinzelte Sherlock und drehte dann seinen Kopf, um nach draußen zu schauen. Wiesen, Bäume, für England seltener blauer Himmel mit nur wenigen Wolken. Langweilig.
Schließlich wurde es ihm zu viel und Sherlock beugte sich zu John und meinte recht genervt: „John. Mir ist langweilig."
Der Angesprochene hob den Kopf und antwortete: „Dann ließ doch etwas."
„Ich hab kein Buch."
„Du hast ein Handy mit Internet."
„Die Geschichten sind… eigenartig. Und langweilig. Und vorhersehbar. Oh… und langweilig."
„Dann nimm die Nachrichten."
„Genauso langweilig. Übrigens: Der Politiker, der momentan so im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit steht hat eine geheime Affäre."
„Ich frag gar nicht erst, woher du das schon wieder weißt."
Sherlock grinste süffisant, allerdings drehte John seinen Kopf wieder weg von ihm und wandte sich seinem Buch zu.
Mist. Ziel nicht erreicht, ihm war immer noch langweilig.
Er hörte die nervige Musik im Radio, dann kam Werbung, schließlich irgendein Telefonstreich mit Fischen. So sinnlos. Und langweilig.
Sherlock seufzte genervt. Nach einiger Zeit nochmal. Und nochmal. Nach ein paar Mal hatte John genug, Lestrade schien dagegen abgestumpft. Oder er hörte es vorne am Lenkrad einfach nicht.
John schob sein Lesezeichen zwischen die Seite und klappte sein Buch zu. Schließlich drehte er sich zu Sherlock, der ihm schon irgendwie leidtat.
Irgendwie erinnerte Sherlock John an ein quengelndes Kind. Fehlte nur noch, dass er fragte wann sie endlich da waren. Wobei… das hatte er, nachdem sie eine halbe Stunde gefahren waren und noch nicht mal ansatzweise aus London raus waren. Ja, doch, wie ein kleines Kind.
Wo er so an Kinder dachte, fiel John ein Spiel ein, welches er und Harry früher auf den langen Autofahrten zu seiner Tante gespielt hatten.
Also sagte John: „Sherlock, ich hab eine Idee, was du machen könntest. Warte nur kurz."
Unter Sherlocks erwartungsvollen Blick zog John sein Handy aus der Hosentasche, schaltete das Internet an und startete den Browser.
Sherlock begann schon wieder das Gesicht zu verziehen und meinte genervt: „Ich hab doch schon gesagt, dass im Internet lesen oder Nachrichten langweilig sind!"
John hob nur die Hand, um ihm zu signalisieren, dass er noch kurz warten sollte.
Ein paar Mal tippte John auf dem Handy rum und sah schließlich recht zufrieden aus, als er endlich eine Seite öffnete. Er laß kurz was dort stand und nickte zufrieden.
Dann begann er vorzulesen: „Ein Mann wohnt im 30. Stock eines Hochhauses. Als er zur Arbeit muss, nimmt er den Aufzug. Er drückt ‚1. Stock'. Als er von der Arbeit zurück ist, geht er wieder zum Aufzug und drückt ‚20. Stock'. Die restlichen 10 Stockwerke läuft er zu Fuß über die Treppe. Warum geht er die restlichen Stöcke zu Fuß? Du darfst mir nur Fragen stellen, die ich mit ja oder nein beantworten kann. Also los!"
Ein Grinsen erhellte Sherlocks Gesicht. Endlich Beschäftigung, die ihn und seinen Gedächtnispalast eine Weile auf Trab halten würde. In Gedanken wiederholte er Johns Worte: „Also los!" Wäre doch gelacht, wenn er das nicht hinbekommen würde!
„Ist ein Verbrechen in den Stockwerken am Laufen, dass er die Polizei rufen müsste?"
„Nein."
Gut. Also kein Verbrechen.
„Macht er das jeden Tag?"
„Ist anzunehmen."
Also offenkundig körperliche oder psychische Probleme.
„Hat der Mann psychische Probleme?"
„Nein."
Also körperlich. Er wohnt im 30. Stock… also vielleicht Knieprobleme? Nach unten kann er kaum laufen, nimmt also den Aufzug. Nach oben fährt er die 20 Stockwerke und dann läuft er, weil er fit… nein. Unwahrscheinlich. Keine Knieprobleme.
„Hat er ein körperliches Problem?"
„Ja."
Also… es ist definitiv körperlich… ah! Frage nach Krankheiten!
„Hat er irgendwelche Krankheiten?"
„Jein. Nicht wirklich."
„Geht es um ein Kind?"
„Nein, Sherlock. Die Rede war von Mann!"
„Hätte ja sein können."
Ah! Das musste die Lösung sein! Natürlich. Er war einfach zu klein, aber kein Kind.
„Der Mann ist kleinwüchsig. Nach unten zu fahren ist kein Problem für ihn, aber wenn er nach oben will, dann kommt er nur bis zum Knopf des 20. Stockwerkes."
„Richtig!"
„Was ist das? Ich mein, es war einfach, aber es hält das Gedächtnis und meinen Gedankenpalast in Bewegung!"
„Das sind Black Stories, Sherlock. Rätsel, wo es darum geht skurrile Morde aufzuklären."
„Das ist gut. Hast du noch eine für mich?"
„Ja klar. Warte kurz."
Wieder tippte John auf seinem Handy rum, bis er eine Geschichte gefunden hatte, die ihm gefiel.
„Gut. Wie wäre es mit der hier: Hätte sie sich die Schuhe nicht gekauft, wäre sie noch am Leben."
Sherlock wollte gerade beginnen mit fragen, als Lestrade auf einen Schotterweg abbog. Schließlich wurde der Wagen langsamer und hielt dann an. Vor ihnen war ein Bereich abgesperrt.
Lestrade rief von vorn: „So ihr Beiden! Wir sind da!"
Frustriert grummelte Sherlock, jetzt konnte er das Rätsel nicht lösen. John kicherte daraufhin und meinte dann gutmütig: „Na komm schon Sherlock. Denk dran, dass wir dann auch noch zurückfahren müssen. Jetzt hast du da erst mal einen echten mysteriösen Mord."
Sherlock nickte und lächelte wieder etwas. Jetzt hatte er gleich zwei interessante Dinge, auf die er sich freuen konnte. Einen vielversprechenden Mord und eine Rückfahrt, die überhaupt nicht langweilig werden würde, wenn John ihm wieder Black Stories vorlesen würde.
