"Was'n los, Malfoy?" fragte ein verschlafener Blaise Zabini, der sich mit trägen Bewegungen aus seiner Bettdecke schälte und seinem Freund, der nachdenklich am Fenster stand und auf den Verbotenen Wald starrte, einen halb neugierigen, halb genervten Blick zuwarf. Verflucht, der Kerl könnte die Nacht doch zur Abwechselung auch mal dazu nutzen zu schlafen!
Draco wandte nicht mal den Kopf. "Du schnarchst, Zabini", erwiderte er in gewohnter Malfoy-Manier, woraufhin der Dunkelhaarige spöttisch eine Augenbraue lupfte.
"Ich schnarche nicht", gab er gereizt zurück, "du kannst nur schon wieder nicht schlafen, weil du an diesen trotteligen Gryffindor denkst."
Malfoys Lippen kräuselten sich leicht. "Doch, du schnarchst", antwortete er, wohlweislich die Bemerkung über jenen gewissen Gryffindor übergehend.
Blaise rollte frustriert mit den Augen und kuschelte sich wieder in seine Decken. "Leg dich schlafen, Dray", murmelte er noch, "sonst siehst du morgen aus wie ein Junkie auf Entzug."
Draco warf ihm einen kurzen, bitterbösen Blick zu, den Blaise jedoch nicht einmal bemerkte da er schon eingeschlafen war, seufzte dann und machte einen Schritt auf sein Bett zu. Die Laken schienen ihm kalt und verlassen und er wünschte sich sehnlichst, irgendjemanden zu haben, an den er sich im Schlaf anschmiegen konnte. Was waren das noch für Zeiten gewesen, als jede Nacht ein anderer, weicher Körper darin lag um ihn zu wärmen... Allerdings war das jetzt immerhin schon 2 Monate lang Geschichte und er hatte auch nicht vor, es wieder Gegenwart werden zu lassen - denn das er dazu theoretisch die Macht (oder eher das Aussehen) hatte, stand außer Frage.
Zur Zeit wollte er allerdings nur einen einzigen Menschen in diesen Decken begegnen, aber dummerweise war dieser Mensch für ihn wohl auch der Einzige, den er nie würde haben können.
Er seufzte erneut, verzog unwillig sein Gesicht und kroch dann ebenfalls in sein Bett. Wenigstens konnte er davon träumen, auch wenn das ein mehr als schwacher Trost für jemanden war, der bisher alles was er je haben wollte auch bekommen hatte.
Am nächsten Morgen war er - wie nicht anders zu erwarten war - furchtbar unausgeschlafen und dementsprechend schlecht gelaunt. Zabini störte sich aus Gewohnheitsgründen nicht weiter daran und begann, seine Haare durch eine kleine Menge an Gel in ihren gewohnten "Ich-bin-der-coolste-Zauberer-der-Welt"-Look zu bringen, während Malfoy eine ungleich größere Menge an Gel nahm um sich seine silberblonden Haare eng an den Kopf zu kleben.
"Malfoy", seufzte Blaise, während er dem Unterfangen mit gerunzelter Stirn zusah, "wann hörst du endlich auf damit? Erstens verbrauchst du auf diese Weise eine Tube Gel pro Woche und zweitens siehst du viel besser aus, wenn auch mal eine Strähne aus deiner Beton-Frisur herausguckt!"
Draco maß ihn mit einem finsteren Blick. "Erzähl du mir nicht was gut aussieht", grollte er, "immerhin warst du zwei geschlagene Jahre lang in Pansy verliebt."
Blaise schmunzelte leicht und drehte eine Strähne so, dass sie ihm verwegen ins Gesicht hing. "So ziemlich jeder war das", bemerkte er, "sie hatte mit 15 Jahren auch schon die Brüste einer Erwachsenen!"
Draco verdrehte die Augen und wusch sich das restliche Gel von den Fingern. "Denkst du auch noch an etwas anderes als Brüste und Ärsche?"
"Nein", erwiderte der Dunkelhaarige fröhlich, "mit den beiden Dingen in meinem Kopf bin ich vollauf zufrieden."
Malfoy schnaubte frustriert, schnappte sich seinen Zauberstab und stampfte aus dem Zimmer. Blaise folgte ihm und pfiff eine lustige, kleine Melodie vor sich hin, die den Blonden langsam aber sicher in den Wahnsinn trieb, und so gingen sie zum Speisesaal.
Ihnen kam aus Richtung der Gryffindor-Türme ein wohlbekanntes Personentriplett hingegen, was nicht unbedingt zu Dracos Erheiterung beisteuerte. Seine Miene verdüsterte sich viel mehr noch beim Anblick der fröhlich vor sich hinplappernden Gryffindors, die so selbstvergessen durch die Gänge stolzierten und ihn dabei nicht eines Blickes würdigten. Ihn, ausgerechnet ihn, der doch wohl wirklich mindestens das verdient hätte!
Wutschnaubend stellte er sich dem Goldenen Trio - in seinen Gedanken betitelte er sie allerdings lieber spöttisch als "goldiges" Trio - in den Weg und funkelte den in der Mitte gehenden, dunkelhaarigen Zauber vor ihn zornig an.
"Potter", zischte er auf altbewährte Slytherin-Art, soviel Verachtung in diese zwei Silben legend wie ihm nur irgend möglich war.
"Ja, Malfoy", erwiderte dieser gelassen und betrachtete den Blonden auf eine fast mitleidige Weise, "wie ich sehe, kannst du auch am frühen Morgen durchaus deine Sehkraft nutzen."
Die silbergrauen Augen des Slytherin verdunkelten sich unmerklich. "Du bist mir im Weg", sagte er schließlich, woraufhin der Gryffindor skeptisch eine Augenbraue hochzog.
"Ach ja?" fragte er zurück, "und dabei hätte ich schwören können, dass du dich mir in den Weg gestellt hättest."
"Das meine ich nicht, Potter", gab Malfoy ungerührt zurück und starrte Harry mit einem derart intensiven Blick an, dass dieser sich etwas unwohl zu fühlen begann, "du stehst mir immer im Weg. Bei allem." Etwas undeutbares blitzte in seinen Augen auf und Harry war versucht, ihn nach dem Grund dafür zu fragen, als sich etwas - oder eher jemand - zwischen sie schob.
"Hätten wir das also geklärt", warf Blaise fast entschuldigend ein und packte seinen Freund am Handgelenk, "und können frühstücken." Mit schon etwas mehr als sanfter Gewalt zog er den Blonden von den verdutzten Gryffindors weg und bugsierte ihn mit resignierendem Gesichtsausdruck auf seinen Platz.
"Man, Dray", maulte er, als sie schließlich außer Hörweite von sämtlichen Gryffindors und einem Großteil der Slytherins waren, "musst du dich immer so aufführen, wenn du ihn siehst?"
Draco starrte wortlos seinen Teller und schenkte sich nebenbei ein Glas Saft ein. "Dummerweise muss ich das tatsächlich", antwortete er grollend, "auch wenn mir wirklich lieber wäre, das ich es nicht täte." Ein kurzer Blick verriet ihm, dass inzwischen auch die Gryffindors an ihrem Platz waren und noch eindringlicher aufeinander einredeten als zuvor. Widerlich. Einfach wi-der-lich.
"Fußvolk", knurrte er abschätzig und musterte verstohlen die Freunde des Goldjungen, der gerade vollauf damit beschäftigt war ein Honigtoast zu essen, ohne sich dabei von oben bis unten vollzukleistern - was ihm nur teilweise gelang.
Zabini verdrehte entnervt die Augen. "Oh ja, das ist eine super Taktik", meinte er ironisch, "beleidige seine Freunde und sein Herz zerschmilzt vor Glück." Er biss gespielt gelangweilt in sein eigenes Honigtoast, welches er mit deutlich mehr Geschick zu essen vermochte als Potter, und nuschelte dann: "Wie hast du eigentlich so viele Mädchen rumgekriegt, wenn du doch so ein ausgesprochen schlechter Aufreißer bist?"
Draco senkte den Blick und begann vorsichtig, sich sein Toast zu bestreichen. "Da bestand ein kleiner Unterschied, Blaise", erwiderte er gereizt, "diese Mädchen wollten mich. Nur dummerweise ist das bei Potter nicht so."
Blaise lächelte wissend. "Tja, mein Freund, dann musst du das eben ändern", erklärte er als wäre das das leichteste der Welt, "und dich mal zu ein wenig mehr Charme hinreißen lassen. Man sollte meinen, dass das besser ankommt als deine dauernden Beleidigungen."
Malfoy knurrte leise. "Ich bin nicht charmant", entgegnete er düster, "noch nie gewesen."
Der Dunkelhaarige kicherte in seinen Saft hinein. "Das stimmt allerdings", murmelte er glucksend, was ihm einen eiskalten Blick von Draco einbrachte. "Ach, Dray", meinte er dann aufmunternd und klopfte dem Blonden auf die Schulter, "das wird schon. Du hast sie doch alle gekriegt, oder nicht?"
Malfoy seufzte leise. "Ja, das stimmt", gab er zögerlich zu, "aber ich denke nicht, dass Potter das sonderlich beeindrucken wird."
Blaises Kichern wurde zu einem ausgewachsenen Lachen. Einige Köpfe wandten sich ihnen überrascht zu - seit wann wurde am Tisch der Slytherins gelacht? Blaise störte sich nicht an den neugierigen Blicken, schwächte aber sein Lachen zu einem meterbreiten Grinsen ab. "Eher nicht", antwortete er, nachdem er sich ein paar Mal vernehmlich geräuspert hatte.
"Vermutlich stört es ihn eher", meinte Draco trübsinnig und seufzte ein wenig.
"Wahrscheinlich", erwiderte Blaise fröhlich.
Draco runzelte die Stirn und sah ihn wütend an. "Wolltest du mich nicht eigentlich aufmuntern?" fragte er gereizt, und Blaise brach in erneutes Gelächter aus.
"Sicher", kicherte er, "aber dann warst du so wunderbar depressiv..." Er bemühte sich aufgrund der beunruhigend tiefen Falte in Dracos Stirn rasch um ein etwas ernsteres Gesicht - schließlich kannte er den Blonden schon lange genug um zu wissen, dass ihn zu reizen nicht unbedingt von großer Schläue zeugte. Und Blaise Zabini wäre nicht Blaise Zabini, wenn er sich nicht für außerordentlich schlau halten würde.
Er wandelte das Lachen in ein Husten ab und schenkte Malfoy einen unschuldigen Augenaufschlag, den dieser mit einem unwilligen Schnauben abtat. "Komm schon, Dray", sagte er dann, "ich meine ja nur, dass du immer alles kriegst, was du willst. Das wird bei Potter auch nicht anders sein. Du wirst sehen."
"Deinen Optimismus möcht ich haben." Draco schüttelte ungläubig den Kopf. "Das, Zabini, ist doch gerade der Grund, warum er mich seit neuestem interessiert - weil er ganz anders ist als alle anderen! Ihn kann ich eben nicht haben, egal wie sehr ich will. Verdammt, ich könnte sicherlich selbst dieses dämliche Wiesel dazu bringen, mir winselnd die Füße zu küssen - aber bei Potter muss ich warten, bis er mich will - und das ist leider so unwahrscheinlich wie Schnee im Juli." Er ließ sich frustriert zurücksinken und schob den Teller von sich. "Also, wenn du schon meinst mir Tipps geben zu müssen, dann denk wenigstens vorher nach, ok?"
Blaise starrte ihn einen Moment lang mit einer merkwürdigen Art von Faszination an, dann wandte er lächelnd den Blick ab. "Gut", antwortete er ruhig, "du willst einen Tip? Ich hab einen für dich. Sei präsent. Sei da, wo er ist. Bist du erst einmal in seinen Gedanken erkennt er vielleicht, dass du doch nicht nur ein arroganter Mistsack bist."
Draco warf ihm einen müden Blick zu. "Danke, Zabini. Du machst mir wirklich Mut."
