Schicksal?

Ein Mädchen rannte durch die Gänge von Hogwarts.

Ihr gelocktes rot-braunes Haar wehte hinter ihr her.

Auf den ersten Blick hätte man meinen können, Hermine Granger sei einfach nur glücklich, dass jetzt Ferien waren, doch wenn man ihr ins Gesicht, in die Augen sah, war dort keine Quäntchen Glück.

In ihrem Gesicht stand nur Trauer, Verzweiflung und unendlicher Schmerz geschrieben.

Ihr Blick schien nichts um sie herum wahrzunehmen, als würde er die Grenzen dieser Welt durchbrechen und in eine andere Welt, ohne Trauer und Schmerz blicken.

Schnell trugen ihre Füße sie ihrem Ziel entgegen, fanden automatisch ihren Weg.

Rundung um Rundung stolperte sie die Wendeltreppe zum Westturm empor und stieß schließlich schwer atmend die Tür zur Plattform auf.

Für einen Augenblick raubte der eisige Wind ihr den Atem und der Schnee, der ihr entgegen wirbelte, schnitt wie kleine Klingen in ihre Wangen und machte sie gefühllos.

Ein paar Sekunden verharrte sei so, schloss die Augen und sog die eiskalte Luft ein, in der irrsinnigen Hoffnung, die Kälte möge auch ihr Inneres gefühllos machen.

Schließlich wandte sie sich um und schloss die Tür hinter sich, sperrte ein Stück der Realität aus.

Doch der Schmerz ließ sich nicht aussperren.

Sei trat and die Brüstung und sah unter sich die Ländereien von Hogwarts. Hagrinds Hütte, der See, alles war wie immer, wie früher, wie Gestern.

Aber es war nichts mehr wie früher.

Wie glücklich war sie gestern noch gewesen, die ganzen letzten Monate!

Die war so froh gewesen, dass Harry über Sirius Tod hinweggekommen war, dass ie selbst Viktor hinter sich gelassen hatte.

In Ginny hatte sie eine Freundin gefunden und die hatte Harry geholfen dem Strudel von Trauer und Verzweiflung zu entkommen.

Die zwei waren ein schönes Paar.

Unwillkürlich schlich sich ein wehmütiges Lächeln auf ihre hübschen Gesichtszüge.

Die Sehnsucht, nach jemandem der sie festhielt, sie zurückholte, aus dem Schmerz, schien übermächtig in ihrem Herzen. Aber da war niemand.

In den letzten Monaten hatte sie sich vom Glück anderer anstecken lassen, war zu wahren Höhenflügen angestachelt worden. So glücklich war sie selbst gewesen...

Bis heute Morgen, bis vor einer Stunde.

Sie schloss die Augen, sah noch einmal alles an sich vorüberziehen: Sie selbst lachend und scherzend mit Ginny, Ron und Harry auf dem Weg zum Zug, der sie zu ihern Eltern bringen sollte; dann eine völlig aufgelöste Professor McGonagall, die auf sei zugestürmt kam und ihr mitteilte, sie müsse sofort zum Schulleiter kommen; die endlosen Korridore, durch die sie McGonagall gefolgt war, während sich langsam eine eiserne Faust um ihr Herz zu schließen schien.

Und dann Dumbledore, Dumbledore der mit einem einzigen Satz ihr ganzes bisheriges Leben wie eine Seifenblase hatte zerplatzen lassen.

„Deine Eltern wurden angegriffen...wir konnten sie nicht mehr retten."

Er hatte noch viel mehr gesagt, doch in ihrem Kopf hallte immer nur diese Worte „...konnten ihnen nicht mehr helfen...".

Sei hatte nur da gesessen und ihn angestarrt, sie wusste nicht wie lange.

Langsam sickerten die Worte in ihren Verstand und etwas in ihr war zerbrochen.

Eine Teil von ihr schien mit ihren Eltern gestorben zu sein und nichts als Schmerz und Trauer blieben zurück.

Hermine schüttelte sich wie ein junger Hund, wollte diese Erinnerung abstreifen, und doch wusste sie, dass sie das niemals können würde. Sie würde immer ein Teil von ihr sein.

Langsam öffnete Hermine die Augen wieder und blickte hinab auf die Schlossgründe und die tanzenden Schneeflocken. So schön...

Eine einsame Träne rollte über ihre Wange und sie flüsterte: „ Warum ich?!"

Die Träne löste sich von ihrem Kinn und ihre Augen versuchten ihrem Flug zu folgen.

Durch das Schneegestöber erkannte sie eine Gestalt, die offenbar soeben aus der Eingangshalle nach draußen gestürzt war.

Jetzt rannte sei hinter zum See.

Winzig und verloren wirkte sie von hier oben aus.

Winzig und verloren wie sie selbst.

Und als hätte dieser Gedanke etwas in ihr gelöst, flossen plötzlich die Tränen in Strömen.

Langsam glitt sie mit dem Rücken an der Brüstung entlang, bis sie am Boden hockte.

Sie umschlang ihre Knie mit den Arme und legte ihr Gesicht darauf.

Sie wusste später nicht, wie lange sie so da gesessen hatte, weinend, die Kälte nicht wahrnehmend.

Vielleicht eine Stunde, vielleicht auch drei.

Eiskristalle setzten sich wie Perlen auf ihr Haar, ihre Kleider waren nass, auf ihren Wangen gefroren die Tränen.

Irgendwann öffnete sich die Tür erneut, doch sie nahm längst nichts mehr um sich her wahr.

So bemerkte sie auch den blonden Jungen nicht,, der wie versteinert, mit der Klinke in der Hand in der Öffnung stand und sie anstarrte.

Erst als er sie an der Schulter packte und fast panisch „GRANGER, verdammt spinnst du?!" in ihr Ohr zischte, hob sie wie in Zeitlupe den Kopf und sah sich plötzlich eisblauen Augen in einem blassen Gesicht umrahmt von silberblonden Haaren gegenüber.

Sei brauchte einen Moment, um zu realisieren, wer da neben ihr stand.

Gestern hatte sie Draco Malfoy wahrscheinlich dafür, dass er sie angefasst hatte, eine runter gehauen, heute ließ sie es willenlos geschehen, sah ihn nur unverwandt an und am Rande ihres Verstandes nahm sie den angstvollen Ausdruck in seinen Augen wahr.

Seine Stimme schien durch einen Nebel zu ihr durchzudringen: „ Mein Gott, du bist ja halb erfroren, was hast du dir dabei gedacht, um Himmels Willen?!"

Aber er erhielt keine Antwort, außer einen leeren Blick aus braunen Augen.

Langsam wurde es wirklich brenzlig, er musste sie aus der Kälte holen. Kurz zögerte er, dann packte er sie unter den Armen und zog sie hoch, doch sie knickte sofort wieder weg.

Im letzten Moment hielt er sie fest.

Erneut hielt er kurz inne, wusste nicht, ob er das wirklich tun sollte, dann beugte er sich vor umfasste ihre Tallie, ihre Beine und hob sie auf seien Arme.

Die wehrte sich nicht und er war froh darüber, und doch ängstigte es ihn.

Eine Hermine Granger ließ sich nicht von einem Malfoy auf den Arm nehmen.

Schritt für Schritt tastete er sich die Treppe hinunter und weiter in Richtung Krankenflügel.

Irgendwann verlor Hermine das Bewusstsein und unerklärlicherweise machte es ihm panische Angst. ER kannte dieses Mädchen als zäh und stolz, auch wenn sie ein Schlammblut war, hatte sie ihm immer Parolie geboten. Was mochte nur passiert sein?

Als er den Krankenflügel erreichte, kam ihm Madame Pomfrey schon entgegen und schlug die Hände vor den Mund, als sie Hermine erkannte, was Draco als äußerst merkwürdig verbuchte.

Zwei Minuten später lag Hermine in einem Bett und Draco war schon wieder auf dem Weg zum Essen und er fühlte sich ganz und gar nicht wohl.

ER hatte höchstwahrscheinlich gerade einem Schlammblut das Leben gerettet und er machte sich zu seiner größten Beunruhigung noch immer Sorgen um sie.

Wahrend also Draco Malfoy grübelnd beim Mittagessen saß, erwachte Hermine im Krankenflügel.

Sie blinzelte und sah sich suchend um. Wo wahr sie?

Sei lag in einem Bett , an der gegenüberliegenden Wand standen noch mehr.

Langsam erkannte sie den Krankenflügel.

Wieso war sei hier?

Und wie ein Strom eiskalten Wassers strömte die Erinnerung auf sei ein und rissen sie in einen Strudel von Schmerz.

So lange hatte sie dort oben gesessen, hatte um ihr zerstörtes Leben, ihre Eltern geweint.

Aber wie sie hier her gekommen war, sei hatte keine Ahnung.

In diesem Moment wurden ihre Grübeleien von Mdm Pomfrey unterbrochen: „Ah, sie sind wach! Was machen sie nur für Sachen?! Hier, trinken sie das hier!"

Damit drückte sie Hermine eine Phiole mit gelblicher Flüssigkeit in die Hand.

Aber Hermine trank nicht sofort: „ Wie bin ich hier her gekommen und wieso?"

Ihre Stimme klang krächzend, als hätte sie sie lange nicht benutzt.

Schnell setzte sie die Philole an die Lippen, doch sie blickte weiter unverwandt Mdm Pomfrey an.

Die runzelte die Stirm und antwortete: „ Vor einer Stunde brachte sie der junge Mr malfoy halb erfroren hier her und sagte, er habe sie auf dem Westturm gefunden. Anscheinend hat er sie bis hier her getragen. Er war sehr besorgt um sie."

Beinahe hätte Hermine sich am letzten Schluck der Tranks verschluckt.

Mit offenem Mund starrte sei Mdm Pomfrey an, doch die nahm ihr nur die Phiole aus der Hand und wuselte davon, eine fassungslose Hermine zurücklassend.

Draco Malfoy hatte sei hier her GETRAGEN?! Hatte sich um sie, eine Schlammblut gesorgt?!

In den nächsten Stunden, die sie noch im Krankenflügel verbringen musste, grübelte sie über Malfoy nach.

Wenn sie so darüber nachdachte, hatte er sich seit letztem Jahr tatsächlich sehr verändert.

Früher hatte man ihm fast nur mit seinen Spießgesellen Crabbe und Goyle angetroffen, seit einigen Monaten war er fast immer allein.

Of hatte sie ihn in der Bibliothek gesehen, wie er über komplizierten Tabellen brütete.

Aber das komischste, was ihr bis jetzt merkwürdigerweise noch gar nicht aufgefallen war, war, dass er sie schon sehr lange nicht mehr als Schlammblut bezeichnet hatte. Und am Jüngere traktieren hatte er wohl auch den Spaß verloren.

Hermine grübelte und grübelte, aber ihr fiel kein Grund für diesen Wandel ein und irgendwann gab sie es auf.

Als sie am Abend den Krankenflügel verlassen durfte, hatte sie der Schmerz schon wieder fest im Griff.

Als sie ihren einsamen Schlafsaal betrat, ließ sie sich einfach auf ihr Bett fallen und weinte sich in den Schlaf, nicht ahnend, dass in einem anderen Teil des Schlosses ein blonder Junge mit eisblauen Augen auf seinem Bett lag, die Decke anstarrte und über sie nachgrübelte.