Disclaimer: Mir gehört hier nicht viel. Die Charaktere stammen von Naoko Takeuchi, und selbst die Handlung stammt nicht komplett aus meiner Feder. Die Geschichte baut auf Folge 110 der Anime-Serie auf ("Die Talismane"). Ich hatte das Gefühl, da fehlt ganz viel, was Haruka und Michiru betrifft.
Betas: Das tolle Rudel, zu dem ich gehöre, hat mir gleich zwei wundervolle Betas beschert: Kakyuu und hagummiers, vielen Dank euch beiden!
„Das ist nicht fair, dass du dich in deine eigene Welt zurückziehst und mich hier alleine lässt."
Michiru gingen Harukas Worte nicht mehr aus dem Kopf. Mit kraftvollen Schwimmzügen glitt sie durchs Wasser, tauchte, bis ihr der Atem ausging, kraulte, so schnell sie konnte - aber die Gedanken ließen sich nicht abschütteln. Schließlich gelangte sie prustend an die Wasseroberfläche und erreichte binnen Sekunden den Rand des Beckens.
Sie schloss die Augen und stützte sich auf die kühlen Fliesen. Haruka hatte Recht, momentan war sie oft in Grübeleien versunken. Jeder Versuch der Ablenkung scheiterte. Inzwischen gelang es ihr nicht einmal mehr beim Musik machen, an nichts zu denken und alles um sich herum zu vergessen. Dabei war die Geige sonst immer ihre letzte Rettung gewesen.
Michiru konnte Haruka nicht hineinlassen in ihre Gedankenwelt. Sie war sich sicher, dass ihre Partnerin nicht gutheißen konnte, worüber sie nachdachte. Oder vielleicht doch…?
Sie öffnete die Augen und blickte aufs nun ruhige Wasser des Pools. Sie fühlte, dass das Meer zu toben begann… und alles, was sie wollte, war, diesen Ruf zu ignorieren.
Nie war sie so nah daran gewesen, aufzugeben. Aber es stand zu viel auf dem Spiel… sie durfte jetzt nicht schwach werden.
Kraftvoll drückte sie sich hoch und stieg aus dem Wasser. Sie schnappte sich das Handtuch, das sie nicht weit entfernt auf der Liege zurückgelassen hatte, und legte es sich um die Schultern. Dann schüttelte sie ihre Haare, dass die Tropfen nur so flogen, und verließ die Schwimmhalle. Sie musste mit Haruka reden. Sie brauchte ihren Zuspruch und ihre Entschlossenheit.
Eine schrille Stimme tönte aus dem Anrufbeantworter, als Michiru in den Flur trat. Ein Schaudern lief ihr über den Nacken, als sie feststellte, dass ihr die Stimme unangenehm bekannt war. War das Eugeal? Irritation beschlich Michiru. Warum rief eine Feindin, bei ihnen an? Sie hielt inne, um die Worte zu verstehen. Die Hexe hatte den Träger eines Talismans ausfindig gemacht. Dann war es also wahr. Sie hatte es gespürt, hatte eine Ahnung gehabt, dass heute etwas geschehen würde.
Vorsichtig stieß Michiru die Tür zum Esszimmer auf. Das Faxgerät spuckte ein Blatt Papier aus, aber sie warf nur einen kurzen Blick darauf.
„Ich glaube, dass sie die Wahrheit sagt. Sie weiß bestimmt, wo der Talisman ist." Haruka saß auf dem Fensterbrett, mit starrem Blick und steinerner Miene. Ihre Stimme klang hart. Michiru musterte sie.
„Ja, das entspricht genau meiner Vorahnung. Es ist soweit."
Was, wenn Haruka ihre Gedanken teilte? Was, wenn –
Haruka starrte wortlos auf ihre Hände. Michiru fragte sich, was ihr durch den Kopf ging und fühlte eine heftige Traurigkeit in sich aufsteigen. Sie ahnte, dass Haruka von einer ähnlichen Verzweiflung erfasst worden war wie sie selbst. War es das wert? Sie wusste, dass ihre Partnerin genausowenig wie sie selbst leichtfertig einen Menschen opfern wollte. Aber sie hatten sich darauf geeinigt, dass die Mission vorging. Dass sie Opfer nicht vermeiden konnten. Dass die Stille unbedingt verhindert werden musste… um jeden Preis.
Und doch, wieder einmal schlich sich diese Stimme in ihren Kopf, die nachhakte, nicht lockerließ - um jeden Preis? Sie kämpfte seit Wochen ums Durchhalten, denn so sehr das tobende Meer sie dazu trieb, zu kämpfen, so sehr sehnte sie sich nach Frieden, so sehr sehnte sie sich nach Ruhe und einem Leben ohne Kämpfe und nach -
„Michiru?"
Haruka.
Sanft griff Michiru nach der Hand ihrer Partnerin und setzte sich zu ihr aufs Fensterbrett.
Vielleicht war das ihre Chance. Vielleicht würden sie heute einen Talisman finden, und dann noch einen und einen dritten, und dann wäre ihre Mission beendet und sie könnten zusammen leben ohne -
„Woran denkst du?"
Harukas Finger spielten mit den ihren, streichelten sanft die noch feuchte Haut, fuhren über ihre Handfläche und lösten eine starke Sehnsucht in ihr aus. Michiru spürte, wie ihr die Tränen in die Augen stiegen und versuchte verzweifelt, dagegen anzukämpfen.
Das Schicksal der Welt hing davon ab, dass sie ihre Mission erfüllten. Sie hatten kein Recht, sich zu lieben. Nicht jetzt.
„Haruka, keine Angst. Weißt du, mir gefallen deine Hände."
Sie hatten kein Recht, sich zu lieben. Aber wie sollte es möglich sein, darauf zu verzichten?
