Den Sinn für mich

hab ich vielleicht gefunden,

doch der Weg dahin

ist weit,

das Gestern habe ich

noch lang nicht überwunden

und ich kann versprechen:

zum Vergessen

bin ich nicht bereit.

by a found farewell

Prolog

Der Junge saß am Kamin. Obwohl ein warmes Feuer darin knisterte, fror er erbärmlich. Selbst im Licht des Feuers wirkte er blass.

Er zwang sich, nicht zu dem Sofa zu sehen, das hinter ihm stand. Doch es war nicht der erste Kampf in dieser Nacht, den er verlor. Und sicher auch nicht der letzte. Seufzend sah er über die Schulter.

Der Mann auf dem Sofa schien tief zu Schlafen. Seine schneeweiße Haut bildete einen stechenden Kontrast zum schwarzen Leder der Couch.

Draco seufzte leise. Er wusste, dass der Mann nicht schlief. Selbst wenn er weggedöst sein sollte, war er alles andere als entspannt. Seine Stirn war in Falten gelegt. Draco wusste, dass jemand der schlief, die Stirn nicht runzelte. Aber er hätte sich nicht umdrehen müssen um zu wissen, dass sein Opfer nicht schlief.

Er konnte den leisen, rasselnden Atem hören, immer wieder unterbrochen von einem kurzen Husten. Jemand der wirklich schlief, atmete tief und gleichmäßig.

Krämpfe verursachten den Husten und das Rasseln. Draco wusste das, aber er wusste auch, dass das schlimmste überstanden war. Schmerzen hatte der Mann nicht mehr. Die Krämpfe würden noch die ganze Nacht dauern. Das war unangenehm, aber nicht schmerzhaft.

Draco starrte in die Flammen. Er war sich nicht sicher, was er empfinden sollte.

„Sie wollen Death Eater sein? Ich gebe Ihnen eine Chance. Eine Wahl, die ich nie hatte."

Es klang wie Hohn. Draco schien es unmöglich, dass zwischen diesen knappen Worten und jetzt nur wenige Stunden lagen, seinem Gefühl nach musste es Tage her sein. Es kam ihm vor, wie aus einer anderen Welt. Wieder sah er über die Schulter.

Dabei hatte alles wie ein Spiel angefangen. Ein Rabe hatte ihm am Morgen einen Auftrag gebracht und Draco befolgte ihn. Es war eine Übung, im Grunde harmlos. Irgendwie hatte er es geschafft den Mann, der jetzt auf dem Sofa lag zu entwaffnen. Draco hatte die Erlaubnis, sogar die eindeutige Weisung die Unverzeihlichen zur Erfüllung seines Auftrags zu nutzen.

Und er zögerte nicht, von dieser Weisung gebrauch zu machen.

Es war ein seltsames Gefühl, einen anderen Menschen derart in seiner Gewalt zu haben. Er hatte geglaubt, es würde sich gut anfühlen. Erstaunlicherweise fühlte es sich falsch an. Aber den Fluch nicht anzuwenden, wäre ein Zeichen von Schwäche gewesen. Unsicher kaute der Junge auf seiner Unterlippe. Draco hasste Schwäche. Besonders wenn es seine eigene war.

Nun saß er im Licht des Kaminfeuers und seine Gedanken kreisten um den Mann auf dem Sofa. Draco wusste, dass er ihn nicht ernstlich verletzt hatte, das war kaum möglich. Sicher hatte er ihm Schmerzen zugefügt, aber der Mann war Schmerzen gewohnt. Draco hatte ihn nicht berührt, er hatte seine Seele nicht berührt. Es gab nichts, was er hätte tun können, dass seinem Opfer neu gewesen wäre.

Ein kalter Schauer überlief Draco. Er hatte den Folterfluch mehr als einmal am eigenen Leib erfahren. Er kannte das Gefühl. Er hatte Leute unter der Wirkung des Fluchs zusammenbrechen sehen. Draco hatte viel gesehen. Aber er hatte niemanden gesehen, der diesen Schmerz beinah ohne Regung ertrug. Die Furcht vor dem Schmerz hatte der Mann schon vor langer Zeit verloren.

Schließlich erhob er sich. Die Grübelei würde ihn heute Nacht zu keinem Ergebnis bringen. Mit einem letzten Seufzen seines Zauberstabs dämmte er die Flammen im Kamin. Leise trat er zum Sofa und griff nach der Decke, die über den Füßen des Mannes lag und deckte ihn zu.

„Gute Nacht, Professor, schlafen Sie gut." Für einen Moment musterte er den offenbar schlafenden Snape. Draco sah ihn an und irgendetwas in ihm gab ihm die Gewissheit, dass er es nicht genossen hatte. Und irgendwie war es gut. Erleichtert grinsend lief er zur Tür. „Und Sie hatten Recht! Mit allem! Wie immer, oder?"

Damit verschwand er im Dunkel des Flurs. Snape öffnete die Augen erst, als er sich sicher war, das die Schritte sich entfernten.

„Ja, Mr. Malfoy, wie immer!" flüsterte er leise.