Im feindlichen Bett

Summary: Gibt es etwas Schlimmeres, als im Bett neben einer höchst verhassten Person aufzuwachen? O ja – nicht zu wissen, was in der Nacht zuvor geschehen ist. Ginny scheint da ein Problem zu haben...

Kapitel 1

**Ginny**

Wie immer dauerte es ein wenig, bis ich aus dem Land der Träume, wohin ich eines Tages übrigens auswandern möchte, herauskam. Die Gewissheit, dass ich in wenigen Augenblicken schon wieder mit der harten Realität des Hogwarts-Alltages konfrontiert werden würde, veranlasste mich zu einem tiefen Seufzer. Na ja, es war wenigstens Sonntag und ich hatte mich ausschlafen können. Das heißt, ich dachte, ich hätte mich ausschlafen können. Wie dumm es von mir gewesen war, so etwas auch nur im Entferntesten anzunehmen, wurde mir gleich im nächsten Moment bewiesen, als ich mich wohlig streckte. Besser gesagt, als ich versuchte, mich wohlig zu strecken.

Der Schock, verursacht durch den plötzlichen Schmerz, der durch meinen ganzen Körper wie ein Blitz fuhr, ließ mich blinzeln. Jawohl, blinzeln – nicht mehr und nicht weniger. Während der langen Jahre in einem Haushalt mit sechs Brüdern habe ich gelernt, Gefühlsausbrüche auf ein Minimum zu reduzieren. Pure Selbstverteidigung. Lasse nie jemanden spüren, dass er die verhoffte emotionale Reaktion in dir hervorgerufen hat, sonst wird er dir noch mehr Streiche derselben Art spielen.

Fred und George, meine verehrten, wenn auch unfreiwilligen Lehrer der Selbstbeherrschung, euch gebührt mein ewiger Dank, dachte ich und grinste schief.

Ich würde meine Dankbarkeit genauso zeigen wie die beiden ihre zu beweisen pflegten. Ob ich sie nun in Grottenolme verwandeln oder ihre Harnwege für ein paar Stunden sperren sollte, würde ich mir noch überlegen. Bis zum nächsten Wiedersehen war ja schließlich noch Zeit, da sie Hogwarts schon verlassen hatten.

In der nächsten Sekunde fand ich mit schnell wachsendem Unmut heraus, dass dieser Morgen offenbar etwas gegen mich hatte, denn er verpasste mir gleich noch einen Schock, der diesmal mit größerem Ärger verbunden war.

Ich hatte nackt geschlafen, nichts Außergewöhnliches für meine Verhältnisse, denn das Gefühl von Bettlaken auf meiner Haut hatte ich schon immer geliebt und diese seidenen waren ja wirklich traumhaft... Doch im Augenblick hatte ich dafür keinen Gedanken übrig, denn ich stellte fest, dass mein Bauchnabel-Piercing, eines meiner wertvollsten Eigentümer, da ich monatelang gespart und ein Heidengeld dafür ausgegeben hatte, nicht an seinem Platz –meinem Bauchnabel, natürlich – war.

Ich runzelte die Stirn während ich meinen Augen noch immer geschlossen hielt und versuchte mich davon zu überzeugen, dass mir meine offensichtlich etwas verwirrten Sinne einen Streich spielten. Verdammt, sogar meine eigenen Sinne nahmen sich ein Beispiel an meinen Brüdern. DAS nannte ich frustrierend.

Mit unsicheren Fingern tastete ich nach meinem persönlichen Symbol der Willensstärke und Unabhängigkeit, denn so bescheuert das auch klingen mochte, genau dazu hatte mein Piercing mutiert. Ich hatte mich dabei gegen meine Mutter durchgesetzt, die natürlich dagegen war, dass ich mir „irgendwelches Metall in den Körper stecken" ließ und sich dabei unaufhörlich über irgendwelche schädlichen Schwingungen des Stahls und die ungünstigen Auswirkungen auf meine Aura ausließ.

Ich hätte ihr liebend gerne gesagt, dass die „schädlichen Schwingungen" von dem Schüttelfrost-Fluch herrührten, mit dem mich George kurz davor belegt hatte und der zu dem Zeitpunkt noch immer nicht ganz weg war und dass, wenn überhaupt, nur die verrückte Atmosphäre in unserem Haus ungünstige Auswirkungen auf meine Aura hatte, aber es wäre taktisch unklug gewesen, sie noch mehr aufzuregen.

Schließlich hatte ich nach langer Diskussion und Argumenten wie „Das Piercing-Studio in der Winkelgasse gibt kein Geld zurück." und der Schützenhilfe Bills, meines Lieblingsbruders, der circa das selbe wegen seinem Ohrring und seiner Haare durchstehen musste, meine Mutter so weit gebracht, dass sie zumindest nicht mehr versuchte, mir das Piercing wegzuzaubern.

Seitdem war es für mich das Symbol meines wachsenden Selbstbewusstseins und der Meilenstein, der den Anfang meines Weges zum eigenständigen Individuum anzeigte. Ich war ungemein stolz auf mich, wie viel ich in dieses kleine Stück Stahl hineininterpretieren konnte.

Doch jedes Stückchen Stolz und Selbstzufriedenheit verschwand wie ein Harry vor einer Ginny in dem Moment, als ich meine Augen öffnete und den dritten und zugleich größten Schock an jenem verhängnisvollen Morgen bekam.

Hatte ich auch vorher noch das wunderbare Gefühl von Seide auf meiner Haut genossen – nun zog sich in meinem Inneren alles zusammen vor Schreck. Der Grund war simpel. Die Bettlaken im Gryffindor-Schlafraum waren aus roter Baumwolle und nicht aus – Merlins Bart! Schwarzer Seide!

Nach 16 Lebensjahren kann ich mein Glück, bzw. des Fehlen davon ziemlich genau. Dennoch betete ich inständig, dass sich meine schlimmsten Befürchtungen nicht bewahrheiteten, während ich mich langsam auf meine linke Seite rollte.

Mein Körper schien schon vor mir zu wissen, was ich sehen würde, denn er sträubte sich gegen diese Bewegung. Ich hatte wahrscheinlich den Rekord im Sich-lansam-auf-die-linke-Seite-Drehen aufgestellt, aber wie die meisten meiner Leistungen, würde das sowieso nie jemand anerkennen.

Doch in dem Moment hatte ich dringlichere Probleme. Mein aktuelles Hauptproblem besaß ein spitzes Kinn, eine lächerlich kleine, noch spitzere Nase (mein Gott, der Mensch war ja ein wandelndes Waffenarsenal), helle, auf unheimliche Weise fast farblose Haare und als Kontrast dazu (wahrscheinlich genau einkalkuliert, so dass alle Mädchen grün vor Neid würden bei dem Anblick) lange und dichte schwarze Wimpern auf den geschlossenen Augenlidern.

Obwohl ich weiß Gott an andere Sachen hätte denken müssen, durchzuckte mich ein irrationaler Ärger beim Anblick dieser wirklich perfekten Wimpern. Wie kann so ein Käsegesicht mit weißen Haaren wie Malfoy schwarze Wimpern haben? Das ging doch gegen jede Regel der Natur!

Wahrscheinlich färbt er sie oder so was, dachte ich und musste bei der Vorstellung von  Draco Malfoy, wie er vor einem Spiegel stand und seine Wimpern färbte, kichern. Irgendwo aus meinen hintersten Gehirnwindungen kämpfte sich eine Stimme in mein Bewusstsein, um meine unbegreifliche Sorglosigkeit und meinen Leichtsinn angesichts solch einer schwerwiegenden Situation zu kritisieren.

Aber ich dacht gar nicht daran, auf sie zu hören. Hier war ich, Ginny Weasley, unbepierct und nackt, lag neben Mr. Draco Schleimscheißer-Rattengesicht Malfoy, konnte nur an seine fiktive Wimpern-Färbaktion denken und fand die ganze Sache nach den Schocks ziemlich amüsant.

Dass ich mich nicht daran erinnern konnte, wie ich hierher gelangt war und was sich in der Nacht zuvor zugetragen hatte, war im Moment eine Nebensache, die mitsamt der kritisierenden Stimme unsanft in die unergründlichen Tiefen meines Unterbewusstseins abgeschoben wurde. Ich war noch nie besonders vernünftig gewesen (Gryffindors sind ja auch nicht dafür bekannt – und stolz darauf, bitte schön!) und wurde es auch jetzt nicht aus heiterem Himmel. Ohne dass ich es bemerkt hatte, war mein Gehirn in den Unheilstiftungsmodus übergegangen. Fred und George hatten offenbar viel mehr Einfluss auf mich gehabt, als ich geglaubt hatte.

Aber man stelle sich das nur vor! Draco Malfoy liegt vor einem, schlafend und hilflos. Ich wäre keine Weasley, wenn ich ihm nichts antun würde, oder?

Wegen der Qual der Wahl – denn ich hatte Dutzende von guten Einfällen – brauchte ich zu lange. Just als ich beginnen wollte, meinen auf die Schnelle ausgeheckten Plan in Tat umzusetzen, bewegten sich Malfoys Lippen.

„Tue nichts, was du später bereuen würdest," ließ er verlauten, wobei er sein rechtes Auge öffnete und mir einen belustigt-hochnäsigen Blick zuwarf.

Ich hätte ihm am liebsten alle seine Mausezähne ausgeschlagen. Einzeln.

Eigentlich bin ich ja kein sehr gewalttätiger Typ. Aber Malfoy hatte eine Art, die Gewalttaten einfach verlangte.

Ich ließ meine Finger mit ihren 12mm- Nägeln vor seinem Gesicht tanzen und warf einen bedeutungsvollen Blick auf jenen Teil des Betttuches, worunter sich die untere Hälfte seines Torsos befand, wobei ich meine Hand gefährlich anmutende Kratzbewegungen ausführen ließ. Doch anstatt dass dieser Schleimbeutel Angst um sein bestes Stück bekam, find er in einer abstoßenden Weise zu grinsen an.

„Du kannst wohl nicht genug von mir bekommen, was?" fragte er mit einer hochgezogenen Augenbraue, die ihm mit den gefletschten Zähnen den Ausdruck einer perversen Grinsekatze verlieh.

Sofort zog ich meine Hand zurück. Ich hatte bisher den Gedanken vollkommen verdrängt, dass zwischen ihm und mir etwas hätte vorfallen können. Das Konzept von Sex mit Draco Malfoy war mir ungefähr genauso vertraut wie Tee trinken mit Voldemort. Da ich mich an nichts erinnern konnte, hatte ich den automatischen Schluss gezogen, dass auch nichts geschehen war. Doch als ich Malfoys Gesichtsausdruck sah, war ich mir plötzlich überhaupt nicht mehr sicher.

Mein Magen drehte sich um bei dem Gedanken an das, was möglicherweise passiert war. Paradoxerweise bereitete es mir eine Freude, dass mir so schlecht geworden war – vielleicht gelang es mir ja, Malfoys Bett vollzukotzen und seine seidenen Bettlaken zu ruinieren.

Aber dann überlegte ich es mir anders und fixierte ihn mit dem kältesten Blick, den ich aufbringen konnte.

„Malfoy," sagte ich mit eisig.

Er antwortete mit gedehnter Stimme, noch immer grinsend wie ein kompletter Idiot: „Jaaa?"

„Wenn du mir mein Piercing nicht sofort wiedergibst, zeige ich dich wegen Diebstahl an," verkündete ich, darum bemüht, meine steigende Nervosität nicht durch ein Beben in meiner Stimme zu verraten.

Das war unerwartet gekommen. Ich erntete einen überraschten Blick und empfand Freude, weil ich offensichtlich nicht so reagiert hatte, wie er es erwartet hatte – und dann begann er aus vollem Hals zu lachen.

Wieder überkam mich der Drang, ihm die Fresse zu polieren, aber ich hatte ja schließlich eine Erziehung genossen, oder?

Also zählte ich bis zehn, doch als dann weder der Drang nachgelassen noch Malfoy aufgehört hatte zu lachen, fühlte ich mich moralisch nicht mehr dazu verpflichtet, mich zurückzuhalten. In aller Seelenruhe holte ich aus und donnerte meine Faust mit Entschlossenheit gegen Malfoys Unterkiefer.

**Draco**

Ich sah buchstäblich Sterne. Wer hätte gedacht, dass die kleine Miss Weasley so eine schlagkräftige Rechte hätte?

Doch Bewunderung beiseite, sie hatte mich sauer gemacht. Sehr sauer.

Ich öffnete meine Augen, die ich vor Schmerz geschlossen hatte und warf ihr einen vernichtenden Blick zu. Sie starrte mit ungefähr demselben Gesichtsausdruck zurück, wobei bei ihr eine gewisse Selbstzufriedenheit beigemischt war, da sie es geschafft hatte, mir einen Kinnhaken zu verpassen. Urplötzlich überkam mich große Lust, sie zu treten. Hart.

Aber mein Vater hatte mir schließlich Manieren beigebracht. Frauen wurden nicht getreten. Nur verhext.

Wo zum Teufel war mein Zauberstab?

Ich war gerade dabei, mich umzudrehen und ihn von meinem Nachtkästchen herunterzuholen, doch zu meiner Überraschung gelang es mir nicht. Weasley, diese Füchsin, hatte offenbar mehr Grips, als ich ihr – oder jedem anderen Gryffindor – zugetraut hätte.

Sie schaffte es, meinen Zauberstab in ihre Hände zu bekommen, indem sie sich blitzschnell über mich hinweg auf meine andere Seite rollte und ihn an sich nahm.

„Interessante Bettakrobatik, Weasley," meinte ich grinsend, wohlweislich darauf bedacht, ihr kein Gefühl von Überlegenheit zu geben, nur weil sie jetzt ihre Magie effektiver einsetzen konnte als ich meine. „Du scheinst offensichtlich viel Übung in diesen Gefilden haben."

Ihr Gesicht überzog sich mit Zornesröte – ein wirklich deliziöser Anblick – und glücklicherweise für mich holte sie mit ihrer linken Hand zum Schlag auf mein Gesicht aus, da ihr reflexives Handeln den Zauberstab in ihrer rechten außer Acht gelassen hatte, Salazar weiß warum.

Diesmal auf den Angriff vorbereitet, konnte ich ihr mit Leichtigkeit ausweichen und umklammerte ihre beiden Handgelenke mit eisernem Griff, sodass sie den Zauberstab gleich fallen lassen musste.

Doch die kleine Miss Weasley war offensichtlich viel widerstandsfähiger gegenüber Schmerz als ich gedacht hatte. Ihre Armmuskeln spannten sich und sie versuchte, mit dem Gelenk jener Hand, die den Zauberstab hielt, eine Bewegung auszuführen, während sie irgendetwas murmelte. Petrificus totalus wahrscheinlich.

Nun, das konnte sie sich abschminken. Ich würde mich ganz sicher nicht in meinem eigenen Bett paralysieren lassen.

Deshalb verlegte ich mich auf eine eindeutigere Verschreckungstaktik. Mit einer schnellen Bewegung drehte ich uns beide so um, dass sie unter mir begraben lag, was ihr neben Atemschwierigkeiten auch meine physische Überlegenheit nahe bringen sollte. Ihr Gesichtsausdruck bestätigte meine Annahmen und erinnerte mich außerdem an noch ein kleines Detail: Wir waren beide – was nach so einer Nacht nun wirklich nicht überraschend war – vollkommen unbekleidet. Und tja... es war Morgen und trotz der frühen Stunde fühlte ich mich voller Tatkraft.

Sie mochte zwar eine Gryffindor und eine Weasley sein, aber das tat ihrer physischen Schönheit keinen Abbruch, oder? Nachdem, was vergangene Nacht passiert war, konnte ich sie vielleicht überzeugen....

Ich hatte den Satz noch nicht einmal zu Ende gedacht, als die Welt plötzlich in unglaublichem Schmerz explodierte, der mich nach Luft schnappen ließ und alles in einen roten Nebel der schieren Pein tauchte.

Fortsetzung folgt...

Kommentar der Autorin: Falls sich jemand wundert, warum keiner von Dracos room-mates irgendwas wegen Ginny sagt – Draco ist Schulsprecher und hat deshalb ein eigenes Zimmer.

Ich hoffe, dieses Kapitelchen hat euch gefallen – how about a review? ;-)