Liebe, Hass und trotzdem: Schicksal

Anmerkung der Autorin: House M.D. gehört nicht mir.

Die Welt ist so grausam…

"Layla, got me on my knees, Layla.

I'm begging, Darling, please Layla!"

Mit aufgesetzten Kopfhörern fing Dr. Gregory House, Chef des Referats für Diagnostische Medizin, Nephrologe und Spezialist für Infektionskrankheiten am Princeton-Plainsboro Teaching Hospital (PPTH) in New Jersey, im Takt zu Eric Claptons „Layla (Unplugged)" seinen grau-roten Stoffball auf, um ihn senkrecht wieder in die Luft zu werfen und diesen Vorgang zig mal zu wiederholen.

Vor den Scheiben seines dämmrigen Büros prasselte schon lange der Regen vor sich hin. Es herrschte völlige Stille, abgesehen von dem sachten Geräusch, dass von House und seinem Ball ausging.

Vieles ging ihm durch den Kopf:

Sein letzter Patient, dessen Schmerzmittelabhängigkeit ihn an seine denken ließ (und ihn prompt eine Vicodin einnehmen ließ).

Stacy, unter deren Anwesenheit er noch immer litt, denn sie war für ihn ein Symbol für seine glückliche Vergangenheit und was er damals, im Gegensatz zu heute, gehabt hatte: Ein gesundes Bein, Liebe, Geborgenheit.

Auch seien drei Helferlein kamen ihm in den Sinn: Chase, dessen smartes Aussehen schon beinahe ätzend war; Foreman, von dem er sich nicht sicher war, ob er ihn mögen oder hassen sollte; und schließlich Cameron, über der am liebsten gar nicht nachdenken wollte. Sie führte ihn immer gleich zum Gedanken an Stacy zurück, also schlug er sich das alles aus dem Kopf und stand auf, um sich im Besprechungszimmer nebenan einen Kaffee zu machen.

Er nahm die Köpfhörer ab, bewaffnete sich mit seinem Gehstock und humpelte in Richtung Glastür. Als er sie gerade öffnen wollte, sah er, dass Cameron noch am Konferenztisch saß, mit dem Rücken zu ihm gewandt.

Ohne einen Laut zu verursachen, öffnete und schloss er die Tür. Genauso geräuschlos bewegte er sich auf Cameron zu, wenngleich sein Bein auch höllisch wehtat bei der unangenehmen Bewegung des Schleichens (‚Memo an mich selbst: Vicodin nehmen!').

Er beugte sich etwas zu ihr hinunter und sagte lautstark: „So spät noch hier?!" Cameron zuckte heftig zusammen und fuhr augenblicklich herum. House bemerkte, wie sich ihr Brustkorb schneller als normal hob und senkte und stellte sich vor, wie schnell ihr Puls jetzt wohl schlagen mochte. Er bedachte sie eines ausdruckslosen Blickes und humpelte zur Kaffeemaschine hinüber. Er betrachtete das Gerät einige Augenblicke lang vorsichtig von allen Seiten, bis Cameron, die sich mittlerweile von ihrem Schrecken erholt hatte, mit einem Seufzer aufstand und sich vor House schob, um ihm diese Herausforderung abzunehmen. House blieb hinter ihr stehen und erhaschte einen Blick auf Camerons Uhr, die ihm 19:30 Uhr anzeigte. Er hob eine Augenbraue und beschloss, weiterhin im Büro zu bleiben. In seiner Wohnung würden ihn nur Stille und Einsamkeit erwarten.

Cameron drehte sich zu ihm um. „Was machen Sie so spät eigentlich noch hier?" House sah sie skeptisch an: „Dasselbe könnte ich Sie fragen." Camerons Gesichtsausdruck blieb unverändert ernst: „Sie könnten auch versuchen, Fragen nicht mit Gegenfragen zu beantworten." House hätte beinahe geschmunzelt. „Was soll ich zu Hause, wenn die Gesellschaft hier doch unendlich viel besser ist?"

Er hätte alles gegeben, um Camerons verdatterten Gesichtsausdruck auf Fotopapier festhalten zu können. „Seien Sie so nett und bringen mir den Kaffee, wenn er fertig ist. Danke." House hatte sich bereits umgedreht und war mit seinem letzten Wort in seinem Büro verschwunden. Er hinterließ im Besprechungszimmer eine verdatterte Cameron, in deren Kopf nun einiges durcheinander flog: ‚Er mag mich nicht. Aber meine Gesellschaft ist natürlich unendlich viel besser.'

Irritiert drehte sie sich um und goss House den frisch gebrühten Kaffe in seine matt-rote Keramiktasse. Als Cameron das Büro ihres Chefs betrat, war dieser wieder mit seinem Ball zugange, hatte jetzt aber den Kopfhörer von der Anlage abgeklemmt, sodass „Layla" durch den ganzen Raum schallte. House hatte Cameron seit ihrem Eintreten in sein Büro fixiert und nahm den durchdringenden Blick auch nicht von ihr, als er ihr die Tasse abnahm. Zuerst hatte Cameron ihn etwas unsicher angesehen, nun erwiderte sie seinen Blick jedoch ebenso hartnäckig.

Als das Lied zu Ende war, hoffte Cameron, House würde irgendetwas sagen, doch mit einem hatte sie nicht gerechnet: Der Repeat-Taste. Das Lied begann erneut die akustische Leere des Büros zu füllen und es war ja auch nicht so, dass Cameron dieses Lied nicht gefallen hätte – wenn House nur etwas gesagt hätte, als sie einfach nur anzustarren und abwesend seine Tasse zu halten. Wie sie jetzt merkte, hatte er begonnen, sie von oben nach unten zu mustern. Camerons Puls ging schneller, als sie bemerkte, dass dies hier nicht der typische „Everybody lies"-Blick war, den ihr Chef sonst zu tragen pflegte.

Sein bloßes Angestarre begann ihr allmählich zu gefallen, doch dann: „Gute Nacht, Cameron." Seine Worte waren kühl und schon während des Sprechens hatte er sich seinem PC-Monitor zugewandt. Nun trank er endlich seinen Kaffee und seine hübsche Assistenzärztin schien für ihn zu Luft geworden zu sein. Diese wiederum fühlte sich zwar ziemlich vor den Kopf gestoßen, bemerkte aber das etwas verwirrte, wenn nicht sogar verärgerte Funkeln in House' Blick. „Gute Nacht."

Sie sah zu, dass sie schnell ihre Sachen im Besprechungsraum zusammenpackte, um diese unangenehme Szene zu verlassen.

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By the way: Gefundene Fehler sind im Fundbüro abzugeben, nicht bei mir