Anmerkungen:
Dies ist die autorisierte Übersetzung von verityburns' "The Green Blade", zu finden hier auf FF-Net unter: s/7077614/1/The-Green-Blade.
Die Geschichte ist im Herbst nach den Ereignissen aus Staffel 1 angesiedelt.
Es gelten die üblichen Disclaimer: Weder Inhalt noch Charaktere sind meine, zu finanziellem Gewinn wird hie auch nichts genutzt.
Viel Vergnügen!
Kapitel 1
Ein ruhiges Wochenende
„Ms. Pickering?"
Moira zögerte, während sie durch den Spalt, den die Türkette zuließ, zu dem Mann auf ihrer Türschwelle aufblickte. Hmm. Nicht direkt ihre Vorstellung von groß, dunkel und gutaussehend – aber er war wesentlich näher dran als die Avon-Vertreterin.
„Ms. Moira Pickering?"
„Das bin ich." Sie nickte, und ihre blonden Locken wippten mit.
Der Mann hielt seinen Ausweis mit der silbernen Polizeiplakette deutlich sichtbar hoch. „Detective Inspector Lestrade, New Scotland Yard. Hätten Sie einen Moment Zeit?"
Moira atmete scharf ein und hielt sich eine Hand vor den Mund. War etwa … Nein – dann würden sie wohl kaum zu ihr kommen. Das konnte nicht sein. "Worum geht es?", fragte sie mit rasendem Herzen. "Ist jemandem etwas zugestoßen?"
„Nein, nein, es ist nichts dergleichen. Bitte machen Sie sich keine Sorgen." Er lächelte beruhigend. „Nur eine Routine-Befragung. Darf ich reinkommen? Ich werde nur ein paar Minuten Ihrer Zeit beanspruchen."
Moira atmete erleichtert aus und ließ ihre Hand auf die Brust sinken. „Sie haben mich erschreckt", sagte sie, noch immer etwas zittrig, als sie die Türkette löste und die Tür vollständig öffnete. "Kommen Sie rein." Sie machte einen Schritt zurück zur Wand, damit er an ihr vorbei ihren schmalen Flur betreten konnte. „Bitte, gehen Sie durch."
Sie folgte ihm ins Wohnzimmer, wo er sich aufs weiche Ende des Sofas setzte. Er sah leicht alarmiert aus, als seine Hüfte unter Kniehöhe rutschte.
„Tut mir leid", entschuldigte sich Moira. Bei seinem Gesichtsausdruck musste sie ein Lächeln verbergen. Er war offensichtlich kein Mann, der gerne unwürdevoll erschien. „Die Federn lassen nach. Ersatz steht auf meiner Liste mit Dingen, die ich kaufe, wenn ich mal Geld verdiene, das ich noch nicht ausgegeben habe."
„Kein Problem", erwiderte er. Er brachte ein Lächeln zustande und rutschte nach vorn, bis er auf der Sofakante saß. Er zog ein Notizbuch aus der Innentasche, räusperte sich und hustete. „Entschuldigen Sie. Sie hätten nicht zufällig eine Tasse Tee?" Sein Lächeln wurde hoffnungsvoll. "Es ist nur so, dass das hier mein sechzehntes Interview an diesem Nachmittag ist, und ich bin völlig ausgetrocknet."
Moira zögerte. Es war schon halb fünf, es waren also nur noch eineinhalb Stunden bis Strictly Come Dancing lief, und eigentlich hatte sie ein Schaumbad eingeplant, bevor sie sich mit einer Flasche Wein und ihren flauschigen Slippern vor den Fernseher setzte.
Er hustete noch einmal ziemlich erbärmlich, und sie rollte mit den Augen, als sie im Geiste das Schaumbad auf nach der Sendung verschob. „Ich setz einen Kessel auf."
Reichlich erleichtert ging sie in die Küche. Wenn sie das sechzehnte Interview war, dann konnte es nichts besonders Persönliches sein. Jedenfalls konnte es nichts mit Robert zu tun haben. Also ging es ihm gut.
"Nehmen Sie Milch?", rief sie über die Schulter.
„Ja, bitte", hörte sie, als sie den Kessel aufsetzte und nach den Teebeuteln griff. Als sie vor der offenen Schranktür stand, bewegte sich ihre Hand automatisch erst in Richtung der Becher, aber dann hielt sie inne. Bis ein voller Becher Tee leer war, dauerte es eine Weile. In der Hoffnung, ihr schönes Schaumbad zu retten, stellte sie sich auf die Zehenspitzen, um an das oberste Regal heranreichen zu können, nahm die Tassen mitsamt den Untertassen heraus, auf denen ihre Mutter immer bestand, und stellte sie zusammen mit Löffeln und einer Zuckerdose auf ein Tablett.
Als der Tee fertig war, trug sie das Tablett ins Wohnzimmer und stellte es auf das Kaffeetischchen.
Sie bekam ein „Vielen Dank, das ist sehr nett von Ihnen", aber bevor sie sich setzen konnte, folgte ein weiteres hoffnungsvolles Lächeln.
„Sie haben nicht zufällig auch ein paar Kekse?" Das Lächeln wurde von einem Gesichtsausdruck begleitet, den man allgemein als Hundeblick bezeichnen würde. „Entschuldigen Sie", fügte er sofort hinzu. "Es tut mir leid, ich will keine Umstände machen." Das Lächeln wurde wagemutig, als er nach dem Zucker griff. „Ich hatte nur keine Zeit fürs Mittagessen, das ist alles."
Moira seufzte. „Das ist kein Problem", sagte sie und kehrte resigniert in die Küche zurück. Nun, er würde sich mit Vanillecreme-Plätzchen zufriedengeben müssen, beschloss sie, und schüttete den Inhalt der Packung auf eine Platte. Sie wischte die gröbsten Krümel ab, während sie sich fragte, ob diese Kekse wohl schon abgelaufen waren. Sie zuckte mit den Schultern. Die würden reichen müssen. Er würde nicht ihre Samstagabend-Fernsehkekse mit extra Schokolade kriegen, egal wie süß er war.
„Also, worum geht es?", fragte sie, als sie sich wieder auf ihren Platz im rechten Winkel zur Couch setzte und ihre Tasse nahm.
Er rührte noch immer seinen Tee um und tippte dabei rhythmisch gegen das feine Porzellan. „Sind Sie vertraut mit dem … nun ja, die Presse bezeichnet ihn meist als Wochenend-Killer?", fragte er und setzte seinen Löffel ab, um nach einem Keks zu greifen. „Vielen Dank hierfür", setzte er hinzu und nahm einen Bissen.
„Der Serienkiller?", fragte Moira und rutschte in einem leichten Anflug von Nervenkitzel in ihrem Sessel nach vorne. Das war interessant. Ein paar Insider-Informationen würden den Klatsch im Büro am Montagmorgen mit Sicherheit beleben.
Ihre Frage wurde mit einer Grimasse beantwortet. „Wir ziehen es vor, diesen Ausdruck nicht zu verwenden, aber das ist der Fall, von dem ich spreche, ja. Was wissen Sie darüber?", fragte er. „Nur damit ich Sie nicht mit Wiederholungen langweile."
„Nur das, was in den Zeitungen gestanden hat", erklärte Moira. „Drei Leute wurden in ihrem Wohnzimmer ermordet, an den vergangenen drei Wochenenden. An den Sonntagen, wenn man der Regenbogenpresse glauben darf. Der Mirror hat ihn den ‚Sonntagsschlitzer' genannt. Stimmt das, sind es immer die Sonntage?"
„Na ja, wir haben diese Information noch nicht offiziell herausgegeben, da es in zweien der Fälle schwierig war, den Todeszeitpunkt zu bestimmen – die Opfer haben alle allein gelebt, deshalb wurden die Leichen nicht sofort entdeckt." Er machte eine Pause und hob die Augenbrauen hoffnungsvoll in Richtung der Kekse.
„Oh, bitte bedienen Sie sich", bot Moira an. Sie wünschte, er würde endlich zur Sache kommen. Sie trank noch etwas Tee, während er geräuschvoll kaute. Gab es bei Scotland Yard nichts zu essen?
Ihr Blick landete auf seiner Brust, als er sich die Krümel von der Jacke klopfte. Er sah wirklich gar nicht schlecht aus. Vielleicht etwas dünn für ihren Geschmack, aber irgendwas hatte er definitiv an sich. Sie begann, ans Abendessen zu denken, und ging im Kopf den Inhalt ihres Kühlschranks durch. Immerhin war Robert ihr auch nicht treu, was immer er auch versprechen mochte, und Strictly konnte sie genauso gut am nächsten Morgen auf ihrem iPlayer sehen.
Er nahm wieder sein Notizbuch zur Hand, und sie beobachtete, wie seine langen Finger den Kugelschreiber hielten. Diese Hände sahen wirklich talentiert aus.
„Aber, ja, wir sind jetzt sicher, dass der Tod in allen Fällen am Sonntag eingetreten ist."
Es dauerte einen Moment, bis Moira wieder in das Gespräch hineingefunden hatte. „Ah." Sie gab sich innerlich einen Ruck. „Und wie kann ich helfen?"
„Nun ja, wir haben Anlass zu der Vermutung, dass das nächste Opfer des Killers aus dieser Gegend stammen wird", sagte er. „Wir machen nur die Runde bei Leuten, die dem Opferprofil entsprechen."
„Und ich passe auf die Kriterien?" Das war nun mit Sicherheit nichts, was irgend jemand gerne hörte.
„Oh ja, sehr genau, fürchte ich."
Moira schauderte. Bei dieser Unterhaltung wurde ihr ein wenig unwohl. Sie nahm wieder ihre Tasse zur Hand und nippte am letzten Rest ihres Tees.
„Tja, ich plane nur ein ruhiges Wochenende", sagte sie. „Ich werde morgen ganz bestimmt meine Fenster und Türen verschlossen halten, da können Sie sicher sein." Sie überlegte, ob es nicht vielleicht besser war, für morgen zu ihrer Mutter zu fahren. Besser auf Nummer sicher gehen.
„Ich fürchte, das reicht möglicherweise nicht aus", warnte er. „Bislang gab es nirgends Anzeichen für einen Einbruch." Er warf einen Blick in sein Notizbuch. „Zuerst dachten wir, die Opfer würden den Täter vielleicht kennen, aber wir konnten keine Verbindung zwischen ihnen finden, daher vermuten wir jetzt, dass er sich unter Vorspiegelung falscher Tatsachen Zutritt zu den Wohnungen verschafft."
Moira dachte einen Moment nach. „Sie meinen, er behauptet, er müsste den Gaszähler ablesen?"
„So etwas in der Art", erwiderte er lächelnd. Wirklich, sein Lächeln war nicht annähernd so attraktiv, wie sie zuerst gedacht hatte, entschied sie beiläufig. Er konnte sich selbst ein Abendessen besorgen.
Er beugte sich mit besorgtem Gesicht vor. „Geht es Ihnen gut, Miss Pickering?", fragte er. „Sie sehen etwas blass aus."
Moira blinzelte ein paarmal und zwang sich, sich zu konzentrieren. „Mir geht's gut", sagte sie. „Bin nur müde, es war eine lange Woche."
„Ich denke, wir sind so gut wie fertig", versicherte er in beruhigendem Ton. „Zum Abschluss, haben Sie Freunde oder Nachbarn, die nach Ihnen sehen?" Er lächelte wieder. „Frauen, die allein leben, machen uns besondere Sorgen."
Moira schüttelte den Kopf. „Nein, ich habe nicht besonders viel mit meinen Nachbarn zu tun. Und wie ich schon sagte, ich hatte ein ruhiges Wochenende geplant. Ich wollte nur etwas Hausarbeit nachholen, fernsehen, so was." Sie runzelte die Stirn. „Jetzt, wo Sie mir das erzählt haben, besuche ich morgen vielleicht meine Mutter. Wie sicher sind Sie, dass er in dieser Gegend zuschlagen wird?"
„Oh, ich würde sagen, ziemlich sicher", erwiderte er, klappte sein Notizbuch zu und steckte den Stift weg.
Ein plötzliches Gähnen überraschte sie, und Moira hielt sich eilig die Hand vor den Mund. „Oh, verzeihen sie. Ich gehe heute früh ins Bett, denke ich. Wenigstens muss ich mir jetzt noch keine Sorgen machen, oder? Immerhin ist erst Samstag." Sie lachte etwas nervös und fragte sich dann, ob das wohl unangebracht war.
„Natürlich", stimmte er zu. Er sah sie etwas seltsam an.
Moira wurde rot. Sie stellte ihre Tasse zurück auf den Tisch, überrascht, sie auf dem Untersetzer klirren zu hören. Wirklich, diese Unterhaltung war äußerst beunruhigend, es war kein Wunder, dass sie nervös war. Er nahm ihr die Tasse aus der Hand und stellte sie vorsichtig ab.
"Nur eine letzte Frage noch, wenn es Ihnen nichts ausmacht."
Moira sah ihn fragend an. Ein Teil von ihr wunderte sich, weshalb sich seine Stimme entfernter anhörte, während er gleichzeitig näher zu kommen schien.
„Wie lange wird es dauern, bis Sie jemand vermisst?
