Don´t
go away
Es
ist nicht leicht, sich einzureden, dass alles wieder gut werden
würde. Dass ich meine Gefühle irgendwann wieder im Griff
haben würde, dass ich irgendwann wieder über dich hinweg
kommen würde oder dass ich irgendwann einfach glücklich
sein kann. Wir glaubten damals, alles was wir brauchten, schon zu
besitzen. Wir glaubten, wir hätten noch das ganze Leben vor uns.
Und am allermeisten glaubten wir, wir seien endlich frei.
Die
letzte Schlacht war geschlagen.
Das Gute hatte schlussendlich,
nachdem viel Blut geflossen war, das Böse doch noch besiegt und
die Welt gesäubert. Doch viele- auch du- konnten nicht recht
daran glauben, dass alles wieder gut werden würde. Denn wie
könnte die Welt wieder so werden, wie sie mal war, wenn so viel
Schlechtes passiert ist? Damals warst du erst gerade zwanzig
geworden. Es war lange nach unsrer Zeit in Hogwarts, jedenfalls kam
es mir so lange vor, denn eigentlich sind zwei Jahre nichts
weltbewegendes.
Es war ein regnerischer Morgen des 23. Augustes,
als du mit deinen Koffern und einem traurigen Gesichtsausdruck vor
meiner Tür standest. Offenbar hattest du an diesem Morgen keinen
Regenschutz dabei, oder was es viel mehr sein wird, du hattest nicht
mal Lust, dich um einen zu kümmern. Mit nassem Haar und
Klamotten hattest du vor meiner Türschwelle gestanden, wissend
dass du nicht ein Wort sagen müsstest, um mir verstehen zu
geben, was du vor hattest.
"Ich kann nicht länger hier
bleiben...", hattest du geflüstert, deine grünen Augen
fest an den Boden gerichtet. Das Wasser, das unaufhaltsam von deinem
schwarzen Haar tropfte schien dich nicht zu stören, selbst als
dir einige Tropfen davon in die Augen fielen und du blinzeln
musstest, rührtest du dich nicht von der Stelle.
"Bitte
nicht... Ich flehe dich an!", bettelte ich verzweifelt und liess
meinen Tränen freien Lauf. "Nicht jetzt, wo ich dich am
allermeisten brauche, Harry!"
"Hermine!" Mit einem Mal waren
deinen Augen auf mich gerichtet. "Es tut mir Leid, wenn ich dich im
Stich lasse. Aber ich verkrafte es nicht hier zu bleiben. Es erinnert
mich alles zu sehr an ihn. Alles. Schon allein diese Stadt scheint
voll von seinem Geist zu sein!"
"Und mir fällt es etwa
leicht, mit seinem Tod umzugehen?", ich versuchte dich davon
abzuhalten, wegzugehen. "Ich vermisse ihn doch genau so..."
"Ich komme doch wieder... irgendwann..."
"Geh
nicht!", flehte ich und fiel dir um den Hals, wobei ich die Narben
und Wunden an deiner Haut sah, und unwillkürlich an den Kampf
vor wenigen Tagen denken musste.
Du hast dein Gesicht vor Schmerz
verzogen, als ich sanft drankam und mit meinen Fingern drüber
fuhr. "Du solltest vielleicht zu einem Arzt deswegen!"
"Nein...",
sagtest du, nahmst meine Hände in deine und sahst mir tief in
die Augen.
"Geh nicht, Harry... bitte!"
Don´t
go away
Say what you say
But say that you´ll stay forever
and a day
In the time of my life
Cause I need more time
Yes
I need more time just to make things right.
Ich
weiss noch, wie du mir krampfhaft versucht hast, zuzulächeln,
dabei aber kläglich gescheitert bist, und stattdessen deine
weichen Lippen auf meine gelegt hast. "Es wird alles wieder gut...
versprochen!"
"Nein...", jammerte ich. "Es wird nichts
wieder gut. Nicht, wenn du dich jetzt einfach aus dem Staub
machst!"
"Hermine!", riefst du und deine Stimme hallte leise
im Treppenhaus zurück. "Ich habe in den letzten Jahren alles
verloren, was mir jemals etwas bedeutet hat. Meine Familie, meinen
Paten, den Menschen, der mir als einziger noch Hoffnung geben konnte-
Dumbledore. Und jetzt auch noch meinen besten Freund. Versteh mich
doch... Ich bin am Ende meiner Kräfte. Es ist vorbei!"
Ich
weinte. Ich weinte und weinte und konnte nicht aufhören. Ich
hasste dich dafür, dass du mich jetzt allein lassen wolltest und
gleichzeitig hasste ich mich, weil ich so egoistisch war und dich
nicht verstand. "Und jetzt verlierst du auch noch mich,
oder?"
"Nicht doch..." Deine starken Arme zogen mich an
deinen gutriechenden Körper und ich versank mein
tränenverschmiertes Gesicht in deiner Brust, wünschend,
dich nie wieder loszulassen. "Ich komme doch wieder!"
"Oh
Gott, Harry!", schluchzte ich und löste mich von dir. "Wie
stellst du dir das vor? Soll ich hier in dieser Wohnung auf dich
warten bis du endlich wieder kommst? Wie lange erwartest du das von
mir? Drei Monate, ein Jahr, zwei Jahre? So stark meine Liebe für
dich auch ist, Harry, du kannst nicht Unmögliches von mir
erwarten, und dann noch glauben, dass, sobald du zurück bist,
alles wieder so wird, wie es mal war!"
Du sahst in diesem Moment
so traurig aus, wie nur selten in deinem Leben. Und ich war der Grund
dafür- das wusste ich. Dazu brauchte ich dir nur in die Augen zu
sehen, um das zu merken.
"Wenn du das nicht auf dich nehmen
kannst, will ich dir die Last auch nicht auflegen, Hermine!",
sagtest du leise. "Dann tut es mir Leid. Es tut mir so unendlich
Leid. Dass ich dich jetzt allein lasse, obwohl du mich brauchst, dass
ich mich vor unsere Liebe stelle und dass ich weiss, dass es
womöglich ein Fehler ist. Aber das Schicksal hat es nicht so
gewollt. Es hat mich nicht gefragt... Das Leben hat mich nicht
gefragt..." Ein weiteres Mal legtest du deine Lippen auf die Meinen
und versiegeltst sie zu einem zuckersüßen und gleichzeitig
bitterem Kuss. Als du mir dann noch mal in die Augen sahst,
spiegelten sich Tränen darin. "Ich liebe dich."
"Ich
dich auch." Meine Stimme war nur ein Hauch, dennoch war ich mir
sicher, dass du mich ganz genau verstanden hast. Ein letztes Mal
drückte ich mein Gesicht an deine Brust um deinen Duft in mein
Gedächtnis zu schliessen. Ein letztes Mal liess ich meine Finger
durch dein schwarzes Haar fahren, um nicht zu vergessen, wie es sich
anfühlt. Und ein allerletztes Mal küsste ich dich um den
Geschmack deiner Lippen niemals aus meinen Sinnen zu lassen.
Dann
gingst du davon. Hoffend, dass alles wieder gut werden würde.
Wissend, dass es wahrscheinlich nicht so sein wird. Und mit der
Absicht, deine Seele zu heilen. Ich wünschte dir damals viel
Glück auf deinen Wegen. Du hättest nach allem, was passiert
ist, nichts anderes verdient, obgleich du mich mit einem blutigen
Herzen dagelassen hast.
