Chapter 1

The Morning After

Helles Morgenlicht holte Felicitiy ganz langsam aus dem Reich der Träume in die Realität zurück. Ihr war warm und irgendetwas kitzelte sie ständig an der rechten Schulter. Sie versuchte sich zu strecken um gegen die Müdigkeit anzukämpfen, aber die Knochen taten ihr weh und sie fühlte sich alles andere als erholt oder ausgeschlafen. Vorsichtig blinzelte sie, aber die Helligkeit im Zimmer löste einen stechenden Schmerz in ihren Schläfen aus und so kniff sie die Augen wieder fest zusammen. Verdammt, sie sollte die Finger vom Alkohol lassen oder zumindest dann damit aufhören, wenn sie ihre Grenzen erreicht hatte. Auch wenn gestern ein besonderer Tag gewesen war und sie einen Grund zum Feiern gehabt hatte, zu viel Alkohol war einfach nicht gut für sie. Aber immerhin hatte sie es wieder in ihr Hotelzimmer und in ihr Bett geschafft und so richtig übel war ihr eigentlich auch nicht. Leise seufzend versuchte sie sich noch einmal lang zu machen und streifte dabei mit ihrem Arm etwas Warmes und eindeutig Lebendiges. Sofort war sie hellwach und riss die Augen auf. Sie war definitiv NICHT in ihrem Zimmer und das hier war auch nicht ihr Bett. Ganz langsam drehte sie ihren Kopf zur rechten Seite des Bettes und als sie den gutaussehenden Mann neben sich sah, kamen plötzlich die Erinnerungen an letzte Nacht wieder hoch: der Club in dem sie nach dem Essen zum Feiern gewesen waren, ihre Freundin Chelsea und deren Freund Eric, der viele Champagner und die noch zahlreicheren Cocktails, Chelsea's überstürzter Aufbruch weil sie sich hatte übergeben müssen und dann…dann war sie plötzlich alleine gewesen. Sie hatte die Flasche Champagner noch leer getrunken und da das Hotel gleich neben dem Club war, hatte sie auch kein Problem darin gesehen noch etwas alleine zu feiern. Und dann war da plötzlich dieser Fremde gewesen. Er hatte sie, als Chelsea und Eric noch da waren, fast die ganze Zeit beobachtet und nachdem ihre Freunde weg waren, hatte er auch ein paar Mal mit ihr getanzt. Aber sie hatten nie ein Wort gewechselt, irgendwie war das alles wie selbstverständlich und kein bisschen komisch gewesen. Er hatte sich zu ihr gesellt, als sie gerade die letzten Tropfen Champagner aus der Flasche geschüttelt hatte. Sie hatte noch nie so blaue Augen gesehen und dieser Blick, fast etwas melancholisch und irgendwie auch sehr sexy und anziehend. Nein, geredet hatten sie kaum als er sie mit auf die Tanzfläche zog und so eng mit ihr tanzte, dass sie nicht wusste wo sie aufhörte und er anfing. Felicity war sicher nicht prüde und hatte auch schon so ihre Erfahrungen gesammelt, aber die Anziehungskraft die von diesem Fremden ausging, wirkte fast animalisch auf sie und so war es kein Wunder, dass sie wenig später mit ihm in einer dunklen Ecke des Clubs wie eine pubertierender Teenager rummachte. Er konnte unglaublich gut küssen und sie hatte schon so lange nicht mehr richtig geküsst und außerdem war sie so glücklich und aufgekratzt und der Alkohol machte sie so hemmungslos….

Er bewegte sich. Felicity hielt den Atem an und versuchte ganz vorsichtig ein Stück von ihm wegzurutschen. Egal wie toll dieser Abend und auch die Nacht vielleicht gewesen waren: mit einem Kater und wahrscheinlich von verschmierter Mascara verursachten Panda-Augen wollte sie diesem Traum von Mann jetzt nicht gegenüber treten. Er lag auf dem Bauch, das Gesicht ihr zugewandt und schien wieder tief und fest zu schlafen. Felicity atmete ruhig weiter und betrachtete dann sein Gesicht etwas ausgiebiger: lange dichte Wimpern, dieser unwiderstehliche Drei-Tage-Bart und ein völlig entspannter Gesichtsausdruck. Ein Körper wie aus Marmor gemeiselt. Fast hätte sie laut aufgeseufzt als sie seinen Hintern betrachtete. Die Bettdecke war fast ganz heruntergerutscht und offenbarte alles was er zu bieten hatte. Ok, nicht ALLES, da gab es definitiv noch MEHR, aber diesen Anblick würde sie so schnell nicht vergessen. Trotzdem musste sie weg. Denn eigentlich tat sie so etwas nicht, sie hatte es jedenfalls noch NIE getan. Nein, eine Felicity Smoak riss sich eigentlich nie betrunken einen Kerl auf und verbrachte dann die absolut beste Nacht ihres bisherigen Lebens mit ihm. Aber hey, sie wohnte bald wieder in der Großstadt und vielleicht sollte das ein Vorgeschmack auf ihr neues Leben sein!? Mit einem letzten Blick auf ihn riss sie sich endlich los und rutschte weiter bis zur Bettkante. Ganz vorsichtig stand sie auf und verharrte. Er hatte wohl einen gesunden Schlaf, denn auch die leichte Bewegung der Matratze schien ihn nicht zu stören. Erst jetzt konnte Felicity sich ihre Umgebung genauer ansehen. Sie waren in einem Zimmer, was eindeutig nicht IHR Hotelzimmer war, aber es schien auch kein normales Hotelzimmer zu sein. Es sah mehr aus wie eine Wohnung oder Suite? Ja, vielleicht wohnte ihr Adonis ebenfalls in ihrem Hotel und hatte sie einfach mit in seine Suite genommen. Sie suchte in der Kleidung die überall im Zimmer verstreut war ihre Sachen zusammen. Ihr Kleid, ihr BH, ihre Schuhe, jede Menge leere Kondomhüllen wie sie errötend feststellte…..aber wo war ihr Slip? Seine Jeans und Boxershorts lagen da, sein Hemd schien sie ihm wohl schon an der Tür vom Körper gerissen zu haben und da lag auch ihre Tasche auf dem Boden neben der Tür. Aber ihren Slip konnte sie einfach nicht finden. Egal, sie musste weg hier. Nicht weil sie ihn nicht mehr sehen wollte oder Angst vor ihm hatte, sie wollte sich einfach nur die Peinlichkeit ersparen. Sie wusste mit so etwas nicht umzugehen und musste sich erst sammeln und alles Revue passieren lassen. Sie streifte sich ihr Kleid über und stopfte den BH in ihre Tasche. Mit den Schuhen in der Hand schlich sie zur Tür und öffnete sie langsam. Aha, es war eine Suite und es gab noch einen Vorraum. Mit einem letzten Blick auf die schlafende Schönheit verließ sie das Schlafzimmer und schloß leise die Tür hinter sich. Auf Zehenspitzen huschte sie zur Eingangstür und stellte auf dem Fluchtplan fest, dass es sich wirklich um ihr Hotel handelte. Na toll, am Ende war er auch einer der Bewerber gewesen und fing vielleicht in drei Monaten in der gleichen Firma wie sie an. „Smoak, hör auf zu denken und verschwinde endlich!" sagte ihre innere Stimme und sie schüttelte ihre Gedanken ab und verschwand endlich nach draußen. Am Lift angekommen hielt sie ihre Zimmerkarte davor und stieg ein als sich die Türen öffneten. Die verspiegelte Rückwand des Aufzugs ließ sie kurz zusammenzucken. Auch wenn ihr Make Up noch einigermaßen intakt war, sah man ihr doch eindeutig an was sie getan hatte. Wie ein „frischgevögeltes Eichhörnchen", würde Chelsea jetzt sagen. Oh Gott, Chelsea! Um 10 Uhr waren sie zum Frühstück verabredet und um 15 Uhr ging ihr Zug zurück nach Hause. Sie kramte ihr Handy aus der Tasche: 8.30 Uhr, also hatte sie noch etwas Zeit um sich wieder herzustellen. Das laute „Ping" des Lifts ließ sie zusammenzucken. Sie war auf ihrer Etage angekommen und sie hatte gar nicht gemerkt, dass sich der Lift bewegt hatte. Wacklig und mit nackten Füßen rannte sie über den Gang zu ihrem Zimmer und atmete erst auf als sie die Tür von innen schloss und sich dagegen lehnte.

Das heiße Wasser der Dusche lief über ihren Körper und sie versuchte sich zu entspannen. Felicity hatte wirklich das Gefühl einen Marathon gelaufen zu sein und wenn sie an die vielen leeren Kondomhüllen zurückdachte, stöhnte sie leise auf. Nachdem der Nebel in ihrem Kopf sich langsam verzog, kamen die Erinnerung in ihr hoch: Chelsea und Eric waren schon eine Weile weggewesen und als irgendwann feststand, dass sie den Club zusammen mit dem Unbekannten verlassen würde, hatte er sich von einem Barkeeper Geld wechseln lassen und war kurz auf der Toilette verschwunden. Mit fünf Doppelpacks Kondomen in der Hand war er zurückgekommen und hatte sie ihr grinsend unter die Nase gehalten. Sein Grinsen…sehr jungenhaft und seeeeeehr sexy und auch so etwas an das sie sich wohl immer erinnern würde. Dann hatte er sie einfach an die Hand genommen, nach draußen gezogen und sie immer wieder geküsst. Als ihr kalt war, hatte er sofort seine Jacke aus- und ihr angezogen und sie waren engumschlungen durch einen Seiteneingang ins Hotel gegangen. In seiner Suite war dann alles sehr schnell gegangen: sie hatte ihm das Hemd ausgezogen während er mit seinen Hosen kämpfte. Ihr Kleid war schnell Geschichte und noch in Unterwäsche hatte er sie hochgehoben und zum Bett getragen. Sie hatten sich geküsst und weiter gegenseitig ausgezogen. Er hatte ihr mehrmals gesagt wie wunderschön sie sei und sie hatte gekichert und das Kompliment erwidert. Sie war nicht gut in so was und wusste nicht, wie man sich bei einem One Night Stand verhielt. Gab es da eigentlich Regeln? Immerhin war das eine wildfremde Person und sie hätte nie gedacht, dass sie so etwas einmal tun würde. Eigentlich hatte sie immer erst eine gewisse Vertrauensbasis gebraucht, bevor sie mit einem Mann geschlafen hatte. Ok, an der Uni hatte sie auch schon mal nach zwei oder drei Dates mit einem Kommilitonen Sex gehabt, aber das war mit heute Nacht in keinster Weise zu vergleichen. Es hatte sich nicht schmutzig oder billig angefühlt, es war einfach nur sehr sinnlich und erotisch gewesen. Er hatte sie geküsst, von Kopf bis Fuß, wirklich überall und sie hatte es nicht als peinlich oder unangenehm empfunden. Sein Mund hatte sie liebkost, sie konnte jetzt noch dieses Prickeln auf ihrer Haut fühlen und plötzlich war er ganz nach unten gewandert und hatte sie mit seiner Zunge und sehr geschickten Fingern zum ersten richtigen Orgasmus seit Jahren gebracht. Und selbst als sie dachte, dass jetzt er sein Vergnügen haben wollte, ließ er immer noch nicht von ihr ab und sorgte dafür, dass sie gleich noch einmal zum Höhepunkt kam. Sie konnte sich an sein zufriedenes Grinsen erinnern als er langsam wieder zu ihr hochrutschte und sie dabei auf jeden Quadratzentimeter Haut küsste. Also entweder war er ein Callboy oder er hatte einfach Spaß daran Frauen zu befriedigen. Als sie sich küssten, konnte sie sich selbst auf seinen Lippen schmecken und sie wurde dadurch nur noch mehr erregt. Sie hatte dann versucht die Stellung zu wechseln um nach oben zu kommen, weil sie sich revanchieren wollte, aber er hatte nur den Kopf geschüttelt und ihr ein Kondom hingehalten. „Später…." hatte er ihr ins Ohr geflüstert und an ihrem Hals geknabbert. Sie hatte die Hülle aufgerissen, es ihm über seine wirklich imposante Länge gestreift und dann war er auch schon in ihr gewesen. Es war erst etwas unangenehm, weil sie schon länger keinen Sex mehr gehabt hatte und ihr letzter Freund auch lange nicht so gut bestückt war, aber er war sehr vorsichtig und zärtlich gewesen. Als er wohl merkte, dass sie sich leicht verkrampfte, änderte er den Winkel und dann war es einfach nur noch gigantisch. Es dauerte nicht lange bis sie erneut kam und auch er folgte ihr keine zwei Sekunden später. Danach hatte es kaum Verschnaufpausen gegeben, weil er sie immer wieder aufs Neue überraschte und sie Dinge tat, die sie vorher nur aus Büchern oder Filmen kannte. Es war einfach nur phänomenal gewesen.

Es war also wirklich kein Wunder, dass sich ihr Körper so mitgenommen anfühlte und gleichzeitig doch so gut. Felicity seufzte und schäumte ihre Haare mit Shampoo ein. Verdammt, sie hatte die Nacht ihres Lebens gehabt und wusste weder wer er war, woher er kam und ob er vergeben oder vielleicht sogar verheiratet war. Vielleicht sollte sie nach dem Duschen einfach nochmal nach oben fahren und mit ihm reden!? Wenn er sich komisch verhielt, dann würde sie wissen dass es eine einmalige (ähh, bzw. mehrmalige) Sache gewesen war und wenn nicht, dann konnten sie vielleicht Telefonnummern austauschen oder sich wiedersehen? Ja, das würde sie machen. Sie würde sich jetzt wieder in einen vorzeigbaren Zustand bringen und dann kurz bei ihm vorbeischauen. Sie hatte sowieso nicht viel Zeit, aber sie würde sich diese Gelegenheit nicht entgehen lassen. Schnell duschte sie Shampoo und Duschgel vom Körper ab und wickelte sich in eines der großen weichen Hotelhandtücher. Vor dem Spiegel stehend kämmte sie sich ihre langen blonden Haare durch und föhnte sie auf höchster Stufe trocken bis sie in lockeren Wellen auf die Schultern fielen. Ihr MakeUp hielt sie schlicht und betonte nur ihre blauen Augen und nahm etwas Lipgloss für den Mund. Zufrieden sah sie ihr Spiegelbild an und ging dann zu ihrem Koffer um sich ein Outfit zu suchen. Mit engen dunklen Jeans, einem weißen Top und Ankle-Boots kehrte sie ins Bad zurück und zog sich an. Nachdem sie ihre Sachen alle wieder eingepackt hatte und quasi abreisebereit war, sah sie auf die Uhr. Es war 9.40 Uhr, also hatte sie noch Zeit bis Chelsea kam und so schnappte sie sich ihre Tasche und die Zimmerkarte und verließ das Zimmer. Am Lift angekommen musste sie einen Moment warten, dann öffneten sich die Türen. Sie hielt ihre Karte vor das Panel und drückte die oberste Taste, aber nichts passierte. Sie versuchte es mehrmals, aber der Knopf für die 40. Etage reagierte einfach nicht.

„M'am, wenn ihre Karte für dieses Stockwerk nicht freigeschaltet ist, dann können Sie leider nicht hochfahren!" sagte ein Zimmermädchen das ebenfalls den Lift betreten hatte.

„Ah, ok. Haben Sie vielleicht eine Generalkarte mit der man bis ganz nach oben kann?" fragte Felicity und versuchte ihre Nervosität zu unterdrücken.

„Nein, tut mir leid. Die oberen beiden Etagen gehören nur indirekt zum Hotel und werden auch nicht von uns betreut. Das sind Eigentumswohnungen und keine Hotelsuiten." erklärte sie bedauernd.

Felicity sah sie verzweifelt an: „Komm ich vielleicht über das Treppenhaus dort hin? Es klingt jetzt vielleicht komisch, aber ich kenne dort oben jemanden und wollte mich nur kurz verabschieden.".

„Das geht leider auch nicht, die Türen sind von außen verschlossen und nur unser Manager oder die Wohnungsbesitzer können diese öffnen. Aber wenn Sie wollen, dann hinterlassen Sie doch unten an der Rezeption eine Nachricht und die Kollegen leiten diese dann weiter." sagte sie entschuldigend und drückte auf die Taste für die Lobby.

Felicitys' gute Laune sank auf den Nullpunkt und als sich die Türen in der Lobby öffneten, zögerte sie kurz bevor sie ausstieg. Was sollte sie jetzt machen? Sie hatte keinen Namen, keine Zimmernummer, sie kannte nur das Stockwerk und wenn sie jetzt eine Nachricht für einen Unbekannten hinterließ, wusste an der Rezeption vermutlich jeder was sie heute Nacht getan hatte. Sie schüttelte den Kopf und sah auf die Uhr. Es war 9.50 Uhr und gleich würde Chelsea kommen. Das war es, Chelsea hatte immer gute Ideen und vielleicht wusste sie eine Antwort auf ihr Dilemma.