HARRY POTTER
und
Die Suche nach der Vergangenheit
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Inhalt:
Harry ist verwirrt. Seltsame Bilder überfluten seine Gedanken, Bilder die nicht in seine Erinnerungen passen und ihn dazu bringen London zu verlassen. Ein halbes Jahr bleibt er verschwunden, dann steht er nach Weihnachte wieder vor den Toren Hogwarts, an seiner Seite ein amerikanischer Fremder.
Pairings:
RW/HG(anfangs-ändert sich schnell) dann RW/??; SS/??; HP/DM und mal sehen, was sich noch entwickelt (und was schon fest steht, ich aber nicht verraten mag, füg ich später an)
Warnungen:
slash, lime, (lemon?), Dumbledore- and Hermine-bashing, Beginn: Ende fünftes Buch, (vielleicht: OOC… ne, doch eher garantiert OOC - auch wenn ich mich bemühe... und ganz wichtiig: NO Mpreg!!!)
Disclaimer:
Mir gehört weder die Welt von HP noch eine einzige Person, Ort oder sonst was, was Rowling erschaffen hat, blablabla(klar, dass sie das uns immer wieder unter die Nase reiben müssen)…aber Siles gehört mir und natürlich die amerikanische Schule Solariae(Irgendwas brauch ich doch auch für mich ganz allein…)!!!
Und bitte:
wenn was nicht stimmig ist, dann messt dem keine große Bedeutung bei und schickt mir eine nachricht, damit ich es zurecht biegen kann...oh...reviews, wenn es euch gefällt (oder auch nicht) sind natürlich auch erwünscht...tja, was noch...ahc ja: der Titel ändert sich möglicherweise noch...
die story gibt es bereits weiter fortgeschritten auf fanfiktion.de --> http://www.fanfiktion.de/s/4582c91700004278067007d0
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Prolog
Nur zwei Tage war es jetzt her, dass Harry Hogwarts zum fünften Mal verlassen hatte und in seine private Hölle zurückgekehrt war. Alle von Dumbledore eingeredeten Hoffnungen, dass es dieses Jahr nicht so sein würde wie die letzten Jahre, waren schon zerstört worden, als er von einer fetten Hand über die Schwelle geschubst worden war. Augenblicklich hatte er einen Eimer Wasser in der Hand und einen Putzlappen im Gesicht gehabt. Nicht einmal seinen Koffer hatte er wegräumen können. Vernon hatte das für ihn erledigt und ihn in den Schrank unter der Treppe geworfen - und ihn hinterher. Das über ihn verschüttete Wasser hatte ihn die ganze Nacht zittern lassen.
Am nächsten Morgen war er von einem lauten Rumpeln geweckt worden und einem schweren Gewicht auf seiner Brust. Er hatte geblinzelt und seinen Koffer auf sich liegen gesehen, der bis eben noch zu seinen Füßen gestanden hatte. Gerade hatte er ihn wieder wegstemmen wollen, als ihn eine fleischige Pranke am Kragen gefasst und heraus gezerrt hatte. Zwei Minuten nach seinem Erwachen stand er in der Küche und bereitete das Frühstück für seine Verwandten, die Augen noch auf Halbmast.
Es war der erste Tag in seiner Hölle und es war ein schrecklicher Tag gewesen. Er hatte vor Schweiß gestunken, als er nach zwölf Stunden Arbeit erschöpft auch noch das zweite Abendessen kochen durfte. Petunia hatte ihn deswegen geschlagen, war aber nach einem erschrockenen Keuchen seinerseits plötzlich stocksteif dagestanden, die Hand noch leicht erhoben. Harry hatte nicht auf sie achten können, da Vernon ihn in den Haaren packte und in den Schrank unter der Treppe verfrachtete.
Harry hielt beim zuschneiden der Hecke kurz inne, als er an diese seltsame Verhalten seiner Tante zurückdachte. Den Kopf schüttelnd fuhr er fort die Hecke mit der alten, rostigen Schere zuzuschneiden. Er stank noch immer nach Schweiß, weil der Koffer noch oben in Dudleys altem Zimmer lag und die Tür versperrt war. Harry durfte sich weder duschen, noch frische Klamotten anziehen. Sein Zauberstab lag auch gut versteckt und mit einem Zauber getarnt ganz unten in seinem Koffer. Er war ebenso unerreichbar für ihn wie seine Kleidung.
„Junge!", brüllte Vernon aus dem Haus und sofort legte Harry die Schere weg und wandte sich der Tür zu. Vernon stand schon in der Tür und sah ihn angewidert entgegen. „Du gehst jetzt einkaufen."
Harry war kurz daran aufzukeuchen, als er an seinen Zustand dachte, aber da hatte er auch schon den Zettel in der Hand und ein Fuß Vernons trat nach ihm, um ihm Beine zu machen. Heftig schluckte Harry und machte sich auf den Weg.
Verzweifelt rieb er über seine Stirn. Als er seine Narbe berührte, stockte er kurz, ging dann aber umso zügiger weiter. Seit er wieder bei den Dursleys wohnte hatte er keine Träume mehr. Weder Visionen von Voldemort, noch Träume über seine Eltern, noch Albträume. Er schlief tief und traumlos und wachte erholt auf. Harry wunderte sich, warum ihm die Veränderung dieser gewohnten Sache erst jetzt auffiel, aber als er vor der Tür des Supermarktes stand, schob er alles bei Seite. Jetzt kam es darauf an die Ohren vor dem Spott und dem Ekel zu versperren, den er jetzt gleich ernten würde.
Zwanzig Minuten später trat Harry mit einer großen Tüte wieder aus dem Gebäude. Heftig blinzelte er sich die Tränen der Scham aus den Augen und beruhigte seinen unregelmäßigen Atem. Es war jedes Jahr hart, sich wieder an diesen Spott zu gewöhnen, wenn man knapp zehn Monate lang Zeit hatte, darüber hinweg zu kommen.
Harry staunte wieder einmal über seine eigenen Gedankengänge. Er verlagerte die Tüte auf den anderen Arm und machte sich auf den Weg ‚nach Hause'. Fünf Minuten später stand er vor dem kleinen Haus. Petunia stand auf dem Rasen und sah ihm entgegen. Vor ihr zum Stehen kommend wurde ihm die Tüte entrissen. Erstaunt wollte er der ins Haus Flüchtenden folgen, als ihn ein harter Wasserstrahl von der rechten Seite her traf.
Vernon stand mit dem Gartenschlauch in der Hand, das Wasser war voll aufgedreht und spritzte dem unter dem kalten Wasser zitternden Jungen hart auf das bereits brennende Fleisch. Dudley stand neben Vernon und seine Fettringe wackelten vor Lachen.
So gut wie es eben ging, versuchte Harry sich mit den dünnen Armen vor dem starken Strahl zu schützen und krümmte sich zusammen. Seine rechte Seite schmerzte dort, wo ihn der Strahl ungeschützt das erste Mal getroffen hatte. Es war Sommer, aber es hatte über Nacht geregnet und es war stark abgekühlt, sodass das kalte Wasser den Jungen erst recht heftig zittern ließ.
Plötzlich stoppte das Wasser und Harry sah vorsichtig auf. Vernon grinste schäbig, Dudley hüpfte lachend ins Haus. „So wirst du dich gefälligst die nächsten Wochen waschen. Du kommst mir nicht mehr ins Bad und dein Koffer bleibt oben!"
Harry starrte entsetzt auf seinen Onkel, der schwerfällig ins Haus trabte. Müde und zitternd hockte sich Harry auf die Treppe und wartete - mit nassen Klamotten durfte er bestimmt nicht ins Haus. Zwei Stunden später und mit noch immer klammer Kleidung wurde er ins Haus gerufen. Petunia schickte ihn den Lunch zu machen. Sie sah ihn nicht an dabei und kam auch nicht in seine Nähe. Als Vernon das sah stieß er den Jungen an.
Harry keuchte nur überrascht und sah nicht, wie das Gesicht seines Onkels kurz blank wurde und er dann mit Schluckauf zur Couch zurückkehrte um sich mit seinem Sohn eine Zeichentrickserie anzusehen. Er selbst strich schnell zwei dutzend Brote mit verschiedenen Aufstrichen, verteilte sie ungerecht auf drei Tellern, sodass Petunia am wenigsten und Dudley am meisten bekam und brachte sie vorsichtig zu den dreien.
„Unter den Schrank!", bellte Vernon mit offenem Mund und Harry gehorchte, weil er hoffte bis morgen in Ruhe gelassen zu werden. Tatsächlich holte man ihn nicht einmal zum Abendessen. Als er lauschte wie dreimal hintereinander über ihm Schritte die Treppe hinauf stampften, kramte er aus einem Taschentuch, dass er unter der dünnen Decke versteckt hatte, zwei Scheiben gebratenen Speck und eine Scheibe Toast hervor und schlang sie hinunter.
Dann kauerte er sich auf der Matratze zusammen und schmunzelte. Er war gerade so groß gewachsen, dass er noch ausgestreckt im Schrank liegen konnte. Sein Kopf berührte dabei die eine Wand, die Füße lagen an der anderen. ‚Gott sei Dank hab ich keine Platzangst.', dachte er und zog die Beine an. Wenige Minuten später war er tief eingeschlafen. Traumlos.
Er hatte das Gefühl gerade erst eingeschlafen zu sein, als die Schranktür aufgerissen wurde und ihn ein harter Gegenstand an der Schulter traf. Sofort saß er senkrecht im Schrank. Aber nicht der Schmerz in der Schulter hatte ihn geweckt, sondern das laute Klingeln, das von dem Gegenstand ausging, welches leicht in der Dunkelheit leuchtend neben ihm lag. Zögernd griff er danach und betrachtete den Wecker. Noch im Schlaf gefangen schaltete er ihn aus und starrte etwa zwei Minuten auf die Anzeige. Sie zeigte Viertel nach vier.
Ein Pochen gegen die Schranktür ließ ihn aufsehen. Dann schob er sie zögernd auf und sah sich um. Nervosität überkam ihn und er dachte schon, ein Fremder sei im Haus, als ein verschlafener Dudley an ihm vorbeischlurfte. Ohne einen Blick oder einen Hieb. Scheu folgte Harry ihm, als erwarte er eine hinterhältige Falle. In der Küche saßen jetzt drei müde Personen, die er als seine Verwandten identifizierte.
Harry blieb mit gerunzelter Stirn in der Tür stehen. Den Wecker hatte er immer noch mit beiden Händen vor die Brust gepresst.
„Mach sofort Frühstück. Wir fahren in einer Stunde.", murmelte Vernon müde und rieb sich die Backe. Seine kleinen Augen verfolgten, wie Harry, nur gekleidet in weite Boxershorts und ein ausgeleiertes T-Shirt an die Küchenzeile trat. Dann sprach er weiter: „Wir fahren zwei Tage weg. Du bleibst hier und putzt ordentlich durch. Ausnahmsweise darfst du in der Zeit in Dudleys altem Zimmer schlafen."
Harry nickte und vermied es nach seinem Koffer zu fragen. Er hoffte, dass man den vergessen würde.
Er hatte tatsächlich Glück und eine Stunde später war er alleine im Haus. Schnell eilte er die Treppe hinauf und in Dudleys altes Zimmer, das tatsächlich nicht versperrt war. Entsetzt sah er, wie der gesamte Inhalt des Koffers im Zimmer verstreut war. Betend trat er auf den Koffer zu und griff nach einer halb offenen Schachtel am Boden des Koffers. In der Schachtel befand sich eine einfache, graue Schreibfeder. Er griff danach und sofort verflüchtigte sich die Illusion. Jetzt hielt er seinen Zauberstab in der Hand.
Beruhigt aufseufzend legte er die Feder wieder in die Schachtel und sah zu, wie sich die Illusion wieder darüber legte. Dann packte er alle seinen Sachen wieder in den Koffer. Allerdings erst, als er frische Klamotten herausgefischt hatte. Schnell eilte er ins Bad und sprang unter die Dusche. Zehn Minuten später war er etwas munterer und in frische Kleidung gehüllt. Die alte warf er in die Waschmaschine und schaltete sie auch gleich an.
Munter und sich eindeutig frischer fühlend machte er sich auf den Weg in die Küche, um etwas zu essen. Besser gesagt, endlich einmal richtig zu essen. Auf halben Weg, während er die Treppe hinab stieg, hörte er, wie die Waschmaschine laut ächzte. Erschrocken wirbelte Harry herum, verfluchte das zu ihm zurückgekehrte Pech und wollte hinauf eilen. Mit einem sichernden Griff versuchte er sein Gleichgewicht zu unterstützen, das die Stufen schmal waren, doch sobald er das Geländer ungeschickt verfehlte, verlor er auch dadurch irritiert das Gleichgewicht und stolperte rückwärts.
Er bekam kaum mit, wie er fiel. Er spürte nur einen Schmerz in der Schulter. Am untersten Ende der Treppe liegend rappelte er sich wieder auf. Ein scharfer Schmerz durchzuckte seinen Nacken, seine Narbe begann wie unter Gefrierbrand zu brennen und er hatte das Gefühl, die Kälte sickere in seinen Kopf.
Mit der Kälte kamen Bilder. Er wurde regelrecht mit ihnen überschwemmt und konnte kein einziges fassen, aber ein Gefühl des Erkennens durchzog ihn.
Ächzend sank er in Ohnmacht.
Meilen von dem fünfzehnjährigen Jungen entfernt brach ein in schwarze Gewänder gekleideter Mann zu Boden. Sofort griffen mehrere Hände nach ihm und hievten ihn auf einen thronähnlichen Sessel. Rote Augen starrten ins Nichts und ein schwerer Atem erfüllte den kleinen Saal. Dann sah der Mann auf, sah auf in das von langen, blonden Haaren umrahmte, edle Gesicht. Eine zischende Stimme erfüllte den Raum: „Oh, ich Wahnsinniger, was habe ich getan?!"
Als Harry wieder erwachte, war es noch dunkel im Vorgarten. „Ich war also nicht zu lange weg.", murmelte Harry. Sein Magen hatte ihn aus dem Schlaf geweckt, in den er aus der Ohnmacht heraus geglitten war. Mit schmerzenden Knochen stemmte er sich hoch und schlenderte in die Küche. Er schenkte sich ein Glas Wasser ein und sah auf die Digitaluhr der Mikrowelle. Sofort verschluckte er sich, als diese drei Uhr zehn zeigte. Er hatte fast vierundzwanzig Stunden geschlafen.
Mit starren Augen blickte Harry ins Nichts. Dann schüttelte er sich kurz und stürzte sich auf den Kühlschrank. Nach fünf Broten und zwei leeren Dosen Fisch war ihm mehr schlecht, als dass er satt war. Aber er wusste, dass sein Magen sich erst an das jetzt plötzlich viele Essen gewöhnen musste. Er hatte in den letzten drei Wochen in Hogwarts weniger gegessen, um sich auf den Hunger bei den Dursleys vorzubereiten. Warum er seine Vorbereitung jetzt allerdings zunichte machte, war ihm selbst nicht klar.
Mit dem letzten Bissen im Mund war Harry schon auf dem Weg ins Bad. Er erinnerte sich schemenhaft, dass er vor seinem Sturz wieder ins Bad wollte, weil die Maschine schon wieder verrückt spielte. Auf alles gefasst betrat Harry das Bad und stöhnte auf. Alles war überschwemmt und er musste auch noch das restliche Haus putzen, bevor die Dursleys morgen wieder antanzten.
Schnell schnappte sich der Schwarzhaarige ein großes Handtuch aus dem Schrank und warf es auf das Wasser am Boden. Sekunden später war es klatschnass und er wrang es über der Badewanne aus. Die Prozedur wiederholte er einige Male. Als er fast fertig war, viel sein Blick zufällig in den Spiegel. Das Handtuch entglitt ihm.
Wie in Trance trat Harry an den Spiegel und starrte sich selbst an, als sei er Narcissus und habe sich gerade in sich selbst verliebt. Doch keine Liebe war es, die ihn sich anstarren ließ, sondern Verwirrung. Und diese rührte nicht davon her, dass er etwas Befremdendes sah. Er wusste einfach nicht, warum er sich denn selbst anstarrte.
Aus dem Spiegel starrte er sich einfach selbst entgegen. Dieselben schwarzen, ungebändigten Haare und dieselben tiefgrünen, leicht mit Schatten unterlegten Augen. Auch die Narbe saß noch am selben Fleck. Und dann stutzte er. Seine Narbe! Sie war genau so wie vor wenigen Tagen, als er sich das letzte Mal sah. Aber er wusste, dass etwas mit ihr geschehen war. Er wusste es einfach.
Doch sosehr Harry auch grübelte, er kam nicht darauf, was er denn nun wusste. Nur ein Bild schob sich vor seine Augen. Ein Bild, welches er nicht ganz erfassen konnte. Kurz sah er, wie er als Kind auf dem Schoß eines Fremden saß, sein Vater kniete neben ihm und kitzelte ihn durch. Ein glückliches Gefühl durchflutete Harry. Er konnte die Wärme spüren, die von seinem Vater und dem Fremden aus ging.
Plötzlich wurde sein Gesicht bleich vor Entsetzen. Diese Bild war falsch, es konnte nicht existieren. Es war nicht möglich. Die Zeit aus der dieses Bild stammen sollte, konnte nur kurz vor seiner Einschulung in die Volkschule sein und da war sein Vater schon tot. Und er glaubte nicht, dass er als Einjähriger so groß gewesen war.
Ihm wurde schlecht. Sofort sprang er vom Spiegel weg und rannte aus dem Bad. Doch das Bild blieb. Er konnte sich erinnern, wie der Mann ihm vom Boden hob und sich sein Vater von der Seite auf ihn stürzte, um ihn zu kitzeln. Er spürte das Lachen des Körpers, an den er gelehnt saß und er konnte die großen Hände spüren, die sanft auf seinen Schultern lagen, um ihn zu halten, damit er nicht unter seinem Lachen wieder auf den Boden fiel.
Tränenbäche stürzten aus den grünen Augen. Harry wusste, dass es nicht wahr sein konnte, woran er sich da erinnerte. Sein Vater war tot gewesen. ‚Oh mein Gott, ich werde wahnsinnig!', schrie er im Geist, während aus seiner Kehle nur heisere Schluchzer kamen.
Das Bild blieb nicht das einzige, dutzende ähnliche drängten sich ihm auf und er ahnte, dass es wahre Erinnerungen waren. Doch mit seinem Verstand, der es als unmöglich abstufte, konnten sie nicht konkurrieren. Er erfasste die Bilder auch kaum, zu sehr war er benebelt von den Gefühlen, die ihn zerrissen.
Und dann drängte sich ein Gedanken in den Vordergrund.
Er musste fort von hier. Nicht einfach aus dem Haus, sondern weg von London, weg von Großbritannien. Irgendwo hin, wo ihm diese Bilder nicht mehr folgen konnten. Irgendwo hin, wo es nichts mehr gab, was diese Bilder hervor rief. Er musste einen Ort finden, der ihm fremd war und weit weg von seiner jetzigen Heimat.
Der Schwarzhaarige schluchzte erneut auf, als er realisierte, dass er damit Hogwarts, sein zu Hause verlieren würde. ‚Hör auf zu weinen, es muss sein!', schrie er sich selbst an und wusste, dass es nicht wahr war. Doch im Moment gab es keine klarere Wahrheit und als er in sein Zimmer stürmte, seinen Koffer packte und rasend das Haus verlies, war es die einzige Wahrheit, die er mitnahm.
Noch bevor Harry den Vorgarten verließ, versickerten die Tränen und er wischte sich die Spuren von den Wangen. Er ließ alles zurück. Seine Freunde und sein Heimat. Aber vor allem ließ er seine Vergangenheit zurück. „Nein!", murmelte Harry. „Ich lasse die Vergangenheit zurück, von der ich nicht weiß, ob sie wahr ist!" Dabei entging ihm, dass diese Vergangenheit erst vor wenigen Minuten durch ein unbekanntes und einfach fremdes Gefühl, ausgelöst durch ein Bild, das nicht existieren konnte, erschüttert worden war. Er handelte hier aus reinem Instinkt - wenn ein Mensch einen solchen besaß.
Mit ähnlichen Gedanken im Kopf eilte der Junge durch die Straßen der Stadt und näherte sich bis zum Morgengrauen beträchtlich der Winkelgasse. Jedoch bog er zwei Straßen zuvor in eine Bahnstation ein und steuerte die Schließfächer an. Schnell zog er seinen Mantel und seinen Zauberstab hervor und stopfte sie in eine Tasche, die Ron ihm als Trost für die Ferien geschenkt hatte. Sie war aus einfachem, schwarzem Stoff und erschwinglich für einen Weasley. Schnell hängte er sie um und eilte zur Toilette. Kurz grinste er in den Spiegel. Das Ministerium hatte ihm auf Dumbledores Drängen hin, gewisse, weiße Zauberei erlaubt, solange er nicht öfter als zweimal am Tag zauberte und keinem damit schadete.
Trotzdem zögerte Harry. Er wusste, dass man den Zauber orten würde und er wollte das Ministerium nicht auf seine Spur lenken, doch er hatte keine Wahl. Es würde schon klappen und es war der einzige Zauber den er für heute geplant hatte. Wenn er erst Mal weg von London war und Großbritannien verlassen hatte, war es dem Ministerium nicht erlaubt ihn zu überwachen. Das musste dann das neue Land übernehmen, was ihm nur schaden konnte, wenn er sich unter seinem richtigen Namen registrierte.
Mit neuem Mut fischte Harry ein Buch aus der Tasche, welches er sich über die Ferien von Hogwarts geborgt hatte und blätterte darin herum. Schnell hatte er den gesuchten Zauber gefunden und beruhigte sein wildes Herz. Er legte das Buch auf das Waschbord, fixierte sein Spiegelbild. Er hatte den Zauber noch nie angewandt, aber nichts desto trotz hob er den Zauberstab und sprach die Formel. Mit dem letzten Wort verschwand sein Spiegelbild.
Harry lächelte und schloss die Augen. Er schwor sein Bild herauf und begann sein Gesicht zu verändern. Als er die Augen mit einem kleinen lateinischen Wort wieder aufschlug, sah er, wie sein Spiegelbild langsam wieder vor ihm erschien. Nun es war nicht wirklich sein Spiegelbild. Ihm gegenüber stand ein junger Mann, der um einen guten Kopf kleiner war als er selbst. Er hatte rotbraune, kurze und wild gelockte Haare, die in ihrer Ungebanntheit sehr viel Ähnlichkeit mit seinen eigenen hatte. Die grünbraunen Augen waren etwas größer als seine und wurden von dichten Wimpern umrahmt, versteckt hinter der gleichen alten Brille. Die Augenbrauen waren fein geschwungen und sein Gesicht war viel weicher. Die Narbe versteckt hinter dem Tarnzauber, aber fühlbar unter den Fingerspitzen.
„Ich glaube, so erkennt mich sicher keiner.", grinste Harry nachdem er die Brille von den scharf sehenden Augen genommen hatte und dachte seinen Plan noch einmal durch. Es war ja nicht wirklich ein Plan, aber ein Schema, nach dem er vorgehen wollte. Ein Jahr würde er London und Hogwarts fern bleiben. Ein Jahr in dem er herausfinden wollte, ob die Bilder seiner Erinnerung mit seiner erlebten Vergangenheit übereinstimmten. Wenn nicht, würde er in dieser Gestalt zurückkehren. Wenn sie sich aber wahr herausstellen sollten, würde er als Harry Potter wiederkommen und nach Antworten fragen. „Und bei Godric, Dumbledore! Wenn du sie mir nicht gibst, die Antworten, gehen ich zu Voldemort persönlich.", hisste Harry seinem Spiegelbild entgegen.
‚Shit!', fluchte er augenblicklich. Seine Stimme war eindeutig dieselbe wie zuvor. Doch das war jetzt egal. Jetzt musste er zu Gringotts und dafür sorgen, dass sein Geld ins Ausland verlegt wurde.
Schreie waren aus dem kleinen Saal zu hören. Der blonde Mann stand vor der Tür und zuckte zusammen, als er etwas zu Bruch gehen hörte. Um ihn herum standen andere Männer und Frauen, teilweise Freunde, teilweise Untergebene. Er betrachtete sie und sah ihre fragenden und entsetzten Gesichter. Keiner von ihnen hatte den Mann, der sich nun seit Stunden alleine im Saal befand, je so ausrasten sehen.
Der Blonde sah sich weiter um und entdeckte eine dunkle, hoch gewachsene Gestalt am Ende des Ganges die auf ihn zuhielt. Sein Gesicht erhellte sich für Sekunden und er kam dem Mann entgegen. „Ich weiß nicht, was los ist. Er tobt schon seit Stunden. Kurz war Ruhe, aber dann ging es umso lauter weiter."
Der Mann hörte ihm zu, dann nickte er und schob die Tür auf. Der Blonde sah es mit Angst. Kurz war das Geschrei beider Männer zu hören, die sich jetzt im Saal gegenüber stehen mussten. Dann ging die Tür auf und der Neuankömmling kam mit dem Blick in Leere heraus. „Hol was zu trinken und zu essen. Dann bring ihn in den weißen Saal und anschließend in sein Zimmer. Sagt alle Versammlungen ab. Ich mache mich mit der zweiten Garde auf den Weg und … erledige sein Problem. Stell ihm keine Fragen und … Stell einfach überhaupt keine Fragen. Er wird reden, wenn es Zeit ist. Und dann ruh dich selber aus. Die nächsten Wochen, vielleicht auch Monate werden hart."
Der Blonde nickte und sah dem Mann nach, der davon stürmte. Dann sorgte er dafür, dass dessen Anweisungen befolgt wurden. Er ließ alles vorbereiten, dann betrat er den anderen voran den Saal. Er sah ein Schlachtfeld.
Harry verließ Gringotts in demselben Augenblick, als der Blonde den kleinen Saal betrat. Meilenweit voneinander entfernt wussten sie nichts voneinander. Harry blickte in den hellen Himmel und konnte sich ein zufriedenes Gesicht nicht verkneifen. Mit einer von ihm selben vor zwei Stunden verfassten Vollmacht über das Konto von Harry Potter hatte er Gringotts betreten und das Konto mit samt dem Inhalt in ein Verließ einer New Yorker Zweigstelle verlegt. Einen Teil des Geldes hatte er in London zurückgelassen, auch sein Konto bestand noch, damit der Schein gewahrt wurde. Das Ministerium konnte nicht nach dem Betrag in den Verließen fragen, aber durchaus nach dem Bestehen eines Verlieses. Allerdings hatte er verfügt, dass sein neues Konto in Amerika unter derselben Nummer geführt wurde, sodass es erschien, als wäre nur eines vorhanden. Eine illegale, aber gängige Vorgehensweise bei Gringotts.
Jetzt war nur noch die Frage, wie er nach New York kam. Er wusste, dass es dort eine Zaubererschule gab. Eine Schule die von zwei der Gründer Hogwarts geschaffen worden war. Hermine hatte mal davon erzählt. Harry wusste auch nur zu gut, von wem die Schule gegründet worden war. Wenn er jetzt daran dachte, kam es ihm genauso unglaublich vor wie damals, als er es das erste Mal gehört hatte. Wie sollten Godric Griffindor und Salazar Slytherin je übereinkommen eine Schule zu gründen, wenn Hogwarts schon irgendwie schief gegangen war? Schließlich hatte mit der Trennung der Häuser dort auch kein Frieden zwischen den Parteien geherrscht und in der Schule in New York sollten auch zwei Häuser bestehen.
‚Da muss ich wohl abwarten.', dachte Harry und schlenderte die Straße entlang. Jetzt blieb nur noch die Frage, wie er überhaupt nach New York kommen sollte. Alle Flohnetzwerke wurden überwacht und Apparieren konnte er nicht. Also blieb nur noch ein Portschlüssel und wo sollte er den herbekommen. Um selbst einen zu verzaubern musste er einmal in dem Land gewesen sein.
Genervt blieb Harry vor einem Geschäft für Reisen stehen. Etwa zwanzig Minuten starrte er hinein, bis ihm auffiel, was er da eigentlich anstarrte und er schimpfte über sich selbst. Schnell stand er in dem Geschäft und sah sich um. Er durchstöberte die Bücher und Sachen, die es hier im Zusammenhang mit Weltreisen zu kaufen gab, legte aber jedes Stück frustriert zurück.
Plötzlich legte sich eine Hand auf seine Schulter und Harry hätte beinahe auf geschrieen. Eine Alte stand hinter ihm, die Kapuze tief ins Gesicht gezogen. „Du willst heimlich reisen, Junge, nicht wahr?", flüsterte die alte Frau, als hätte sie nur auf jemanden wie ihn gewartet.
Harry nickte.
Die Frau nickte zurück und deutete ihm ihr zu folgen. Er tat es und fand sich gleich darauf in der Nokturngasse wieder. Harry folgte ihr nach einigem Zögern. Dabei überlegte er, wie er sich der Alten vorstellen sollte, wenn diese fragte. Er kam zum Schluss, dass er den Namen, den er in Gringotts angegeben hatte schon ganz nützlich wäre.
Noch in Gedanken wurde er von der alten Frau in ein kleines Geschäft gezogen. Es war fast leer und hatte nur ein paar kaum bestückte Regale und einen winzigen Tresen. „Beachte das alles gar nicht, Junge. Der hintere Raum ist interessant."
Harry wurde nervös und tastete nach seinem Zauberstab, bevor er den hinteren Raum betrat. Hier befanden sich lauter kleiner, schmale Beistelltische. Auf jedem lag ein Gegenstand und ein Zettel, auf denen in krakeliger Handschrift Ortsnamen geschrieben waren.
„Wo musst du hin, Junge?", fragte die Frau und stierte ihn an.
„Ähm, nach New York."
„Ah. Du willst weg von zu Hause, nicht Kleiner? Ich kenn das, hatte aber nie die Möglichkeit. Alle Dinge hier sind Portschlüssel, die ich gesammelt habe. Keiner ist angemeldet und keiner kann zurückverfolgt werden.", versicherte die Alte und deutete auf eine alte, rote Bürste gleich neben Harry. „Was steht auf der?"
„New York.", las Harry vor und grinste. Dann wurde er ernst. „Wie viel soll es kosten."
„Junge, sag mir erst mal deinen Namen."
Harry schmunzelte und sagte so fest und selbstsicher wie möglich: „Mein Name ist Liam Topert." Schnell verschloss er seinen Geist, falls die Alte in seinen Gedanken lesen konnte. Er verfluchte sich, dass er das nie richtig gelernt hatte.
„Gut. Also wenn du den Portschlüssel nur in eine Richtung verwenden willst, dann kostet es nur fünfzig Galleonen.", grinste die Frau und Harry dachte nur ein Wort: Wucher!
„Wenn du einen Portschlüssel dazu haben willst, der dich wieder nach London, genau genommen in den Tropfenden Kessel, zurückbringt, dann kostet es das Doppelte."
Harry knurrte. Das war fast das ganze Geld, das er aus Gringotts Verließ genommen hatte, um auch in der Tasche etwas Geld zu haben. Hätte er doch nur mehr abgehoben. Trotzdem, er musste weg. „Gut. Wo ist der Portschlüssel für London."
Die Frau grinste und holte aus einer Kiste einen Ring hervor. Der jetzt Braunhaarige sah, dass noch mehr Ringe darin waren. Der Ring war einfach und aus Silber. „Er funktioniert, sobald du ihn auf den Daumen steckst und ‚Tropfender Kessel' sagst."
Harry nickte verstehend und holte seinen Beutel heraus. Er fischte zweihundert Galleonen heraus und leerte den Rest in die wartenden Hände der Frau. Ein paar Münzen fielen zu Boden. „Leben sie wohl, Alte.", sagte Harry schmunzelnd und leerte das restliche Geld wieder zurück in den Beutel, der unter seinem Mantel verschwand. Dann griff er nach der Bürste und das typische, saugende Gefühl des Portschlüssels erfasste ihn. Er hörte noch ein paar Worte von der Alten: „Leb wohl, Liam, und ich hoffe, dein Leben wird besser als meins."
Der Blonde schloss gerade die Tür zum weißen Saal, in den der den in schwarz gekleideten Mann gebracht hatte. Plötzlich trat der andere, der ihm das aufgetragen hatte zu ihm. „Du bist schon zurück?"
„Ja. Er ist weg.", sagte dieser und verwirrte den Blonden noch mehr. „Vergiss es. Sein Problem ist nicht mehr zu lösen. Wir müssen sehen, dass er sich beruhigt und dann abwarten."
„Gut.", murmelte der Mann mit den langen, blonden Haaren und wischte sich unglaublich müde über das Gesicht. Erschöpft ließ er sich in die Arme sinken, die ihn umfingen und genoss die sanften Worte an seinem Ohr: „Es wird alles gut. Er erinnert sich und das ist doch, was wir schon seit Jahren wollen. Schon bald kommen friedlichere Zeiten."
Der Blonde verkniff sich eine frustrierte Antwort.
New York war eine große Stadt mit vielen Menschen. Sie stank und war einfach nur überfüllt. Harry hasste diese Stadt schon jetzt, obwohl er wusste, dass er wohl einfach in einer der schlechtesten Gegenden gelandet war.
Schon seit Stunden suchte er einen Anhaltspunkt für eine Zauberergegend. Die Muggel konnte er ja schlecht fragen und wenn er sich etwas zu Essen kaufte, konnte er auch schlecht mit Galleonen bezahlen. Dann kam ihm ein Einfall. Vielleicht ab es hier ja auch so etwas wie einen Bus für gestrandete Zauberer. Einen Versuch war es wert.
Mit gestrafften Schultern zog Harry seinen Zauberstab und trat in eine Gasse, die breit genug war. Er sah sich um und hob den Zauberstab. Gerade wollte er ihn enttäuscht sinken lassen, als es ein lautes Klirren wie von einer Glocke gab, dann stand ein gelbes, undefinierbares Objekt vor ihm. Eine Klapptür ging auf und ein kleines Männchen in blau erschien. „Wo musst du hin?", fragte es und zerrte den verstörten Jungen in die Straßenbahn, wie Harry jetzt erkannte.
„Ähm, ich bin neu hier und habe mich verirrt. Ich wollte zu einer Zaubererschule oder einfach in das Zaubererviertel.", murmelte Harry.
„Welches Viertel. Wir haben fünf, Junge.", schrie der Fahrer kichernd und ließ sie Straßenbahn über einen Laster hüpfen. Harry kam das alles sehr bekannt vor.
„Ich weiß nicht.", gestand er.
„Na, weißt du wenigstens den Namen der Schule?", wurde er von dem kleinen, blauen Männchen gefragt. Harry kramte in seinem Gedächtnis.
„Irgendetwas wie Solus oder so.", sagte er in Gedanken vor sich hin. Ein lachender Schrei erklang vom Fahrer.
„Du meinst die Solariae-schule, Junge. Die andere hat keinen Namen, sondern ist eine Öffentliche. Na, dann bringen wir dich mal zur Solariae.", kicherte der Fahrer und drückte das Gaspedal durch, sofern eine Straßenbahn ein solches hatte.
Keine fünf Minuten später fiel Harry auf den Boden, als die Straßenbahn eine Vollbremsung machte. Dabei prellte er sich an der Tasche, die er vor seiner Suche nach einem Weg nach New York schnell mit allen wichtigen Sachen aus seinem Koffer gefüllt hatte. Sprich: Bücher. Sonst hatte er nichts eingepackt. Sein Besen lag schon in seinem Verließ in Gringotts. Dem Verließ hier in New York natürlich.
„Du musst hier raus, Junge. Viel Spaß an der Schule.", wurde er verabschiedet und regelrecht auf die Straße geschmissen. Harry rieb sich die Rippen. Dann drehte er sich um sich selbst. Er befand sich in einer Gasse, nicht unähnlich der Winkelgasse. Als er an dem Gebäude vor sich hinaufsah, erkannte er eine silberne Inschrift über dem Tor: schola lacrimae patriae – SO.LA.RIAE
„Aha. Sehr…einfallsreich…", seufzte Harry und schritt auf das Tor zu. Bevor er es erreichte schwang die Tür von selbst auf. Wieder entschlüpfte Harry ein ‚Aha'.
Eine Frau mit grauem Haar kam ihm entgegen und nahm ihn sanft am Arm. Dann zog sie ihn zurück und Harry starrte sie einfach nur an. „Woher kommst du?"
„Was?"
„Na gut. Dann anders: Was willst du?"
„Auf diese Schule gehen.", erwiderte Harry. Er würde keine Informationen über seine Vergangenheit, Herkunft oder sonst etwas preisgeben. Seine Devise lautete: Ich heiße Liam Topert und kann mich an nichts erinnern, außer, dass ich auf diese Schule wollte.
„Na, das dachte ich mir schon Junge. Wie heißt du?", fragte sie weiter und führte sie durch die kleine Halle zu einem türlosen Durchgang. Dahinter war nichts zu erkennen, als die Wand, die drei Meter dahinter aufragte.
„Liam Topert.", antwortete er und ließ sich von der Frau durch den Durchgang zerren. Als er die Schwelle übertrat, erblickte er auf einmal eine imposante Halle in lindgrün und braunrot, verziert mit goldenen und silbernen Intarsien. Vor ihm erstreckte sich eine fünfstufige Treppe, so breit wie der Wagon eines Zuges. Die Treppe endete in einem Absatz und machte eine riesige Tür erkennbar. Links und rechts der Tür erstreckten sich im rechten Winkel zur ersten Treppe zwei weitere Treppen. Sie führten auf eine Art Balkon, die den ersten Stock der Halle zugänglich machte. Dort befanden sich zwei weitere Türen, eine in rot und eine in grün, je am Ende der Treppe. Gleich über der Tür am ersten Absatz befand sich im ersten Stock eine zweite Tür. Sie war in dunkelgrün und blutrot gehalten. Im Erdgeschoß befand sich an der rechten und an der linken Wand ebenso je eine Tür. Sie waren eher Durchgänge, da die Türen ausgehängt waren.
„Genug umgesehen, Junge?", fragte die Frau und Harry bemerkte, dass er schon länger starren musste. „Also, zur Erklärung. Der Durchgang rechts führt zu den Lehrerquartieren, Klassenzimmern, zum Keller und zum Gewächshaus, sowie zu dem Schlossgelände. Der links zum Speisesaal und der Küche. Die Tür am ersten Absatz zum Astronomieturm und zum Raum des Direktors. Die grüne Tür rechts oben zu dem Turm der Slytherin mit eigenem Gemeinschaftsraum. Die links zu demselben, allerdings Gryffindor zugehörig. Die Tür über der auf dem Absatz führt zu dem Gemeinschaftsraum, der beiden Häusern zugänglich ist. Komm, ich bringe dich jetzt zur Direktorin."
Harry nickte und schluckte. Er war gerade drauf gekommen, dass, wenn die Direktorin es nicht erlaubte, dass er für den Rest des Sommers hier bleiben dürfte, sich auch noch eine Bleibe suchen musste.
Eine halbe Stunde später verließ er das Büro der Direktorin als neuer Schüler dieses Internats.
In den letzten dreißig Minuten hatte er nicht eine Frage über seine Vergangenheit über sich ertragen müssen. Man hatte ihm nur gesagt, wie viel ein Jahr kostete – was ihn sich fragen ließ, ob er das schon bezahlte Geld für das eine Jahr, das er nicht in Hogwarts verbrachte, zurückbekommen würde – was die ungefähren Regeln waren und in welches Haus er weswegen eingeteilt wurde. Der Hut, den er wie in Hogwarts aufsetzten musste und dessen Tradition in jeder Schule zu bestehen schien, hatte ihn ohne eine Diskussion nach Slytherin eingeteilt.
Wenn man sagte, Harry sei geschockt gewesen, war das untertrieben. Er hatte sich weigern wollen, doch die Direktorin hatte nur gemeint, es käme nichts anderes in Frage. Alle Reinblütler kämen nach Slytherin, der Rest nach Gryffindor. Harry hatte nichts erwidert, zu geschockt war er von dieser Aussage. Er war kein Reinblütler, denn seine Mutter war eine Muggelgeborene. Wie also, konnte das sein?
Harry hatte nach einem kurzen Gedanken, dass er das schon noch erfahren würde, stattdessen gefragt, warum die Einteilung derer Art war. „Weil Reinblütler die Tradition wahren und die alte Zauberei besser beherrschen als Mischblütler, sowie es Salazar Slytherin tat, und weil Mischblütler neu Wege finden und für Veränderung sind, wie es eben Godric Gryffindor vertrat.", war die schnelle Antwort gewesen.
Damit war er abgespeist und entlassen worden. Er hatte noch das Passwort für sein persönliches Zimmer erhalten – jeder hier hatte anscheinend ein eigenes, wenn er nicht mit einem Freund zusammen wohnen wollte – und wurde nun von den Bildern zu seinem Zimmer gelotst. Vor der Tür zu dem Reich der Slytherin zögerte er. Würde das hier genau so sein, wie in Hogwarts? Dann schnaubte er. Hier war er Liam und hier war er ein Slytherin. Er hatte keine bestimmte Vergangenheit nur eine offene Zukunft. Wenn er durch diese Tür trat, dann würde er für ein Jahr weder Harry noch ein anderer sein. Er wäre Liam, der auf der Suche nach seiner Vergangenheit war. Wenn er sie gefunden hatte, dann, und nur dann, wäre er wieder Harry Potter.
‚Fass Mut, Liam.', munterte er sich auf und berührte die Tür, die sofort auf glitt. Ihn erwarteten seine Zukunft und seine Vergangenheit.
