Der Wind streifte sanft über die weite Feldlandschaft und bedeckte
den Weg mit den herabgefallenen Blütenblättern. Die Sonne strahlte
förmlich und lud zum Baden im kühlen Nass ein. Vögel sangen,
Kinder planschten im Wasser, Grillen zirpten, Blätter raschelten,
es war ein ganz normaler Samstagmittag, möchte man meinen. Ein junges
Mädchen saß im Schatten eines Baumes und ließ seine Finger
mit einem Ahornblatt, indem es den Stengel zwischen den Fingerkuppen auf-
und abrollte, spielen, wobei seine Konzentration auf einem etwas ganz
anderen lag. Eine Raupe, unscheinbar und dunkelgrün gescheckt, versuchte
den Hügel aus Papier neben ihm zu erklimmen. Doch immer wieder musste
das Räupchen erfahren, dass die Knüllchen vielleicht doch eine Nummer
zu groß waren. Jedes Mal verlor es genau in der Mitte einer Papierkugel
den Halt und stürzte hinab. Unberührt sah das Mädchen zu,
griff nach einiger Zeit hinter sich um einen Notizblock, an dem ein blauer
Kugelschreiber hing, hervorzuzaubern. Zwei Finger der linken Hand schnipsten
den Schreibstift ab, ohne die Tätigkeit mit dem Blatt zu unterbrechen,
die andere Hand öffnete geschickt das Heftchen. Spielerisch wechselte
der Kuli die Seite und wurde nun über das karrierte Blatt des Blocks
geführt, wobei er deutliche Zeichen hinterlies...
Misslang ist keine Ungerechtigkeit, solange man für den
Erfolg kämpft.
Mit Leichtigkeit war das Blöckchen wieder geschlossen und mit einem
vergnügten Grinsen verhalf das Mädchen der Raupe auf den Gipfel
eines Papierknöllchens, sammelte die restlichen Kugeln ein und packte
seine Schultasche um den Platz kurz darauf zu verlassen. Langsam stolzierte
es die leicht geneigte Wiese hinab um dann seinen Weg auf dem von Kindern
überwucherten Pfad weiter zu marschieren. An der Schuluniform erkannte
man gleich welche Lehranstalt es besuchte. Die weiße Bluse, dessen
Ärmel nur bis kurz unter den Ellebogen reichten, der dunkelgrüne,
viel zu kurze und gefächerte Rock mit den typischen roten Verzierungen
am unteren Rand und den Buchstaben 'AE', die ebenso gemusterte, glatte Krawatte
und die grünen Handgelenkpolster ließen keinen Zweifel daran. Diese
junge Frau mit den langen, blonden Haaren, die ihr etwa bis zur Mitte des
Rückens reichten und deren Ansätze mit einem rot-grünen Band
oben gehalten wurden, lernte tatsächlich auf der angesehensten Schule
des Planetens, der Amazonischen Eliteschule.
Die Tasche keck über die rechte Schulter gehangen, folgte sie dem
Weg in den rosaroten Wald. Die Pfirsichblüten sprießten und verliehen
den Bäumen einen traumhafen Ausdruck.
Der Schulhof war gefüllt von vielen Schülern und Schülerinnen,
eingepackt in Uniformen, wobei die weiblichen Zöglinge in der Überzahl
waren. Von der seeligen Stimmung am Fluss war hier so gut wie nichts zu
spüren, fast alle brabbelten etwas vor sich hin um den anderen irgendetwas
zu berichten. Da in der Schule jeder jeden kannte, da hier nur 38 Schüler
ein und aus zu gehen pflegten, war besonders ein Gesprächsthema verbreitet,
der Neue.
Er stand abseits von allen am Eingang, wirkte stolz und unnahbar, aber
das war hier nicht ganz unbekannt und dies war nicht der Grund, warum ihn
alle so skeptisch beäugten. Dieser Kerl besaß nicht nur eine Haarbracht,
die einer schwarz gefärbten Flamme entsprach, nein, auch einen Schwanz
nannte er sein eigen, braun und buschig, locker um die Hüfte geschwungen.
Vegeta gingen die stichelnden Blicke von allen Seiten mehr als auf die
Nerven. 'Wie können sie es wagen mich so zu beglotzen?', fluchte er
innerlich. 'Noch nie einen Prinzen gesehen?' Seine Hände glitten in
die Hosentaschen. 'Na denen, werd' ich's zeigen!'
Eine Glocke leutete und alle stürmten mehr oder weniger ins Schulgebäude.
Ständig wurde er angerempelt und nicht einmal ein "Verzeihung, Euer
Hoheit!" erklang. Der Prinz kochte. Diese Schule konnte er jetzt schon nicht
leiden, er hatte nie hier her gewollt. Wenn sein Vater nicht behauptet hätte,
dies sei die beste Schule im ganzen Universum, er hätte sich nicht überreden
lassen mit zu kommen. Nun war er hier, auf diesem schrecklichen Internat,
dessen einziger Trost die Kampfschule zu sein schien. Ob es hier wenigstens
viele starke Gegner gab?
Als er im Hauptgang angekommen war, wurde er gleich von einer stämmigen
Frau aus der Menge gefischt. "Oh, Ihr müsst unser neuer Schüler
sein, nicht?", flötete sie.
"Ähm...ja...", würgte der Prinz angewidert heraus. Das würde
ja heiter werden. Wenn die nur so ein verrücktes Personal hatten,
könnte er gleich wieder nach Hause fliegen.
"Ich zeige Euch Euer Zimmer, Prinz." Grob zog sie ihn durch die Gänge.
Vegeta war verdutzt, gleichzeitig auch sehr verärgert. Wusste man
hier nicht, wie man mit einem Prinzen umging? Man schleift eine so bedeutende
Person doch nicht einfach durch die Gegend!
Vor einer Zimmertür blieben sie endlich stehen. "Dies ist es. Zimmer
223. Ich hoffe, Ihr fühlt Euch wohl. Am Montag um 8.00 Uhr beginnt der
Unerricht. Ich bring Euch morgen dann den Stundenplan und die Bücher
vorbei. Frühstück gibts um 9.00-10.00 Uhr, dann beginnt die zweite
Stunde. Mittag ab 14.00 Uhr und Abendessen von 20.00-21.00 Uhr. Bettruhe
ist ab 22.30 Uhr. Ach ja, Ihr könnt jederzeit nach und vor dem Unterricht
das Haus verlassen, aber Ihr müsst im Umkreis von 5 Kilometern bleiben!
Ich glaube das war's, ich wünsche Euch einen angenehmen Aufenthalt.
Wenns Probleme gibt, das Sekreteriat ist ganz unten, das erste Zimmer!" Damit
drehte sich die beleibte Dame um und verschwand auf der Treppe.
Vegeta hob die linke Braue. Das waren vielleicht Umstände hier. Und
einem Prinzen erteilte man Bettruhe? Sein Blick verfinsterte sich. Das ging
doch nicht an!
Bald füllte sich der Gang mit Schülern und deren Eltern, die
die Koffer in die jeweiligen Zimmer brachten. Mit einem Abschiedskuss ließen
sie dann ihre Lieblinge zurück. Das Zimmer neben ihm, die Nummer 222
schien noch nicht besetzt zu sein. Da er am Ende des Ganges wohnte, war er
gespannt, wen er das ganze Jahr lang aushalten musste.
Als sich der Gang geleert hatte und immer noch keiner kam, beschloss er
selbst ins Zimmer zu gehen und auszupacken. Er holte eine Hoi-Poi-Kapsel
heraus, drückte auf den obrigen Knopf und warf sie etwas von sich weg.
Es paffte kurz und Staubwolken erschienen, legten sich aber kurz darauf wieder.
Sieben große Koffer waren erschienen und er machte sich an die Arbeit,
alles auszupacken. Als er einen seiner neuen Kampfanzüge in der Hand
hatte hob er die Brauen. "Das kann man doch nicht anziehen!", fauchte er
bestürzt. Es handelte sich um eine fast durchsichtige Gymnastikhose
für Männer, die in einer Art dünnen Boboverall zu enden schien.
Er atmete einmal tief ein um sich dann dem Rest seiner Mitbringsel zu widmen.
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Kapitel 1: Hoher Besuch
Der Tag neigte sich dem Abend zu und alle hatten sich im Speisesaal versammelt.
Eine junge, schlanke Frau, mit ca. 25, stand auf einem kleinen Podest und
hielt eine Rede, um nochmals alle Schüler und Schülerinnen zu belehren,
was sie durften und was nicht und auf was sie zu achten hatten. Oberstes
Gebot schien hier zu sein: "Schlechte Noten und ihr fliegt!" Außerdem
wurde das Ausgehverbot nach 22.00 Uhr verhängt. Dann schließlich
war er an der Reihe...
"Wir haben einen neuen Schüler von hohem Hause aufgenommen. Er ist
der Prinz von Vegeta-sei und somit wünsche ich, dass ihr euch angemessen
verhaltet! Prinz Vegeta, würdet Ihr bitte nach vorne kommen?", jaulte
die junge Dame.
Unter Raunen der anderen erhob sich der schwarzhaarige und trat elegant
zu ihr hin. Lachen ertönte aus dem Publikum und alle anderen Schüler
stimmten ein. Vegeta verzog verärgert das Gesicht.
"RUHE!", brüllte die Aufseherin und sofort herrschte tödliche
Stille. "Das ist nicht witzig! Benehmt euch, wie es an unserer Schule Ruf
ist! Wir wollen uns benehmen wie das amazonische Volk, also seid geduldig
und schließt keine Vorurteile. Er ist euch sicherlich ein guter Schulkamerad
und würde sich über eure Freundschaft bestimmt freuen!"
Vegeta knurrte leicht, was der Aufseherin zu entgehen schien. 'Wie konnte
sie es wagen zu behaupten, dass ich einen dieser Lackaffen zum Freund haben
will? Das geht die doch gar nichts an!'
"So, nun könnt ihr euch um eure Angelegenheiten kümmern, die
Halle ist frei..."
Sofort herrschte hier reges Treiben. Jubelnd stürmten die anderen
aus dem Saal. Vegeta schritt stolz hinterher, niemals würde er sich
so bloßstellen, wie diese Unwürdigen. Er wollte sich erstmal auf
dem Gelände umsehen und ging in seinen Alltagsklamotten los. Vorbei
an grünen Wiesen, auf denen Pferde grasten, entlang der vielen kleinen
Pfade, die von Pferdehufen bearbeitet waren, bis hin zum Stall, und drei
weiteren Hallen. Nach kurzem Hineinschauen wusste er zumindest schon einmal,
dass es sich bei den ersten zwei um Reithallen handelte und momentan leer
waren. In der dritten Halle schien nichts los zu sein, da auch von dort kein
Laut ertönte. Doch gerade als er die Tür zur Halle öffenen
wollte, fielen ihm zwei Mädchen in Gymnastikanzügen entgegen. Kichernd
gingen sie an ihm vorbei und würdigten ihn keines Blickes mehr. Also
trat er ein, stieg die wenigen Treppen zur Loge empor und ließ sich
auf der Bank an der Bande nieder. Dies war eindeutig eine Halle für Mädchen.
Mit Parkett ausgelegt, ohne Markierungen darauf, das konnte nur Gymnastik
sein und ein Mann machte sowas einfach nicht.
Dann fiel sein Blick auf das, welches auch alle anderen Augen auf sich
hatte. Ein junges Mädchen, blonde lange Haare zu einer Art Pferdeschwanz
zusammengebunden, trainierte mit dem Band. Vegeta blieb starr an dieser Schönheit
hängen. Diese eleganten und leichten Bewegungen ließen sie wie
einen tanzenden Engel erscheinen.
"Na?", schreckte ihn einer hoch und verpasste ihm einen Klaps auf den
Rücken, wodurch er nur zornige Blicke erntete.
"Ey, immer mit der Ruhe! Ich bin Àlsàs, ich dürfte
in die gleiche Klasse gehen wie du..."
"Schön für dich!", fauchte der Prinz und wandt sich wieder dem
Mädchen zu.
"Gefällt sie dir?", stachelte der wohl gleichaltrige Mann hinter
ihm.
"Tz..." Glücklicherweise bemerkte der andere nicht, dass er leicht
rot angelaufen war. Klar gefiel sie ihm.
"Vergiss sie...", meinte Àlsàs nur und setzte sich neben
ihn.
"Warum?", fragte Vegeta interessiert.
"Ist besser, wenn du es nicht weißt! Genieß lieber ihr Training!",
kicherte der Braunhaarige. "Sonst wirst du sie nur in negativen Erinnerungen
behalten!"
Ohne weiter darauf ein zu gehen, sah der Prinz nun dem bezaubernden Mädchen
zu. "Wer ist das?", fragte er nach einiger Zeit.
"Hilandra", lautete sie emotionslose Antwort.
'Aha. Eine Schönheit...', dachte der Prinz bei sich.
Bitterliche Ruhe herrschte im Sekreteriat. Die Direktorin, sogleich Lehrerin
der amazonischen Sprache, saß an ihrem Schreibtisch und studierte die
letzten Aufsätze ihrer Schüler. Ihrer Meinung nach hätten
die Ferien ausfallen müssen. Wütend landete ihr Blick auf der Note
der letzten Arbeit...5. Das Notensystem an dieser Schule ging nur von 1-5,
wobei letztere die schlechteste Note war.
Die junge Frau streifte sich die störende Strähne aus dem Gesicht.
Seufzend lehnte sie sich an. Was nützte es ihr, wenn alle Respekt vor
ihr hatten und sie trotzdem nicht lernten? Amazonisch war eine so einfache
Sprache, das bisschen Vokabeln könnten die Schüler mit Gelassenheit
pauken. Diese zwei Arbeiten mit der 5 wurde mit dem Rauswurf aus der Schule
belohnt. Zwei Plätze der 3. Lástànîé waren
somit frei geworden und wie durch Zufall wollten gerade zwei andere Schüler
auf das Internat, die genau in diese Gruppe passten. Die Aufnahmeprüfung
hatten beide mit links geschafft, wobei das bei der weiblichen Vertretung
nicht überraschend war.
Die Amazone erhob sich und lies die Blätter lautstark auf den Tisch
fallen. Es klopfte darauf an der Tür.
"Herein!", bat die Direktorin.
"Die neue Schülerin ist soeben angekommen.", meinte die Aufseherin.
Der Blick der Amazone erhellte sich leicht. "Schick sie rein, Maret!"
Mit Freude betrachtete sie das eintretende Mädchen, das ihr fast
bis aufs Haar glich. Dies war eine internationale Schule, die von Zöglingen
aus dem ganzen All besucht wurde, nur selten bewegten sich Vertreter ihres
Volkes herab um sich unter diese Knirpse zu mischen. Da die Amazonen die
Vorherrschaft im All besaßen, hatten alle anderen gehörigen Respekt
vor diesen Frauen mit dem weiß-schwarz gescheckten Fleisch und der
matten, durchsichtigen Haut, die diese eigenartige Farbe darunter ineinander
übergehen und heller erscheinen ließ. Die Ältere der beiden
fuhr sich zufrieden durch die pechschwarzen, glänzenden Haare, die im
Licht einen blauen Schimmer aufwiesen.
"Es ist reizend, sich wieder unter seinem eigenen Volk vorzufinden.",
begann die ältere Dame.
Das junge Mädchen schwieg. Ihr abweisender, kalter Blick war ihrer
Hekunft zu Folge nicht ungwöhnlich, doch war dies meist nur die Hülle
für ein geduldiges, gelassenes und gerechtes Wesen.
"Wenn ich es mir so recht überlege, weiß ich gar nicht viel
über dich. Wie heißt du denn?", begann die Direkorin zögernd.
Aus irgend einem Grund wirkte diese bei weitem jüngere Vertreterin ihres
Volkes unheimlich. Sie schien kein Interesse daran zu haben, mit der Lehrerin
zu verkehren.
"Hör mir mal zu. Wenn du nicht mit mir sprichst, kann ich nicht wissen,
wenn dich was bedrückt."
Gelassen sah das Mädchen aus dem Fenster bis ihr ein winziges, kaltes
Grinsen auf die Lippen trat. "Mich bedrückt nichts, also brauche ich
auch keinen Ton damit verlieren."
Die Lehrerin kam sich einsam vor. Wie sehr hatte sie sich doch auf diese
Schülerin gefreut und nun stand sie vor jemanden, der in sich hineinschwieg.
Klar, dies war für amazonische Verhältnisse normal. Eine Amazone
quittierte niemanden ihre Gedanken. Das mochte Vorteile haben, kränkte
allerdings manche mehr, als das es ihnen half.
"Ich zeig dir dein Zimmer. Folge mir.", meinte die ältere.
"Spart Euch die Mühe!", flüsterte ihr Gegenüber schroff.
"Ich weiß bereits Bescheid." Damit verließ die Neue den Raum.
Na das konnte ja heiter werden...
