Titel: Das Schwert...
Autor: Noir13 / Se.Ka.Ya.
Disclaimer: Alle bekannten Personen, Namen, Orte und Begriffe sind Eigentum von J. K. Rowling.
Beta: Serpens
Hauptcharakter: Salazar Slytherin
Rating: PG12
Warnung: vielleicht AU
Kapitel: 1/2


Das Schwert...

Es führt kein Weg zurück, denn die Heimat existiert nur noch zwischen den Mottenkugeln der Erinnerung

Sein Blick wanderte mit einem fast schon melancholischen Blick zurück. Sein Heim. Seine Freunde. Verlassen. Doch er hatte keinen anderen Ausweg gesehen. Die Kluft war zu sehr gewachsen. Er wusste nicht, wann es begonnen hatte. Er hatte die schleichenden Veränderungen nicht bemerkt. Kälte kroch durch seine Glieder, doch es war keine Kälte von außen. Es war sein Inneres, welches fror. War er schuld daran, dass sie sich getrennt hatten? Er wusste es nicht. Er wusste nur noch, dass es Streit gegeben hatte. Mehr als einmal. Und schließlich hatte er es nicht mehr ertragen können. Er hatte nicht mehr ertragen, dass Godric ihn verachtete, ihn verstieß. Er hatte die Blicke der anderen nicht mehr ertragen. Dabei wollte er niemals, dass es soweit kam. Er wollte nicht, dass ihre Gemeinschaft zerbrach.

War es seine Bemerkung zu den Schülern nichtmagischer Familien gewesen? Ja, er befand sie für nicht vertrauenswürdig. Wer würde schon gerne die Kinder seiner Feinde unter seinem Dach beherbergen? Wer würde keinen Verrat befürchten? Die Nichtmagier fürchteten die Zauberer, fürchteten die Magie. Sie wurden gejagt und selbst, wenn sie nicht wirklich in Gefahr waren, was war mit den Kindern? Ihre Schutzbefohlenen sollten in Sicherheit sein, aber wie konnten sie ihre Sicherheit garantieren, wenn sie Muggelgeborene in die Schule ließen? Sie waren voreingenommen gegenüber den Magiern. Wer würde das nicht sein, wenn er von klein auf von seinen Eltern gesagt bekam, dass Magie Teufelswerk war? Wer würde das nicht weiterführen? Und selbst wenn sie an eine magische Schule kamen, so hieß das nicht, dass sie sich ändern würden. Salazar sah keine Möglichkeit für ein ruhiges Zusammenleben. Selbst jene, die Halbblüter waren, waren ein Risiko. Sie waren zweigeteilt, noch mehr vielleicht als die Muggelgeborenen, doch wenigstens kannten sie ihre Welt bereits von Kindesbeinen an.

Salazar seufzte schwer. Erneut glitt sein Blick zurück. Er blickte in die Richtung, in der, wie er wusste, Hogwarts lag. Sein geliebtes Hogwarts. Hogwarts und seine einzigen Vertrauten – sein Leben. Rowena, Helga und Godric. Trotz ihres Streites wollte er nicht, dass es auf diese Weise endete. Doch nun war es zu spät für eine Entschuldigung. Zu viel war zwischen sie geraten. Worte, die nie mehr zurückgenommen werden konnten. Taten, die nicht mehr ungeschehen zu machen waren. Er wollte glauben, dass es irgendwann wieder so wie früher sein würde, doch sein Verstand sagte ihm, dass es zu spät war.

Die Gemeinschaft der Gründer war zerbrochen.

Er hätte im Nachhinein nicht sagen können, wohin er eigentlich wollte. Er wanderte ziellos umher. Sein Pferd trug ihn über weite Ebenen, an Flüssen entlang, durch Wälder – doch sein Geist blieb immer noch in Hogwarts. Sein Herz hing an diesem Ort. Und auch, als er die Schule verlassen hatte in seiner blinden Wut, hatte er gespürt, was für ein Fehler es war. Doch die Wut war größer, der Groll gegen Godric, der in ihm war, blendete ihn. Was für ein Narr er doch war! Und nun gab es kein Zurück mehr.

Vielleicht war er zu leichtsinnig gewesen. Vielleicht hatte er zu heftig reagiert. Godric hatte ihm mehr als einmal gesagt, dass er sich zuweilen zu sehr hinreißen ließ von seinen Gefühlen. Dabei war er eigentlich derjenige von ihnen, der einen kühlen Kopf während ihren Diskussionen behielt. Godric war der Hitzkopf. Sein Temperament war aufbrausend, und doch so liebenswert. Salazar war manchmal erstaunt, dass sie so gute Freunde waren. Gewesen waren. Und das, wo sie doch so gänzlich verschieden waren. Anders und doch gleich. Tag und Nacht und doch untrennbar verbunden. Sie hatten ihre Wappenfarben nicht umsonst gewählt. Aber waren sie am Ende doch zu verschieden? Hatte sich ihr spielerischer Wettkampf in eine wirkliche Konkurrenz verwandelt?

Was blieb ihm nun, wo er alles verloren hatte? Seine Heimat, seine Freunde... sein Herz. Er war gefangen, gefangen in den Erinnerungen an die Zeit, die sie in harmonischer Eintracht in Hogwarts verbracht hatten. Er erinnerte sich an die Zeit vor der Gründung der Schule, als sie noch gemeinsam durch die Lande gezogen waren, Abenteuer erlebt hatten. Sie hatten Leute kennen gelernt, ihr Wissen erweitert und waren zu einer geradezu untrennbaren Gemeinschaft geworden. Zumindest dachten sie es damals. Die Zeit war lange vorbei, die Gemeinschaft war zerbrochen und nun blieben ihm nur noch die Scherben dessen, was einmal war. Scherben und die Erinnerungen an die Vergangenheit, die ihm nun so fern schien, als wäre es ein anderes Leben gewesen. Alles, was ihm blieb, waren Erinnerungen, Schatten der Vergangenheit. Was hatte er nur getan?

Sein Blick wanderte hinauf in den Nachthimmel. Früher hatten sie oft gemeinsam am Lagerfeuer gesessen und sich Geschichten erzählt, Sagen und Mythen, Geschichten von vergangenen Königen und Reichen, von Helden und ihren Taten. Und heute saß er allein hier am Feuer, spürte die Wärme und doch war sein Herz kalt. Er vermisste die unbeschwerten Stunden, in denen sie einfach beisammen gewesen waren. Ohne Verantwortung. Ohne Streit. Sie hatten keine Ziele gehabt, die sie zu erreichen strebten. Ihre Welt war in Ordnung gewesen. Es gab Kämpfe, ja, doch die Momente des Friedens waren immer da.

Er vermisste Helgas Lachen, den Anblick ihrer blonden Locken, wie sie im Wind tanzten. Er vermisste Rowenas ruhiges Stimme, die sie immer wieder zur Ordnung rief, wenn sie zu ausgelassen wurden. Und er vermisste Godrics raue Art, seine derben Witze und sein tiefes Lachen. Er vermisste die Art, wie sie sich immer wieder gegenseitig aufgezogen hatten, wie sie sich gegenseitig gelehrt hatten, die Dinge zu verstehen, die sie nicht kannten. Er vermisste seine Freunde, die einzige Familie, die er je hatte.

Aber war er wirklich so verlassen? Sein Blick wanderte zu dem Schwert, das an seinem Gürtel hing. Er hatte es nie benutzt und würde es auch niemals benutzen. Nicht in diesem Leben, nicht zum Kampf. Er würde es nicht gegen einen anderen Menschen erheben. Nicht dieses Schwert. Niemals. Es war ein Geschenk gewesen, ein sehr wertvolles Geschenk, zumindest für ihn. Genauso wie die Flöte, die er bei sich trug, und der Kelch. Es waren Geschenke. Die einzigen Dinge, die er mitgenommen hatte und die ihn an Hogwarts, an seine Freunde, erinnern sollten. Rowenas Flöte, dieses wunderschöne, silberne Instrument. Der silberne Kelch, den er von Helga bekommen hatte, verziert mit ihrem Wappen. Und natürlich das Schwert, das er von Godric erhalten hatte, edel und wertvoll, mit Godrics Namenszug versehen. Mochten sie auch allein von ihrer Art her wertvoll sein: Der ideelle Wert war für Salazar unbezahlbar. Es waren Geschenke von seinen Freunden, zu Zeiten, als sie noch nicht zerstritten waren.

Es gab ein leises, schleifendes Geräusch, als er Godrics Schwert aus der, im Vergleich zum Inhalt, einfachen Scheide zog. Nachdenklich wog Salazar es in der Hand. Es war leichter als es aussah und lag gut in der Hand. Würde er es im Kampf tragen, so war er sich sicher, dass er geradezu würde spüren können, wie er von Godrics Mut, dem Mut eines Löwen, beseelt werden würde. Doch er würde nicht damit kämpfen. Niemals. Nicht, solange er lebte. Kein Blut sollte je diese Klinge benetzen, die Klinge sollte niemals stumpf werden durch zu häufigen Gebrauch. Salazar war der Ansicht, dass er es Godric schuldig war, dieses Geschenk in Ehren zu halten. Genauso, wie er niemals auf Rowenas Flöte würde spielen können, wie er es einst getan hatte. Oder aus Helgas Becker einen Schluck trinken könnte. Diese Zeiten waren vorbei und er würde diese Dinge nicht dadurch abnutzen, dass er sie benutzte. Er wusste, es wäre nicht im Sinne der anderen gewesen, sie hatten gewollt, dass er diese Dinge nutzte – denn dazu hatte er sie bekommen – doch er konnte es nicht. Würde es nie mehr können. Nicht, ohne voller Wehmut an Hogwarts und seine Freunde zu denken. An Godric und Rowena, an Helga, die er einst gelehrt hatte.

Er hatte versagt, als er die Freundschaft hätte erhalten sollen. Er hatte versagt, als er sich hätte entschuldigen müssen. Er war wütend davongerannt, hatte nicht zurückgesehen, erst, als es zu spät war. Dann erst hatte er sich mit traurigem Blick umgewandt, zurückgeblickt auf das Leben, das er geführt und letztendlich selbst zerstört hatte.

Sein weiterer Weg würde durch Einsamkeit gekennzeichnet sein. Etwas anderes hatte er nicht verdient. Er verdiente die Einsamkeit, das Alleinsein. Er verdiente die Nächte voller Erinnerungen, die ihn wach hielten. Er verdiente die Schuldgefühle, die ihn quälten. Er verdiente das alles, mehr als jeder andere. Jemand, der seine Freunde verließ, im Stich ließ, wegen einem einfach Streit, der einfach weglief statt sich den anderen zu stellen, wie sollte man so jemanden noch irgendwie respektieren? Nein, er, Salazar Slytherin, hatte sich jedes Recht darauf verwirkt. Das einzige, was ihm zukünftig Gesellschaft leisten würde, waren seine Erinnerungen. Die Flöte, der Becher und das Schwert. Alles andere gehörte nicht mehr in sein Leben – das war es, was er wollte.

Erneut blickte er auf das glänzende Metall vor sich, auf dessen blanker Oberfläche sich die tanzenden Flammen spiegelten, das Schwert in einen goldsilbernen Glanz tauchten. Gold und Silber. Ihre Farben. Wehmütig dachte er an Godric, der stolz die Farben Rot und Gold trug. Und an sich selbst, wie er neben ihm gestanden hatte, in Grün und Silber gewandet. Lange war's her, so kam es ihm vor. Fast so wie Jahre, auch wenn es erst Wochen sein konnten. Oder doch schon Monate? Er hatte jegliches Zeitgefühl verloren, verloren zu dem Zeitpunkt, als er sein Leben zurückließ. Er war nicht mehr, als eine leere Hülle, angefüllt mit all dem, was er mit den anderen drei Gründern erlebt hatte, und doch nur ein Schatten seiner Selbst.

Seufzend ließ er das Schwert in seine Scheide zurückgleiten und blickte wieder hinauf zum Nachthimmel. Vielleicht würde Godric heute die Sterne um Rat fragen, wie er es tat. Vielleicht könnte er ihm so seine Gedanken schicken, ihn um Verzeihung bitten. Und doch, sein Beschluss war gefasst worden und der Weg nach Hogwarts versperrt. Versperrt durch seinen Stolz, den er nicht zu überwinden vermochte. Nein, Salazar Slytherin würde nicht nach Hogwarts zurückkehren, nie mehr. Diese Zeiten waren vorbei. Aber er würde in Gedanken immer wieder zu diesem Ort, an dem sein Herz hing, welches sein Leben war, zurückkehren. Mochte er auch die Welt durchstreifen, neues kennen lernen – nie mehr würde etwas ihn so sehr berühren wie das ehrwürdige Schloss, welches er mit seinen Freunden erbaut hatte.