Disclaimer: Hab keine Ahnung wem die Bibel jetzt genau gehört, aber mir jedenfalls nicht. Geld mach ich wie immer auch nicht.

Warnungen: Slash (nicht wirklich grafisch, aber egal), weder anspruchsvoll noch historisch korrekt.

Alles nur so zur Entspannung entstanden, weil mir der Titel irgendwann so in den Kopf gekommen ist und ich was dazu schreiben wollte. Bin auch keine Christin und entschuldige mich falls ich jemandem hiermit zu nahe trete. Wer möchte soll allerdings gerne reviewn!  

Angel Hiss

Der Dämon läuft durch den herbstlichen Wald. Es regnet und der schwach modrige Geruch der feuchten Blätter lässt eine angenehm morbide Stimmung aufkommen. Er hat entschieden heute die Nacht in der Ruine der halbvergessenen Bahnstation zu verbringen, deren Lage dieser Tage kaum noch jemand kennt. Seine Schuhe sind verklebt mit Schlamm und die glatten schwarzen Haare kleben ihm schon seit einiger Zeit durchnässt am Kopf, doch dass kümmert ihn kaum, vervollständigt dieser Umstand doch auf geradezu perfekte Weise das Bild eines mitleiderregend unschuldig und leicht verloren wirkenden Jugendlichen, als der er sich im Moment so gerne ausgibt.

Es ist zwar niemand da der ihn sehen könnte, aber er war schon immer recht theatralisch veranlagt und wenn es nur seiner eigenen Unterhaltung dient. Die Kälte die der Regen mit sich bringt kann ihm aufgrund seines feurigen Erbes kaum etwas anhaben, weshalb er auch den eisigen Winter den flirrend heißen Tagen des Sommers vorzieht. Dann herrscht weniger Betrieb in seinen bevorzugten Schlupfwinkeln, wie etwa diesem hier.

Doch heute scheint es als wäre er trotz des unangenehmen Wetters nicht allein. Er kann die tiefschwarze Verzweiflung des Anderen fühlen, sie zieht ihn an wie eine Motte das Licht, unaufhaltsam, unwiderstehlich, obwohl er noch niemanden sehen kann ist er sicher dass jemand da drin ist verborgen in den Tiefen des brüchigen mit Graffiti bedeckten Gebäudes.

Vorsichtig duckt er sich unter dem rostigen Bauzaun hindurch, darauf bedacht seine abgetragene schwarze Jacke nicht mit noch mehr Löchern zu verzieren als nötig ist um seine gewählte Rolle zu spielen. Die stärke der Emotion ist beeindruckend, wer immer dort drinnen ist muss großen seelischen Schmerz leiden. Bei diesem Gedanke durchfährt ihn ein begieriger Schauer, gleich wird er es wissen. Ohne es zu merken leckt er sich die Lippen in Erwartung des kommenden.

Behutsame, geräuschlose Schritte über rissigen Boden der großzügig mit Müll bedeckt ist, immer weiter ins Innere des dunklen Gebäudes, bis ein Mensch kaum noch etwas erkennen könnte. Er kann jedoch sehr gut sehen, die Dunkelheit war immer schon sein ureigenes Element. Leise geht er weiter. Nur noch eine Ecke, dann muss es so weit sein.

Was er erblickt lässt ihm für einen Moment den Atem stocken. Wie eine deplazierte Schneeflocke hockt der Engel dort in einer großen, noch glänzenden Pfütze aus Blut, den Kopf eines toten Mädchens auf dem Schoß und scheint völlig in seinen Schmerz versunken. Sie hat sich offenbar die Pulsadern aufgeschnitten und ist langsam verblutet. Mit einem ironischen Lächeln bemerkt der Dämon, dass der Engel trotz allem unberührt scheint vom Blut, als könnte ihn nichts beschmutzen. Doch aus Erzählungen weiß er dass dem nicht so ist, auch wenn die Engel es gerne so darstellen.

Er hat noch nie eines dieser Geschöpfe aus der Nähe gesehen und tritt neugierig näher, immer noch darauf bedacht sich leise zu bewegen, aber ohne den Aufwand zu machen sich dabei zu verbergen. Kleine Wassertropfen bahnen sich ihren Weg über seine Wange und tropfen aus dem nassen Haar in seinen Kragen, doch sie bleiben unbemerkt, denn sein Blick ist gefesselt von der Gestalt vor ihm. Der andere scheint ihn jedoch gar nicht zu bemerken, denn er starrt nur weiter blicklos vor sich hin, immer noch gefangen in seinen eigenen Gefühlen.

Am Rand der Blutpfütze bleibt der Dämon stehen und nimmt sich Zeit sein Gegenüber in Ruhe zu mustern. Die unschuldige Schönheit die der Engel ausstrahlt schmerzt ihm fast in den Augen, obwohl er selbst nicht weniger schön ist wenn ihm der Sinn danach steht, hat die seine eine völlig entgegengesetzte Qualität.

Weißes Gewand, wie unpraktisch, weiße Schwingen, ob er sie verbergen kann wenn er möchte? Langes blondes Haar das ein ovales, puppenhaftes Gesicht, mit himmelblauen Augen und klischeehafter Stupsnase umrahmt. Er fragt sich wie sich dieses Haar anfühlen mag. Wie das eines Menschen? Duftet es?

Er tritt über den Rand der Pfütze, getrieben von seiner Neugierde. Einen Schritt, noch einen, bis er so nah ist dass er ihn berühren könnte, da schaut der Engel plötzlich auf und Schuldgeplagte blaue Augen treffen die seinen. Ein überraschtes Zischen entweicht dem kindlichen Schmollmund, gefolgt von einem einzelnen Wort.

„Dämon!"

Es bringt ihn beinahe zum Lachen. Überraschung, Schuld, Abneigung, Angst alles dies kann er in den Augen des Anderen lesen und doch, trotz allem bringt er eine vernichtende Anklage über die Lippen, komprimiert in einem einzigen Wort. Solche Selbstgerechtigkeit findet er äußerst belustigend und beschließt ein wenig in den offensichtlichen Schuldgefühlen des blonden herum zu bohren um zu zusehen wie er sich windet.

„Engel." Antwortet er mit deutlicher Belustigung scheinbar völlig unbeeindruckt von dem implizierten Vorwurf.

„Sieh an du hast versagt."

Mit einem Grinsen lässt er sich neben dem toten Körper auf die Knie sinken, so dass er nun dem Engel frontal gegenüber hockt, während sich seine Hose mit dem Blut voll saugt, aber das kümmert ihn nicht sonderlich im Moment. Zufrieden beobachtet er den Schmerz der auf seine Äußerung hin über das blasse Gesicht zuckt.

„Ich werde Buße tun."

Der Engel schaut beschämt zur Seite. Er ist noch jung und unerfahren, so viel wird offensichtlich durch seine Worte, die den Dämon nun doch in Gelächter ausbrechen lassen.

„So, wirst du das."

Kindliche Lippen aufeinandergepresst in wütender Scham und ein stummes Nicken.

„Und wen wird das kümmern? Niemand hat etwas davon wenn du leidest kleine Schneeflocke."

„Aber ich muss doch etwas tun!"

Plötzlich scheint er nur noch hilflos in seiner verzweifelten Unwissenheit. Es ist lange her dass der Dämon dass letzte Mal eine solche Unschuld und Opferbereitschaft zu Gesicht bekommen hat und der Anblick des Engels, verzagt und ratlos stellt eine Versuchung dar der er einfach nicht widerstehen kann. Langsam, jeden Augenblick genießend beugt er sich vor, bis seine Lippen die des Engels berühren. Ein flüchtiger Kontakt, fast gar nicht vorhanden wie das Streicheln einer warmen Windböe im Sommer und doch erschüttert dies den Engel bis in sein Innerstes. Er weicht hastig zurück und gibt wieder dieses Zischen von sich, diesmal gemischt mit mehr als nur Überraschung, die blauen Augen schockiert geweitet.

„Was tust du?" Will er alarmiert wissen und der Dämon grinst wieder.

„Ich lasse dich büßen, so wie du es wolltest."

„Du…"

Der Engel hebt nun abwehrend eine Hand zuckt jedoch erschrocken zusammen als er das Blut bemerkt das daran klebt.

„Nein…" Eine einzelne Träne rinnt über die glatte Wange. Der Dämon ergreift überraschend sanft die blutigen Finger und beginnt sie genüsslich abzulecken bis der Andere anfängt leise zu wimmern. Dann lächelt er und zieht ihn langsam zu sich heran.

„Ja."

Mehr Tränen, salzige Küsse doch keine Gegenwehr, stattdessen hilfloses Keuchen. Scheinbar ist der Engel wirklich entschlossen zu büßen. Der Dämon lässt sich nicht lange bitten, ist es doch seine Aufgabe Strafe auszuteilen wo sie gebührt, auch wenn es heute auf andere Art geschieht als sein heller Gegenpart vielleicht erwartet hat.

Als der Morgen graut erwacht er auf dem harten Steinboden, neben der blicklos ins Leere starrenden Leiche und immer noch umgeben von Blut, das inzwischen zum größten Teil getrocknet ist. Der Dämon ist bereits fort und hat ihn dort zurückgelassen allein mit seiner verlorenen Unschuld.