1. Stille Gedanken

Prinzipiell war Albus Dumbledore ein sehr ausgeglichener Mensch. Er war zufrieden mit sich und seinem Leben, welches er nun schon seit etlichen Jahren als Direktor von Hogwarts, der Schule für Zauberei und Hexerei, führte. Aufsehenerregende Ereignisse oder unvorhergesehene Geschehnisse raubten ihm nicht gerade den Schlaf, aber er lebte gerne ohne sie, wenn es sich denn vermeiden ließ.

Er liebte es, ein unbeschwertes, sorgloses Leben zu führen, wie es den meisten Menschen – da waren Zauberer nicht ausgeschlossen – nun einmal am liebsten war. Doch Hogwarts wäre nicht Hogwarts und die Welt wäre nicht richtig, wenn man leben könnte ohne sich Sorgen zu machen. Diese gab es in seiner Schule von jeher zuhauf. Diese Schule war kein Spaziergang, kein Kinderspiel, nichts, das man mal eben so nebenbei erledigte. Wer in diese Schule ging durchlief die beste zauberische Ausbildung, die man sich als magisch begabter Mensch nur wünschen konnte, allerdings mußte man auch bereit sein, sein ganzes Ich als Einsatz mitzubringen.

In Hogwarts gab es seit jeher vier Häuser, da war Gryffindor – das Zuhause der Mutigsten unter ihnen, Slytherin bot ein Heim für intelligente, zielstrebige und manchmal auch etwas verschlagene junge Menschen, Ravenclaw nahm nur die Klügsten unter ihnen auf und die Hufflepuffs – waren gutmütige Menschen mit keinen außerordentlich hervorstechenden Begabungen. Dennoch war jeder einzelne seiner Schüler etwas ganz Besonderes und Albus Dumbledore war stolz darauf, jeden einzelnen von ihnen beim Namen nennen zu können. Oh ja, er verfügte schon über ein ausgesprochen intaktes Gedächtnis und das bei seinem fortgeschrittenen Alter von 120 Jahren.

Sein Lehrerkollegium indes war doch etwas jüngeren Datums. An seiner Seite seit nunmehr zehn Jahren unterrichtete Minerva McGonagall, deren 60. Geburtstag sie am Ende des letzten Schuljahres rauschend gefeiert hatten, ihres Zeichens stellvertretende Schulleiterin von Hogwarts, Professorin für Verwandlung und Hauslehrerin von Gryffindor. Dann war da noch Professor Horace Slughorn, altersmäßig perfekt auf Minerva abgestimmt, Lehrer für Zaubertränke und Hausleiter von Slytherin. Diese beiden waren ein beständiger Bestandteil des Lehrerkollegiums, das in diesem Jahr – wieder einmal – einige Neuerungen aufzuweisen hatte. Die Professoren Sprout und Flitwick waren neu zu ihnen gestoßen um Kräuterkunde und Zauberkunst zu unterrichten, sowie den Posten als Hauslehrer von Hufflepuff und Ravenclawe zu besetzen. Damit war eine große Sorge des Direktors erledigt, zwei Hauslehrer, die sich im selben Jahr zur Ruhe setzten, es war ihm wirklich kaum etwas erspart geblieben im letzten Jahr.

Dann noch diese Sache mit Tom Riddle, die ihm immer schwerer auf dem Herzen lastete, der sich nun Lord Voldemort nannte und kontinuierlich mehr und mehr Anhänger um sich scharrte. Er wußte nicht, wo das alles noch hinführen würde, doch es war – im Moment zumindest – auch nicht seine größte Sorge.

Minerva hatte ihm vor einigen Minuten die Liste mit den Namen der neuen Schüler gebracht, wobei sie ihn bat sein besonderes Augenmerk auf drei Namen zu werfen. Da war zum einen Lucius Malfoy, jüngster Sproß einer sehr wohlhabenden, einflußreichen Zaubererfamilie. Seit er sich erinnern konnte – und er verfügte, wie bereits erwähnt, über ein ausgesprochen gutes Gedächtnis – waren Mitglieder dieser Familie immer in Slytherin gewesen. Man munkelte, einige von ihnen hätten sich der Dunklen Magie zugewandt – nun, er wußte, daß dies so war – und der gute Casimir Malfoy sei nun ein Anhänger Lord Voldemorts, oder Tom Riddles, wie er es bevorzugte den Jungen zu nennen.

Der zweite Name war – Severus Snape... Hm, Snape sagte ihm im ersten Moment nicht viel, doch eine kurze Anmerkung an der Seite von McGonagall, nämlich ´Eileen Prince´, und sein Gedächtnis halfen ihm schnell wieder auf die Sprünge. Ja, da war doch was... es hatte als ausgemachter Skandal gegolten, als Eileen Prince diesen Tobias Snape geheiratet hatte. Die Princes waren eine ebenso alte und ´reinblütige´ – welch ein unsinniger, neumodischer Ausdruck – Familie, wie die Malfoys. Doch vor zwölf Jahren hatte Eileen Prince eben diesen Tobias Snape geheiratet, der über keinerlei magische Talente verfügte, ein Muggel eben. Wenngleich ein überaus wohlhabender und in seiner Welt sehr angesehener Mann. Er konnte sich an die junge Frau gut erinnern, soweit er das im Gedächtnis behalten hatte, hatte sie ein ausgesprochen vorteilhaftes Händchen für die Kunst des Zaubertrankbrauens.

Der Dritte – durch ein helles Leuchten hervorgehobene Name – war Sirius Black, oh, ja. Die Blacks konnten sich problemlos neben den beiden anderen schon angesprochenen Familien einreihen. Ebenso alt, ebenso einflussreich und ebenso zugetan der Dunklen Magie. Das war eine interessante Mischung, wenn es dem Sprechenden Hut nun gefallen würde, könnte dies ein sehr vielversprechender aber auch sehr anstrengender Jahrgang werden. Gut, daß er damals noch nicht wußte, wie anstrengend.