Dies ist eine Übersetzung. Englisches Original geschrieben von: MadeOfTitanium ( )
Chapter 1
Ich keuchte, als ich um die Ecke bog. Mein Atem kam in mühsamen Stößen. Das war nicht geplant gewesen! Meine Stiefel waren abgewetzt und ich wusste, dass meine ältere Schwester nicht beeindruckt sein würde, wenn sie erfahren würde, dass ich ihr liebstes Paar Lederstiefel ruiniert hatte. Ich versuchte verzweifelt, die dünne weiße Bluse zurechtzurücken, die meine Schultern hinunterrutschte. Der dünne schwarze Gürtel hing lose um meinen Bauch.
Als ich das Ende der Straße erreichte, platzte ich nicht gerade anmutig in das Haus mit der himmelblau gestrichenen Tür. Noch auf Hochtouren rennend, schoss ich die knarrenden Treppen nach oben, so schnell ich konnte. Nur um direkt in etwas hineinzulaufen. Genauer gesagt, in jemanden. Mein Überlebensinstinkt übernahm und ich rannte die Person, die mir im Weg stand, mit voller Kraft um. Wir fielen mit einem dumpfen Aufprall und ich presste hastig heftig meine Handfläche in die Wange der Person und drückte ihr Gesicht in den azurblauen Teppich.
Plötzlich wurde ich von zwei starken Händen hochgehoben und von dem Körper heruntergestoßen.
Ich rollte mich ab und versuchte, schnell wieder auf die Beine zu kommen, um mich meinem Angreifer zu stellen.
„Glimmer! Wer zur Hölle glaubst du eigentlich, dass du bist?!", schrie ich, rappelte mich auf und klopfte den Staub von meinen Kleidern. Während ich meine Bluse wieder richtete, stand meine Schwester auf und lachte fröhlich.
„Oh, Opal! Du wirst es nie lernen, oder? Ernsthaft, ich kann nicht glauben, dass du diese Woche schon zum zweiten Mal hingefallen bist! Das zweite Mal!" Sie kicherte und warf ihren blonden Zopf über die Schulter.
„Was erwartest du? Ich renne die Treppen rauf und das erste, was ich sehe, ist dein hässliches Gesicht", scherzte ich und zwinkerte ihr zu.
Meine Schwester war ein Jahr älter als ich, 17, und wir sahen uns sehr ähnlich. Wir hatten beide die goldblonden Locken unserer Mutter und die himmelblauen Augen unseres Vaters geerbt. Der einzige Unterschied war, dass Glimmer einige Zentimeter größer als ich war und immer schöner aussah als ich. Ich liebte meine Schwester, sie war schon mein ganzes Leben lang mein Vorbild. Wir trainierten häufig gemeinsam an der Akademie, auf der wir darauf seit jungen Jahren darauf gedrillt wurden, an den Hungerspielen teilzunehmen. Keiner von uns hatte jemals darüber nachgedacht, sich freiwillig zu melden. Uns reichte es, die Spiele zu schauen und die Tribute aus unserem Distrikt anzufeuern. Wir könnten es nicht ertragen, einander zu verlieren und lebten deshalb wie eine durchschnittliche junge Frau in Distrikt 1 – kein Heraustreten aus unserer Komfortzone. Glimmer folgte mir in das Schlafzimmer, das wir uns beide teilten, wo wir uns beide auf das Kommende vorbereiten würden, denn heute war ein besonderer Tag. Heute war die Ernte für die 74. Hungerspiele und ich hatte das Gefühl, dass etwas besonderes passieren würde.
~ Ich könnte wach bleiben, nur um zu hören, wie du atmest
Dir zusehen, wie du lächelst, während du schläfst
Während du weit weg bist und träumst
Ich könnte mein ganzes Leben in dieser süßen Hingabe verbringen
Ich könnte in diesem Moment für immer verloren bleiben
Wo jeder Augenblick, den ich mit dir verbringe, ein Schatz ist~
Ich ging mit meiner Schwester Hand in Hand auf das Justizgebäude zu, das immer sauber gehalten wurde, damit es schön aussah, wenn unser Distrikt bei der jährlichen Ernte im Fernsehen gezeigt wurde. Distrikt 1 strahlte immer ein gewisses Gefühl der Eleganz und des Stolzes aus, wie es in keinem anderen Distrikt zu spüren war.
Wir reihten uns in die Schlangen der Mädchen unseres Alters ein und sagten unsere Namen. Glimmer umarmte mich kurz, bevor sie zu ihren Freunden hinüberging, die sich bereits aufgeregt unterhielten und überprüften, ob sie gut aussahen, falls ihr Gesicht auf dem riesigen Bildschirm gezeigt werden würde, der in der Nähe der Bühne platziert war, auf der bereits die mit Losen gefüllten Glaskugeln standen. Irgendwo dort drinnen war mein Name. Nur auf fünf Zetteln. Unserer Familie ging es gut, sodass wir beschlossen hatten, dass wir kein Extragetreide brauchten.
Als sich auch die letzten Leute auf ihren Plätzen eingefunden hatten, strich ich mir noch ein letztes Mal über die blonden Haare, die Glimmer mir zu zwei aufwendigen Zöpfen geflochten hatte, die mir auf die Schultern fielen. Mein Erntekleid hatte die gleiche Farbe wie meine blauen Augen, nur war es noch mit einem Anflug von Rosa und Weiß gemischt. Die Farbe eines Opals wie der des Anhängers an meiner Halskette, die mir meine Eltern zu meinem 13. Geburtstag geschenkt hatten. Plötzlich trat die Betreuerin von Distrikt 1 aus dem Justizgebäude und lächelte uns alle breit an. Sie trug einen kurzen blauen Bob und hatte onyxfarbige Augen. Sie trug ein seltsames schwarzes Kleid, in das Anflüge von grün und gelb eingenäht waren. Ihre Schuhe mit den mehrere Zentimetern hohen Absätzen hatten eine ähnliche Farbe.
„Willkommen!", lachte sie, ihre ohnehin schon hohe Stimme kippte beinahe vor Aufregung.
„Was für eine Ehre es ist, die zwei liebenswürdigen Tribute aus dem wunderbaren Distrikt 1 ins Kapitol zu begleiten! Mein Name ist Elsie Oport und ich bin so glücklich, mit euch allen hier zu sein!"
Mehrere Rufen ertönten aus der Masse und sie wartete errötend, bis die Menge sich wieder beruhigte.
„Nun, bevor wir die Namen ziehen, hier ein spezielles Video für euch, direkt aus dem Kapitol übersandt!", rief Elsie Oport und der Film begann. Es ging darum, wie 13 Distrikte gegen das Kapitol rebellierten und ein Krieg ausbrach. Nach vielen Jahren des Blutvergießens ergaben sich die Distrikte und Distrikt 13 wurde ausgelöscht. Um uns daran zu erinnern, wem wir zu gehorchen haben, wurden die Hungerspiele erfunden. Jeder Distrikt muss einen Jungen und ein Mädchen zwischen 12 und 18 Jahren stellen, die in eine Freilichtarena geworfen werden und sich dort bis auf den Tod bekämpfen. Der letzte Überlebende gewinnt.
Als das Video zu Ende war, richtete sich die Aufmerksamkeit wieder auf Elsie.
„Jetzt wählen wir die Tribute aus. Ladies first!", kicherte sie und stolzierte zu den Glaskugeln. Sie ließ ihre grün gefärbte Hand für einen Moment über den Zetteln kreisen, schnappte sich ein Stück Papier und watschelte zurück zum Mikrofon.
Sie faltete den Zettel auseinander und räusperte sich: „Glimmer Venon!"
„Nein", hauchte ich.
Meine Schwester warf ihr Haar über die Schulter und bahnte sich einen Weg durch die Menge, in der mehrere Leute klatschten. Die Friedenswächter nahmen sie in ihre Mitte und führten sie nach vorne und ich merkte, wie angespannt sie aussah. Wahrscheinlich würdest du es nicht bemerken, aber Glimmer wurde mit einem Bein geboren, das kürzer als das andere war. Es war etwas, das die meisten Leute nicht bemerkten, aber es machte sie langsam als die anderen Mädchen in ihrem Alter. Wenn sie in die Spiele ging, könnte das ihren Tod bedeuten.
„Komm hoch!", rief Elsie und ich biss mir auf die Lippen, als Glimmer am Fuß der Treppe ankam. Wenn ich meine Schwester vor dem sicheren Tod retten wollte, gab es nur eine Sache, die ich tun konnte.
„Ich melde mich freiwillig!", rief ich und eine Träne rollte mir über die Wange.
Ich suchte nach der Kamera, die auf mich gerichtet war, um mein geschocktes Gesicht aufzunehmen. Auf der Leinwand war es in Großaufnahme zu sehen, als ich auf den Gang hinaustrat.
„Ich melde mich freiwillig für sie!", wiederholte ich und erhaschte ein Blick auf Glimmers Gesicht, auf dem ein mörderischer Ausdruck lag.
„Opal! Das wirst du nicht wagen!", zischte sie und marschierte zu mir herüber.
„Ich melde mich freiwillig als Tribut", wiederholte ich noch einmal deutlich und schob sie aus dem Weg.
„Nun, es sieht aus, als hätten wir eine Freiwillige! Ein großer Applaus bitte!", rief Elsie begeistert und ein Friedenswächter führt die knurrende Glimmer weg von mir. Der Distrikt ignorierte meine wütende Schwester und applaudierte für mich, einige der Jungs pfiffen und die Mädchen jubelten laut. Mein Herz hämmerte und das Blut rauschte in meinen Ohren, als ich die Stufen bestieg und den Blick über die begeisterten Menschen meines Distrikts schweifen ließ.
„Wie ist dein Name?", fragte mich Elsie, als ich an ihrer Seite Platz nahm.
„Opal. Opal Venon", antwortete ich kleinlaut, als die Massen sich wieder beruhigt hatten.
„Und ich vermute, die junge Dame dort war ihre Schwester?", fragte Elsie mit einem Blick zu Glimmer.
„Meine ältere Schwester, ja", erwiderte ich und wischte mir unauffällig die Träne aus dem Augenwinkel. Ich durfte nicht zeigen, wie schwach ich eigentlich war. Vor allem nicht jetzt, wo ich freiwillig anstelle meiner Schwester an den Spielen teilnehmen würde.
„Wunderbar! Lasst uns nun den männlichen Tribut auswählen", rief Elsie und die Menge jubelte wieder, völlig ergriffen von dem Geschehen. Elsie stolzierte zur Jungenkugel, zog einen Zettel und verkündete laut: „Marvel Queyen!"
Mein Kopf fuhr hoch, genau in dem Moment, in dem ein vertrautes Gesicht aus der Menge trat. Er war groß, größer als ich und hatte wellige braune Haare von der Farbe einer Eiche. Seine smaragdgrünen Augen funkelten, er zupfte sein blaues Erntehemd zurecht und machte sich auf den Weg zur Bühne. Er hatte einen selbstbewussten Schritt und nahm immer zwei Stufen auf einmal, sodass er innerhalb von Sekunden neben mir und Elsie ankam. Mein Herz schlug schneller, als seine Blick meinen traf. Marvel war der arroganteste Junge im Distrikt und dazu einer der Favoriten an der Akademie. Wenn jemand die Spiele gewinnen konnte, dann er. Ich würde sicherstellen, dass er gewinnen würde, wenn ich es schon nicht konnte. Ich konnte keinen meiner Freunde aus der Kindheit ermorden. Wir hatten einander, seit wir klein waren.
Glimmer, Marvel und ich waren eine eng zusammengewachsene Gruppe und gute Freunde gewesen. Als jedoch die beiden älteren an die Akademie kamen, änderte sich Marvel, wurde anders … Er war nicht mehr der Junge, den ich zu kennen glaubte. Dennoch konnte ich ihn nicht töten.
„Nun, Hände schütteln", Elsie seufzte, als wir einander nur anstarrten. Schließlich trat ich näher zu ihm, ergriff seine Hand und lächelte gezwungen. Er erwiderte den Handschlag und ich ließ seine Hand los. Er schnappte sich schnell meine andere und reckte unsere verschränkten Hände in die Luft. Ich zögerte, aber die Menschen im Distrikt jubelten lauthals und ich ließ es zu, erinnerte mich daran, was unsere verschränkten Hände bedeuteten. Es bedeutete, dass wir verbündet waren. Dass wir gemeinsam mit den anderen Karrieros die übrigen, schwächeren Tribute töten würden.
„Ein Applaus für unsere beiden Tribut!", rief Elsie ein letztes Mal und unter dem Jubeln der Menschen führte sie uns ins Justizgebäude.
Ich wurde in ein Zimmer geführt, dass sauber und schlicht gehalten und hübsch eingerichtet war. Ich setzte mich auf ein samtenes Sofa, bevor auch schon die Tür aufflog. Glimmer stand im Türrahmen, ihre Augen schienen vor Wut Funken zu sprühen. Der Friedenswächter schloss die Tür hinter ihr und sie starrte mich weiter an.
„Mutter und Vater sind alles andere als glücklich", stieß sie schließlich unverblümt hervor. Ihre Unterlippe zitterte.
„Das ist mir egal", schnappte ich, meine Stimme war rau von den ganzen zurückgehaltenen Tränen.
Wir starrten uns an, bis ich die Tränen nicht mehr zurückhalten konnte und meinen Gefühlen freien Lauf ließ.
Glimmers Wut verrauchte, sie setzte sich neben mich, umarmte mich und streichelte mir über die Haare.
„Ich weiß, warum du es getan hast", hauchte sie.
„Ich konnte dich nicht sterben lassen. Dein Bein würde dich aufhalten", schluchzte ich in ihre Schulter. Sie tätschelte mir den Kopf.
„Ich weiß, ich weiß. Aber Opal, auch du könntest sterben", entgegnete Glimmer, ihr Tonfall war tadelnd und scharf. „Mutter und Vater sagen, dass du Schande über die Familie gebracht hast. Dass du mich hättest gehen und den Versuch auf den Sieg hättest lassen sollen."
„Ich werde versuchen zu gewinnen, Glimmer … Für dich", versprach ich ihr und sie lächelte, während Tränen in ihren Augen schimmerten, die ihr Make-up ruinierten.
„Falls wir uns nicht wiedersehen, merke dir nur, dass ich euch alle sehr liebe", schluchzte ich, dann kamen die Friedenswächter herein und zogen meine Schwester aus dem Zimmer. Die Tür schlug mit einem Knall zu, dann war ich wieder alleine. Vollkommen alleine.
Mehrere Augenblicke später trat ein Friedenswächter in den Raum und bedeutete mir wortlos, ihm zu folgen. Ich ging ihm hinterher durch die Flure und Hintertüren und sah einen metallisch glänzenden Zug auf uns warten. Elsie trabte nach vorne und öffnete die Tür. Sie deutete hinter mich und ich sah, dass Marvel mir in wenigen Metern Abstand gefolgt war. Ich wartete auf ihn und er schenkte mir ein höfliches, weniger arrogantes Lächeln als zuvor. Wir wurden von der ekstatischen Elsie in den Zug geführt, die davon redete, wie mutig ich doch war, dass ich mich freiwillig gemeldet hatte. Ich nickte und rollte mit den Augen, diese Frau begann wirklich, mich zu nerven. Marvel hatte noch kein Wort gesagt und ich fragte mich etwas nervös, was wir zueinander sagen sollten, nach so langer Zeit. Meine Bedenken schwanden, als wir an Bord des Zuges ankamen, der mit silbernem Dekor und goldenen Stoffen dekoriert war. Alle Stühle waren aus einem weichen Material gefertigt, sodass sie weich und bequem waren. Ein großer Tisch bog sich gerade zu unter zahlreichen Gerichten und funkelndem Geschirr. Flüssigkeiten in allen erdenklichen Farben säumten die Regale gegenüber des Tisches und Elsie schenkte uns aus einer silbernen Karaffe ein bernsteinfarbenes Getränk ein.
„Auf Marvel und Opal, die Tribute aus Distrikt 1!", kicherte sie und prostete uns zu und wir führten die Gläser zum Mund. Ich spürte Schmetterlinge in meinem Bauch flattern und meine Nerven kribbeln.
Die Spiele hatten wirklich und wahrhaftig begonnen.
